Demokratie, die in der Verfassung nicht vorgesehen ist

"Im Bundestag stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind". Sagt das Sondierungsabkommen von Union und SPD. Was bleibt da vom unabhängigen Mandat des Abgeordneten?

© Steffi Loos/Getty Images

Eigentlich, so sollte man meinen – eigentlich müsste doch einer der meistverwendeten Begriffe in einem Gemeinwesen mit einer Definition ausgestattet sein, die von allen und jedem vorbehaltlos geteilt wird. Eigentlich.

Tatsächlich jedoch ist dem mitnichten so. Ganz im Gegenteil hat dieser meistbenutzte und meiststrapazierte Begriff annähernd so viele Definitionen, wie er Nutzer hat. Die Rede ist von dem Begriff „Demokratie“.

Das unerschütterliche Demokratiegebot

Sie, diese Demokratie, ist gleichsam das ewige und unerschütterliche Gebot all jener, die sich als Demokraten behaupten. Sie, die Demokratie, soll der unverbrüchliche Garant dafür sein, dass es in einem Gemeinwesen „gerecht“ zugeht, dass alle angemessen und gleichberechtigt am Entscheiden über die Geschicke des Gemeinwesens beteiligt sind. So zumindest wird es dem Bürger in einer modernen Demokratie gern dargestellt. Und damit schon eine erste Unwahrheit verbreitet. Denn „Demokratie“, so wie sie einst gedacht war, versteht sich so scheinbar einfach nicht. Und sie tut es auch heute nicht, wie der kurze Blick auf einige „Demokraten“ schnell verdeutlicht.

Da gibt es beispielsweise einen Demokraten wie jenen Heiko Maas. Für den ist Demokratie nur dann, wenn einem Teil des Volkes, dessen Meinung ihm nicht gefällt, der Mund und am besten auch das Denken verboten wird. Mit anderen Worten: Er bestimmt ganz im Sinne der französischen Sonnenkönige, dass Demokrat nur sein darf, wer so ist wie er. Oder jene Demokraten um die Französin Beate Klarsfeld, die sich in ihrer Hybris der Pseudointellektualität anmaßen, demokratisch gewählte Regierungen in Bausch und Bogen zu Demokratiefeinden zu erklären. Bei dieser Geistesverwandten des Heiko Maas ist die Demokratiedefinition ähnlich: Was Demokratie ist, bestimme ich – und demokratisch ist nur, wer so intolerant und autoritär ist wie ich selbst.

Scheinbar auf einem ganz anderen Demokratie-Dampfer fahren die sogenannten Basisdemokraten. Für sie ist Demokratie nur dann, wenn es keine Hierarchiestrukturen mehr gibt und jede Entscheidung des Staatswesens gleichsam wie dereinst auf dem germanischen Thingplatz per Volksentscheid durch die Diktatur der Mehrheit abgesegnet wird. Dass ein solches Demokratieverständnis schnell an seine Grenzen stößt, wenn eine sich als demokratische Mehrheit definierte Gruppe sich selbst unerwartet in der Minderheitenposition wiederfindet – dafür gibt es erste Beispiele bereits im Alten Testament, als der Sohn des Salomo sich als gefühlte Mehrheit über einen Mehrheitsbeschluss seines nach demokratischen Prinzipien agierenden Ältestenrats hinwegsetzt.

Das Demokratieverständnis der Despoten

Einem ähnlichen Demokratieverständnis frönen auch jene gewählten Despoten, wie sie die Gegenwart beispielsweise  in der Türkei, Russland oder Venezuela aufzuweisen hat. Womit wir auch gleich den Begriff der Präsidialdemokratie aufs Korn nehmen, denn dieses Demokratie-Modell ist gleichsam eine Art der Diktatur auf Zeit: Ist der Präsident erst einmal gewählt, dann kann er machen, was er will. Zumindest dann, wenn ihm nicht wie in den Vereinigten Staaten von Amerika durch die Verfassung funktionsfähige Kontrollorgane an die Seite gestellt sind, die seine totalitär-autokratischen Dekrete auf den Prüfstand stellen können.

Wo die Präsidialdemokratie über derartige Checks-and-Balances nicht verfügt, macht sich der mit tatsächlicher oder scheinbarer Mehrheit gewählte Präsident schnell zum Diktator von eigenen Gnaden, vor allem dann, wenn ihm – wie in der Türkei – eine zur Kontrolle und Selbstbehauptung unfähige Parlamentsmehrheit blind folgt und dabei gleichzeitig der Vernichtung der im demokratischen Prozess unterlegenen Minderheit zustimmt.

Ein anderes Modell der scheinbar demokratischen Machtsicherung hat der Präsidialautokrat Russlands entwickelt: Er lässt einfach potentiell gefährliche Konkurrenten über zivilrechtliche Anklagen, exekutiert durch willfährige Richter, von der Teilnahme an den Wahlen ausschließen. Und dabei können diese noch von Glück reden. Manch anderer potentieller Konkurrent wurde in Russland durch eine der zahllosen Mafiabanden vom Leben in den Tod befördert – selbstverständlich ohne jegliches Zutun des Präsidialautokraten.

Demokratiemängel der EU

Auch innerhalb der auf ihre Demokratie so stolzen Europäischen Union gibt es höchst unterschiedliche Demokratieauffassungen. So ist beispielsweise eine Mehrheit der demokratisch gewählten Regierungen der Auffassung, die demokratisch gewählten Regierungen in Ungarn oder Polen seien gar keine Demokraten, weil sie in manchen Punkten andere Auffassungen vertreten als die Mehrheit. Eine Mehrheit von Regierungen übrigens, die im komplizierten Konstrukt der EU im Allgemeinen deutlich mehr Entscheidungskompetenz hat als die in das Parlament gewählten Bürgervertreter oder die Europäische Kommission, die gegenüber dem EU-Parlament zumindest noch eine gewisse Begründungsverpflichtung hat, auch wenn dieses Scheinparlament an Zusammensetzung und Wirken der Kommission nicht beteiligt ist.

„Scheinparlament“? Oje – da werden nun aber einige dem Autoren sofort vorhalten, dass er ein fragwürdiges Demokratieverständnis habe. Schließlich wird das EU-Parlament doch regelmäßig von allen EU-Bürgern gewählt! Richtig – im Prinzip. Tatsächlich jedoch verletzt das EU-Parlament bereits in seinem Kern einen als demokratisch unverzichtbar angesehenen Grundsatz: Die Gleichheit des Bürgers bei der Abstimmung. So repräsentiert jeder Abgeordnete aus Malta beispielsweise rund 70.000 Europäer, während der Abgeordnete aus Deutschland für rund 635.000 Europäer zuständig ist. Allerdings: Man wollte die kleinen, in ihrer Bevölkerungszahl kleinen Länder nicht dadurch verschrecken, dass man – um beim Vergleich mit Malta zu bleiben – sie nur mit insgesamt einem halben Abgeordneten im EU-Parlament auftreten lässt, weshalb die bevölkerungsreichen Staaten großzügig das demokratische Gleichheitsgebot zulasten ihrer Bürger abgeschafft hatten.

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Neu ist ein solches, großzügiges Verhalten übrigens nicht – und auch die urdemokratische Bundesrepublik verfährt im Bundesrat ähnlich, wenn die 550.000 Bewohner des kleinsten Bundeslandes Bremen dort mit drei Stimmberechtigten vertreten sind, während die 17,6 Millionen Nordrhein-Westfalen sich mit sechs Stimmberechtigten bescheiden müssen. Spätestens in föderalistischen Strukturen geraten die hehren Ansprüche der Demokratie offenbar schnell unter die Räder, soll offensichtlich doch vermieden werden, manchen Föderaten ihre wahre Bedeutungslosigkeit vor Augen zu führen. Da wird dann auch lächelnd in Kauf genommen, dass ein Jean Asselborn, als „Außenminister“ der rund 300.000 wahlberechtigten Letzebuerger noch unter dem Bedeutungsrang eines bremischen Senators, auftritt, als sei er der Schah von Persien.

Schon die antike Demokratie war undemokratisch

Genug der Vorrede. Schon jene antiken Hellenen, die zwar nicht, wie heute gern behauptet wird, die Demokratie erfunden hatten, sondern sich lediglich gedanklich intensiv mit ihren Vorteilen und Tücken beschäftigten und dieses schriftlich der Nachwelt zukommen ließen, kamen recht schnell zu dem Ergebnis, dass die Demokratie ein fragiles Geschöpf ist, insbesondere dann gefährdet, wenn es regellos den Demokraten überlassen wird. Deshalb entwickelten sie den Begriff der Republik, welche die jeweiligen demokratischen Prinzipien zu definieren hatte. Ein Kernprinzip dieser Republik war es, dass nur derjenige am demokratischen Entscheidungsprozess teilhaben durfte, welcher durch seine Leistung aktiv zum demokratischen Gegenstand der Republik beitrug.

In der griechischen Machokultur blieben damit die Frauen außen vor – sie mussten sich darauf beschränken, ihre demokratischen Gatten derart heftig zu trietzen, dass diese die Frauenansprüche bei ihren Entscheidungen nicht unter den Tisch fallen ließen. Eine der erfolgreichsten dieser Damen war offenkundig jene Gattin des Sokrates, deren Name Xanthippe von der Männerwelt zum Inbegriff des zänkischen Weibes stilisiert wurde. Offensichtlich war die Dame nicht bereit, sich von den Kerlen ihr Leben unbegrenzt fremdbestimmen zu lassen – gleichsam eine frühe Vorreiterin der Emanzipation.

Nichts zu sagen hatten in der griechischen Demokratie auch jene Arbeitssklaven und Tagelöhner, deren erste Gruppe ohnehin nicht teilhabebefugt war, und deren zweite man zwar wirtschaftlich benötigte, ihre ausschließlich konsumtiven Bedürfnisse jedoch recht gut einzuschätzen wusste und davon ausging, dass, hätten sie das Sagen, ihr einziges Verlangen ausschließlich darauf gerichtet sei, das von den verantwortlichen Kräften erwirtschaftete Gemeinschaftsvermögen im Eiltempo zu verfrühstücken. Da sie außer ihrer Arbeitskraft nichts zum Wohle des Staates beizutragen hatten, durften sie auch an der republikanischen Demokratie nicht teilhaben – ein Prinzip, welches viele Jahrhunderte später noch den Aufstieg von Hansestädten und Handelsdynastien gewährleistete.

Das Versagen demokratischer Parlamentarier

Mit ihrer ersten Demokratie des Jahres 1871 nun lösten sich die Deutschen von der Patrizierrepublik – auch wenn beispielsweise in Preußen noch über längere Zeit an den antiken Überlegungen der Hellenen festgehalten wurde, indem in einem Mehrklassenwahlrecht jene, die mit höheren Steuerzahlungen einen höheren Anteil am Gemeinwesen trugen, auch mehr zu sagen hatten. Selbst als 1918 Deutschlands erste Demokratie ihren Präsidenten, den Kaiser, aus Amt und Schloss gejagt hatte, und die Sozialisten die Staatsgeschäfte übernahmen, sollte die Demokratie angesichts der unberechenbaren Mehrheit des proletarischen Kleinbürgertums berechenbar bleiben, weshalb neben Kontrollinstanzen das Prinzip der parlamentarischen Repräsentation aufrecht erhalten blieb. Die Verfassungsgeber vertrauten einfach darauf, dass jene, die sich in das politische Geschäft begaben, über so viel staatspolitische Verantwortung verfügten, dass das Wohlergehen des Staates den letztlich unbegrenzten Konsumbedürfnissen der Mehrheit einen Riegel vorschieben würde.

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Dabei hätte man 1918 bereits gewarnt sein können, dass auch das repräsentative Modell nicht zwangsläufig zur Perfektion führt. Denn so demokratisch das parlamentarische System des Bundesstaates mit dem Namen „Deutsches Reich“ in seiner Verfassung von 1871 aufgebaut gewesen war, so versagten doch die gewählten Parlamentarier zusehends in ihren legislativen Aufgabe wie in ihrer Kontrollfunktion – und der Kaiser wähnte sich immer mehr in einer an das Mittelalter gemahnenden Herrschaftsfunktion, in der er nur einem imaginären Gott, nicht aber dem Volk und dessen gewählten Vertretern verantwortlich war. Erregen allerdings sollte sich über diese Machtverschiebung spätestens nach bald 70 Jahren Bundesrepublik niemand mehr. Wie schnell ein Parlament von einem in der Verfassung vorgesehenen Kontroll- und Gesetzgebungsorgan zur Abnick- und Mitlaufveranstaltung verkommen kann, haben Deutschlands Parlamentarier weit über die Parteigrenzen hinweg in den vergangenen Jahren perfekt demonstriert.

Die Entdemokratisierung des parlamentarischen Systems

Ursächlich für diese Entwicklung der Entdemokratisierung des parlamentarischen Systems ist letztlich das derzeit installierte Demokratiemodell selbst. Denn die Verfassungsgeber von 1949 installierten in ihrem Bemühen, nach zwei vergeblichen Anläufen, die jeweils in die Katastrophe geführt hatten, nun alles richtig zu machen, neue Machtzentren, deren Bedeutung sie selbst nicht überschauen konnten.

So sorgten sie als erstes dafür, dass der Präsident der Republik anders als im Deutschen Reich von 1871 bis 1918 selbstverständlich nicht mehr ungewählt aufgrund seiner staatsrechtlichen Funktion im größten Bundesland den Staat an sich verkörperte. Anders auch als 1918 erdacht, sollte er nicht mehr den populistischen Strömungen demokratischer Mehrheitstendenzen unterliegen – weshalb er nicht mehr vom Bürger gewählt werden durfte. Insgesamt wurden darüber hinaus seine Kompetenzen deutlich eingeschränkt, weshalb manche ihn schon als „Grüßaugust“ titulierten. Wie wenig er dieses im Ernstfall ist, demonstriert derzeit Frank-Walter Steinmeier, der in bester Absicht für das Gemeinwohl seine Sozialdemokratie in die Selbstzerstörung treibt.

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Um jene Abhängigkeiten von autokratischen und despotierenden Einzelakteuren zu verringern, welche maßgeblich dazu beigetragen hatten, einen der erfolgreichsten Staaten der Menschheitsgeschichte zweimal hintereinander in eine selbstzerstörerische Katastrophe zu lenken, sollte die Demokratie nun noch demokratischer werden. Deshalb übertrugen die Verfassungsgeber zahlreiche Aufgaben an Parteien genannte Zusammenschlüsse von Bürgern, die mit diesen Vereinen ihre jeweiligen politischen (und damit selbstverständlich auch ökonomischen) Interessen kanalisieren und in den politischen Wettstreit einbringen sollten. Um dieses System funktionsfähig zu erhalten, blieb man dem Repräsentationsgedanken des Parlamentarismus treu: Das Volk sollte Vertreter wählen, die in ihrer Verantwortung für Volk und Vaterland über dessen Geschicke zu bestimmen hatten. Würden sie dabei versagen, so wäre es Aufgabe des Bürgers, sie bei den nächstfolgenden Wahlen in die Wüste zu schicken.,

Die Praxis der Selbstlegitimation

Soweit die Theorie. Doch die Praxis sollte andere Wege gehen. Die Zerstörung der demokratischen Republik begann damit, dass man aus dem Ehrenamt des Parlamentariers abschließend einen gut dotierten Beruf machte. Damit wurde der Einzug in das Parlament losgelöst vom politischen Bestreben und zunehmend mehr ersetzt durch einen beruflichen Karriereweg, der jedoch mit zwei wesentlichen Tücken versehen war. Zum einen musste sich der Berufspolitiker regelmäßig seinen Auftraggebern, den Bürgern, stellen, die die Berufsgarantie zu verlängern hatten. Parlamentarier in der Bundesrepublik ist insofern das institutionalisierte, befristete Arbeitsverhältnis mit ewiger Verlängerungsoption an sich. Zum anderen aber – und damit wurde die ursprüngliche Intention der Verfassungsgeber abschließend zu Grabe getragen – organisierte das Wahlrecht, welches sowohl die Erstellung der bedeutsamen Landeslisten als auch den Vorschlag für die direkt zu wählenden Wahlkreiskandidaten in die ausschließliche Befugnis der Parteien stellte, ein beständiges Erstarken der Parteien. Oder besser: Jener Mitglieder in den Parteien, die über vereinsinterne Ränkespiele in der Lage waren, sich erst bis in die parteilichen Entscheidungsgremien hoch zu kämpfen und dort dann ihre Macht gekonnt abzusichern.

Der Parlamentarier der Bundesrepublik war insofern nicht mehr vorrangig dem Wahlbürger verantwortlich – das Wohl und Wehe seiner Karriere als Berufspolitiker hing maßgeblich von den parteiinternen Eliten ab. Das wiederum sorgte zwangsläufig dafür, dass in die Parlamente zunehmend mehr Personen einzogen, die Politik als beruflichen Karriereweg fehlinterpretierten und somit vom parlamentarischen Amt dauerhaft wirtschaftlich abhängig wurden. Diese Abhängigkeit nun bestand aber nicht mehr vorrangig gegenüber dem Bürger, sondern gegenüber den Entscheidungsgremien der Parteien, und dort wiederum maßgeblich jenen Organen, die über die den Parteidelegierten vorzulegenden Vorschlagslisten zu entscheiden hatten. Das trug maßgeblich dazu bei, dass jene, die sich dem Bürger regelmäßig zur lästigen Wahl stellen mussten, selbst in diese Parteigremien strebten. Denn nur so konnten sie sicherstellen, dass ihre berufliche Karriere durch sie selbst organisiert und gesichert werden konnte.

Niedergang der Sozialdemokratie
Gabriel fordert Neuaufstellung der SPD
Weiterhin hatten die Parteien dafür gesorgt, dass sie über die staatliche Finanzierung ihre Unabhängigkeit gegenüber außerhalb der Parteien stehenden Interessengruppen sicherten – und vollendeten damit einen weiteren Schritt, sich gegenüber dem Bürger nicht verantworten zu müssen. Sah das demokratische Prinzip ursprünglich vor, dass der Gewählte entweder selbst über genügend materielle Mittel verfügte, um sich das Ehrenamt im Sinne des Gemeinwohls leisten zu können – oder aber genügend Bürger den Vertreter ihrer Interessen mit dem Notwendigen ausstatteten, eben weil er ihre Interessen durchsetzen sollte, so bediente sich der Abgeordnete nun direkt in der Staatskasse. Folge: Nicht dem Bürger galt es, zu gefallen – der staatliche Kassenwart in der Exekutivverantwortung der eigentlich doch durch den Abgeordneten zu kontrollierenden Regierung war es, dem man als Parlamentarier sein auskömmliches Einkommen zu verdanken hatte. Wer aber legt sich schon gern an mit der Hand, die ihn füttert?

Die ursprünglich demokratisch gedachte Machtverteilung konzentrierte sich damit zunehmend mehr auf kleine bis kleinste Eliten in den Parteien – einen Höhepunkt dieser Machtkonzentration konnte der Bürger bei der letzten Wahl des Bundespräsidenten bewundern, über die letztlich nur die drei Vorsitzenden der Regierungsparteien entschieden. Mit anderen Worten: Drei Personen bestimmten etwas, wofür in der Weimarer Republik noch das gesamte Volk befragt wurde.

Die Sozialdemokratie trägt den Parlamentarismus zu Grabe

Da diese ständig zunehmende Machtkonzentration nun jedoch auch in den Parteien selbst nicht allen gefällt – zumindest so lange nicht, wie sie nicht selbst in diesen Entscheidungsgremien sitzen – und gleichzeitig der Kompetenzzerfall der gewählten Abgeordneten in den Parteien zumindest instinktiv gefühlt, wenn nicht aus Gründen der eigenen Machtkompetenz durch die jeweiligen Vorstände sogar gezielt befördert und begrüßt wurde, setzte die Sozialdemokratie an, das parlamentarische System abschließend zu Grabe zu tragen.

Sie tat dieses, indem sie den von ihrer Partei gestellten Abgeordneten abschließend jegliches, von der Verfassung vorgesehene Entscheidungsrecht nahm; sie, die doch eigentlich den Bürger vertreten sollen, zur bloßen Staffage degradierte.

Im Namen innerparteilicher Demokratie
Alle Macht geht von Parteifunktionären aus
Warum das so ist? Nun – das Repräsentationsprinzip ebenso wie der Verfassungsaufbau der Bundesrepublik gehen davon aus, dass weder der Bürger noch die Parteien in irgendeiner Art und Weise unmittelbar an der Bildung von Regierungen beteiligt werden. Den Parteien kommt bestenfalls die Aufgabe zu, den Bürgern Kandidaten vorzuschlagen, für oder gegen welche diese sich als Wähler dann entscheiden können. Sind diese Kandidaten als Parlamentarier gewählt, obliegt es ausschließlich ihnen, darüber zu befinden, ob und mit wem künftige Regierungen zu bilden sind. Weder der Bürger noch etwa gar ein Parteimitglied haben in der parlamentarischen Demokratie irgendein Mitspracherecht, wenn es um die Frage geht, welche Regierung das Gemeinwesen künftig führen wird und welches die politischen Ziele dieser Regierung sind.

Vom Parlament zur Parteiendiktatur

Diese von manchen als „undemokratisch“ gegeißelte Vorgehensweise hatte gute Gründe. Denn sie sollte sicherstellen, dass der Verfassungsanspruch an den Abgeordneten, frei und ausschließlich nach seinem Gewissen seine Entscheidungen zu treffen, nicht durch parlamentsfremde Erwägungen eingeschränkt wird. Und da angesichts der Fehlbarkeit menschlicher Individuen nicht auszuschließen ist, dass diese gewollte, uneingeschränkte Unabhängigkeit auch zu Fehlhandlungen führen könnte, musste sich der Gewählte nach Ablauf der Legislaturperiode erneut seinen Wählern stellen. Kämen diese mehrheitlich zu dem Ergebnis, der Gewählte haben keinen guten Job gemacht – ja, dann wäre es das mit der politischen Tätigkeit gewesen.

Nun aber haben die Parteien dieses Grundprinzip der parlamentarischen Demokratie längst zerstört. Der wesentliche Aspekt dabei ist die bereits aufgezeigte Abhängigkeit des Gewählten von den Parteieliten. Sie nimmt dem Gewählten die Möglichkeit der Opposition gegen die wahren Herrschenden aus den eigenen Reihen, weil Opposition gleichzeitig Karriereende und damit im Zweifel Absturz nicht nur in die politische Bedeutungslosigkeit bedeutet, sondern dem Aufmüpfigen als Berufspolitiker auch materiell jegliche Basis der Existenz nehmen kann. Insofern ist es längst schon so, dass nicht mehr die vom Bürger Gewählten über die Geschicke des Staates bestimmen, sondern jene, die sich in den nervenaufreibenden Grabenkämpfen innerhalb der Parteien an die jeweiligen Spitzen durchsetzen konnten. Über eine demokratische Legitimation durch das Wahlvolk jedoch verfügen diese Parteieliten nicht – bestenfalls über die einer durch selektiv verengende Repräsentation zunehmend verdichteten Parteimitgliedschaft.

Wie sehr die Parteiendiktatur bereits die repräsentative Demokratie zerfressen hat, wurde in der Vergangenheit regelmäßig dann deutlich, wenn Koalitionsvereinbarungen mit dem Ziel der Regierungsbildung nicht nur wider das Repräsentationsprinzip durch Parteivorstände und Personenkreise verhandelt wurden, die als Nicht-Abgeordnete keinerlei Legitimation zu solchem Tun hatten, sondern dann auch noch Parteitage, also die im demokratischen Gefüge der innerverbandlichen Organisation von Parteien obersten Beschlussorgane, diese Koalitionsvereinbarungen absegnen durften.

Demokratie, die in der Verfassung nicht vorgesehen ist

Ein solches Vorgehen wurde in aller Regel als „demokratisch“ bezeichnet – und man mag das durchaus als einen demokratischen Akt empfinden. Jedoch: In unserer Verfassung ist diese Form der Demokratie nicht vorgesehen. Dort entscheiden die vom Bürger gewählten Abgeordneten frei und unabhängig von irgendwelchen Parteien über künftige Regierungen und Regierungshandeln – nicht innerverbandliche Delegationen, die vom Bürger keinerlei Auftrag dazu haben.

Merkel ist die personifizierte Berta von Loriot
Doch selbst dieser beständige Zerstörungsakt gegen die parlamentarische Demokratie reichte zumindest den Sozialdemokraten (von den Grünen soll hier mangels aktueller Relevanz nicht die Rede sein) nicht mehr. Mit Sigmar Gabriel wurde die Bedeutungslosigkeit des gewählten Abgeordneten abschließend vollendet, indem nicht nur dessen originäre Aufgabe an nicht dazu legitimierte Parteieliten übertragen wurde, sondern nunmehr die Parteibasis abschließend darüber zu entscheiden hatte und hat, ob getroffene Vereinbarungen zur Regierungsbildung Bestand haben sollen oder nicht.

Das Russische Roulette der SPD

Deutschlands Sozialdemokratie hat sich mit diesem Verfahren selbst den Lauf beim Russischen Roulette an die Schläfe gesetzt. Derzeit-Parteichef Martin Schulz spürt dieses gegenwärtig – und nicht weniges deutet darauf hin, dass der Spieler aus Straßburg sich dabei selbst die finalen Karten legt.
Voller Enthusiasmus verkündete er nach den ihm von Steinmeier aufgezwungenen Sondierungsgesprächen mit den selektiven Parteiführungen von CDU und CSU eine Einigung, welche Basis künftiger sozialdemokratischer Regierungsbeteiligung werden soll. Man sah es dem Mann aus Würselen an, dass er mit sich zufrieden war – und tatsächlich hatte er vieles herausverhandelt, was für Konservative und Liberale bis vor kurzem noch Teufelswerk gewesen war.

Doch Schulz und seine ebenfalls selektive Verhandlungsmannschaft hatten nicht berücksichtigt, dass Gabriel mittlerweile in der SPD nicht nur die Parlamentarier entmündigt, sondern auch ein Instrument der Entmündigung der innerparteilichen Repräsentanten geschaffen hatte, welches den Parlamentarismus abschließend vernichten wird. Nicht nur, dass die Ergebnisse der Sondierungsgespräche durch einen Parteitag abgesegnet werden müssen, um nun in Koalitionsverhandlungen überführt werden zu dürfen (das bereits etablierte Prinzip der Ersetzung der Parlamentarieraufgabe durch Parteigremienentscheid) – nun soll auch noch ein weiteres Mal die Parteibasis abschließend darüber entscheiden, ob und was dann in den kommenden Jahren Regierungspolitik sein könnte oder sein wird, wenn die Verhandler aus dem Sondierungs- ein Koalitionspapier gemacht haben.

Eine Parteibasis jedoch ist in unserer Demokratie nicht im Geringsten dazu legitimiert, eine solche Entscheidung zu treffen. Ihre Zusammensetzung ist gänzlich willkürlich und ihre Stimmungslage unberechenbar – so meldete sich jüngst erst eine Dame zu Wort, die ihren SPD-Beitritt ausschließlich mit einem beabsichtigten Nein zur Union-SPD-Koalition um jeden Preis begründete. Doch es gibt keinerlei verfassungsrechtliche Legitimation, die die Regierungsbildung als edelste Aufgabe des vom Bürger gewählten Abgeordneten an irgendwelche, durch nichts legitimierte, in Vereinen namens Partei organisierte Bürgerteilgruppen überträgt.

Das Wolkenkuckucksheim der Basis

Es kam, wie es kommen musste. Da an der Basis der Sozialdemokratie nach wie vor die sozialistischen Phantasten aus Wolkenkuckucksheim von großer Bedeutung sind und jene regierungserfahrenen Pragmatiker sich durch den Beschluss zum Basisentscheid selbst kastriert hatten, hagelt es Kritik an den Gesprächsergebnissen. Die sogenannte „Bürgerversicherung“ – in Wirklichkeit nichts anderes als ein untaugliches Instrument der dauerhaften Sozialisierung von unbegrenzten Versorgungsansprüchen ohne Eigenverantwortung der Massen, aufgepeppt mit einem gerüttelt Maß an Neidkomplex – wird ebenso gefordert wie ein grenzenloser Zuzug frischer Plebejer in die Gefilde des den Bestand des Gemeinwesen beharrlich vernichtenden Sozialkonsums.

Notwendig und wie zu erwarten meldeten sich nach erster Kritik aus dieser Parteibasis die Populisten aus der Parteiführung zu Wort, die, um ihre parteiinterne Wiederwahl fürchtend, dem eigenen Vorsitzenden den Teppich unter den Füßen wegzogen. Das Sondierungspapier sei lediglich ein Leitfaden, ließ sich Marie Luise Dreyer aus Rheinland-Pfalz vernehmen. Sollte heißen: Die Wünsche aus Wolkenkuckucksheim werden in den Koalitionsgesprächen hineinverhandelt werden müssen, will die Union die SPD als Regierungspartner.

Die Hebel der Macht 4
Parteienstaat und Staatsparteien: Systemwechsel nötig
Auf die deutliche Replik des christsozialen Mitverhandlers Alexander Dobrindt, wonach – ganz dem rest-konservativen Verständnis von der Wirkkraft von Verhandlungen und deren Ergebnissen folgend – ausschließlich das Sondierungspapier bei künftigen Koalitionsverhandlungen auf dem Tisch liegen werde und nichts darüber hinaus infrage käme, reagierte Linkssozialist Thorsten Schäfer-Gümbel mit der Drohung des Abbruchs der diplomatischen Beziehungen. Linkspopulist Stegner, ebenfalls wie Dreyer und Schäfer-Gümbel als Nicht-Abgeordneter des Deutschen Bundestages durch nichts legitimiert, bei der Bildung einer künftigen Bundesregierung mitzusprechen, trötete in ähnliche Hörner.

Die Stunde der Partitisten

In der SPD ist nun die Stunde der Populisten. Oder vielleicht sollten wir besser von Partitisten sprechen. Denn was das Populus – das Volk – von den sozialistischen Folterwerkzeugen der SPD-Basis hält, das hatte es doch im September 2017 überdeutlich dargelegt und die Sozialisten mit ihrem fragwürdigen Demokratieverständnis mit nur noch real 15,6 % Zustimmung belegt. Dessen ungeachtet plappern die Partitisten aus der SPD-Führung nun das, was ein lautstarker Teil der Parteibasis zu hören wünscht. Damit sind nicht nur die gewählten SPD-Parlamentarier abschließend entmündigt. Die Partitisten stellen auch dem von ihnen noch vor einem Jahr gefeierten Mann aus Würselen ein gewaltiges Bein.

Niemand sollte einen Zweifel daran haben: Mit der aus der Arbeitswirklichkeit des 19. Jahrhunderts stammenden Parität bei den Sozialkosten hat die Union die Grenzen ihrer Zustimmungsfähigkeit erreicht. Den Sozialegalitismus mit der LRF-Bezeichnung „Bürgerversicherung“ wird es mit der Union nicht geben können, will sie nicht ihre Restklientel abschließend vergrätzen. Gleiches gilt für zahlreiche andere sozialdemokratische Wünsche aus der kommunistischen Klamottenkiste.

Sollte nicht bereits der ebenfalls unzuständige SPD-Parteitag aus den Überlegungen zur eingedampften „GroKo“ eine „Noko“ machen, indem er entweder das Sondierungspapier ablehnt oder über Zusatzanträge unerfüllbare Bedingungen festschreibt, wird es die ideologisierte Parteibasis richten können. Und die Union wird sich bereits jetzt die Frage stellen müssen, weshalb sie überhaupt noch mit Schulz und dessen bedeutungsloser Begleitgruppe verhandeln soll, wenn absehbar ohne die Wünsche aus der sozialistischen Folterkammer eine SPD-Basiszustimmung nicht zu erreichen sein wird. Jetzt noch einmal Wochen, vielleicht Monate mit überflüssigen Gesprächen ins Land gehen lassen, dabei vielleicht sogar immer wieder Kernelemente christlicher Politik aufgebend, um dann doch aufgrund der Unfähigkeit der Sozialdemokratie zur parlamentarischen Demokratie geschwächt in Neuwahlen gehen zu müssen? Lediglich ein Gutes hätte dieses Prozedere: Merkel wäre dann voraussichtlich in den mecklenburgischen Ruhestand entsorgt. Aber dazu bedarf es eigentlich keiner unnötigen Dauerverhandlungen.

Die Union sollte die SPD allein auf die Beerdigung gehen lassen

Für die Unionsparteien sollte es deshalb reichen, wenn die SPD allein auf ihre eigene Beerdigung geht. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht nur für Schulz eine Beerdigung werden wird, ist derzeit größer als alles andere. Welcher frühere Sozialdemokrat außer jenen ideologischen Triebtätern, die sich seit eh erst über die Jungsozialisten mühsam pragmatisieren mussten, soll eine Partei wählen, deren Parlamentarier Witzfiguren sind und die eine Mitwirkung an der Regierung wegen unerfüllbarer Wunschträume unmöglich macht?

Und während sich die SPD so nun selbst zerlegt, sollten die anderen Parteien vielleicht einmal damit beginnen, über die Zukunft der von ihnen demolierten Demokratie nachzudenken. Wenn der gewählte Abgeordnete ohnehin nur noch willenloser Büttel einer parteiinternen Nomenklatura sein soll – dann können wir ihn auch abschaffen. Der Bürger könnte dann bei den Wahlen Stimmrechtsanteile vergeben, die durch den jeweiligen, bundesweiten Alleinkandidaten treuhänderisch für die Legislativentscheidungen verwaltet werden. An der gegenwärtigen Situation ändern würde das kaum etwas – nur viele Millionen Steuergelder sparen und zahlreiche weichgespülte Politkarrieristen ihrer Erwerbsmöglichkeiten berauben.

Unerfüllbare Träume der Rückkehr zur Demokratie

Die Alternative dazu wäre es, das demokratische Prinzip des Parlamentarismus grundlegend und im wahrsten Sinne des Wortes zu reformieren. Anfangen könnte man damit, die Parlamente wieder ausschließlich über Wahlkreise besetzen zu lassen, in denen im Zweifel auch über zwei Wahlgänge ein wirklicher Mehrheitsvertreter gewählt wird. Der so Gewählte wäre dann tatsächlich seinen Wählern gegenüber verantwortlich – und nicht durch nichts legitimierten Parteieliten.

Ein nächster Schritt könnte es sein, die staatliche Parteienfinanzierung abzuschaffen. Warum soll der Individualist sozialistische Kollektivisten und der Kommunist kapitalistische Individualisten finanzieren? Ziel dieser in der Welt einmaligen Idiotie war es, den Einfluss von Lobbygruppen zu verringern. Dabei waren und sind Parteien nie etwas anderes gewesen als genau solche Lobbygruppen. Also ist die jeweilige Lobby für deren Finanzierung zuständig. Niemand sonst.

Doch machen wir uns nichts vor: Der Selbstbedienungsladen des vernichteten Parlamentarismus ist viel zu schön, als dass er ausgerechnet von den einzigen zerstört würde, die den Nutzen davon haben. Weder werden jene, die im direkten Weg zu den Wählern niemals eine Chance hätten, in Parlamente einzuziehen, die unsäglichen Landeslisten aufgeben, noch werden die hungrigen Mäuler der Parteiapparate auf die staatliche Dauersubventionierung verzichten.

Und so werden wir in den kommenden Jahren weiter zuschauen dürfen, wie die angeblichen Demokraten die parlamentarische Demokratie zerstören. Was danach kommt, wenn es denn keine Revolution ist?

Nun – vielleicht neue Parteien, die sich auf die Ursprünge des Parlamentarismus besinnen und die Elitenautokratie der Altparteien ersetzen. Vielleicht aber auch eine noch weiter perfektionierte Parteienoligarchie, in der die Wähler abschließend nur noch Staffage und die Abgeordneten Marionetten sind. Wobei – das haben wir ja längst. Zumindest, wenn man einmal genauer hinschaut. Und sich nicht das Gehirn vernebeln lässt von jenen, die dem Bürger beständig die Diktatur der Irrelevanz und das Diktat der Minderheit als Demokratie verkaufen wollen.

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Kommentare ( 69 )

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Pirat Flexi
6 Jahre her

Bravo.
Das einzige, was diesem Text noch fehlt, ist die Feststellung, dass schon das Konstrukt „Koalition“ im Grundgesetz gar nicht vorgesehen ist.

Tomas Spahn
6 Jahre her
Antworten an  Pirat Flexi

Wobei das GG den gewählten Abgeordneten freistellt, sich nach Belieben zu verbünden, um so einen Exekutivführer zu wählen, der von ihnen auch über Fraktionsgrenzen hinweg längerfristig unterstützt werden kann. Gegen Koalitionen ist insofern nichts einzuwenden – solange sie ausschließlich unter und von gewählten Abgeordneten gebildet werden. Parteieinvertreter ohne Parlamentsmandat haben allerdings bei solchen Kooperationen weder Mitsprache noch Entscheidungsrecht. Wollen sie mitreden, müssen sie sich vom Bürger (und nicht von Parteimitgliedern) wählen lassen. Fehlt ihnen dazu Mut, Möglichkeit oder Zustimmung, so sind sie aus dem Geschäft.

Hans Müller
6 Jahre her

Tja, „DEM DEUTSCHEN VOLKE“, gilt leider nur noch für die betreffende Immobilie in Berlin. Ich weiß, besten Willens, nicht mehr, wie ich jungen Erwachsenen noch die Demokratie nahebringen kann – wenn ich diese nur noch über die spürbaren Nachteile erklären kann. Zitat eines Unterichtsteilnehmers: „Wenn von einer Personengruppe Absprachen gegen den ausdrücklichen Willen und zu Ungunsten des Auftraggebers beschlossen und umgesetzt werden, dann ist das doch Betrug und somit kriminell, also ist auch diese Personengruppe kriminell. Wenn der Auftraggeber das weiß und dieser Personengruppe immer wieder eine Legitimation erteilt, ist dann die Personengruppe nicht mehr kriminell oder ist der Auftraggeber… Mehr

Tomas Spahn
6 Jahre her
Antworten an  Hans Müller

Selbstverständlich, Herr Müller. Vielleicht hilft es ja, den jungen Menschen zu erklären, wie die deutsche Demokratie und die Rolle der Verfassung ursprünglich einmal gedacht waren.

Jürgen M. Backhaus
6 Jahre her

Hans Herbert v. Arnim bläst bereits seit Jahrzehnten (!) in dieses Horn. Zu recht, versteht sich. Aber bitte weiter so, es kann nicht schaden, dass die Parteien des Volkes Sachverstand erfahren. Juristen kommen ein wenig zu kurz in dieser Philippika, besonders die aus Karlsruhe (?).

Gero Hatz
6 Jahre her

Ein hervorragender Artikel!

Bader
6 Jahre her

Die Politiker,jede etablierte Partei,Journalisten,NGOs und MSM die sich als selbsternannte“Wächter der Demokratie“benennen sind für mich Diktatoren,Manipulatoren und Gleichgeschaltete! Denn diese,von sich selbst überzeugte“lupenreinen Demokraten“, Diffamieren, Denunzieren,Ruinieren und unterdrücken die Meinungs- u.Versammlungsfreiheit Andersdenkender, weiter Entwürdigen sie diejenigen auch noch indem sie diese öffentlich als Nazis,Rassisten,Pack,usw. benennen. Das gemeine Volk wird von ihnen als Dumm,Ungebildet,Nazis,Rassisten oder als Abgehängte betitelt wenn dieses seine Wahl nicht so trifft wie es von diesen „Demokraten“ erwünscht ist.

Fred Mann
6 Jahre her

Wow !! Danke Herr Spahn für diesen hervorragenden Artikel.

Beim Lesen habe ich glatt meine Suppe anbrennen lassen (frei nach Dieter Hildebrandt).

Wie schön, dass wenn ich die Regierung abwählen will, mit dem größten Parlament aller Zeiten „belohnt“ werde!

Baustelle Deutschland, bitte Schutzhelm aufsetzen.

Hans Ecke
6 Jahre her

Das Bild ist der Hammer. Der Text sowieso, kommt in die Sammlung.

Winfried Jäger
6 Jahre her

Ein brillanter Beitrag, wie immer.

Scipio Americanus
6 Jahre her

Einigermassen funktionierende parlamentarische Systeme erfordern, dass jenseits der formellen Verfassungsregeln ein demokratischer Grundkonsens und GrundGEFÜHL besteht. Bestimmte Dinge „macht man nicht“ auch wenn sie formaljuristisch nicht verboten wären.

Diesen Grundkonsens gibt es in Deutschland wohl schon seit den 1980er Jahren immer weniger, seit 2000 nicht mehr.

”But the thing which is really required for the proper working of democracy is not merely the democratic system, or even the democratic philosophy, but the democratic emotion.” (G.K. Chesterton, “Heretics”)

Gaby T.
6 Jahre her

Grandiose Analyse Herr Spahn! Dieser ist auch gar nichts hinzuzufügen… Nur: „Merkel entsorgen“, dies zu schreiben ist in der heutigen Zeit nicht unproblematisch (Zensurgesetz H. Maas).
Machen Sie bitte weiter so!

Tomas Spahn
6 Jahre her
Antworten an  Gaby T.

Liebe Gaby T., der Begriff „entsorgen“ ist in der politischen Sprache selbstverständlich, seit ich mich erstmals in den 70ern in parteipolitischen Gefilden bewegt hatte. Er besagt nichts anderes, als dass mehr oder weniger verdiente Politiker in den Ruhestand oder ineine andere, weniger im Rampenlicht stehende Tätigkeit gehen, weil schließlich auch einmal jüngere Menschen mit neuen Ideen drankommen möchten. Die künstliche Aufregung wegen Gaulands Özoguz-Entsorgung war insofern eben genau das: Künstlich und lächerlich. Jene, die sich besonders darüber aufgeregt haben, werden in ihrem Politikerleben schon zahlreiche Konkurrenten entsorgt haben und keine Skrupel haben, dieses auch künftig zu tun. Insofern ist dieser… Mehr