Ibiza-Affäre: Drahtzieher in Berlin festgenommen – und die Hintermänner?

Eine Villa auf Ibiza, peinliches Gerede auf einem dubiosen Video - fertig war der Skandal, um die Koalition in Wien mit dem FPÖ-Vize-Kanzler Strache zu kippen und den Grünen an´s Ruder zu verhelfen. Jetzt wurde einer der Beteiligten in Berlin festgenommen.

Screenprint: Youtube

Ist das nun gut für den österreichischen Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache oder muss der jetzt weitere bzw. neue unangenehme Details rund um das Ibiza-Video fürchten? Jedenfalls bestätigt die Berliner Staatsanwaltschaft gerade gegenüber der Bild-Zeitung, dass der mutmaßliche Drahtzieher der illegalen Aufnahmen eines privaten Zusammentreffens zwischen Strache und einer vermeintlichen russischen Oligarchin am Donnerstag in Berlin festgenommen wurde. Es soll sich dabei um den Privatdetektiv Julian H. handeln, der die Villa auf Ibiza nicht nur organisiert, sondern auch verwanzt haben soll.

Die auf diese Weise im Juli 2017 entstandenen Aufnahmen, beziehungsweise Ausschnitte daraus, die 2019 in den Medien veröffentlicht wurden, vermittelten den Eindruck, dass Strache offen sei, von der vermeintlichen Oligarchen-Nichte Geld anzunehmen. Das führte in der Folge zum Bruch der Koalitionsregierung aus ÖVP und FPÖ zwischen Bundeskanzler Sebastian Kurz und seinem Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Die FPÖ wurde in der nach einer Interimsregierung und Neuwahlen folgenden Regierung Kurz II durch die österreichischen Grünen ersetzt. Der oft auch misstrauisch aber dennoch vielbeachtete österreichische Sonderweg in Europa war damit beendet.

Jetzt also die Festnahme. Der österreichische Staatsbürger Julian H. wurde im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg verhaftet, nachdem mehr als ein Jahr auch per europäischem Haftbefehl nach ihm gefahndet wurde, wie sein Rechtsanwalt und die Staatsanwaltschaft bestätigen. Die Vorwürfe gegen den Festgenommenen sind noch Verschlussache. Laut Anwalt soll er die meiste Zeit des vergangenen Jahres in Berlin gelebt haben.

Die vielen Ungereimtheiten rund um die Ibiza-Affäre pflanzen sich allerdings nahtlos fort im Zusammenhang mit dieser Verhaftung: Der Anwalt von J.H. berichtete gegenüber dem österreichischen Standard, dass sein Mandant in der Vergangenheit bereits öfter Kontakt mit den Behörden in Deutschland gehabt haben soll. Wohl auch deswegen ist dem Anwalt im Moment noch unklar, warum der Zugriff erfolgte. Noch verworrener wird es insbesondere in dem Zusammenhang, wo der entscheidende Tipp über den Aufenthaltsort von J.H. ausgerechnet von der rumänischen Polizei gekommen sein soll.

Dem Standard gegenüber äußerte sich auch Strache selbst zur Festnahme. „Ich freue mich über die Festnahme nach so langer Zeit und hoffe auf die Aufdeckung der weiteren Mittäter, Auftraggeber und Hintermänner.“ In der Tat dürfte das die bei weitem interessanteste Unbekannte in diesem Fall sein. Nämlich die Frage, wem und aus welchen Gründen daran gelegen haben könnte, die österreichische Kurz-I-Regierung zu stürzen, und damit die vielbeachtete Position von Kurz und Strache auch in der Zuwanderungsfrage zu torpedieren.

Über Julian H. ist nichts Wesentliches zu sagen, außer vielleicht, dass es sich hier um einen notorischen Kriminellen handeln muss, wo zusätzlich zu den Vorwürfen um die illegalen Ton- und Vidoeaufnahmen noch der Handel von knapp drei Kilogramm Kokain in Raum stehen soll.

Und weil diese Ibiza-Affäre in jederlei Hinsicht bemerkenswert ist, steht dennoch auch diese kleine Figur im europäischen Schachspiel im besonderen Fokus des Interesses: Zwar mit europäischem Haftbefehl gesucht, war Julian H. aber schon am 23. Oktober 2020 in einem anderen Verfahren per Video zugeschaltet mit einer Zeugenaussage – der Kontakt kam über seinen deutschen Anwalt Johnny Eisenberg zustande, einem bekannten Anwalt der grünen Szene.

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Kommentare ( 25 )

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Miron Eveko
3 Jahre her

Es scheint Verflechtungen vom Dedektiv Julian H. zu SPÖ-nahen Rechtsanwälten und dem österreichischen BVT (Verfassungsschutz mit Nachrichtendienstlicher Funktion, seit Jahren in der Dauerkrise) gegeben zu haben. Mutmaßlich nur, natürlich.

Zu den Klienten seiner Firma hatten laut Eigenwerbung BKA, BMI und europäische Regierungen gehört. Alles sehr dubios: https://zurzeit.at/index.php/ibiza-gate-wer-sind-die-drahtzieher/

Last edited 3 Jahre her by Miron Eveko
Was ist das
3 Jahre her

Wann wird wohl der langsamste CDU-ler gemerkt haben, was man sich da an die Spitze geholt hat?

Relativator
3 Jahre her

Könnte noch interessant werden:
„Brisante Wendung im Ibiza-Krimi nach der Verhaftung des Detektivs in Deutschland: Nach „Krone“-Infos versteckte sich die Schlüsselfigur der Videofalle im Dunstkreis eines der bekanntesten deutschen Aktivisten der Seenotretter von Sea-Watch.“
Quelle ist zwar Bild-Niveau aber es wird wohl was dran sein!
https://www.krone.at/2296396

Auch Herr Danisch bringt interessante Überlegungen ins Spiel:
„Strache-Video-Drahtzieher in Berlin festgenommen? Gehört das zum Crypto-Skandal?“
https://www.danisch.de/blog/2020/12/12/strache-video-drahtzieher-in-berlin-festgenommen-gehoert-das-zum-crypto-skandal/

Korner
3 Jahre her
Antworten an  Relativator

Mal sehen, in wieweit wieder der Dommermuth dahintersteckt.

Katharsis
3 Jahre her

Irgendwie hat man mittlerweile den Eindruck jedweder Dreck kommt aus Deutschland!

EndofRome
3 Jahre her

Die Kurz I- Regierung mit der FPÖ ist nicht unmittelbar an der Ibiza-Affäre gescheitert. Strache trat zwar sofort zurück, aber die Koalition hätte vielleicht gehalten, wenn nicht die ÖVP plötzlich das Innenministerium von Herbert Kickl gefordert hätte. Erst danach kam es zum Bruch.

Miron Eveko
3 Jahre her
Antworten an  EndofRome

Die Razzia des Innenministers im BVT war wohl ein Problem.

hassoxyz
3 Jahre her

Ich würde mich nicht wundern, wenn unsere Merkel-Regierung ihre schmutzigen Hände in der Strache-Ibiza Affäre hätte. Zuzutrauen wäre es ihr allemal. Man wollte eine migrationskritische Regierung zu Fall bringen. Teilweise ist es auch gelungen, die FPÖ ist nicht mehr dabei und wurde bei den Neuwahlen empfindlich abgestraft. Trotzdem hält Kurz weiter an seiner migrationskritischen Politik fest und stellt sich Merkels Politik der offenen Grenzen entgegen, bis jetzt jedenfalls. Ich hoffe sehr, daß nach der Festnahme viele Tatsachen und Ungereimtheiten ans Licht kommen. Sollte sich herausstellen, daß die Auftraggeber der Ibiza-Affäre (auch) aus dem Berliner Kanzleramt kommen, könnte das für Merkel… Mehr

Der Mustermann
3 Jahre her
Antworten an  hassoxyz

Nichts wird geschehen. Es wird dann als Verschlusssache irgendwo im Archiv landen, wo man 120 Jahre nicht ran darf. Wie bei den NSU-Akten…

Andreas aus E.
3 Jahre her

Ich vermisse im Artikel etwas Rolle bundesdeutscher Medien.

Tedesco_In_Carinthia
3 Jahre her

Wie war das noch gleich von Anfang an mit dem Video … ein Herr Bömmelmann (oder wie diese unlustige Knallcharge auch immer heißt ?), hatte doch seinerzeit kurz vorher medienwirksam darauf hingewiesen, daß er etwas „veröffentlichen“ würde … (Insiderwissen ?) Kurz danach kamen „Der Spiegel“ (aka das Blatt für die komplett Denkbefreiten) und die Alpenprawda (nicht kommentierbar) mit diesem Video um die Ecke, welches – zwei Jahre vorher aufgezeichnet wurde – plötzlich und pünktlich vor der Nationalratswahl in Österreich lanciert wurde – wie seit Mai 2020 bekannt ist, gekürzt und scheinbar meinungsbildend bearbeitet wurde und das gesamte Video (ok –… Mehr

November Man
3 Jahre her

Dieses Video ist rechtswidrig aufgenommen worden. Leute die solche Videos in Auftrag geben, die Kosten dafür übernehmen und die die solche Videos feige, hinterhältig, heimlich und gesetzeswidrig aufnehmen sind zwar Kriminelle, die auf dem Video nicht umsonst nicht zu sehen sind, aber alle diese Kriminellen sind nicht dumm. Nach diesem Video musste Strache gehen und in Österreich zerbrach die bestehende, in der Bevölkerung sehr beliebte ÖVP/FPÖ Koalition. Die Regierung wurde aufgelöst und Neuwahlen wurden angeordnet. Nur deshalb haben die Grünen durch diese hinterhältige Geschichte es geschafft in die Regierung zu gelangen. Diese ganze Geschichte um das Video wurde von Kriminellen… Mehr

StefanH
3 Jahre her

Nun, vielleicht erfahren wir im Verlauf der Ermittlungen ja auch mehr über einen Server in Frankfurt, den es nicht gibt?