Weil Stadt und Polizei versagen: Berliner tritt Dealern im Görlitzer Park mit Spraydose entgegen

Der Görlitzer Park in Kreuzberg ist Berlins größter Drogenumschlagplatz geworden. Polizei und Stadt Berlin haben kapituliert. Weil aber immer noch Bürger einfach nur Erholung im Park suchen, ist jetzt ein Parkangestellter mit der Spraydose losgezogen, um klare Trennlinien zu ziehen: Bis hierher und nicht weiter!

imago images / Jakob Hoff
Cengiz Demirci, Parkmanager im Görlitzer Park. Er und seine Parkläufer arbeiten als eine Art Sozialvermittler zwischen Drogendealern und Polizei.

Der Deutschlandfunk schrieb im Februar über „Parkmanager Cengiz Demirci – Der coole Typ im Görli“. „Görli“ meint den ab den 1980er Jahren auf dem Gelände des abgerissenen alten Bahnhofs entstandenen Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg.

Viele Details des Parks wurden hier geprägt von der türkischstämmigen Gemeinschaft Kreuzbergs. So etwa ein mittlerweile aus bautechnischen Gründen wieder abgerissener terrassenartiger Teil des Parks, der die Türken im Stadtteil an das Naturschauspiel der Kalksteinterrassen im türkischen Pamukkale erinnern sollte und beispielsweise eine Streuobstwiese mit einem Apfelbaum für einen verstorbenen türkischstämmigen Schauspieler des Bezirks.

Im Laufe der 2000er Jahre entwickelte sich der Park dann allerdings zum größten Drogenumschlagplatz Berlins. Hier kommt es seitdem immer wieder zu erheblichen Auseinandersetzungen zwischen Dealern untereinander ebenso wie mit Drogensüchtigen. Viele Initiativen bis hin zu Dauerstreifen aus städtischem Ordnungsdienst und Polizei versuchen seit Jahren, Recht durchzusetzen und für Ordnung zu sorgen.

Noch Mitte 2014 setzte die Polizei auch noch darauf, durchzugreifen. So erklärt der damalige Polizeisprecher Thomas Neuendorf, die Polizei werde „gezielte Einsätze gegen den Drogenhandel im Park durchführen. Es geht um die Abschreckung sowohl von Drogenhändlern als auch von Drogenkäufern.“ Keine zwei Jahre später dann aber die Kapitulation vor der Drogenszene, als die Polizei ernüchternd befand:

„Zum jetzigen Zeitpunkt sind nach Einführung der Null-Toleranz-Zone weiterhin keine signifikanten, umfassenden und dauerhaften Verdrängungen der Händlerklientel in die angrenzenden Wohnstraßen am Görlitzer Park zu erkennen, auch nicht in Richtung anderer Örtlichkeiten der Drogenkriminalität in der Polizeidirektion 5. Die Größenordnung der im Görlitzer Park zu beobachtenden Drogenhändler, fast ausschließlich schwarzafrikanischer Abstammung, und der Drogenerwerber ist nach wie vor als konstant hoch einzustufen.“

Wer damals die Erklärungen der Polizei las, der verstand schnell, warum diese Polizeiarbeit scheitern musste, wenn es da beispielsweise hieß:

„Der Personenkreis ist mittlerweile verstärkt dazu übergegangen, Bunker im Görlitzer Park so anzulegen, dass diese nicht sofort einem konkreten Händler zugeordnet werden können.“

Die Polizei sucht und findet also Drogenverstecke, aber da man die Drogen nicht konkret einem der umherstehenden schwarzafrikanischen Dealer zuordnen kann, bleibt eben alles, wie es ist. Ist das Versagen hier schon so weit fortgeschritten, dass die Polizei die Drogen dann auch wieder brav zurück ins Versteck legt? Wohl nicht.

Heute, noch einmal ein paar Jahre später und nach einem Anwachsen der Dealerzahl in Folge der Massenzuwanderung, sind neue Maßnahmen getroffen worden, die sich mit dem Problem des offenen Drogenhandels im Kreuzberger Park befassen. Aber dieses Mal ist nicht die Polizei der Initiator, sondern der hier schon eingangs erwähnte „coole Typ vom Görli“. Parkmanager Cengiz Demirci hat sich eine schnelle Maßnahme überlegt, welche die Dealer und ihrer Kundschaft auf Distanz halten soll zu Parkbesuchern ohne Drogen oder Drogensucht.

Die Maßnahme wird er sich vielleicht bei der Kreuzberger Poststelle abgeschaut haben, wo Besucher darauf hingewiesen werden, hinter einer aufgemalten Linie zu verharren, bis der Postkunde vor ihnen am Schalter sein Geschäft verrichtet hat. Möglicherweise weil postgelb also schon vergeben war, sprühte Herr Demirci in rosa. Er sprüht laut rbb-Abendschau rosa Linien in den Eingangsbereich des Parks, Linien, welche die anwesenden Dealer nicht überschreiten sollen.

Das wollten wir genauer wissen und rufen zunächst die Pressestelle der Polizei an, die aber nicht erreichbar ist. Als nächstes telefonieren wir mit der Pressestelle des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, dort geht auch eine Dame ans Telefon, die allerdings bittet um eine Email mit Fragen, sie würde gerade in die S-Bahn einsteigen – offensichtlich wurde auf ihr Handy umgeleitet – und ab 15 Uhr wäre sie dann im Büro, Herr Demirci würde im Übrigen auch keine persönlichen Auskünfte geben, alles laufe über die Pressestelle.

Wir bedanken uns, dann klingelt allerdings Minuten später in der Redaktion das Telefon und Herr Demirci ist persönlich am Gerät.

Cengiz Demirci klingt auch mit leichtem türkischem Akzent noch so, wie man sich gemeinhin und stereotyp wohl einen Ur-Berliner vorstellt: geradeheraus, bodenständig. Irgendwelche komischen bürokratischen Fisimatenten verweigert er einfach.

Die Welt würde nicht immer nach den für sie aufgestellten Regeln funktionieren, sagt Demirci leicht gereizt. Und weil das nun mal so sei, müsse jeder in seinem Bereich auch mal neue Wege gehen, wenn etwas nicht funktionieren will. Neuen Ideen müsse man Raum geben. Er habe das einfach getan. Und das hätte gar nichts damit zu tun, etwa Drogenhandel legalisieren zu wollen: „Ich habe hier keine polizeilichen Aufgaben.“, sagt er weiter. Und er sei auch nicht für die Asyl- und Drogenpolitik zuständig. Seine Aufgabe sei der Park. Und dass sich die Gäste „seines“ Parks wohl fühlen. Dazu gehöre es nun Mal, sich ungestört bewegen zu können.

Seine rosa Linien hätte er eigenhändig selbst mit der Spraydose aufgesprüht. Da wären keine Kosten entstanden, beruhigt er. Die ganze Aktion sei zunächst als Versuch angelegt worden, denn Dealern eine Art No-Go-Area anzuzeigen, damit Besucher des Parks sich nicht belästigt fühlen. Bisher hätte er die Linien nur an einem Tor vorgenommen. „Mensch, wenn es klappt, dann ist es doch gut.“ Das sei eine pragmatische Lösung, so Cengiz Demirci.

Und mal ehrlich, wer wollte dem Mann hier etwas nachsagen? In seinem Zuständigkeitsbereich gibt es ein Problem, das gelöst werden muss. Aber diejenigen, deren Aufgabe es ist, hier Lösungen zu finden, finden keine, wenn Polizei, Justiz und die Stadt Berlin längst gemeinschaftlich vor den Dealern und dem illegalen Drogenhandel mit all ihren Begleiterscheinungen kapituliert haben.

Da dachte Cengiz Demirci an die jungen Familien, an die Mütter, die mit ihren Kindern im Park spielen wollen, sich aber nicht an den schwarzafrikanischen Dealern vorbei trauen und ging eben mit der Sprühdose los. Wer will es ihm verdenken, wenn er mehr als eine Armlänge Abstand dann eben mit der Spraydose fordert?

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Kommentare ( 93 )

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SteffiS
4 Jahre her

Verzweiflung treibt schon seltsame Blüten. Aber ein Blick über den großen Teich könnte Inspiration liefern: Was hat der Bürgermeister von New York City so geändert um aus einer Kriminellenhochburg eine lebenswerte sichere Stadt zu machen? Es ist immer eine Frage des Wollens. Dass man als Zuständiger für den Park irgendwann genug Zeit vergeudet sieht, kann man in der Tat nachvollziehen. Aber die rosa Linien Aktion war trotzdem ein Schuss in den Ofen.

Engelmann Hans
4 Jahre her

Die Initiative des Mannes ist begrüssenswert! Bitte in Görlitzer Park auch Zonen aufzeichnen für: Taschendiebstahl, Kindesmissbrauch, Brandstifter, Schwarzfahrer, GEZ Verstösse, Steinigungen, Sklavenmarkt etc. etc. ! Es gibt viel zu tun!

RalledieQ
4 Jahre her

Anstelle der Stadt Görlitz würde ich aufgrund dieser immensen Rufschädigung auf eine Umbenennung drängen. Sollen die Berliner den Park doch nach Stalin, Mao oder Pol Pot benennen. Und wenn es so viele Berliner gibt, die sich die Rübe zukiffen müssen, dann ist mir das auch egal. Nur will ich mit dieser Stadt nichts mehr zu tun haben, da würde ich lieber meine Steuern nach Prag oder Budapest schicken.
Mehr fällt mir zu unserem Hauptshithole an der Spree nicht ein.

Karl Napf
4 Jahre her

Ganz klare ausgrenzende, diskriminierende und ueberhaupft Nazi Aktion – das zumindest traue ich unserem politischen Problemkind, aehm, politischen Kind mit speziellen Faehigkeiten, der SPD als Reaktion zu.

Th.F.Brommelcamp
4 Jahre her

Das Bild zeigt auch ein Berliner Problem auf.
Sollte Herr Demerci ein Problem mit den Dealern haben, würde Minuten später ca. 200 Türkischstämmige Männer ihm zur Seite stehen. Wäre Herr Demerci ein Herr Schulze, käme vielleicht noch Schulzes Frau zur Hilfe. Deutsche haben eben nur ganz kleine Clans und Cobones.

Ali
4 Jahre her

Man kann die Überlegung von Cengiz Demirci im ersten Augenblick beinahe nachvollziehen. Badet der Mann doch das vollkommene Staatsversagen Berlins tagtäglich aus. Wenn man da nach praktikablen Lösungen sucht, kann man sich halt auch mal vergaloppieren. Ganz ähnlich fing es seinerzeit mit der durch Grüne und SPD initiierten Legalisierung/ Meldepflicht der Prostitution an. Natürlich ging es der Linksgrünen Bande niemals um die Frauen. Die wollten damit lediglich neue Steuereinnahmen generieren. Von Zuhälterei lebt es sich bekanntlich gut. Letzten Endes wurde Deutschland damit zum größten Puff EUropas und der deutsche Staat über die „Steuereinnahmen“ zu einem reinrassigen Zuhälter. Was kommt als… Mehr

darfdaswahrsein
4 Jahre her

Ich hätte da eine wirklich verrückte Idee, das deutsche Asylrecht so wie es besteht einfach anwenden und kriminelle „Asylbewerber“ und Migranten abschieben. Gut das wird man nicht machen, das Problem wird weiter wachsen sich ausbreiten und irgendwann wird die Straße es dann lösen müssen da sich der zu seiner eigenen Karikatur degenerierte Staat um nichts mehr kümmert ausser sich noch irgendwie an die Macht zu klammern.

Gruenauerin
4 Jahre her

Das ist doch mal eine Idee, die man aufgreifen kann: Vor jedem No-Go-Area sollten rosa Linien gesprayt werden – bis dahin und nicht weiter. Problemgebiete, wo die Polizei sehr oft ist, sollten vielleicht mit blauer Linie gesprayt werden: Braver Bürger aufpassen, hier kannst du dein Leben oder mitgeführtes Eigentum verlieren – also dann doch lieber eine rote Linie. Man könnte auch eine schwarz-weiß-rote Linie sprayen: Liebe Antifa bis dorthin und nicht weiter. Nun kommt auch besser die blaue Linie zur Geltung: für alle Rechte, Rechtsextreme, Nazis und angehenden Nazis. Ach, da ließe sich noch sehr viel machen. Wenn das dann… Mehr

Pippi L
4 Jahre her

Ist es nicht grosse Klasse, wie man in Deutschland Straftatbestaende verhindern will ? Aus strafbaren Drogendeals macht man einfach legale Daels, indem man dafür besondere Plätze schafft. Aus illegaler Migration macht man legale Migration, indem man sie einfach einbürgert, wie man es in Bremen macht. Weil 36000 Wähler fehlen, sollen bei der kommenden Senatswahl die Migranten angeschrieben werden, um sich einbürgern zu lassen. Aus strafbaren Beschneidungen an kleinen Jungs hat man einfach ein strafloses Beschneiden gemacht. Von der Strafverfolgung an Mädchenbeschneidungen hat der deutsche Staat bisher noch kein einziges Mal Gebrauch gemacht, ob wohl es in Deutschland selbst mit Hilfe… Mehr

foreigner
4 Jahre her

Und wo bitte bleibt unsere sonst so aktive Ordnungsmacht? Wo bleibt die Politik ?
Wir Bürger sind wohl wie immer nur die Idioten.

Karl Napf
4 Jahre her
Antworten an  foreigner

Ordnungsmacht?

Mann, traeum weiter. Diese willkuerliche Aneinanderreihung von Worten wie ‚Ordnung‘ und ‚Macht“, die in Deutschland eeinzeln schon keinen Sinn machen, machen kombiniert schon zweimal keinen Sinn.