Putin und Trump im Tunnelblick

Welcher Autor immer über etwas anderes schreibt als pro oder contra Assads Schuld, darf sicher sein, dass er an den Putin-Fans vorbeischreibt. Sie lesen in jedem Beitrag nur bis zum ersten Indiz, ob er pro oder contra Putin/Assad ist und urteilen dann.

© Jim Watson/AFP/Getty Images

Ein Witz meiner Schulzeit half mir im Studium. „Hast du für die Naturkundeprüfung alles gelernt?“, fragt der eine. Der andere sagt: „Nein, nur über die Würmer weiß ich alles.“ „Ja, aber was machst du, wenn der Lehrer nach dem Elefanten fragt?“ „Dann antworte ich einfach, der Elefant hat einen wurmförmigen Rüssel, die Würmer teilt man ein…“

Das Lieblingsgebiet des Professors zu kennen, nützte sehr. Nannte ich das richtige Stichwort, waren wir bald dort – auf vertrautem Gelände. Mut zur Lücke ist das strategische Konzept, das damit verwandt ist: bei Suntzi ebenso nachzulesen wie bei Clausewitz.

In der politischen Öffentlichkeit haben diese „Würmer“ einen fatalen Verwandten, den Tunnelblick. Wir können das im Streit um den U.S.-Raketenangriff auf den syrischen Luftwaffenstützpunkt sehen.

Die harten Anhänger von Trump sitzen in der Falle. Mit dem U.S.-Luftschlag hat er ihre Erwartung – nicht nur – auf seine Zusammenarbeit mit Putin schwer enttäuscht. Ihr Tunnelblick auf Trump den „Erlöser“, der es der politischen Klasse und der gesamten U.S.-Elite sowie vor allem den Medien gezeigt hat und nun auch dem Rest der Welt, vor allem in Europa zeigen wird, hat sie jeder Perspektive beraubt. Sie wirken regelrecht gelähmt, in Schockstarre. Sagen sie gar nichts?

Doch, durchaus. Die Schnittmenge zwischen harten Anhängern von Trump und Putin in Deutschland und Europa ist nahezu 100 Prozent. Die Trump-Fans reden als Putin-Fans weiter. Als harte Anhänger von Putin (plus Assad) interessieren sie nur Argumente, Fakten und Beweise, die ihre Überzeugung stützen, dass Assad nicht hinter dem Giftgasangriff oder Giftgasanschlag steckt. Was diese Auffassung stützt, begrüßen sie, was Assad des Giftgaseinsatzes gegen das eigene Volk beschuldigt, weisen sie zurück, garniert mit übelsten Beschimpfungen. „Experten“, die ihre Überzeugung stützen, sind willkommen, andere sind keine Experten oder gekauft (die False Flag Variante ist genau so unbewiesen wie die Schuldzuschreibung an Assad).

Welche Gründe Trumps Regierung tatsächlich für den Raketenangriff hat, interessiert nicht. Dass die öffentliche Begründung der „Bestrafung“ für ein Kriegsverbrechen nur die Verpackung ist und nicht der wahre Grund, interessiert Putins Anhänger ebenfalls nicht oder unter ferner liefen. Warum die U.S.-Marine Kräfte in die Gewässer vor Nordkorea schickt? Interessiert nicht. Warum Putin still hält? Interessiert nicht. Dass der Weitergang der internationalen Politik vor allem – wie schon immer –  von Interessen abhängt, aber garantiert nicht von der Frage, ob Assad es war oder nicht? Interessiert nicht. Das sind ja alles „Elefanten“ und keine „Würmer“.

Welcher Autor immer über etwas anderes schreibt als pro oder contra Assads Schuld, darf sicher sein, dass er an den Putin-Fans vorbeischreibt. Sie lesen in jedem Beitrag nur bis zum ersten Indiz, ob der Artikel pro oder contra Putin/Assad ist und „urteilen“ dann. Der „Elefant“ hat einen „wurmförmigen Rüssel“, die „Würmer teilt man ein …“

Ob den Fans von Putin und Trump klar ist, dass sie sich damit genauso dogmatisch verhalten wie jener Teil der Medien, dem sie zu Recht Einseitigkeit vorwerfen? Die nur danach einteilen, wer pro und contra Merkel und Schulz ist? Die Argumente und Fakten der „Haltung“ unterordnen?

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Kommentare ( 69 )

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69 Comments
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Rainer Franzolet
6 Jahre her

Ich frage mich was der Artikel soll? Ich bin kein Trump Fan und auch kein Putin Fan. Ich kann aber den Strategien von beiden folgen. Mit dem Wissen, was die beiden anstreben und was sie antreibt, kann ich deren Verhalten nachvollziehen. Es macht zumindest ein wenig Sinn. Um es an einem Vergleich deutlich zu machen. Man kann gegen jeglichen Krieg sein und trotzdem einen Rommel oder Patton als tauglichen General einschätzen. Was die Berichterstattung der meisten Medien über Putin und Trump angeht schaue ich mir nicht nur die Richtung des Berichtes an sondern erstmal den Verfasser. Die Liste der Schreiber,… Mehr

Dr. Schulz
6 Jahre her

Hallo No Name, wie sie in der Resonanz auf ihren Beitrag sehen, so möchte auch ich mich für ihren Beitrag bedanken. Ich hatte den Eindruck, sie schreiben mir aus dem Herzen. Das klingt ein wenig emotional aber dieselben Gedanken über genannte Themen bewegen mich seit den Vorkommnissen in der Ukraine. Das war der “ Klick “ . Seitdem umfachreiche Recherchearbeit im Netz. Sie kennen sicher die Rede von Georg Friedman vor dem coucil of foreign relations. Damit ist doch alles
gesagt über die Beziehung uSA-Rußland.

Hanna Jüngling
6 Jahre her

Es stimmt schon, dass sehr viele Leute heutzutage die Beurteilung der Faktenlage anpassen an ihre vorgefassten politischen Idolordnungen. Die Beurteilung der Giftgasangriffe muss so geschehen, dass dabei Putin auf keinen Fall in Misskredit kommt, oder umgekehrt. Assad ist dabei fast egal. Und dass sich das hysterische Trump=Hitler-Bild unbedingt aufrecht halten lässt oder eben das Gegenteil. Der Artikel hier ist überschrieben mit „Glaubenssackgassen“. Sicher trifft das die Lage, wenigstens teilweise: andererseits ist die Kumulation von Deutungen in bestimmten Lagern so alt wie die Menschheit, nur scheint mir die Fixierung auf einzelne konkrete Idole vor 1918 nicht so stark ausgeprägt gewesen zu… Mehr

Michael M
6 Jahre her

Großartige einleitung! 😀

Wolfgang Brennenstuhl
6 Jahre her

An Noname
Ich teile Ihre Ansicht bezüglich Putin.
Der Mann handelt sehr besonnen und wohl überlegt. Gerade wenn man bedenkt, wo die Nato-Ostgrenze sich mittlerweile befindet. Versprochen war
bei der Wiedervereinigung etwas anderes. Eine “Vereinigung“ Europas mit Russland wäre grandios, was für ein gewaltiger gemeinsamer Wirtschaftsraum. Das würde den “Amis“ das Genick brechen. Dies ist denen natürlich bewusst. Siehe das “Die Welt als Schachbrett.

Reimund
6 Jahre her

Herr Goergen, Sie schrieben ´zum Kommentar von Andres : “ Genau das ist das Problem, um das es mir ging: Glauben statt wissen.“ Sind Sie in diesem dualen Denken nicht sehr eingeschränkt in der Beurteilung von Personen oder Ereignissen? Es gilt, gewiss ist nur, dass es nichts Gewisses gibt. Jeder Mensch hat nun von wem immer einen Verstand und ein gewisses Maß an Logik mitbekommem. Es gibt Vertrauen in Informationsquellen und Personen wie das Gegenteil und unterschiedliche Quellen. Dort wo es keine sicheren Beweise gibt, kann nur der menschliche Logos weiterhelfen. Man muß die einzelnen Mosaiksteine an Informationen Zusammensetzen und… Mehr

Goergen Fritz
6 Jahre her
Antworten an  Reimund

Sorry, komme nicht mit. Die Moderatoren bei TE können Tatsachenbehauptungen von Tragweite nicht stundenlang recherchieren. Wer keine Quellen mitliefert oder keine leicht prüfbaren, kann nicht mit Freischaltung seines Textes rechnen.

Reimund
6 Jahre her
Antworten an  Goergen Fritz

Herr Goergen, mein Kommentar ist bewußt keine Antwort auf eine Antwort einer …. sondern ein eigenständiger Beitrag zu ihrem Statement. Den ersten Kommentar von Andres kenne ich nicht – fehlt der Bezug zur Nachprüfbarkeit einer Behauptung, kann der Verfasser dies durch eine entsprechende Ergänzung seines Kommentars leicht beheben – es bedarf keiner intensiven Diskussion. Glauben ist nicht nachprüfbar, sonst wäre es eine Behauptung. Selbst wenn Sie eine Behauptung auf ihre Quelle nachprüfen, wissen Sie immer noch nicht, ob der Inhalt dieser Behauptung richtig ist – die Quelle kann bereits falsche Angaben machen. Im Krieg der Worte und Bilder ist man… Mehr

Poco100
6 Jahre her

Nur 1 Statement:, evtl. Gruß in die Nachbarschaft, Darmstadt, das stimmt bzgl. Neuaufbau d. total zerstörten Innenstadt, dachte ich mir auch immer, hätte man besser machen können, Beispiel Freudenstadt. Meine Mutter u. meine Oma waren zu Kriegsbeginn beide Erwachsene u. ich habe sehr vieles im Leben avon Ihnen erzählt bekommen aus dieser Zeit. Der älteste Bruder meinr Mutter mußte nach Rußland und fiel mit 18 ! Jahren u. mein Vater, früh gestorben, war im 2. Weltkrieg Feldwebel u.a. in Afrika, Rommel. Mehr gibt es für mich nicht mehr dazu zu sagen, Ach noch 1 allerletztes Wort zu den anderen Leserveröffentlichungen… Mehr

Poco100
6 Jahre her

Sehr gut, ich bin ein alter Linker, von der alten Art, undogmatisch, der in seinem Leben bis auf NPD, alles mal 1mal gewählt hat, auch schon 1mal die AfD. Ich glaube niemand mehr seit langer Zeit. Meine Vorstellung, sehr unrealistisch klar, ist, daß Parteien u. Regierungen da sein sollen, Probleme eines Landes zu lösen oder gar nicht erst zustande kommen zu lassen. Und allein bei den für mich größten Problemen, Invasion v. Milliionen mit Folgen, Euro/EZB Chaos mit Folgen sehe ich im Moment keine Partei die zu 100% oder annähernd die Sachlichen Dinge verfolgt u. will, die meiner Meinung notwendig… Mehr

Daniela Gmeiner
6 Jahre her
Antworten an  Poco100

Hallo Poco 100, wenn sich bis September keine neue Option einer Union ohne Merkel und dem Programm von 2005 ergibt, denke ich, ist AfD wählen nicht zu umgehen, denn ich mag mir nicht vorstellen, wie die Propagandamaschine einen Sieg der Etablierten auch als Zustimmung für die Migrationspolitik der BK ausschlachten würde. Dabei hätte eine mögliche demografische Lücke am Arbeitsmarkt aus den Reihen der arbeitslosen Jugendlichen aus Europa geschlossen werden können, wenn es politisch gewollt gewesen wäre. Angeblich sind wir doch eine große EU-Familie. Vor mehr als 40 Jahren habe ich ein Europa erleben dürfen, das mit der EU nur das… Mehr

NoName
6 Jahre her

Danke sehr, das geht runter. 🙂

Aber ich les Herrn Goergen auch ganz gerne. Da ist sicher Platz für uns Beide.

hasenfurz
6 Jahre her

Das „Problem“ mit Trump ist, daß sich eben verschiedene Kräfte dort ausdrücken, und die Leute wollen Hoffnung auf Besserung haben. Daß ein Trump am Ende, wenn man leidenschaftslos draufblickt, vermutlich größerenteils auch nur eine scheinbare Alternative ist, angeboten durch die Eliten (wie unser Globalisten-Produkt Martin Schulz), kommt einem bitter auf, will man nicht glauben. Das ist der Dreh- und Angelpunkt, Trump selbst als Präsident, als „The Donald“, ist ein „Produkt“, er ist nicht Donald Trump, er ist, soll sein, ja was eigentlich, Retter, Befreier, moderner Kreuzritter für die entrechteten Menschen? Das werden wir nicht durchschauen. In der Tat, es gibt… Mehr

NoName
6 Jahre her
Antworten an  hasenfurz

Problematik gut dargestellt.