Nur bei den Reichen brennen noch die Lichter und die Badenden bleiben ohne Bad

Statt Wohlstand für Alle kommt jetzt Armut für die Meisten. Ausgerechnet unter der Ampel nimmt eine gigantische Umverteilung ihren Lauf. Gut, dass die transformierte deutsche Sprache dafür keine Begriffe mehr hat.

IMAGO/Joko

Die Unterschicht und die Mitte verarmen. Bequem hat’s weiter, wer schon Wohlstand besitzt – oder Politiker, Funktionär und Beamter ist – möglichst auf EU-Ticket. Dabei – so stimmt das nicht. Robert Habeck geht den Reichen an den Kragen. Und wie.

Sie sollen ihren Pool nicht mehr mit Gas beheizen dürfen. Mit Gas. Mit Strom geht schon, denn wir haben ja Gas- und keine Stromknappheit, so Habeck in unumstößlicher grüner Logik. Strom und Gas sind danach zweierlei Dinge. Aus Gas wird zwar auch Strom in Dutzenden Gaskraftwerken, und wenn die Gasheizung ausfällt, werden die Heizlüfter angeschaltet. Aber die grüne Trennung in guten Strom (aus Gas) und bösen Strom (aus Kernkraft) muss aufrechterhalten werden. Und zwar an jedem Swimmingpool!

Aber keine Angst, es wird nicht so heiß gegessen, wie Reiche baden wollen. Verfolgt wird der warme Pool nur auf Anzeige, nicht per Schwimmbadpolizei, versichert Klimaminister Robert Habeck, so jovial wie liberal. Also per Denunziation. Man ahnt, was kommt. Das Blockwartsystem erwacht wieder zum Leben; „Meldestellen“ für frech gebliebene Bürger will die grüne Familienministerin in NRW mit Hilfe der CDU ohnehin schon einrichten. Da ist die Erweiterung zu Pool-Meldestellen nicht weit. Und wie wäre es mit vorgeschobenen Warm-Duscher-Beobachtungs-Positionen? Die den weißen Dampf aus des Nachbarn Badezimmerfenster melden; natürlich unterhalb der Strafbarkeitsgrenze, aber immerhin zur Auflistung? 

Die große Transformation in ihrem Lauf

Es klingt alles wie ein Scherz, aber ist die „große Transformation“, von der die Koalition aus grünen Grünen, roten Grünen und gelben Grünen spricht, und die schwarzen Grünen schweigen – in Praxis der Übergang von einer freiheitlichen Gesellschaft in eine, in der bewacht, kontrolliert und angezeigt werden soll. Nicht kann. Soll. Bespitzeln des Wärmeverbrauchs als Bürgerpflicht; eine schöne, neue Gesellschaft. In der Corona-Pandemie haben wir das geübt: Wer auf der Parkbank sitzt, wird angezeigt. Wer heiß duscht, ebenfalls; Polizei darf seit Corona jede Wohnung aufbrechen, wenn zu viele Feiernde vermutet werden. Man sieht: praktisch, wie Grundrechte verbogen werden können und dank eines gefälligen Bundesverfassungsgerichts auch dürfen.

Dazu passt selbstverständlich Tempo 130. Endlich geht es auch dem Raser an den Kragen, alle gleichzeitig auf der Überholspur, alle links, keiner rechts, das ist das alte, neue Ziel. Fakten? Nicht nötig. Das Gefühl von Neid und Missgunst als Nationalhymne; war bislang Klima das Wort, das alles rechtfertigte, dann Corona, so ist es eben jetzt der selbstverursachte Energiemangel. Putin als Ausrede für die Folgen der Merkel’schen Energiewende; wie praktisch. Vielleicht war Christian Lindners Fürstenhochzeit auf Sylt das letzte große öffentliche Fest der Ungleichheit; der letzte Laufsteg für die Schönen und Berühmten, ehe die Sansibar zur Volkskantine mit Sättigungsbeilage zur letzten Garnele umgewidmet wird und sich der graue Vorhang senkt. 

Aber halt, es trifft nicht alle gleich

Das Volk drängt sich in überfüllten, verdreckten, verspäteten Regionalzügen. Die ICEs sind verspätet, aber weitgehend leer und meist klimatisiert. Die neue Holzklasse für Arme sind Stehplätze im Schneckenzug; die E-Mobilität ist ein beschönigender Begriff für maßlose Verteuerung der individuellen Mobilität. Während Benziner für unter 10.000 Euro zu haben sind, kosten E-Mobile das Dreifache. Statt leichtere Autos zu bauen, werden die E-Mobile schwerer, behäbiger und teurer. Die Autobahnen leeren sich, die Rikscha wird zum Innenstadtmobil. Grün ist die Farbe der Verschlechterung jeder Lebenslage.

Derzeit werden kleine Dieselaggregate verkauft; sie werden Einfamilienhäuser und Villen mit Strom beim drohenden Blackout versorgen. Individuelle Solarzellen auf dem Dach garantieren die Notstromversorgung; unterstützt von riesigen Batteriepacks für die sonnenarmen Tage. Die Wärmepumpe im feuchten Keller wärmt künftig die Wohnung; die Trocknung verbessert den feuchten Raum zum idealen Weinkeller. Das alles sind teure Lösungen, aber angesagt angesichts drohender Mangellagen.

Dumm nur: Wer auf Etage wohnt, kann weder Solarzellen einbauen noch Wärmepumpen, Batterien oder Wärmetauscher finanzieren; auf dem Balkon der brummende Notstromdiesel klappt auch nicht wegen Abgasen, die direkt ins Wohnzimmer ziehen. Künftig werden die Häuser der Wohlhabenden auch in Notzeiten beleuchtet sein, die der Armen bleiben dunkel und der Kühlschrank wird warm. Mit der Energienot geht es zurück in die alte Klassengesellschaft, in der warme Wohnungen keine Selbstverständlichkeit war und Duschen allenfalls im kommunalen Waschhaus rieselten; Baden einmal die Woche. Das ist die Konsequenz des Habeck-Sparens. Zurück in die Klassengesellschaft des 19. Jahrhunderts, in der wenige hell und warm wohnten und die große Mehrheit kalt und dunkel.

Wir baden also bald wieder kollektiv

Tröstlich, dass der Kanzler so schön sagt. „You’ll never walk alone. Wir werden tun, was nötig ist und wir werden stabil durch die Herausforderungen kommen.“ Das ist beruhigend. Plötzlich ist sie wieder da, die Volksgemeinschaft, diesmal rot-grün gestreift mit gelben Punkten. Gemeinsame Armut soll wieder wärmen.

Und im Volksheim mit dem Etagenbad soll es allen noch besser gehen. Zukünftig erhalten Arbeitslose schneller Geld, Kontrollen entfallen, Jobs ablehnen ist voll okay. Man nennt es jetzt Bürgergeld. Wunderbare Idee in einer Zeit, in der allenthalben Arbeitskräfte gesucht werden. Wer da keine findet, muss sich schon sehr anstrengen. Vier Millionen Zugewanderte sind zum allergrößten Teil ohne wirkliche Beschäftigung, wenn man Sprachkurse, 1-Stunden-Jobs (in der Woche) und ähnliche amtliche Tarnbeschäftigungen abzieht. Dafür müssen für das Entladen von Koffern Arbeitskräfte aus der Türkei angeworben werden. Dass darunter Islamisten sind – egal.

Flughäfen sind ja bekanntlich längst keine Hochsicherheitszonen mehr. Koffer hin und her zu wuchten, ist eine Aufgabe, die in Deutschland lebenden Arbeitslosen so wenig zuzumuten ist wie Spargelstechen. Offensichtlich reicht es in Deutschland, als „Asylberwerber“ registriert zu sein – dann fließt das Geld auch ohne Arbeit. Das ist eine Botschaft, die überall verstanden wird: „You`ll never work!“. Glücklicherweise verfügen wir über eine tatkräftige Bundesregierung. Die will jetzt Fachkräfte zuwandern lassen, auch ohne Berufsabschluss, erklärt die Bundesinnenministerin.

Fachkräfte ohne Berufsabschluss? Das war bislang die Job-Beschreibung von Politikern. Vermutlich will das Weltsozialamt Deutschland jetzt die Lebenswirklichkeit der Politiker an die der Zuwandernden anpassen. Zuwandernde? Auch noch, wenn sie schon da sind? Zur Veränderung der Sprache im Stile des Regenbogens reicht es immer noch. Die Stadt Kiel lädt zur Gedenkfeier für „verstorbene Drogennehmende“. Seit wann nehmen Tote noch Drogen? Seit wann sind im Sozialamt Angekommene und Abgreifende noch Zuwandernde? Man merkt den Erfolg der Sprachzerstörung. Logik bleibt auf der Strecke. Wie kommt man als Einheimischer in den Zustand des „Steuergelderhaltenden“ (außer man ist EU-Beamter und herhält einen Inflationszuschlag von 8,5 Prozent)?

Wenn erst alle Steuergelderhaltende sind, fällt auch nicht mehr auf, dass einige davon Steuerzahlende für immer mehr Subventionsempfangende sind. Wer arbeitet, ist eben der Dumme, das wird gesetzlich festgeschrieben.

Im Newspeak fällt nicht mehr auf, dass die Stromnutzenden keinen Strom mehr haben, und die Badenden ganz ohne Bad schmutzig in ihrer erkaltenden Wohnung sitzen.

Es wird also alles gut, solange man den Schein Wahrende regieren lässt und nicht Tatkräftige. Schon der Begriff ist ja altmodisch.


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Kommentare ( 200 )

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Wilhelm Roepke
1 Jahr her

Na ja, wenn ich die Wahlpräferenzen meines persönlichen Umfeldes so ansehe, bleibt fast alles gleich: Nichtwähler wählen lautstark nicht, Grüne wählen grün, Sozis rot und andere seit 40 Jahren Union. Wer dazu eisern schweigt, wählt vermutlich Linkspartei oder AFD, bekennt sich aber nicht dazu, und der geneigte Gesprächspartner muss sich in jahrelanger Arbeit die politische Meinung erfühlen.

Der Leidensdruck ist anscheinend noch zu klein, um sein eigenes Wahlverhalten zu überdenken.

Innere Unruhe
1 Jahr her

Da haben Programmierer und Journalisten doch etwas gemeinsam – das Framwork ändert sich immer. Man kann nicht davon ausgehen, dass die einmal erlernte Sprache einen das ganze Leben ernähren wird 🙂

Ben Goldstein
1 Jahr her

Ehrlich gesagt sollte man es sich sparen, über den „Fachkräftemangel“ zu jammern. Wir werden bald sämtliche Werke stilllegen und Leute entlassen. Die Suche nach Arbeitern ist nur kurzfristige Anschubsinflationsbearbeitung. Die Leute kaufen noch rasch, was sie sich bald sonst nicht mehr leisten können. Zum Abwickeln der Paniknachfrage fehlen gerade Kräfte. In wenigen Wochen ist das schon wieder vorbei.

Mertens
1 Jahr her

Sehr geehrter Tichy ! Es gibt Tage, da ist es unerträglich Ihre Zeitung/Website zu lesen. Zu schlimm die Berichterstattung über den Verfall und den Zustand unseres ehemals funktionierenden Rechtsstaates… und dann wird mir regelmäßig bewusst, wie wichtig die Unterstützung Ihrer Arbeit ist! Das mache ich „gerne“ als Abonnent! Ich sende Ihnen hier mal einen Link zu einem ungeheuren und natürlich konsequenzlosen Vorgang aus Osnabrück: hier haben „hohe Beamte der Stadt Osnabrück“ eine Konferenz am Flughafen FMO besucht. Im Anschluss waren einigeTeilnehmer dieser Entourage offensichtlich nicht in der Lage, den für den Rücktransport gebuchten Bus zu finden. Was läge nun näher… Mehr

Mikmi
1 Jahr her

Ein Herr Gabriel will wieder zur 42 Std. Woche und natürlich alle sollen länger arbeiten.
Ich denke, die Regierung, SPD, Gruene und FDP leben über ihre Verhältnisse, wirtschaften ist angesagt, beim Verwaltungsapparat. Minusrunden bei den Abgeordneten, die Pensionen reduzieren und das Personal/Berater.

Babylon
1 Jahr her

So viel baden und duschen ist eh ungesund, nicht gut für die Haut. Kaltes Wasser, Waschlappen und Kernseife morgens bei Kerzenschein im dunklen Bad tuts auch.

69
1 Jahr her

Da zu passt ein Lied von Johann Walter 1561: Evangelisches Gesangbuch, die Verse 1+5 :Wach auf wach auf, du deutsches Land! Du hast genug geschlafen. Bedenk, was Gott an dich gewandt, wozu er dich erschaffen. Bedenk, was Gott dir hat gesandt und dir vertraut sein höchstes Pfand, drum magst du wohl aufwachen. 5: Die Wahrheit wird jetzt unterdrückt,/ will niemand Wahrheit hören¡/die Lüge wird gar fein geschmückt,/ man hilft ihr oft mit Schwören¡/dadurch wird Gottes Wort veracht´,/die Wahrheit höhnisch auch verlacht,/die Lüge tut man ehren.

Lizzard04
1 Jahr her

Ein Land also, das man lieber heute als morgen verlassen möchte, bei dem was seit Merkels Regentschaft bis heute daraus gemacht wurde. Bis es soweit ist läuft meine Wärmepumpe dann eben demnächst auch mit meinem Notstromaggregat! Da ich nicht zu den 80 Prozent Verstrahlter gehöre (man hätte es wissen können: in allen TV Talkshows vor der BT Wahl haben sie von FDP, CDU bis SPD und Grüne sich gegenseitig übertroffen mit ihren Transformationsphantasien) die diese Einheitfront gewählt haben, plagt mich dabei auch kein schlechtes Gewissen. Aber unendlich traurig macht einen der Zustand dieser einst so stolzen Industrienationen dennoch!

Castor
1 Jahr her

Bei einer deratigen Melange aus Problemen macht es Sinn, wenn man nicht nur meckert, sondern sich im Rahmen seiner Möglichkeiten auf die sicher kommenden, schwierigen Szenarios vorbereitet. Auf die Hilfe des Staates kann man verzichten, das schafft nur ungewollte Abhängigkeiten. In Krisen ist die kleine Gemeinschaft im unmittelbaren Umfeld der Anker. Das Geschwätz aus Politik und den meisten Medien können sie vergessen, das lenkt nur vom Thema ab. Durchbricht man den Stillstand und die Lethargie kommt der Rest von ganz alleine! Nur Mut.

K.Behrens
1 Jahr her
Antworten an  Castor

Ich stimme zu, andererseits ist das Geschwätz des Personals schon wichtig. Ohne dieses Geschwätz aus „Personalküche oder Flurfunk“ würden die „Puppen“ oder „Mäuse“ komplett auf dem Tisch tanzen. Herr Tichy beschrieb an anderer Stelle treffend das „Puppenhaus“ des Berliner Personal im sogenannten Bundeskanzleramt.

Hugo
1 Jahr her

Exzellent und amüsant geschrieben, es wird wirklich spannend …