Protest gegen Wahlgesetz: Democrats zeigen mittlerweile offen ihre Gleichgültigkeit gegenüber der Verfassung

Auf der Suche nach der großen Social-Media-Berühmtheit konnte man von den Provinz-Democrats aus Texas einen bizarren Tweet nach dem anderen beobachten.

IMAGO / MediaPunch
US-Präsident Joe Biden

Eigentlich haben die Democrats das Sagen in Bidens Amerika, Mehrheiten im Kongress und ihrem Mann im Weißen Haus. Eigentlich. Wären da nicht so lästige Bundesstaaten wie Florida oder Texas, die ihr eigenes Ding machen – sei es in der Corona-Politik, bei der man dort ohne Lockdowns auskommt oder wie jetzt, in der Debatte um neue Wahlgesetze. Die wurden im Nachgang der US-Wahl im vergangenen Jahr in mehreren republikanischen Bundesstaaten auf die Tagesordnung gesetzt.

Von den Democrats wurde nun die Drohkulisse einer angeblichen „Wählerunterdrückung“ aufgebaut, die von vielen US-Medien einfach übernommen wurde. Die Demokratie sei in Gefahr, denn Republikaner wollten ethnische Minderheiten von der Wahl ausschließen so wie in dunkelsten Jim-Crow-Zeiten, heißt es dann.

Dabei geht es bei den vermeintlichen Einschränkungen größtenteils darum, Ausnahmeregeln zu beenden, die aufgrund der Corona-Pandemie für die Wahlen letztes Jahr galten und oft überhaupt nicht von den lokalen Parlamenten beschlossen, sondern von Gerichten oder Gouverneuren verordnet worden waren.

Die Debatte schwelt schon länger, nimmt aber aktuell neue Formen an. Im Fokus der Kritik steht aktuell Texas – dort soll u.a. ein Ende des Drive-Through-Voting, bei dem man direkt aus dem Auto wählen konnte, ein Ende des „Early Voting“, also der Stimmabgabe vor dem eigentlichen Wahltag, und ein Ende des ungefragten Versendens von Millionen von Briefwahlunterlagen beschlossen werden. All diese Ausnahme-Regeln waren im Pandemie-Wahljahr dazugekommen und sollen nun rückgängig gemacht werden, dazu kommt, dass Texas die Ausweispflicht beim Wählen ausweitet, etwa indem man seine Ausweisnummer bei der Briefwahl auf einem Formular notieren muss.

Das soll für mehrere dutzend demokratische Abgeordnete im Parlament von Texas, dass ein reines „Nein“ bei der Abstimmung für sie nicht ausreicht. Stattdessen sind sie der Parlamentssitzung ferngeblieben und haben damit dafür gesorgt, dass das nötige Quorum zur Abstimmung nicht erreicht werden kann. Per gechartertem Privatjet ging es für sie nach Washington D.C., um der Parlamentsarbeit in ihrem Heimatstaat zu entfliehen. Denn in Texas, wie in vielen anderen Bundesstaaten auch, können solche arbeitsresistenten Parlamentarier von der Staatspolizei festgenommen und dann zur Teilnahme an Parlamentssitzungen gezwungen werden.

Mit mehreren Packungen Bier ging es dann also für die Democrats per Flugzeug nach Washington, außerhalb der Reichweite der Texas Rangers. Dort ging das Spektakel erst so richtig los. Josh Holmes, der Ex-Stabschef des Republikanischen Fraktionsvorsitzenden im Senat Mitch McConnell, formulierte dazu eine goldene Regel im US-Politbetrieb: „Das allerletzte was man auf der Welt will, ist es, lokale Staatsabgeordnete als dein Gesicht und deine Stimme zu haben. Wenn es eine Möglichkeit gibt, dich und deine Sache zu demütigen, dann werden die es perfektionieren. Das sind Leute, die man meistens nur ungern vor einer Kamera lässt. Aber es in DC vor einem nationalen Pressekorps zu tun, wie gewogen einem das auch sein mag, wird eine Katastrophe.” Und das bewiesen die frisch angekommenen texanischen Democrats auch sehr schnell.

Nach einer Pressekonferenz auf den Stufen des Kapitols stimmten sie z.B. zu einer – nun ja sehr eigenen – Darbietung des Bürgerrechtslieds „We Shall Overcome“ an, bei der sie es nicht mal schafften, den Liedtext richtig zu singen.

Auf der Suche nach der großen Social-Media-Berühmtheit konnte man von den Provinz-Democrats aus Texas einen bizarren Tweet nach dem anderen beobachten. Der Abgeordnete Gene Wu etwa wurde kurzerhand zu einer Art Foodblogger, berichtete von seinem „ersten Essen als Flüchtiger“, natürlich nicht ohne einen Link zu seiner Spendenseite hinterherzuschicken, und baute später aus Obst einen trostlosen Smiley, der dann mit der Welt geteilt wurde:

Die Selbstdarstellung begann freilich schon am Flughafen als es Tagesordnungspunkt Nr. 1 war, dass jeder der frisch angekommen Helden der Demokratie Selfies und Videos von sich machte.

Falls jetzt jemand denkt die Showeinlage mit der Flucht nach Washington kommt eher wie ein peinlicher Sightseeing-Trip in der Bundeshauptstadt rüber, der hat sich getäuscht: Wie hart es die Democrats wirklich haben, das bewies etwa Abgeordnete Donna Howard, die dazu überging Bilder ihrer handgewaschenen Unterwäsche auf Twitter zu teilen. Denn schließlich können sich die per Charter-Jet angereisten Democrats anscheinend nicht den Ausflug in den Waschsalon leisten, noch können solche Bilder der Welt vorenthalten werden:

Die Demokratische Partei in Dallas forderte ihre Anhänger sogar dazu auf, ihren Abgeordneten, die in Washington den Anschein nach wohl Tag für Tag ums Überleben kämpfen, Hilfspakete zuzuschicken, wie man sie sonst Soldaten in Übersee zukommen lässt. „Dr. Pepper Softdrinks, Salsa, Bonbons, Haarspray, Reiseartikel, Handdesinfektionsmittel, Nähzeug, Erste Hilfe Artikel“, sind erwünscht laut einem Tweet der Partei:

Die Hilfspakete werden aber wohl nicht alle Abgeordneten erreichen. Es kommt nämlich noch besser: Mehrere von ihnen sind nämlich inzwischen weitergereist – und zwar auf die andere Seite des Atlantiks, in den Urlaub nach Portugal. Was man nicht alles tut, um die Demokratie zu retten.

Die Republikaner daheim in Texas geben derweil keine Ruhe, Texas Gouverneur Greg Abbott hat bereits die nächste Sondersitzung des Parlaments einberufen, sodass das Parlament in Austin auch weiterhin formal aktiv bleibt und sofort weitermachen kann, sobald das nötige Quorum erfüllt wird. Der Hintergedanke ist einfach: Die texanischen Democrats können sich nicht ewig zum Gespött der Hauptstadt machen, irgendwann müssen sie zurückkommen. Und wenn sie dann wieder Fuß auf texanischen Boden setzen, werden sie, zur Not von der Polizei, zurück ins Parlament gezerrt, um wieder ihre Arbeit zu machen. Spätestens dann ist das Spektakel vorbei.

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