„Gender“-Standpunkt: Der neue Klassen-Standpunkt

Die vormals "bürgerlich" Genannten bilden sich weiter ein, mit politisch korrektem Anpassen in allen Grundsatzfragen Wähler zu gewinnen. Wer politisch korrekt wählen möchte, wählt kein CDU-Imitat, sondern das rote oder grüne Original.

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Symbolbild

In diesem unserem so offenen, liberalen und libertären/libertinären Land darf man gegen alles sein. Man darf nur nicht gegen bestimmte politisch korrekte Tabu-Diktate verstoßen. Das wäre ein Sakrileg. Man darf vor allem den Islam und „Gender Mainstreaming“ nicht kritisieren oder auch nur hinterfragen. Islam und die „Gender“-Quasireligion haben zwar nichts miteinander zu tun, sind sie doch schiere Ausschließungsgegensätze, immerhin ist Islam pur mit seinem Männer- respektive Frauenbild das exakte Gegenstück von Gender Mainstreaming mit seiner Vorstellung der totalen Egalität aller möglichen sexuellen Orientierungen und Zustände.

Bleiben wir bei „Gender“. Hier inszeniert sich eine, an Hochschulen mit mehr als zweihundert Professuren gut alimentierte und außerhalb der Hochschulen digital bestens vernetzte Minderheitenlobby als „praeceptor Germaniae“. Und die vormals Bürgerlichen trotten hinterher. Nachfolgend drei aktuelle Beispiele.

Erstes Beispiel: Am 20./21 Januar 2018 fanden – organisiert vom angeblich bürgerlich-konservativen „Münchner Merkur“ – die „Münchener Bildungstage“ statt. Vorgesehen waren unter anderem zwei Veranstaltungen mit dem Neusser Erziehungswissenschaftler Dr. Albert Wunsch als Referenten. Seine Themen sollten sein: „Raus aus der Verwöhnungsfalle! Für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit“ und „Kinder für die Zukunft befähigen“. Zwei eigentlich in nichts politisch unkorrekte Themen. Dennoch wurde Albert Wunsch wenige Tage vor den „Bildungstagen“ ausgeladen. Warum? Irgendein(e) „Queer“-Beauftragte(r) hatte herausgefunden, dass sich Albert Wunsch drei Jahre zuvor kritisch über den – nach dem Regierungswechsel von 2016 mittlerweile zurückgezogenen – grün-roten „Bildungsplan“ Baden-Württembergs mit seiner weitreichenden Sexualisierung aller Bildungsbereiche ausgesprochen hatte. Irgendwie schaffte es diese „Queer“-Beauftragtenperson, das Ohr des Münchner Oberbürgermeisters Dieter Reiter (SPD) und damit des Schirmherrn der „Bildungstage“ zu gewinnen. Und schuppdiwupp: Reiter drohte dem Münchner Merkur, die Schirmherrnschaft zurückzuziehen, wenn der „umstrittene“ Albert Wunsch nicht ausgeladen werde. Albert Wunsch war draußen. Ein führender Münchner FDP-Mann, der gebeten worden war, OB Reiter diese Sache um die Ohren zu hauen, schwieg sich aus.

Zweites Beispiel: Am gleichen Wochenende hat sich ein anderer SPD-Oberbürgermeister ebenfalls gender-gerecht in Szene gesetzt. Die Gruppe „Demo für alle“ hatte in Kelsterbach bei Frankfurt mit 400 Teilnehmern eine Konferenz zum Thema die „Öffnung der Ehe – Folgen für alle“ veranstaltet. Eine Gegen-Demo vor allem aus unterschiedlichen Gruppen der LGBTIQ-Community (Lesbisch, Schwul, Bisexuell, Trans- und Intersexuell sowie Queer) mochte das nicht. Mit Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) fand man einen prominenten Hauptredner der Gegen-Demo. Feldmann meinte zum Beispiel: „Wir haben keinen Platz und kein Verständnis für homophobe Gruppen, Diskriminierung und Ausgrenzung.“ Der Kongress selbst musste unter dem Schutz von gut 60 Polizisten plus Reiterstaffel stattfinden.

Drittes Beispiel: Am 3. Februar 2018 veranstaltete die Konrad-Adenauer-Stiftung mit ihrem dortigen Bildungswerk in Mainz eine Tagung zum Thema „Gender, Instrument der Umerziehung?“ Es standen folgende Themen auf dem Programm: „Zum Glück verschieden: Mann und Frau“ (Referentin: Prof. Dr. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz); „Gender Mainstreaming – Was hat das mit Pädagogik zu tun? (Referent: der Autor dieser Kolumne); „Kritik an der feministischen Sprache – Ein Vergleich mit Frankreich“ (Referent: Dr. Tomas Kubelik) und „Gender ist gegen die Familie gerichtet“ (Referentin: MdL Simone Huth-Haage, CDU). Allein diese Themen und das im Einladungsschreiben wiedergegebene Zitat von Papst Franziskus reichten den Queer- und Genderisten, gegen die Tagung mobil zu machen. Franziskus hatte die Gender-Theorie als „Feind der Ehe“ bezeichnet und gesagt: „Es gibt einen Weltkrieg, um die Ehe zu zerstören.“

Wenige Tage vor der schließlich überfüllten Tagung begann ein Treiben gegen diese Tagung. Queer.de mobilisierte mit „Begründungen“ wie folgenden: Es handle sich um „neurechte und christlich-fundamentalistische Kreise“, die hier in „bester AfD-Manier“ agierten. Spiegel Online war sich nicht zu schade, Queer.de nahezu eins-zu-eins zu verbreiten. Der „Schwulenrat“ der Universität Mainz rief zur „DEMO gegen salonfähigen Rechtsextremismus“ auf. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Mainzer Landtag, Bernhard Braun, twitterte: „Der Einladungstext wirkt, als hätte ein AfD-naher Gender-Gegner seinen Hass in eine Veranstaltung gegossen.“ Übrigens: Die Gegen-Demo brachte maximal 15 LSBTTIQ-Aktivist*innen am Gutenberg-Platz beim Mainzer Dom zustande. Weil dort auch Karnevalisten unterwegs waren, sind die „Widerstandskämpfer“ wohl für ebensolche gehalten worden.

Und wie reagierten die – vormals – Bürgerlichen? Mit betretenem Schweigen. Kein Wort der Verteidigung der Tagung seitens der CDU-Spitzen auf Bundes- und Landesebene. Kuschen ist angesagt, weil man sich ja in der Latte-Macchiato-Welt von Berlin-Mitte geschmeidig bewegen möchte. Weil man – wie schon früher irgendwelchen linken Ideologien – auch dem Genderismus intellektuell nichts entgegenzusetzen hat.

Das Erschreckende ist: In der DDR und „anno tobak“ bei den 68ern brauchte man den richtigen Klassenstandpunkt, sonst galt man als Klassenfeind; im Falle von „Gender“ braucht man den richtigen Gender-Standpunkt, sonst wird man zum rechtsradikalen Homophoben etikettiert. Die sog. Bürgerlichen aber drehen damit
weiter eifrig an der Schweigespirale und überlassen Ideologiekritik mal wieder anderen – in diesem Fall der unliebsamen Konkurrenz der AfD. Und sie – die vormals „bürgerlich“ Genannten – bilden sich immer noch ein, mit ihrem politisch korrekten Zurückweichen vor allen grundsätzlichen Fragen würden sie Wähler gewinnen. Nein, eben nicht, denn wer politisch korrekt wählen möchte, der wählt nicht ein CDU-Imitat, sondern das rote oder grüne Original.

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Kommentare ( 36 )

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Walter Knoch
6 Jahre her

Es war ein Teufelchen am Werk. Deshalb die Berichtigung:
Er ist skeptisch gegenüber jeglicher Ideologie. Er – um zum Schluss zu kommen – will soviel Staat wie n ö t i g, aber so wenig wie nur möglich.

Marcel Seiler
6 Jahre her

Mit dem Ende der Offenbarungsreligion(en) ist Politik zur neuen Religion geworden. Und diese neue Religion bedient sich, bei anderen (eben politischen) Inhalten, den gleichen psychischen Mechanismen. Dazu gehören der Drang nach innerer Reinheit (also das Weghabenwollen von „falschen“ Gedanken und Gefühlen), Denkverbote, Aufrechterhaltung von Tabus durch soziale Ausgrenzung, Verteufelung und Verketzerung Andersdenkender, Schwarz-Weiß-Denken und strikte Unterscheidung von „Wir“ und „Die“. Dieses Religionswerden der Politik unterminiert die Demokratie, da sie die Freie Rede angreift. – Offenbar brauchen die Menschen so etwas.

Bei aller Kritik an ihnen ziehe ich da die Alten Religionen vor.

Mark
6 Jahre her
Antworten an  Marcel Seiler

Danke, genau so ist es!
Egal ob Gender oder Multikulti.
Aus Perspektive der Anhänger der Multikulti-Religion gibt es eine klare Erklärung dafür, dass ihr versprochenes Paradies bisher nicht eingetreten ist: Der Ketzer ist schuld, der Ungläubige, der durch seine unreinen Gedanken das Entstehen der Herrlichkeit verhindert.
Übersetzt lautet das dann:“Die Flüchtlinge fühlen sich durch die ganzen Rassisten ausgegrenzt“, „wir müssen uns mehr Mühe bei der Integration geben“ etc.

Dabei ist das komplette Glaubenskonstrukt marode. Es ist ebenso unvereinbar mit der menschlichen Natur wie Sozialismus oder eben dieser absurde Genderschwachsinn.

Humerd
6 Jahre her

Naja, political correctness aber bitte nur bei und für die genehmen Leute.
„Ein sprachbehinderter AfD-Politiker hält eine Rede vor einem Bundestagsausschuss – die „heute show“ scherzt über die gestotterten Sätze. “ https://www.welt.de/kultur/medien/article173237864/heute-show-AfD-fordert-Entfernung-von-Welke-nach-fragwuerdigem-Scherz.html
Wehe ein sprachbehinderter Redner ist in der „falschen “ Partei / Organisation. Dann ist das ÖR gar nicht mehr PC, im Gegenteil.

Andie Theke
6 Jahre her

Dieter Reiter, München bleibt antifaschistisch ! Seine eigene Anspielung darauf, die Antifa seit Jahren Hand in Hand mit der CSU ,mit Millionen zu „fördern“, damit sie zB Hamburger Stadtteile in Schutt und Asche legen. Der Michel will es so, auch in München.

Walter Knoch
6 Jahre her

Sehr geehrter Herr Kraus, die Stadt Speyer hat mit einem CDU-Oberbürgermeister und einer ordentlichen relativen Mehrheit im Stadtrat, zusammen mit 2 bürgerlichen Wählergruppen gab es sogar eine absolute Mehrheit, das sogenannte Gender-Mainstreaming als Verhaltenskodex für die Stadt verankert. Aus den Kirchen heraus – nun ja bei den anderen, ich bin katholisch sozialisiert – ist diese Ideologie des Geschlechterabrisses schon lange Frohe Botschaft. Also nochmals, auch in der Katholischen Kirche, ob beim BDKJ, bei den Frauengemeinschaften, der KAB, der Ordinariaten oder der Kolpinggemeinschaft, hat das Gendern eine Heimstatt gefunden. Etliche „katholische“ Bischöfe wollen da nicht außen vor bleiben und bekunden schon… Mehr

H. Gregor
6 Jahre her

Der Angriff auf die Familien die sich an christlicher Tradition orientieren, läuft in unserer Gesellschaft auf Hochtouren, im Namen des verschleiernden englischen Begriffes „Gender Mainstream“. Sogar sprachlich versucht sich diese antichristliche Ideologie dadurch unangreifbar zu machen. In vielen Bundesländern werden die Kinder an den Schulen umerzogen durch z.B. den „Aktionsplan für Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt“, das ist eine Umschreibung von „Gender“. Herr von Gersdorff ist ein bekannter Protagonist gegen diese Politik mit der Aktion „Kinder in Gefahr“. Er wendet sich gegen die Zersetzung der christlichen Kultur in Deutschland und sucht insbesondere unter den Christen um Unterstützung für seine Aktionen.… Mehr

Namor
6 Jahre her

„Revolution in Deutschland? Das wird nie etwas, wenn diese Deutschen einen Bahnhof stürmen wollen, kaufen die sich noch eine Bahnsteigkarte !“
Lenin

Oliver Borowiak
6 Jahre her

Danke für Ihren treffenden Artikel.

Ich fürchte, die Sprachlosigkeit der »bürgerlichen« Parteien ist ihrer Orientierungslosigkeit geschuldet. Man hat Angst, irgendjemandem auf die Füße zu treten, daher äußert man sich lieber gar nicht.
Eingeschüchtert von den Mainstream-Medien und die Verbindung zur Basis und dem Wahlvolk schon lange verloren, steht man rat- und orientierungslos vor den linken zeitgeistigen Forderungen. Einen eigenen Standpunkt hat man schon lange nicht mehr. Das sieht man auch sehr gut an der Tatsache, daß die Agenda seit Jahren von »progressiven« (linksgrünen) Medien bestimmt wird.

Ananda
6 Jahre her

Die Konservativen reagieren nicht auf diese frechen Gender Lobbyisten Aktionen?? Man duckt sich und schweigt als „Prinzip“ ??

Letztens habe ich im Kommentarbereich der Baseler Zeitung unter dem wunderbaren Artikel „Die Zeit der Entscheidungen“ (über Merkel) einen Kommentar gelesen, der mich wiederum erschreckt hat. Nämlich wie die Deutschen inzwischen von außerhalb wahrgenommen werden.

Der betreffende Herr schrieb: „Das feigste und gefährlichste Land in Europa. Nirwanaland. Die wollen mit Gewalt untergehen. Sowas ist einmalig.“ Dafür gab es viel Zustimmung. … und ich muss sagen, ich kann verstehen wie er zu diesem Unbehagen kommt und halte es auch für berechtigt.

acepe
6 Jahre her
Antworten an  Ananda

Diese Sicht von außen sollte überall verbreitet werden, denn auch in Ö fühlt man sich sehr unbehaglich mit Deutschland, viele der heutigen Kommentare sprechen für sich:

http://www.krone.at/1633969

Jedediah
6 Jahre her

Vergesst doch diese CDU. Das ist doch nicht mehr mitanzusehen, dieser Tanz der enttäuschten Restkonservativen. Die CDU hat sich derartig vergangen am Bürgertum, sie verdient keine Gnade. Tretet in die AfD ein, verdrängt die abstrusen Leute, macht daraus eine klar konservative Partei.