Claus Kleber, ARD und ZDF als Pflichtplätze bei der Google-Suche

Wenn immer weniger die Öffentlich-Rechtlichen regulär im TV schauen, müssen deren Inhalte halt zu den Zwangsbeitragszahlern gebracht werden. Die GroKo will Google und Facebook verpflichten, Inhalte von ARD und ZDF zu privilegieren.

© John MacDougall/AFP/Getty Images

In früheren Zeiten waren es die Justizminister, also die Verfassungsminister, die sich als Hüter der Grundrechte im Gesetzgebungsverfahren verstanden. Sie leisteten Widerstand, wenn andere Minister allzu großzügig mit der Einschränkung von Verfassungsrechten umgingen. Sie waren also ein Gegengewicht innerhalb einer Regierung. Nicht ohne Grund werden auch deshalb in einer Koalitionsregierung auf Bundesebene der Innenminister und der Justizminister in der Regel von unterschiedlichen Parteien gestellt. Doch in einer großen Koalition verschwimmen diese bewährten Prinzipen. Zwar werden Innen- und Justizminister aktuell von unterschiedlichen Parteien gestellt, aber heute ist es der Justizminister höchstselbst, der die Meinungsfreiheit massiv einschränkt.

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Am Freitag sollte eigentlich der Bundestag in erster Lesung über das so genannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz der Bundesregierung, das Verfassungsminister Heiko Maas erarbeitet hat, beraten. Jetzt hat die Unionsfraktion den Gesetzentwurf ihrer eigenen Bundesregierung angehalten. Es müsse substantiell nachgebessert werden. Das ist durchaus ein Zwischenerfolg der Kritiker, auch hier bei Tichys Einblick. Es ist eine Art Notbremse, die die CDU/CSU-Fraktion hier zieht. Denn tatsächlich haben alle Unionsminister im Kabinett und auch das Kanzleramt den Gesetzentwurf aus dem Hause Maas durchgewunken. Es ist ein beispielloser Fall. „Reporter ohne Grenzen“ befürchten „einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Presse- und Meinungsfreiheit“. Das Gesetz mache Mitarbeiter sozialer Netzwerke zu Richtern über die Meinungsfreiheit, so der Vorwurf des Journalistenverbandes. Maas will gegen Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte vorgehen. Soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter werden verpflichtet, offensichtlich rechtswidrige Inhalte innerhalb von 24 Stunden zu löschen und fragliche Inhalte innerhalb von 7 Tagen zu löschen, in deren Zeit der Verfasser Stellung nehmen oder externe Expertise eingeholt werden kann. Facebook wird so in die Rolle der Sittenpolizei und des Hilfssheriffs der Strafverfolgungsbehörden gedrängt. Die Unternehmen müssen ein Beschwerdemanagement aufbauen und regelmäßig Berichte vorlegen. Bei Nichteinhaltung drohen den Unternehmen Strafzahlungen von bis zu 50 Millionen Euro.

Die Regierung will damit Facebook zähmen und an die Kandare nehmen. Sie glaubt nicht, dass die Nutzer selbst in der Lage sind, ihre Schlüsse aus den Fehlentwicklungen zu ziehen. Das ist schon erschreckend, weil es einem Menschenbild folgt, das die Bürger zu einer stumpfsinnigen Schafherde oder zu einem böswilligen Wolfsrudel degeneriert. Diese Oberlehrerattitüden sind erst der Anfang des fortgesetzten Gangs in den Nanny-Staat.

Im Entwurf ihres Wahlprogramms zur Bundestagswahl wollen die Sozialdemokraten Google und Facebook verpflichten, Inhalte von ARD und ZDF zu veröffentlichen. Eine Zwangsquote Rosamunde Pilcher und Musikantenstadl auf der eigenen Timeline? Claus Klebers „heute-journal“ als Pflichtmitteilung bei jeder Google-Suche? Die Zwangsinformation für alle Nachrichtenmuffel? Wenn immer weniger die Öffentlich-Rechtlichen regulär im TV schauen, müssen die Inhalte halt zu den Zwangsbeitragszahlern gebracht werden. Immerhin müssen ja alle dafür bezahlen, also sollen sie es auch alle sehen müssen. Wer nicht hören will, muss fühlen. So weit weg sind daher die Sozialdemokraten nicht vom Leitkulturgedanken der Union. Sie verstehen nur etwas anderes darunter.

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Nicht alles ist gut bei Facebook, Twitter und Co. Wie sollte es auch? Aber deren herausragender Beitrag für die Meinungsfreiheit und -vielfalt und überhaupt für die Demokratie ist unverkennbar. Meinungsdiktaturen in autoritären Regimen überall auf dieser Welt sind viel schwerer durchzusetzen. Informationsasymmetrien, die Despoten in die Lage versetzen, durch Falschinformationen Meinung zu lenken, sind viel weniger möglich.

Auch eine deutsche Regierung verfolgt Interessen mit den Millionenetats ihrer Informationspolitik. Sie wollen in gutem Licht stehen. Sie wollen ihre herkömmlichen Kanäle bedienen. Die Atomisierung dieser Kanäle auf ganz viele Plattformen, Nutzer und Anbieter löst Misstrauen bei den Regierenden aus. Der Missbrauch der neuen Plattformen durch einige wenige wird dann schnell zum Anlass genommen, diese Atomisierung kritisch zu hinterfragen. Staatliche Eingriffe und Regulierungen sollen dann nicht nur die wenigen schwarzen Schafe disziplinieren, sondern auch die Masse lenken.

Gegen diese unlauteren Absichten der Regierenden hilft nur der bürgerliche Protest. Die Vielen müssen sich gegen diese Entwicklung stellen. Und dass dies gelingt, sieht man am heutigen Tag. Doch die Schlacht ist noch nicht geschlagen. Es genügt nicht, Fristen zu verlängern oder einen Halbsatz zu ergänzen. Es braucht gar kein Zensurgesetz im Netz, die Rechtslage ist ausreichend. Daher muss es verhindert werden.

Denn das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist nicht ein Gesetzgebungsverfahren wie viele. Es geht nicht nur um Facebook oder Twitter. Es ist auch nicht eine Bagatelle im Wust von wichtigen anderen Problemen. Es ist der Angriff auf die Grundfesten unserer Demokratie – der Presse- und Meinungsfreiheit. Ohne sie ist alles nichts.

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Kommentare ( 33 )

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6 Jahre her

So ist das mit Merkel: Neuland wird besetzt.

Johann Thiel
6 Jahre her

Is‘ jetzt ’n Witz, oder?

e.Feldhahn
6 Jahre her

Was erwarten die Menschen von einer Richtlinienkompetenzinhaberin vom Schlage dieser mental mehr als angeschlagenen …… im Kanzleramt?

AngelinaClooney
6 Jahre her

Darf man das Vorhaben dann „Volksempfänger“ nennen??

malnachfragen
6 Jahre her

Und wie will die putzige Regierung das in Deutschland rechtlich kaum greifbare Megaunternehmen google, facebook und co bitte zu sowas zwingen? Die hat doch nicht mal richtig ne Ahnung, wie das Internet funktioniert, geschweige denn von dessen Dynamiken. Die kennen das nur als etwas, dass wie ein Telephon ist und aus dem nur böse Meinungen über die top-Regierungsarbeit kommt, nebst stalkender Webwerbung. Bevor google, facebook und co sich zu sowas zwingen lassen, migrieren die das deutsche facebook etc. einfach auf nichtdeutsche Server und dann muss die Bimbesregierung entweder eine chinesische Firewall bauen oder hat schlicht nichts in der Hand. Wiefern… Mehr

Pe Wi
6 Jahre her

Bücher verbrannt? Noch nicht. Aber bestimmte Autoren werden von großen Verlagen gekündigt, bei amazon gibt es einige Bücher direkt über amazon nicht mehr nur noch über den Marktplatz. Das sind die Anfänge.

Kostadinov
6 Jahre her

haha ja, nur weil Kleber und Slomka besser aussehen als Eduard von Schnitzler fällt es vielen immer noch nicht auf 🙂

Heinz Stiller
6 Jahre her

Na und, es war doch schon immer so, dass einige Medien Pflichtlektüre waren. Das ‚Neue Deutschland‘ zum Beispiel, bis vor gar nicht langer Zeit in einem Teil Deutschlands, den wir naiverweise untergegangen glaubten. Tote leben bekanntlich eben länger, und alte Sitten kehren zurück. Im Osten nichts neues. – Für Historiker ist das ein gefundenes Fressen. Die scheinbar Besiegten stellen sich hinterher als die heimlichen Sieger heraus. So war das mit den alten Römern, deren Kultur dann bei den siegreichen germanischen Barbaren auf- und fortlebte, so war es mit den Chinesen, die die Mongolen nach deren Sieg über ihr Land effektiv… Mehr

Yellow
6 Jahre her

Was bleibt einem persönlich, in solch einer scheinbar verschwörten Welt?

Montgelas
6 Jahre her

Ihr Posting hat etwas…