Ist Trump durch Gerichte als Kandidat zu verhindern?

Es war ein echter Paukenschlag, auch wenn er nicht unerwartet kam. Seit Januar tagt in New York eine 23-köpfige Grand Jury, gestern hat eine Mehrheit dieser Jury entschieden, die bisher vorgelegten Beweise seien ausreichend, um gegen Donald Trump Anklage zu erheben. Trump ist damit der erste ehemalige Präsident der USA, der vor Gericht gestellt wird. 

IMAGO / UPI Photo
Donald Trump kündigt am 25. März 2023 an, bei der der nächsten US-Wahl zu kandidieren.

Das Büro des Bezirksstaatsanwalts von Manhattan hat Trumps Anwälte bereits am Donnerstag Abend kontaktiert. Ursprünglich sollte Trump schon am nächsten Tag, also Freitag, zur Anklageerhebung in New York erscheinen. So schnell schießen die Preußen dann aber doch nicht.

Fun fact 1: Es war der Secret Service, der bei diesem Termin sofort Einspruch erhob. So schnell könne man nicht garantieren, dass für Trumps Sicherheit gesorgt sei. Immerhin wird mit viel Öffentlichkeit und Medienaufmerksamkeit gerechnet. Derzeit geht man davon aus, dass der ehemalige Präsident am Dienstag, den 4. April, um 14:15 Uhr vor Gericht erscheinen wird.

Worum geht es in der Klage überhaupt? Noch weiß man das nicht genau, da der Umschlag mit der Klageerhebung versiegelt ist und erst geöffnet wird, wenn Trump vor Gericht erscheint. Es wird aber angenommen, dass die Anklage gegen Trump eine Schweigegeldzahlung beinhaltet, die vor den Präsidentschaftswahlen 2016 an Stormy Daniels, eine Erotikdarstellerin, geleistet wurde, um sie davon abzuhalten, öffentlich über eine Affäre zu sprechen, die sie angeblich Jahre zuvor mit Trump hatte. Der bestreitet bis heute, mit der Lady intim geworden zu sein. CNN, scheinbar mit sehr guten Kontakten ins Büro der Staatsanwaltschaft versehen, meldete gestern allerdings, dass es in der Anklageerhebung um insgesamt 34 Punkte geht, unter anderem auch um weitere Schweigegeldzahlungen an ein Playboy-Model namens Karen McDougal, die behauptet, 2006 eine Affäre mit Trump gehabt und angeblich angeblich 150.000 Dollar bekommen zu haben.

Was passiert nun am Dienstag, wenn Trump vor Gericht erscheint? Die KI auf Twitter träumt bereits von The Donald im orangefarbenen Polizeioverall. Immerhin, zu seinen Haaren würde es passen. Aber Spaß beiseite, zunächst einmal wird es in dem Moment tatsächlich ernst. Sobald sich ein Verdächtiger in Polizeigewahrsam befindet, werden Fingerabdrücke genommen, und Fotos, die sogenannten „mug shots“ gemacht. Das passiert zwar hinter verschlossenen Türen, aber schon jetzt wird spekuliert, dass die Fotos an die Presse durchgestochen werden könnten. New York ist ein durch und durch blauer Staat. Die Genugtuung, den verhassten Systembekämpfer Trump demütigen zu können, wird enorm sein.

Trump selbst schrieb in einer E-Mail an seine Follower: „Die New York Times hat Gerüchte veröffentlich, nach denen mir  Fingerabdrücke angenommen werden, mug shots erstellt und vielleicht Handschellen benutzt werden. Ich habe keine Angst vor dem, was kommen wird. Dies ist der Kampf, für den ich mich freiwillig gemeldet habe, als ich vor acht Jahren beschloss, die gesamte Maschinerie Washingtons als politischer Außenseiter zu übernehmen und Eure Stimme zu sein. Nichts Wertvolles im Leben kommt jemals einfach daher. Und ich kann mir nichts Wertvolleres vorstellen als die edle Mission, Amerika zu retten.“ Auf Truth Social verkündete er, dass der Richter Juan Manual Marchan ihn hassen würde und von Bragg persönlich ausgesucht wurde. Trumps Taktik, Angriffe auf seine Person als Angriffe des Establishments auf das amerikanische Volk zu deuten, und sich selbst als stellvertretendes Opfer zu inszenieren, hat ihn bisher über alle politischen Krisen getragen. Er spricht vielen Republikanern damit aus dem Herzen. Wer Trump angreift – attackiert man das amerikanische Volk.

Alvin Bragg, Demokrat und ehemaliger Bundesanwalt in der New Yorker Generalstaatsanwaltschaft, wurde vor knapp 1 1/2 Jahren, im November 2021 zum Bezirksstaatsanwalt von Manhattan gewählt. Sein Wahlkampf wurde mit einer Million Dollar von George Soros finanziert, einem erklärten Feind Trumps.  Bragg erbte die Trump-Untersuchung von seinem Vorgänger Cyrus Vance Jr..

Seltsamerweise war er anfangs gar nicht so scharf darauf, Trump vor Gericht zu stellen. Zwei hochrangige Staatsanwälte verließen letztes Jahr sein Büro, offenbar aus Frust darüber, dass Bragg nicht gewillt war, eine Anklage gegen Trump wegen Unregelmäßigkeiten bei seinen Immobiliengeschäften zu erheben.  Bragg erklärte damals lapidar: „Wir werden das Gesetz weiterhin gleichmäßig und fair anwenden“. Von Gleichmäßigkeit ist mittlerweile nichts mehr zu merken, es sieht eher nach der gezielten Suche nach dem Haar in der Suppe aus, um Trump vorführen zu können.

Womit wir bei der Gretchenfrage wären: Könnte Trump tatsächlich ins Gefängnis kommen? Die Antwort ist ja, er könnte. Nichts kann einen amerikanischen ehemaligen Präsidenten davor schützen, für eine begangene Straftat verurteilt und bestraft zu werden. Aber natürlich ist zunächst entscheidend, wofür er angeklagt wird und ob die Beweise für eine zweifelsfreie Verurteilung reichen. Die Anklage steckt zur Zeit noch in einem versiegelten Umschlag und wird erst in dem Moment verlesen, in dem Trump vor Gericht erscheint.

Bisher gilt als worst case für Trump: Die fälschlicherweise als Anwaltsausgaben verbuchte Schweigegeldzahlung an Stormy Daniels ist zwar verjährt, könnte aber mit einem „piggy-bag“ Trick wieder ins Spiel kommen. Sollte die Schweigegeldzahlung nämlich als Verletzung der Wahlkampffinanzierungsgesetze gesehen werden, wäre das im Staat New York ein Verbrechen, welches noch nicht verjährt ist und mit bis zu vier Jahren Gefängnis bestraft werden kann.

Fun fact 2: Mit die wichtigste Frage in diesem Wirrwarr ist natürlich die nach der Zukunft. Kann Trump 2024 im Falle einer Verurteilung überhaupt noch für das Präsidentenamt kandidieren? Die Antwort wird einigen vermutlich nicht passen, aber sie lautet: yes, he can. Trump wäre nicht einmal der erste vorbestrafte Kandidat. Vor 100 Jahren gab es einen ähnlichen Fall.

Eugene V. Debs verbüßte damals eine zehnjährige Haftstrafe in Atlanta, als er für die Präsidentschaftswahlen 1920 antrat. Zwei Jahre zuvor hatte sich Debs, ein Gewerkschaftsführer, gegen Amerikas Beteiligung am Ersten Weltkrieg ausgesprochen. Er wurde wegen Verstoßes gegen das Spionagegesetz von 1917 verurteilt, nachdem die Staatsanwaltschaft argumentiert hatte, dass seine Antikriegsrede die militärische Koordination behindert hätte. 1920 verlor Debs zwar, sein Wahlkampf, der mit einem Anstecker mit der Aufschrift „For President Convict No. 9653“ beworben wurde, brachte ihm aber fast eine Million Stimmen.

Sollte Trump freigesprochen werden, ist ihm die Nominierung der Republikaner zur Wahl 2024 fast sicher. Es wäre dann klar, dass Anklagen gegen ihn politisch motiviert sind und der „Deep State“ in Washington ihn um jeden Preis stoppen will. Kein Republikaner könnte es sich leisten, in diesem Fall gegen The Donald zu stimmen.

Fun fact 3: Sollte Trump am Dienstag nicht freiwillig vor Gericht auftauchen, müsste der Staat New York in Florida ein Amtshilfeersuchen für eine Auslieferung einreichen. In der Regel eine Formalie für Sachbearbeiter, bei Trump ist aber der Govenor Floridas involviert. Ron DeSantis, eigentlich Trumps größter Konkurrent bei der Nominierung der Republikaner, gab auf Twitter umgehend eine Stellungnahme Pro-Trump ab. „Das Rechtssystem zu nutzen, um eine politische Agenda voranzutreiben, stellt die Rechtsstaatlichkeit auf den Kopf. Es ist unamerikanisch. … Florida wird angesichts der fragwürdigen Umstände, die mit diesem von Soros unterstützten Staatsanwalt von Manhattan und seiner politischen Agenda zu tun haben nicht bei einem Auslieferungsantrag helfen“.

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Kommentare ( 22 )

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22 Comments
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Ludwig Thoma
11 Monate her

in Florida könnte man eine grand jury auf die Beine stellen, um alvin wegen Rechtsbeugung anzuklagen
… wer wurde noch in der Karwoche verhaftet?

Last edited 11 Monate her by Ludwig Thoma
fatherted
11 Monate her

Bei einer rechtskräftigen Verurteilung wäre er vorbestraft und damit könnte er nicht mehr Präsident werden. Diese Anklage wird aber nicht durchkommen…..ein Schuld-Spruch weitgehend ausgeschlossen…..die Akten-Anklage evtl. ja….aber dann wäre aber auch Joe Biden dran….deshalb probt man mit dem Porno-Fall ob es auch so geht.

H. Priess
11 Monate her

Gestern sah ich bei TikTok, ja ja ich weiß, eine Stellungnahme von Trump zu Russland und den Ukrainekrieg. Was er sagt ist plausibel und von der politischen Realität geprägt. Dieser Krieg war gewollt und provoziert von den USA. Er betonte, daß er der erste President war der keinen Krieg angefangen und unter ihm hätte es den Ukrainekrieg auch nicht gegeben. Davon bin ich fest überzeugt. Was er über das korrupte globalistisches Etablishment sagt muß von den jetzt Regierenden als Kampfansage gesehen werden und genau aus diesem Grund werden alle Register gezogen ihn als nächsten Presidenten zu verhindern. In DL macht… Mehr

Fieselsteinchen
11 Monate her

Ich bin sehr gespannt, wie es in den nächsten Tagen weitergeht. Selbst diejenigen, die hier, in Miami, de Santis favorisieren, sind in diesem Fall eindeutig “pro Trump”, da es ihr persönliches Rechtsempfinden beträchtlich stört. Biden/Soros wollen mit allen Mitteln einen Republikaner als Präsidenten verhindern und zeigen mit jeder ihrer Aktionen ihr wahres Gesicht. Denen läuft der Hintern sehr heiß, Reibungshitze am Boden macht es. Die Umfrage-/Zustimmungsergebnisse zu Biden sind unterirdisch, interessanterweise liest man in den deutschen ÖRR-Medien absolut nichts darüber, wo in Trumps Zeiten monatlich die neuesten Ergebnisse veröffentlicht wurden und auf ihn verbal eingeschlagen wurde. Sollte Trump ein Prozess… Mehr

Nibelung
11 Monate her

Ist ja interessant wie sich die Demokraten vor Trump fürchten um ihm den Prozeß zu machen und die eigentlichen Drahtzieher stehen weit dahinter und merkwürdigerweise dürfte doch Trump nur in Florida bleiben und sie könnten ihm nichts anhaben und so kann man von einem ganz üblen Spiel ausgehen, was sich da anbahnt, denn die Vorwürfe mögen ja zum Teil berechtigt sein, aber ob es ausreicht, dafür einen ehemaligen Präsidenten ins Gefängnis zu stecken ist recht zweifelhaft zumal man ja auch noch andere Rechtsmittel hätte um Buße zu tun und was auch weh tun kann, wenn man ihm Vebrechen nachweisen könnte.… Mehr

WildBoarHunter
11 Monate her

Die Frage ist zumindest auch, ob sich die Linken einen Gefallen tun, wenn sie es schaffen, Trumps Kandidatur zu stoppen. Mit DeSantis hätte man gegebenfalls einen deutlich unangenehmeren Gegener, schafft er es genügend Mittel für seinen Wahlkampf zu generieren.

Bernhardino
11 Monate her
Antworten an  WildBoarHunter

DeSantis reitet auf der Welle, die Trump erzeugt hat. Ein Abstauber.

WildBoarHunter
11 Monate her
Antworten an  Bernhardino

Kann man so sehen, aber das hat nichts mit meiner Aussage zu tun.

Sonny
11 Monate her

In früheren, freien Zeiten galt: Man ist so lange unschuldig, bis die Schuld zweifelsfrei bewiesen ist. Heute gilt fast überall das Gegenteil: Beweise, dass du nicht schuldig bist. Kannst du das nicht, tja, dein Pech. Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass die Welt einmal von solch einer Masse Ungeheuern bevölkert wird, wie es jetzt zum Vorschein kommt. Und der Anlass: Ein Verhältnis mit einer Frau, die man verpflichtet hat, den Mund zu halten, wenn das überhaupt wahr ist und nicht nur eine pure Intrige. Wenn mich eine Firma kündigt und mir eine Abfindung zahlt und ich, wie üblich, eine… Mehr

Ungebildeter Wutbuerger
11 Monate her
Antworten an  Sonny

Trump war in den Augen der Medien, Hollywoods und sämtlicher demokratischer Stammwähler schuldig (egal worum es ging), seit er sich 2016 erfrechte, „I’m with her“-Hillary um die Präsidentschaft zu bringen.

Fabian S.
11 Monate her

Wie man auch am Fall Michael Ballweg sehen kann, es ist für einen Staat einfach politische Gefangene zu nehmen und so zu tun als wäre es Rechtsstaatlichkeit! Da wird dann alles mögliche über drei Ecken konstruiert und Geschichten (Behauptungen) aufgestellt dass sich die Balken biegen. Die wahren Straftäter lässt man dann auch gerne mal laufen (wenn es opportun ist) oder erklärt Kinderehen oder das Schächten von Tieren zu einem Grundrecht.

Last edited 11 Monate her by Fabian S.
Micci
11 Monate her

Ich frage mich gerade:
Ob Leute, die so etwas als politischen Kampf durchziehen , wenn es denn „gegen den richtigen“ geht, auch kistenweise gefakte Wahlzettel zählen lassen, falls das ebenfalls „gegen den richtigen“ geht?

Oder sagen die dann: ‚Nein, eine Wahl ist heilig, und wenn dann ein Trump käme, dann ist es halt so.‘

Ja, wirklich? Einige denken tatsächlich, das sagen die dann?

Das macht ja hierzulande noch nicht mal ein CDU-Mann:
„Was ist schlimmer – Schüler fälschten Wahl oder ein Sitz mehr für die AfD?“
(Hartmut Honka, hessischer CDU-Abgeordneter)

Mausi
11 Monate her

„Wer Trump angreift – attackiert man das amerikanische Volk.“
Er spielt das gleiche rhetorische Klavier wie die Demokratisch ausgerichteten Kräfte, die auch in D verbreitet sind.
Nachdem es sich – auch bei uns – nicht auszahlt, nicht so „schmutzig“ zu spielen wie der Gegner, gehen entweder die konservativen Kräfte heilig unter oder sie lernen Rhetorik.