Der Iran als Probe für Baerbocks „feministische Außenpolitik“

Im Iran werfen Frauen im Protest ihre Kopftücher ins Feuer. Und unsere selbsterklärt feministische Außenministerin? Frauen müssten „gehört“ werden, ein paar vage Sanktionen, das ist alles. Für sie und andere Feministinnen gilt der Feminismus eben nur dann, wenn er ungefährlich ist. 

IMAGO / photothek
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bei der G7-Veranstaltung "Strengthening Democracy" in Berlin, 26.09.2022.
Annalena Baerbock ist für ihre Innovationslust bekannt. Wir erinnern uns: Auf die Frage, wo man denn den alternativ geschöpften Strom herholt, wenn die Sonne nicht scheint und die lustigen Windräder sich nicht drehen, antwortete sie bekanntlich: „An Tagen wie diesen, wo es grau ist, da haben wir natürlich viel weniger erneuerbare Energien. Deswegen haben wir Speicher. Deswegen fungiert das Netz als Speicher. Und das ist alles ausgerechnet.“

Das ist in etwa so ausgerechnet wie Jürgen Trittins Vorhersage, die Förderung der sogenannten „Erneuerbaren Energien“ koste einen Durchschnittshaushalt monatlich mit 1 Euro nicht mehr als eine Kugel Eis. Nun ist der Preis für so ein Kügelchen zwar mittlerweile enorm gestiegen – kürzlich musste man in Berlin dafür 1,90 Euro hinlegen –  , er kommt aber immer noch nicht an die gigantischen Kosten der „Energiewende“ heran. 

Aber wir wollten ja die Außenministerin loben für ihre Kreativität. Die beweist sie auch bei dem, was sie als „feministische Außenpolitik“ versprochen hat. Anno dunnemals galt Feminismus als Gegenkonzept zur maskulinen Aggressivität, die sich in Kriegen niederschlage. Frauen, hieß es, seien das friedlichere Geschlecht. Schon klar, man nennt das geschlechtsspezifische Arbeitsteilung: Männer schlagen sich gegenseitig die Köpfe ein, damit Frauen geschützt bleiben, die für die Arterhaltung nun einmal unabdingbar sind. Aber das ist natürlich nicht gemeint. Vielleicht, dass weibliche Sanftmut Kriege verhindern hilft? Naja. Sanftmut ist bei Frauen nicht immer garantiert.

Beim Auswärtigen Amt nun definiert man feministische Außenpolitik folgendermaßen: Sie „basiert auf der Überzeugung, dass Geschlechtergerechtigkeit und gleichberechtigte Teilhabe Voraussetzung für nachhaltigen Frieden und Sicherheit in der Welt sind.“  

Das kann natürlich dauern, so weltweit. Und bis es soweit ist, ist Annalena Baerbock eine vehemente Verteidigerin der Auf- und Ausrüstung der Ukraine, whatever it takes: „… wenn ich dieses Versprechen an die Ukrainer gebe: ‘Wir stehen so lange an eurer Seite, wie Ihr uns braucht’, dann möchte ich auch liefern, egal was meine deutschen Wähler denken.“

Nun, ihre deutschen Wähler mögen die Grünen auch deshalb gewählt haben, weil sie ihrem Programm zufolge „Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete“ ablehnen. Feministische Außenpolitik aber scheint es mit derlei Programmatischem nicht so genau zu nehmen, das dürfte dem einen oder anderen Wähler durchaus aufgefallen sein (egal, wie er zu einer waffentechnischen Unterstützung der Ukraine steht). 

Besonders kreativ aber wurde die Außenministerin jüngst, als es um die Rechte von Frauen in anderen Ländern ging. 

Im Iran etwa stehen die Zeichen auf Sturm. Seit dem Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini, die von der Moralpolizei festgenommen wurde, weil ihr Kopftuch angeblich zu lose saß, brodelt es. In Polizeigewahrsam wurde sie wahrscheinlich verprügelt, an den schweren Verletzungen ist die junge Frau drei Tage später gestorben. Seither sind Tausende überall auf den Straßen.

Frauen tanzen um ein Feuer, in das sie ihr Kopftuch werfen. Junge Frauen schneiden sich vor einer applaudierenden Menge die Haare ab. Iranische Sittenwächter werden auf offener Straße angegriffen. Vor allem: Auch Männer solidarisieren sich mit den Frauen.

Längst haben weitere Menschen, Frauen und Männer, die sich an den Protesten der Folgetage beteiligten, ihr Leben durch das autoritäre Regime verloren. Der Gouverneur der Provinz Kurdistan bezeichnet die Proteste als eine „vom Feind angestiftete Verschwörung“, da weiß man schon, wie verfahren werden soll. 

Hierzulande bleiben Demonstrationen der Solidarität bei bekannten „Feministinnen“ weitgehend aus. Warum eigentlich? Sind deutsche Feministinnen mehr mit Fragen des Genderns, dem unterdrückenden Patriarchat in Gestalt des alten weißen Mannes oder dem inhärenten Rassismus der westlichen Gesellschaften beschäftigt? Oder glauben sie wirklich, das Tragen eines Kopftuchs sei die freie Entscheidung der Frauen?

Wer das glaubt, verharmlost, romantisiert und unterschätzt dieses Symbol des muslimischen Glaubensbekenntnisses. Es ist ja nicht nur das Kopftuch, das Frauen im Iran aufgezwungen wird. Es signalisiert die Unterwerfung unter eine ganze Reihe von Ge- und Verboten. Es ist nicht bloß ein Stück Stoff oder gar ein feministischer Akt. Es ist ein Instrument sozialer Kontrolle.

Und deshalb werden Frauen unter Druck gesetzt, sich zu verhüllen, werden geschlagen und bestraft, wenn sie es nicht oder nicht richtig tun. 

Nicht nur das Frauenbild, das dahinter steht, ist zutiefst menschenfeindlich. Denn auch den Männern wird ja unterstellt, dass sie stets erregbar seien, ihre Triebe nicht kontrollieren könnten und dass sie wie wilde Tiere über eine Frau herfallen würden, die sich nicht züchtig verhüllt. 

Was sagt nun also die feministische Außenpolitikerin Annalena Baerbock dazu? Die Frauen müssten „gehört werden“, erklärte sie, denn sie forderten ihre „unumstößlichen Menschenrechte“ ein.

Aha. Die Frauen müssen „gehört“ werden. Sonst nichts? Ist das alles, was geboten wird, wo man doch an anderer Stelle sogar zu einer Solidarität bereit ist, die den Interessen des eigenen Landes Schaden zufügt? Kann man wirklich nicht deutlicher werden, nur, weil man das gute Verhältnis zum Iran nicht strapazieren will? 

Jetzt droht die EU immerhin vage mit „Sanktionen“. Und das Auswärtige Amt bestellt den iranischen Botschafter ein. Was wird man ihm sagen? Dass auch Frauen „gehört“ werden müssen?

Die Wahrheit ist: Mehr wird nicht möglich sein. Denn „feministische Außenpolitik“ gibt es schlicht nicht. Die Realpolitik holt auch den Feminismus ein. Er gilt nur dort, wo er ungefährlich ist. 

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Kommentare ( 38 )

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1 Jahr her

Hallo Frau Stephan, kleiner Witz am Rande — um einen annähernd klugen Text publizieren zu können, müsste Frau A. B. gleich drei Plagiatoren dransetzen.
Der Erste für’s Wissen, der Zweite für Moral und Ethik, und der Dritte für’s Logische zuständig.
Denn über nichts von dem Vorgenannten verfügt die „Superfrau“ A. B.
Aber „Grün“ isse, und Quotenfrau. Wau!
Schönen Gruß und Danke! 🙂

Warte nicht auf bessre zeiten
1 Jahr her

Warum zögere ich mit meinem Kommentar? Es gibt ca. 40 Millionen Frauen im Iran. Wieviele davon protestieren, demonstrieren, begehren gegen das Kopftuch auf und v.a. wer? Kennen wir diesen Typ Frau vielleicht? Das Regime im Iran ist abscheulich, die Ideologie ist abscheulich, ich würde auf keinen Fall dort leben wollen, aber …

Mausi
1 Jahr her

… aber D sollte sich mal darauf beschränken, im Innern für Freiräume zu sorgen, die es von anderen Staaten verlangt. Ein paar Personen reichen, um eine Diktatur aufzusetzen und aufrecht zu erhalten. Welche Einstellung in islamischen Staaten diese Peronen antreibt, weiß man. Also sollte D diese Personen nicht unter den Schutz der Religionsausübung stellen, sie finanziell unterstützen und ihnen ein Dach über dem Kopf bieten.

Teiresias
1 Jahr her

Es ist ja nicht so, daß die Frauen vom iranischen Regime nicht „gehört“ würden – nur reagiert das Regime halt nicht mit Zustimmung. Es ist schon seit Jahrzehnten zu beobachten, wie die Islamversteherei im Sinne „multikultureller Vielfalt“ im Ergebnis dazu führt, daß Frauenrechte nur für Weiße gelten – das nennen die Multikultifeministinnen dann auch noch Antirassismus. Der linke Kulturrelativismus, nachdem PER DEFINITION alle Kulturen gleich gut zu sein haben, muss zu unauflösbaren logischen Widersprüchen führen. Da wird einfach bestimmt, daß es erstens keine Unterschiede gibt – weil ja alle Menschen gleich sind – und zweitens, daß, wenn doch, diese ausschließlich… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Teiresias
Fieselsteinchen
1 Jahr her

Vom Plappermäulchen wird nichts Substantielles kommen, erstens weil sie es nicht kann, zweitens weil es ihr niemand vorgeflüstert hat. Armenien? Kein Wort! Es werden Geschäfte mit Aserbaidshan gemacht! Afghanistan und Frauenrechte? Kein Wort! Es werden diese Mopedlumpentaliban mit Millionen aus Deutschland zur Förderung der Demokratie unterstützt und neue Ortskräfte dort eingestellt – ähm, btw. was ist aus den alten geworden? Hocken die jetzt alle hier? Iran? Kein Wort! Weil man hier seit 2015 versucht, die hiesigen Frauen auf den Kopflappen einzuschwören – von wegen Toleranz und Anti-Rassismus! Außerdem sitzt Claudi-Trine als Kültürchefin und Börekbäckerin irgendwo im Regierungsviertel rum, die ist… Mehr

Albert Pflueger
1 Jahr her

„basiert auf der Überzeugung, dass Geschlechtergerechtigkeit und gleichberechtigte Teilhabe Voraussetzung für nachhaltigen Frieden und Sicherheit in der Welt sind.“ 
Ach du liebe Zeit! Wenn das die Voraussetzung für Frieden und Sicherheit wäre, müßten wir wohl endgültig alle Hoffnung auf Frieden und Sicherheit fahren lassen! Schließlich importieren wir massenhaft Leute, die nicht im geringsten bereit sind, an der Schaffung dieser Voraussetzung mitzuwirken, ganz zu schweigen von denen unter uns, die gleichberechtigte Teilhabe als von gleicher Leistung abhängig ansehen.

Rob Roy
1 Jahr her

Das Engagement iranischer Frauen, die unter Einsatz ihres Lebens für ihre Rechte demonstrieren gehen, ist echter Feminismus. In Deutschland herrscht dagegen Salon-Feminismus mit erhobenem Zeigefinger. Nur bitte nicht aus dem bequemen Sessel erheben.

LadyGrilka55
1 Jahr her

Inwieweit Massen von testosteronstrotzenden Jungmannen, deren Hauptziel der Besitz und prestigeträchtige Gebrauch eines PS-Bolidens ist, sich klimaschonend auswirken, muss erst noch wissenschaftlich untersucht werden. Da müssen „Experten“ ran. Wenn die so fähig sind, wie die Corona-„Experten“, die uns seit zweieinhalb Jahren heimsuchen, werden diese Koryphäen sicher ermitteln, dass ein 300-PS-Automobil wesentlich klimaschonender ist als ein Lastenfahrrad.
?

Last edited 1 Jahr her by LadyGrilka55
Klaus Kabel
1 Jahr her

Baerbock ist eine eklatante Fehlbesetzung. Der Schnattertrine sind doch die Frau im Iran völlig wurst. Die Grünlinken betreiben doch dem Islam gegenüber Appeasement Politik. Der Iran und die Mullahs bekommen von Spalter-Walter Grüße von „uns“ zugesandt. Da kommt zusammen, was zusammengehört. Vergewaltigt in Deutschland ein Afgahne ein11jähriges Mädchen, genießt dieser Afghane Rechtsschutz und ein kleines Mädchen bleibt sein Leben lang traumatisiert. So sieht es aus.

Sterling Heights
1 Jahr her

Wer es mit unseriösen und fragwuerdigen Mitteln wie Studium, Veröffentlichung, Lebenslauf etc. an die politische Spitze geschafft hat, ist für mich untragbar. Aber Profiteure ihrer Partei und Wähler, die selbst nur max. Mittelmaß sind, frohlocken den Inszenierungen und Interviews.
Ausländische Politiker/innen lassen bestimmt Biographien recherchieren.
Selbstueberschaetzung wird oft als Zielstrebigkeit interpretiert und bei Kompetenzen ist Selbstvermarktung entscheidend. Bei unserem Bildungssystem wundert mich das längst nicht mehr.

Der Person
1 Jahr her

Verachtung des „alten, weißen Mannes“, Hass auf europäische Nationen, Kulturen und Traditionen, Einforderung von Privilegien für die eigene Klientel, Bildungsferne & Minderleistung und die Eigenschaft, sich Opfer anstatt Gegnern zu suchen…letztendlich sind Gestalten wie Baerbock das westliche Äquivalent zum Islam. Deswegen verstehen die sich ja so gut. Zumindest solange die frauenverachtenden deutschen Neo-Feministinnen den Islamisten nützlich sind…