EU wappnet sich gegen Zölle, aber Trump geht’s um Strategiewechsel

Trump stellt die geopolitische Rolle der USA vorwärts zum Kampf um die Führungsrolle und leitet multilaterale Verirrungen zurück in die Verantwortung nationaler Regierungen. Woke is over. Die Globarchen sortieren sich neu.

picture alliance / ANSA | Chigi Palace Press Office/ Filip

Da versammeln sich eingebildete Staatenlenker wie Macron, Scholz und von der Leyen in der Brüsseler EU-Tintenburg, um zu einer gemeinsamen Stimme gegen Trumps Zollpolitik zu kommen. Erstens spricht die EU nie mit einer Stimme. Wenn das mal auf dem Papier so aussieht, gelingt ihr nie, so etwas in die Tat umzusetzen. Außerdem braucht Trump neben Italiens Meloni und Ungarns Orbán keine Stimme aus Brüssel.

Zweitens findet da Kabarett statt. Denn Trump macht gar keine Zollpolitik. Er setzt die Androhung von Zöllen als Hebel ein, um erst den, dann den anderen Staat, erst diesen Präsidenten und dann jene Ministerpräsidentin dazu zu bringen, seiner – Trumps – Regierung Forderungen in ganz anderen als Zoll-Angelegenheiten nachzugeben. Ist es um die Berufsfunktionärsversammlung in Brüssel noch schlimmer bestellt, als ich bisher den Eindruck hatte? Es tut halt nicht gut, immer nur im eigenen Saft herumzusimmern.

Als erstes knickte Kolumbiens Gustavo Petro ein und erklärte sich bereit, seine irregulären Einwanderer zurückzunehmen.

Bei Venezuelas Präsident Nicolás Maduro reichte der Besuch von Trumps Sondergesandten Richard Grenell, damit dieser mit sechs inhaftierten US-Bürgern nachhause flog, und die Zusage mitbrachte, dass Venezuela alle seine irregulären Einwanderer zurücknimmt, einschließlich der Bandenmitglieder von Tren de Aragua.

Mit Mexikos Claudia Sheinbaum vereinbarte Trump telefonisch, wie die gemeinsame Grenze auch auf der Mexikanischen Seite abgeriegelt wird.

Mit Kanadas angeblich zuücktretendem, immer noch lavierendem Justin Trudeau kam Trump ebenfalls telefonisch überein, die künftigen Beziehungen zu verhandeln.

In allen Fällen hatten die genannten Staatschefs auf Trumps Forderungen zunächst mit markigen Worten geantwortet. Trumps Zolldrohungen führten auf der Stelle zu Bewegungen, die dem US-Präsidenten gefallen.

Auch wenn es die üblichen Verdächtigen in der EU nicht kapieren, Trump geht es gar nicht um einen Krieg der Zölle. Sondern darum, Regierungen mit Zolldrohungen bei verschiedenen, ähnlichen und identischen Fragen verhandlungsbereit zu machen – so, wie man früher Festungen mit Belagerungsmaschinen sturmreif geschossen hat.

Das gilt auch bei China, wo 10 Prozent Strafzölle keine Belagerungsmaschine sind, sondern ein Anklopfgerät, um bei Trump wichtigen Frage in Peking gehört zu werden. China geht auch davon aus, dass die Zölle ein Verhandlungsinstrument sind. Trump und Xi Jinping wollen diese Woche telefonieren.

Panamas José Raúl Mulino versprach US-Außenminister Marco Rubio, Chinas Einfluss auf den Panamakanal zu beenden.

Auch Dänemarks Mette Frederiksen dreht nach großer Geste bei. Sie hat am Montag angeboten, dem US-Militär die Verstärkung seiner Präsenz auf Grönland zu erlauben, um dem chinesischen Einfluss in der Arktis entgegenzuwirken.

Sollte es bei der EU – wie zu erwarten – zu keinem gemeinsamen Handeln kommen, werden sich Trump und die Regierungschefs von bestimmten EU-Staaten in diesen und jenen Fragen bilateral verständigen. Die Unverständigen könnten dann erstmal mit wirklichen Zöllen zu tun kriegen, bis sie gesprächsbereit sind. Die Frage der Militärausgaben geht die EU sowieso nichts an, sondern findet in der NATO statt.

Brüssel bringt den Kauf von Flüssigerdgas aus den USA ins Gespräch, einige Staats- und Regierungschefs schlagen den Kauf amerikanischer Waffen vor. Aber was tut die EU, wenn Trump sie im Wettbewerb mit Peking auf Seiten der USA sehen will?

Wundern muss sich unsereiner wirklich, dass nahezu alle Figuren des polit-medialen Komplexes Trumps Aktivitätenserie vom ersten Amtstag an für einen Ausfluss seiner „Unberechenbarkeit“ halten, mit einem sonst bei „Staatsmännern“ nicht üblichen Charakterzug verwechseln. Das mag für seine äußere Form gelten. Aber überhaupt nicht für seine Ziele und Wege. Trump geht nach einem präzise vorbereiten Plan der Heritage Foundation vor. Er ist strategisch absolut berechenbar. Taktik ist dazu da, um strategische Ziel zu erreichen. Dieses uralte Rezept ist nur Politikern und Journalisten, meist auch „Experten“ und Funktionären von Organisationen und leitenden Angestellten von Unternehmen (irreführend Manager genannt) nicht vertraut. Weshalb diese permanent Taktik und Strategie verwechseln.

Die maßgeblichen Leute in Moskau und Peking, vielen anderen asiatischen Ländern, in Israel und den Golfstaaten sind garantiert gut auf Trump vorbereitet – ganz im Gegensatz zur Laienschar in EU-Europa.

Trump richtet die geopolitische Rolle der USA vorwärts zum Kampf um die Führungsrolle und leitet die multilateralen Verirrungen zurück in die Verantwortung von nationalen Regierungen. Woke is over. Die Globarchen sortieren sich neu.

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Kommentare ( 57 )

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alter weisser Mann
12 Tage her

Unsere Politiker sollten einfach mal Trump zuhören.
Es gibt genug Videos, in denen er bei der Unterzeichnung seiner Dekrete selbst kommentiert und Fakten und Gründe aufführt. Zum WHO Austritt hat er z.B. einfach vorgerechnet, was die USA zahlen und was andere Staaten. Das erklärt seine Politik den Leuten im Zweifel besser als all die, die bei uns rumlaufen und schallern.
Aber die schreien da eh lieber „Populismus!“. Lieber Populismus der ein paar der richtigen Fragen angeht als hochgestochen hohles Gefasel, das stets am Kern der Sachen vorbeigeht.

alter weisser Mann
12 Tage her

Die EU wappnet sich gegen Zölle, um ihrerseits die Zollfreigrenzen (lumpige 150 Euro) zu streichen und Zölle zu erheben … und so letztlich ihre Verbraucher zu schröpfen (Neusprech: schützen).
Da bin ich mal gespannt, wie der Zoll das bewältigt.

Deutscher
12 Tage her

Zölle sind ein ganz normales Mittel zur Regulierung internationalen Handels. Trump hat vollkommen Recht, er handelt im Interesse seines Landes. Könnten sich manche europäische „Regierungen“ – Kasperletheater – ne Scheibe von abschneiden. Wenn wir hier ständig glauben, man könne alles, was sich Jahrhunderte lang praktisch bewährt hat, einfach irgendwelchen Utopien zuliebe auf den Kopf stellen, sind wir das Problem und nicht jene, die sich normal und logisch verhalten. Brüssel und Berlin – da sitzen die Ursachen. Raus aus der EU!

Last edited 12 Tage her by Deutscher
Wilhelm Roepke
12 Tage her

Mir gefällt Trump zunehmend. Er räumt beim Thema illegale Migration auf.

Nibelung
12 Tage her

Die großen Themen der Zeit werden an Europa vorüber gehen und Trump arbeitet mit Schocktherapien aus dem Baugewerbe, was bei uns völlig falsch verstanden wird, weil wir einfach keine Leute haben, die den Umstanden begegnen können, sowohl in der Vergangenheit, als auch in der Gegenwart, wo sich prinzipiell alles ändern wird und seine Taktik nicht neu ist, und nur vergessen wurde, seit wir uns in aller Feindschaft nur in die Arme genommen haben. So wird der Friede in der Ukraine und im Nahen Osten beschlossen, beides auf seine Art und die EU bleibt außen vor und Selensky wird sich zurück… Mehr

AnSi
12 Tage her

Dieses Gejammer soll doch nur verschleiern, dass die Einfuhrzölle in die EU meist viel höher sind, als was die USA veranschlagt! SO sieht es doch aus! Wenn Trump jetzt mal den Spieß umdrehen würde, dann wäre das der Todesstoß für D und die EU!

Haba Orwell
12 Tage her
Antworten an  AnSi

.> Dieses Gejammer soll doch nur verschleiern, dass die Einfuhrzölle in die EU meist viel höher sind, als was die USA veranschlagt!

Wenn es so wäre – ob das gegen meine Interessen als EUdSSR-Insasse ist? Die Amis sind nicht die einzigen weltweit, die Interessen haben dürfen.

Ein Lieferkettengesetz und „Klimazölle“ auf Luft (CO2 darin) gehören allerdings verklappt. Nichts als Abzocke.

Alfonso
12 Tage her

Mit Trump kann man nur verhandeln, wenn man ein ebenso cleverer Geschäftsmann ist wie er oder wenn man stattdessen das Handwerk der Diplomatie kann.

Ich kenne keine Person in der EU-Führung und keine Person in den politischen Führungen der meisten EU-Staaten, die über eine der oben genannten Fähigkeiten verfügt, erst recht nicht eine aus Deutschland.
Wie sollen denn dann diese Leute mit Trump auf gleicher Ebene bedeutungsvoll kommunizieren können?

investival
12 Tage her

Die Unverständigen könnten dann erstmal mit wirklichen Zöllen zu tun kriegen, bis sie gesprächsbereit sind. Das dürfte D primär betreffen, wäre indes nur Wasser auf die Mühlen der Deutschland augenscheinlich vorsätzlich zerstörenden Politiker. – Bleibt präventiv nur noch zu BETEN, dass CDU+CSU so (wahrscheinlich) in neuer Staatsverantwortung wenigstens unmittelbar nach der Wahl ein Einsehen haben und die für eine Realpolitik nötige Toleranz der AfD erwachsenerweise akzeptieren. Trump’s Ärger dürfte nach jahrelanger deutscher Diffamierung und Agitation nebst jüngster Anmaßungen auch einiger EU-Kostgänger ohnehin schon groß genug sein, um über eine Ratio hinaus zu (re)agieren. Ihm DANN zu Füßen kriechen zu MÜSSEN… Mehr

Haeretiker
12 Tage her

EU-Tintenburg (so lustig wie treffender Begriff des Autors) bringt LNG-Kauf aus USA ins Spiel, wohl wissend, dass die gar nicht den europäischen Bedarf decken können. Oder wissen sie es nicht? Diese erbärmliche Reaktion der Tintenburg zeigt, da werden Interessen von Oligarchen verfolgt, nicht aber die Zukuft der europäischen Menschen.
Für die Abkehr Trumps von der Politik der Globarchen (ein weiter Begriff des Autors den ich in mein Sprachwerkzeugkasten legen werde), werden uns diese noch bitter bezahlen lassen. Deren Rache wird den deutschen Steuerzahler treffen.

alter weisser Mann
12 Tage her
Antworten an  Haeretiker

„wohl wissend, dass die gar nicht den europäischen Bedarf decken können“
Das ist kein Argument, nur wenige Handelspartner sind können einen Einfuhrbedarf vollständig decken, auch deshalb hat man mehrere. Vollsändige Deckung aus einer Quelle wäre zudem auch Abhängigkeit.

moorwald
12 Tage her

Wenn man Außenpolitik in den Kategorien der Innenpolitik als grundsätzlich „regelbasiert“ begreift, dann steht man einem knallharten Machtpolitiker wie Trump verständnis- und hilflos gegenüber. Besonders die entpolitisierten Deutschen, die auf Konsens und Kompromiß setzen, werden schmerzhaft mit der Wirklichkeit konfrontiert.
Am besten und schnellsten werden noch die Länder klarkommen, die ihre nationalen Interessen nie aus den Augen verloren haben.