Rot-Grün hat Vorfahrt in der Medien-Arena

Die "Kanzlerkandidaten"-Trielle sorgen für eine Zweidrittel-Mehrheit linker und grüner Themensetzung zu bester Sendezeit. ARD und ZDF spielen das Spiel.

picture alliance / dpa | Soeren Stache

Im Nachhinein wirkt es wie ein kluger Schachzug von PR-Beratern aus dem linken und grünen Spektrum der Republik. Weil die heute noch kleinste Fraktion im deutschen Bundestag, die Grünen, eine „Kanzlerkandidatin“ aufs Schild hob, was traditionell immer nur die einstigen Volksparteien Union und SPD taten, werden sie in den drei TV-Triellen, die früher einfache Duelle waren, zeitanteilsmäßig „mit der gebotenen Fairness“, wie betont wird, gleich behandelt. Im Ergebnis bedeutet das aus liberaler und konservativer Sicht: Sozialdemokraten und Grüne beanspruchen in diesen TV-Formaten regelmäßig eine Zweidrittelmehrheit an Redezeit und links-grüner Themensetzung. Damit wird in den TV-Showdowns eine links-grüne Republik abgebildet, die sich nicht mit den tatsächlichen politischen Mehrheiten im Land deckt. Selbst wer die Ergebnisse von SPD, Grünen, Linken und den diversen linken Splitterparteien addiert, wird auf deutlich weniger als die Hälfte des Wahlvolks kommen. Dass auch das gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Fernsehen diese mediale Verzerrung im zweiten Triell kommentarlos abgebildet hat, unterstreicht ganz nebenbei den immer wieder erhobenen Vorwurf tendenziöser Berichterstattung.

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Triell: Drei Kandidaten-Kandidaten - und keiner und keine kann es
Immerhin elf Millionen Zuschauer sahen am vergangenen Sonntag das TV-Triell in den öffentlich-rechtlichen Programmen von ARD, ZDF, Phoenix und Tagesschau24, ein Marktanteil von 36,5 Prozent. Allerdings hat das Interesse im Vergleich zum Duell zwischen Angela Merkel (CDU) und Martin Schulz (SPD) vor der letzten Bundestagswahl deutlich nachgelassen. Rund 5 Millionen Zuschauer wurden diesmal weniger registriert als damals, vielleicht auch ein Indiz für den gewachsenen Parteien- und Politikerverdruss im Volk. Das erste Triell im Privatfernsehen RTL und ntv sahen am 29. August übrigens 5,6 Millionen Zuschauer. Dass die Gesprächsführung im Privatfernsehen deutlich professioneller und journalistisch pointierter war als bei ARD und ZDF, ist durchaus erwähnenswert. Ob das letzte Triell, das am kommenden Sonntag auf ProSieben, SAT.1 und kabel eins übertragen wird, nochmals Millionen Zuschauer vor den Bildschirmen versammeln wird?

Auch die Printmedien präferieren linke und grüne Themen

Diese thematische Priorisierung linker und grüner Themen schlägt sich natürlich auch in den Printmedien nieder. Obwohl das deutsche Wahlrecht keine Volkswahl des Kanzlers/der Kanzlerin vorsieht, sondern die Wähler mit der Erststimme den Wahlkreisabgeordneten und mit der wichtigen Zweitstimme die Partei ihrer Wahl wählen, deren Gesamtergebnis letztendlich über die Mandatsstärke im Bundestag entscheidet, wo dann mit absoluter Mehrheit der Kanzler/die Kanzlerin gewählt wird, erweckt dieser inszenierte mediale Dreikampf für unbedarfte Geister genau diesen falschen Eindruck. Denn natürlich werden die drei Kandidaten für das Kanzleramt mit ihren Themen prominent in den Fokus gerückt, die ausführlichen Interviews mit ihnen geführt, die großen Porträts über sie geschrieben.

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Aber treffen die Medien damit wirklich den Nerv des Volkes? Oder spiegeln sie nicht eher die Haltung des journalistischen Juste Milieu? Das Agenda-Setting im Wahlkampf wird bewusst gesteuert. Das politische Umfeld der Grünen, ihre Öko-Vorfeldorganisationen sowie unzählige Nichtregierungsorganisationen, die aber häufig aus öffentlichen Kassen gesponsert werden, lancieren die Klimawandel-Themen. Das SPD-Umfeld aus Gewerkschaften und Sozialverbänden pusht die sozialen Themen – etwa mit den regelmäßig wiederkehrenden Rankings der angeblich wachsenden Armut im Land. Themen, die vielen Menschen auf den Nägeln brennen, etwa die Angst vor Kriminalität, vor rechtsfreien Räumen, vor Clan-Kriminalität oder der Überfremdung durch ungesteuerte Zuwanderung, werden dagegen nicht nur im Wahlkampf gemieden. Sie stehen auf dem „Nazi-Index“, werden von vielen Journalisten gemieden, weil sie sich nicht als angebliche Handlanger der Rechts-Populisten angreifbar machen lassen wollen.

Instrumentalisierte Meinungsforschung

Selbst die Demoskopie wird instrumentalisiert. Obwohl alle Insider wissen, wie schwer es den Meinungsforschern fällt, die immer größere Zurückhaltung der Bürger bei Fragen nach ihren Wahlpräferenzen mit den Erfahrungswerten ihrer jeweiligen Institute korrigierend zu gewichten, jagt in diesen Wochen eine Wahlprognose die andere. Weil sich die Bindungswirkung der Wähler an bestimmte Parteien in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend gelockert hat, die traditionellen soziokulturellen Milieus erodiert sind und die Bereitschaft zu ehrlichen Antworten in Zeiten der „political correctness“ bei vielen Befragten gegen Null tendiert, lagen und liegen die Demoskopen immer wieder kräftig daneben.

Weil die Meinungsforschungsinstitute ihre „Gewichtungsfaktoren“ als Betriebsgeheimnis wahren, bleibt die vermeintlich präzise Ergebnisvorschau reichlich intransparent. Noch immer sollen bis zu 40 Prozent der Wahlberechtigten nicht wissen, wo sie am übernächsten Sonntag ihr Kreuz machen. Wohin geht der Last Minute-Swing? Zu den demoskopisch gehypten Parteien und Personen? Es besteht die Gefahr, dass intransparente Wahlprognosen vermeintliche oder tatsächliche Trends verstärken. So wird die Demoskopie selbst zum Meinungsfaktor, lässt sich recht bereitwillig von Parteien instrumentalisieren.

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Kommentare ( 45 )

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P.Reinike
2 Jahre her

Die letzte Verzerrung, die ich zur Kenntnis genommen habe, stammt vom ARD Format Tagesschau. Diese hatte im üblichen Bias behauptet, daß die AfD die Fluthilfen für die Überflutungsgebiete bei der Abstimmung im BT als einzige Fraktion abgelehnt habe. Das wurde auch noch vom „Faktenfinder“ so falsch und kaltschnäuzig weiterverbreitet. Mittlerweile ist der Tagesschau gerichtlich untersagt worden, diese Behauptung weiter zu verbreiten, der Faktenfinder Gensing musste seinen Beitrag löschen. Hier funktionieren die Filter weitgehend. Wie weit die Wirkung solcher Falschmeldungen vor der Wahl reichen, ist kaum abzusehen. Solche „Irrtümer“ haben jedenfalls immer dieselbe einseitige politische Konnotation und werden als Agitation auch noch… Mehr

Andreas aus E.
2 Jahre her

Kubicki moniert… hätte er sich doch selbst zum Kanzlerkadidaten aufschwingen könnte, oder wenigstens den Lindner.
Kubicki laber immer nur, der ist wie Bosbach, wobei ich letzterem noch Überzeugungen abnehme, dem Kubicki ganz sicher nicht.
Als BT-Vize agierte er stets exakt so wie seine Kollegin Roth. Desgleichen beim Abstimmungsverhalten.
Mir unbegreiflich, daß der gelegentlich als eine Art Lichtgestalt der FDP gesehen wird.

Andreas aus E.
2 Jahre her

Dass auch das gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Fernsehen diese mediale Verzerrung im zweiten Triell kommentarlos abgebildet hat, unterstreicht ganz nebenbei den immer wieder erhobenen Vorwurf tendenziöser Berichterstattung.“

Äh – „auch“? Was die „Privaten“ machen, ist ja deren Sache, sollte einem egal sein, beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist das schlicht kriminelles Verhalten.
Bitte übrigens auch mal dem Staatsradio einen Artikel widmen – DLF ist ebenso, wenn nicht noch schlimmer, und vom DW braucht man gar nicht erst anzufangen. Wobei letzterer immerhin ganz offiziös Staatsfunk ist.

Till Kinzel
2 Jahre her

Die Analyse ist meines Erachtens unvollständig, weil sie nicht hinreichend berücksichtigt, daß auch die Redeanteile der Union ja mehr oder weniger zu denen der Linksrotgrünen hinzugezählt werden müssen. Laschet will ja auch ein klimaneutrales Deutschland etc., insofern besteht das Ungleichgewicht in ganz anderer Hinsicht. Kein Wunder dann auch, daß Laschet in dem peinlichen und manipulierten Kinderinterview zu Scholz und Baerbock noch einfällt, daß „beide okay“ sind. Na dann….

Andreas aus E.
2 Jahre her
Antworten an  Till Kinzel

Der Fairness halber: Union, SPD und „Grüne“ sind allesamt Linksblock (da hilft auch kein Maaßen nichts), insofern sind diese Sendungen zu 100% linksgrün, völlig egal, wer von denen wie lange schwätzen darf.

Im Nachhinein betrachtet war es wohl strategischer Fehler der AfD (und der SED), nicht wie die „Grünen“ und die Sozen so dreist gewesen zu sein, „Kanzlerkandidaten“ aufzustellen.

Evero
2 Jahre her

Diesen TV-Nonsens mit 3 Kandidaten am Sonntagabend hat man als reifer Staatsbürger nicht mehr nötig. Schade, dass sich so viele Menschen noch von den falschen Versprechen der Politiker und den parteiischen Journalisten blenden lassen. Angela Merkel, der SED-Zögling, die Parteien CDU/CSU und SPD haben die letzten 16 Jahre aus Berechnung und reinem Machtkalkül die Karre ordentlich in den Dreck gefahren. Von ausgleichender Gemeinwohlpolitik und Germany first keine Spur. A Für alle echten Probleme wurde die Lösung ignorant in die Zukunft verlagert. Aber mit der Angstmache vor Klima, das nicht vorhersehbar ist, wollen die bürgerfeindlichen Sozialisten ihre leeren Kassen auffüllen. Das… Mehr

fatherted
2 Jahre her

nun ja…vielleicht war es sehr nützlich, Frau Baerbock medial so breit darzustellen. Scheinbar haben viele Wähler zwischenzeitlich gemerkt was da bei einer Kanzlerschaft auf sie zukommt….insofern….ist die mediale Dauerpräsenz nach hinten losgegangen.

Bernd W.
2 Jahre her

Deutschland ist de facto keine Demokratie („Herrschaft des Volkes“) mehr. So simpel, so traurig, so gefährlich. Punkt.

bfwied
2 Jahre her

Was ist normal in dieser Zeit, an dieser Wahl? Nichts! Wir haben einen CDU-Kanzlerkandidaten, der lachend vor den Überschwemmungstrümmern steht, lächelnd mit einem Glas Sekt in der Hand – als einziger auf einem heutigen Photo -, er kämpft nicht, ist nicht schlagfertig, bestimmt keine Themen, ist lahm, gerade tauglich für eine Kanzlerschaft in Zeiten, in denen alles in Butter ist. Das ist es aber nicht. Wir haben eine berufslose verlogene, betrügerische und vollkommen kenntnislose Frau der Grünen, die an eine jugendliche freche bildungsferne Göre erinnert, wir haben eine Presse/TV, die eben diese Göre als die Zukunft anhimmelt, dann haben wir… Mehr

akimo
2 Jahre her
Antworten an  bfwied

Wow.

luxlimbus
2 Jahre her

Einem Kunden gleich, dem man als Kassierer versehentlich viel zu viel Geld herausgegeben hat, und der nun im Wissen um seinen „Gewinn“ das nichtsahnende Unschuldslamm markiert, entsprechen die Gesinnungsakrobaten in Politik und ÖRR bezüglich deren Umgangs mit den Andersdenkenden. Es ist diese nicht nachvollziehbare Schamlosigkeit alle (demokratischen) Regeln und vor der Hand verlautbarten Überzeugungen hinten an zu stellen, ja wenn nur so etwas wie Gewinn & Dominanz gegenüber dem erklärten Gegner möglich erscheint. Die verheerende Außendarstellung, Leumund, Prestige interessieren nicht, da diese sowieso nur den unwürdigen Kreis der nicht Erleuchteten („Unwoken“) betreffen (können). 

89-erlebt
2 Jahre her

Der NDR lässt kommunistische Hetzerinnen, speziell ausgebildet in einem bekannten Kommunisten Labor zum „Fertig machen“ von Laschet ins Studio, für 17,50€ vom Netto aus den Zwangsgebühren und die vorgeblich grüne L Neubauer klatscht öffentlich Beifall.

Evero
2 Jahre her
Antworten an  89-erlebt

Nicht verwunderlich. Die satanischen Sozialisten wollen an die vollen Futtertröge. Da wird schon kräftig investiert.

Ich wünschte mir, dass endlich auch Politiker due Folgen ihrer Politik einmal zu dpùren bekämen! Daran krankt dieses System. Die Herrscher sitzen immer im gemachten Nest. In der Scheindemokratie noch jedes Jahr die Diäten erhöht, sich Personenschutz gönnen, um nicht von den Folgen seiner Politik tangiert zu werden und fette Pensionen vom Steuergeld fürs Alter. Da läßt es sich leben, und die bleiben Jahrzehnte kleben am Stuhl und stimmen brav für den von der Parteiführung verordneten Fraktionszwang statt die Interessen ihrer Wähler zu vertreten.