Stephan Kohn muss rehabilitiert werden

Oberregierungsrat Stephan Kohn handelte wie ein Beamter in der guten alten Tradition, die sonst seit langem in der deutschen Beamtenschaft weitgehend ausgestorben ist. Er nahm seine Aufgabe ernst und erspürte nicht stattdessen, was die "weiter oben" hören wollen.

Im Video „Wie Corona-Kritiker beseitigt wurden“ präsentiert Maximilian Tichy Ausschnitte aus früheren TE-Gesprächen, darunter auch mit dem Referenten im Bundesinnenministerium zur Zeit von Horst Seehofer als Minister. Stephan Kohn ist Verwaltungswissenschaftler und war bis Anfang Mai 2020 im BMI im Rang eines Oberregierungsrates im Referat Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz tätig (Referat KM4, Abteilung 4 Schutz kritischer Infrastrukturen). Er bearbeitete also genau das Sachgebiet, von dem Seehofer und alle Nachbeter des polit-medialen Komplexes behaupteten, er habe sich anmaßender Weise mit Dingen beschäftigt, für die er nicht dagewesen wäre.

Auf dem bekannter Weise politisch einseitigen Portal Wikipedia auf stramm wokem Kurs ist (Stand 27. März 2024, 12 Uhr 20) zu lesen:

Kohn verfasste bis zum 8. Mai 2020 auf der Grundlage verschiedener Fachgutachten einen 83-seitigen „Auswertungsbericht“[24] des Referats KM4 (Krisenmanagement, Abteilung 4 mit dem Titel Coronakrise 2020 aus Sicht des Schutzes Kritischer Infrastrukturen und dem Untertitel Auswertung der bisherigen Bewältigungsstrategie und Handlungsempfehlungen). Im Mai 2020 verschickte Kohn dieses interne Positionspapier per Mail mit dem Betreff „Ergebnisse der internen Evaluation des Corona-Krisenmanagements“ an seinen Abteilungsleiter, den Corona-Krisenstab, an das Kanzleramt und an alle deutschen Landesregierungen. Diese Mail wurde geleakt und führte zu einem Skandal.
Kohn hatte den Bericht zunächst an den Referatsleiter weitergeleitet, der ihn bat, unter seinem eigenen Namen und nicht im Namen von KM4 zu agieren. Daraufhin wandte Kohn sich an Minister Horst Seehofer, dessen Büro das Schreiben nicht weiterleitete. Am 8. Mai um 15:34 Uhr schickte er den Bericht per E-Mail an seinen Vorgesetzten im Ministerium, den Corona-Krisenstab und das Kanzleramt, in Kopie an die Landesregierungen. Kohn hatte den Bericht mit der Begründung, Gefahr sei im Verzug, offenbar auf eigene Verantwortung und unter Verwendung der Insignien des BMI verschickt. Kohn wurde daraufhin suspendiert, sein Arbeitsrechner wurde konfisziert.
Ein Sprecher des Innenministeriums warf Kohn vor, „weder einen Auftrag noch eine Autorisierung“ durch das Ministerium gehabt zu haben.[30] Das Ministerium bezeichnete Kohns Analyse als „kritische Privatmeinung“. Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm zu der Streitschrift Kohns Stellung und Innenminister Horst Seehofer gab am 14. Mai 2020 bekannt, dass gegen Kohn ein Disziplinarverfahren geprüft werde. Am Tag darauf wurde dieses eingeleitet, mit dem Vorwurf der unerlaubten Weitergabe von Informationen.[33] Darüber hinaus erteilte das Bundesinnenministerium Kohn ein Hausverbot. Ein Sprecher des Innenministeriums erklärte, Kohn sei nicht wegen seiner kritischen Meinung suspendiert worden, sondern wegen des Gebrauchs des offiziellen Briefkopfes, der seiner Darstellung den Anschein einer Position des Ministeriums gäbe.

Dass Wikipedia nicht vermerkt, wer den „Auswertungsbericht“ veröffentlicht hat, nämlich Tichys Einblick, versteht sich bei der politischen Ausrichtung der deutschen Ausgabe von Wikipedia von selbst. Ich war derjenige bei TE, dem ein Dritter das Papier von Stephan Kohn übermittelte, und der dann die meisten TE-Beiträge dazu betreute oder selbst schrieb. Nach dem ersten Lesen war mir klar, hier tickt eine Zeitbombe der deutschen Politik. Der im Aufgabengebiet von Kohns Referat selbst Sachkundige und ich waren uns im Gespräch einig, Stephan Kohn hatte eine Menge an höchst relevanten Informationen und Expertisen zusammengetragen und bewertet, das übrigens auch im regelmäßigen Gedankenaustausch mit Kollegen in Landesinnenministerien.

Dass Kohns Referatsleiter ihn bat, seine Erkenntnisse „unter seinem eigenen Namen und nicht im Namen von KM4″ weiter zu verfolgen, werteten mein Gesprächspartner und ich als Kenner von Abläufen in Ministerien so: Der Referatsleiter hatte in der Sache keine Einwände gegen Kohns „Auswertungsbericht“, wusste aber, dass er bei den Führungsebenen des BMI politisch unerwünscht sein wird. Kohn sollte sich die Hände verbrennen, wenn er denn wollte, aber er, der Referatsleiter, würde seine Hände in Unschuld waschen.

Risikoanalyse war Kern des Referates und Aufgabengebietes von Stephan Kohn. Als er auf Risiken von Nebenwirkungen der Coronapolitik hinwies, kollidierte er mit der sich weiter ausbreitenden Anmaßung von Unfehlbarkeit der politischen Klasse. Eine Anmaßung, mit der diese öffentlich nur durchkommt, weil die allermeisten Medien politische Skandale nicht mehr enthüllen, sondern verhüllen. Der polit-mediale Komplex bildet einen Cordon sanitaire um die Berufspolitiker des Parteienstaats. An seine Mauern stieß Stephan Kohn.

Stephan Kohn hat genau das getan, wofür sein Referat nach der Geschäftsverteilung des BMI zuständig war, Informationen beizusteuern, die relevant zur Beurteilung der Lage sind. Aber eine Analyse des Corona-Krisenmanagements mit Aufzeigen gefährlicher Nebenwirkungen und Gefahren für die kritische Infrastruktur der Gesellschaft wollten „die Oben“ nicht. Schon überhaupt nicht wollten die hören, dass gar keine echte Krise vorlag, sondern sie im Begriffe waren, eine Krise selbst zu verursachen.

Also ordnete Seehofer, der damit nicht zum ersten Mal dokumentierte, dass er dem Erhalt seines Bundesminister-Stuhles alles unterordnet, ein Disziplinarverfahren gegen Stepahn Kohn an, um ihn mundtot zu machen. Seehofer log die Öffentlichkeit an, der Beamte Kohn wäre für das gar nicht zuständig gerwesen, was er aufschrieb und nicht berechtigt, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Stephan Kohn hatte seinen „Auswertungsbericht“ nicht nach außen gegeben. Was aber bei der ganzen Betrachtung immer außen vor bleibt, ist der Gipfel des Minister- und Amts-Versagens. Mit dem Inhalt des „Auswertungsberichts“ befassten sich Seehofer und seine Leute nicht – der polit-mediale Komplex auch nicht.

Einer der zentralen Punkte von Stephan Kohn war, Maskentragen, Impfpflicht, Schulschließungen und andere Lockdown-Maßnashmen waren zu keiner Zeit evidenzbasiert: Wer aber solche Pflichten verhängt, muss beweisen, dass sie wirksam sind. Das geschah nicht. Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit der Mittel wurden nicht geprüft.

Der Beamte Stepahn Kohn wurde auch in zweiter Instanz aus dem Dienstverhältnis entfernt. Dass Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Kohn prüft, wie er dagegen weiter vorgehen kann.

Das ist nicht der letzte TE-Beitrag zu Stephan Kohn.

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Kommentare ( 66 )

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66 Comments
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Betreutes Denken
29 Tage her

Wie Kohn dagegen vorgehen kann? MMn sollte er vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ziehen und auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung klagen. Hat bei Luxleaks auch geklappt, der PWC-Mitarbeiter, der die Steuerunterlagen vor Jahren in Luxemburg veröffentlicht hatte, wurde freigesprochen und der Staat Luxemburg zu Schadensersatz verdonnert, nachdem der PWC-Mitarbeiter zunächst wegen Datendiebstahls verurteilt wurde. Jahre vorher bekam Frau Heinisch als Whistleblowerin Recht vor dem EGMR, nachdem sie in Deutschland verurteilt wurde, weil sie als Angestellte auf Missstände in einem Berliner Altenheim hingewiesen hatte. Erst intern erfolglos und dann extern in der Presse.

LiKoDe
1 Monat her

Auch im BMI werden die Zuständigkeiten über die Hierarchie festgelegt. Ein Bundesinnenminister leitet die Behörde, dazu stehen ihm Staatssekretäre zur Verfügung und letzteren wiederum Abteilungsleiter und diesen dann Referatsleiter.

Herr Kohn war Mitarbeiter eines Referats. Seine Zuständigkeit und Aufgaben wurden durch Organisationsstruktur und Dienstpläne festgelegt, denn nur so kann eine Behörde funktionieren.

Sein Bericht hatte nur an seinen Referatsleiter zu gehen. Genau da endete seine Zuständigkeit. Er wird es sehr schwer haben, die gegen ihn erhobenen formalrechtlichen Vorwürfe vor Gericht zu widerlegen.

Brotfresser
28 Tage her
Antworten an  LiKoDe

Letzteres trifft nicht zu! (Siehe dazu meinen Kommentar etwas weiter unten.) Das deutsche Beamtenrecht ist sehr umfangreich und an dieser Stelle ganz eindeutig: Wenn sein Referatsleiter ob seiner dienstlichen Meldung nicht tätig wird, hat er als Beamter die PFLICHT, zu remonstrieren, also sein Anliegen eine Etage höher vorzubringen, bis hin zum Behördenleiter oder Minister! Deswegen ist Ihr letzter Absatz – ganz anders als die ersten beiden – komplett unzutreffend. Und deswegen verstehe ich gar nicht, weshalb man ihn schon so schnell aus dem Dienstverhältnis entfernen konnte! Genauer gesagt, ich verstehe es schon, aber ich bin ob der Qualität der richterlichen… Mehr

Gottfried
1 Monat her

Ein riesiger Skandal! Mehr kann und muss man dazu nicht sagen. Seehofer sollte sich dafür schämen, dass er die Existenz dieses Beamten vernichtet hat.

Texel
1 Monat her

Die PKI-Veröffentlichungen und Diskussionen sind noch nicht am entscheidenden Punkt angelangt: warum haben die von oben so agiert? Es kann m. E. nur die eine Antwort geben, die Aluhüte schon länger wussten: Bevölkerungsreduktion.

Last edited 1 Monat her by Texel
Brotfresser
1 Monat her

Was ich nicht verstehe: Auf welcher Grundlage wurde Herr Kohn aus dem Dienstverhältnis entfernt? Ein Beamter hat nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht zur Remonstration, d.h., er MUSS die nächsthöhere verantwortliche Stelle (den Chef seines Chefs) informieren, wenn sein Chef auf die entsprechende Information nicht reagiert (insbesondere, wenn er ihm sagt, dass er nichts unternehmen wird oder zu können glaubt!). Ich habe mal relativ nah miterlebt, wie ein Kollege unseren Verwaltungschef über einen (nicht unerheblichen, aber politisch heiklen) Missstand informierte und dieser meinte, nichts unternehmen zu können. Daraufhin ging mein Kollege eine Etage höher an die zuständige Landesbehörde/das… Mehr

Matthias
1 Monat her

Natürlich muss Herr Kohn rehabiliert werden! Das gilt aber auch für die anderen Opfer der Coronadiktatur, die noch viel schlechter dran sind und teilweise seit Monaten oder noch länger in Haft sind. Sie traten als aktive oder passive Kritiker auf und die Justiz ist hier der willige Vollstrecker der Politik, z.B. bzgl. der Ärztin Witschel in Sachsen. So etwas kannte man bisher nur aus totalitären Systemen.

Marco Mahlmann
1 Monat her

Natürlich muß Kohn rehabilitiert werden, und ich habe die Hoffnung, daß das geschieht. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, daß der Vorwurf, den Wikipedia verbreitet, ein Verwaltungsgericht dazu bringt, einen Beamten aus dem Dienst zu entfernen, zumal dann nicht, wenn die Veröffentlichung dem Beamten nicht nachgewiesen wird.
Kohn hat allenfalls den Briefkopf des BMI unautorisiert für internen Schriftverkehr verwendet. Das soll eine Entfernung aus dem Dienst rechtfertigen?
Wenn es eine Unterstützerkasse oder etwas dergleichen gibt, bitte ich die TE-Redaktion, das zu melden. Ich möchte mithelfen, daß Kohn den Rechtsstreit weiterführen kann.

h.milde
1 Monat her

Mir kommen Herr Dr. Kohn, Dr. Pürner, uvva Aufrechte vor, wie Opfer bei einer breit angelegten „Deutschen Dreyfuss-Affäre“. Wie ist es # wohl gelungen, den Dreh & Seehofer als fast übermächtig erscheinenden Bayerischen MP & „c“SU Vorsitzenden an die ganz kurze Leine zu legen, einige würden sogar sagen, er bekam ein Suspensorium verpaßt? Unvergessen wie einst Seehofer # auf offener Bühne dastehen ließ, wie klein Erna beim Dreck. # Blick, der sagte alles. Wie damals, als # die Deutschlandfahne, dem Gröhe wutschnaubend entreißend, in die Ecke feuerte. Es ist zwar grundlegend richtig die korrupten # Poli€liten & Lobbyisten die 8ten… Mehr

Last edited 1 Monat her by h.milde
littlepaullittle
1 Monat her

J’accuse ?
Unser „Dreyfus“ ?
Eine Rehabilitation kann und darf entsprechend einer Diktatur erst eintreten, wenn und solange alle dafuer Verantwortlichen nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden koennen.
Zyn.: Wo kaemen wir denn hin, wenn ein solcher „Einzelfall“ nicht als Warnhinweis auf jedem Beamten-Schreibtisch steht ? Hunderttausende Beamten wissen nun, wo Barthel den Most holt …..

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  littlepaullittle

Und machen sich schuldig der Banalität des Bösen wie einer, den Hannah Arendt in Jerusalem ertappte und verweigern ihre Pflicht zur Remonstration – nur um ein wenig später zu merken, dass es keine Pensionen mehr geben wird. Pfui Teufel. Alleine deshalb, weil es solche sind, die in Herden sich auf Marktplätzen versammeln – unter dem Schild des #nie wieder. Da wir das alles schon einmal hatten handeln sie viel fataler als ihre Ahnen – und noch gegen das eigene Volk. Sebastian Haffner beschreibt in „Geschichte eines Deutschen – Die Erinnerungen 1914 – 1933“ wie es begann – und wie es… Mehr

Cubus
1 Monat her

Wenn wir Herrn Kohn helfen wollen, dann müssen wir uns ehrlich machen und mutig sein. Nur WIR, die WIR bisher weggeschaut haben, WIR, die Wir uns in der Lüge eingerichtet haben, können diese Demokratiesimulation beenden und die Verantwortlichen für dieses Menschheitsverbrechen zur Rechenschaft ziehen. Politiker wie auch Journalisten (schön: Alena Buyx) werden das nicht tun, ab morgen, egal wo, beim Kaufmann, bei der Arbeit, auf dem Amt, im Freundeskreis, hören wir auf in der Lüge zu leben, sprechen aus, was ist, zeigen mit dem Finger auf den Kaiser, den nackten den plastenierten ..