Heinsberger Landrat zu Impfchaos und Corona-Maßnahmen: „Laune bei minus 20“

Der Heinsberger Landrat Stephan Pusch (CDU) ist richtig sauer und ist damit in den sozialen Medien gerade viral gegangen. Viele Leute mit Anschluss an die sozialen Medien fanden ihre eigene aufgestaute Wut im Aufschrei des Christdemokraten wieder.

IMAGO / Ralph Sondermann

Heinsberg liegt nördlich von Aachen ziemlich nah an der holländischen Grenze, hat etwas mehr als vierzigtausend Einwohner und einen Landrat Stephan Pusch, der schon länger gerne den Youtube-Kanal „Kreis Heinsberg“ nutzt, um zu seinen aktuell 2.070 Abonnenten zu sprechen. Über einhundert Videos wurden da bereits eingestellt. Aber nicht nur von Pusch, sondern beispielsweise auch Baustellen-Aufnahmen der „Renaturierung: Rodebach“.

Heinsberg? Sie erinnern sich? Klar, denn die Region galt zu Beginn der Corona-Epedimie als Epizentrum der Ausbreitung des Virus. Schon damals gab Pusch diverse Interviews für fast alle großen Sender. An einem Karnevalsdienstag wurde der mutmaßliche Patient eins als erster offizieller Covid-19-Erkrankter Deutschlands in eine Klinik eingeliefert. Stephan Pusch weiß also länger als andere, um was es hier geht. Denn er hat sich als einer der ersten Verantwortlichen mit der Coronaabwehr in seinem Kreis beschäftigen müssen.

Jetzt, beinahe ein Jahr später, ist ihm in einem knapp zwölf Minuten langen Video in seiner Amtsstube einmal der Kragen geplatzt. Im Hintergrund seines Büros klebt eine große Fototapete – ein Fördergerüst eines Bergwerks.

Zunächst die positive Nachricht der Videobotschaft von Landrat Pusch: Heinsberg sei unter einhundert Fällen pro hunderttausend Einwohner pro Woche angekommen. Wenn der Trend anhält – was Pusch annimmt, weil es keine Lockerungen in den kommenden Wochen gibt – dann würde Heinsberg „stramm Richtung fünfzig oder auch darunter marschieren bis zum 14. April“, das wäre die nächste Demarkationslinie, sagt Pusch, aber damit sei er auch schon am Ende seiner guten Laune.

Seine Laune, beschrieben auf einer Skala zwischen 1 und 100, läge, so Pusch, aktuell bei minus 20. Ein Vorwurf: Wer behauptet, die Impfterminvergabe laufe vernünftig, der hätte sein Ohr nicht an der Basis: „Hier rufen Leute bitter weinend an, die sich darüber beklagen, dass, wenn sie dann endlich mal durchkommen beim Telefon (…), die Mitteilung bekommen: Ne, für Kreis Heinsberg haben wir keinen Impftermin mehr.“

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Der sonst seriös auftretende Pusch redet sich nun schnell in Rage, das Programm für die Terminvergabe sei „scheiße programmiert“. Alles an Grundvoraussetzungen sei „daneben gelaufen.“ Aber noch schlimmer: Es würde erzählt, alles sei optimal gelaufen, das regt Pusch dermaßen auf, das ist für ihn nur ein Ablenkungsmanöver.

„Wenn man weiß, dass es hier nicht um die Vergabe von Theaterkarten geht, sondern darum, dass Leute Angst haben, keinen Impftermin zu bekommen, weil sie um ihr Leben fürchten, dann muss ich sagen, ist das sehr, sehr bescheiden, was da aufgesetzt worden ist.“

Auch hohes Telefonaufkommen ist für ihn kein Grund. Seine Mitarbeiter müssten momentan „Seelentröster, Prellbock und alles mögliche“ spielen. Seine Leute wären mittlerweile auch „seelisch am Abgrund“, weil sie sich das bald gar nicht mehr alles anhören können. Einzelne würden gar „selber weinend hier am Telefon sitzen.“

Was ist denn da los in Heinsberg, möchte man dazwischen rufen. Das kann man sich ja nur so erklären, dass die Apokalypse-Fantasien eines Karl Lauterbach über eine Penetration der öffentlich-rechtlichen Talkshows die Gemütslage der Bürger schon massiv angegriffen hat. Mindestens im schon früh betroffenen Heinsberg eine Art Panik erzeugt hat, als klar war, dass die Sache mit dem Impfen lange dauert und maximal chaotisch abläuft, so wie es der Landrat schildert.

„Da läuft irgendwas falsch. Da könnt ihr mir erzählen, was ihr wollt!“ Und Pusch bittet die Politik, endlich mal ehrlich und offen zu sagen, was da los sei.

Der Landrat glaubt hier ein „Schwarze-Peter-Spiel“ zu erkennen: Jeder schiebe die Schuld am Versagen einem anderen in die Schuhe. Der Bundesgesundheitsminister der EU, die EU den Herstellern, die ihre Verträge nicht eingehalten hätten usw.

Seine Kritik geht direkt an die Bundeskanzlerin („Wortmeldungen auf höchster Ebene“) „Man will darüber hinwegtäuschen, das man selber offensichtlich sehr naiv an diese Sache herangegangen ist.“

Für Pusch hat der Staat bei der Beschaffung des Impfstoffes nicht einmal „das kleine Einmaleins der Betriebswirtschaft“ beherzigt. Sicher hätte man womöglich ein paar Milliarden mehr bezahlen müssen, aber hunderte von Milliarden stattdessen in Rettungsschirme pumpen, stände auf der anderen Seite der Medaille.

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„Das hätte jeder Landwirt im Kreis Heinsberg besser verhandelt“, weiß Pusch. Der Landrat geht allerdings nicht der Frage nach, was denn passiert wäre, wenn Deutschland in der Welt und in Europa die Nase weit vorne gehabt hätte und die deutsche Bevölkerung womöglich mit Abstand am schnellsten weltweit durchgeimpft worden wäre – noch vor den Israelis. Hätten die Welt mit Bewunderung auf Deutschland geschaut?

„Was sollen wir denn jetzt allemale tun? Sollen wir jetzt einen Frust schieben? Sollen wir uns jetzt dem Gedanken hingeben, alles Scheiße, deine Emma?“

Familie Pusch sitzt selbst mit drei Schulkindern zu Hause im Distanzunterricht, erklärt der Landrat seinen Zuschauern per Youtube. Auch dazu hat Stephan Pusch eine Meinung gewonnen: „Distanzunterricht heißt eigentlich, die Eltern kriegen immer mehr Distanz zum Unterricht.“ Pusch richtet eine Appell an die Politik: „In zwei Wochen müssen Schulen wieder öffnen. Und dann muss man vieleicht auch ein bisschen kreativ sein. Und da kann man sich auch nicht ein paar Wochen vorher wieder mit den Ministerpräsidenten treffen und dann mal sagen, wir machen jetzt dies und wir machen jenes.“

Ohrfeigen für die Bundeskanzlerin aus Heinsberg, während Ramelow aus Thürnigen bei den Konferenzen zugeschalten am Handy virtuell Früchte in den nächsten Level verschiebt. So einer wie Ramelow spielt verbal gerne den Haudrauf, das soll dann volksnah wirken, aber wenn es drauf ankommt, muss es ein ganz großer kleiner Landrat aus Heinsberg regeln, während einer wie Ramelow sich ins bunte Spiele-Darknet verabschiedet, anstatt seine Pflicht zu tun, für die er sich fürstlich bezahlen lässt.

„Kinder, müssen wieder, zumindest teilweise, in die Schulen, sonst gehen Familien kaputt, sonst gehen Eltern kaputt und von schwächeren Schülern will ich hier gar nicht reden.“

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Klar, Psychologen wissen längst anhand von Studien, welche katastrophalen Auswirkungen bereits der erste Lockdown auf die psychische Verfassung von Millionen Schülern hatte. Aber der Pressesprecher des Gesundheitsministers behauptete gerade in der Bundespressekonferenz, eine solche psychische Belastung sei nicht bekannt.

„Wir können uns diesen Lockdown für die Branchen und Schulen nicht länger erlauben. Wir brauchen jetzt intelligente Konzepte, wie wir vielleicht in zwei Wochen damit umgehen. (…) Und wenn man das auf der höchten Ebene nicht verantworten will, dann gebt es doch bitteschön hier auf der örtlichen Ebene die Verantwortung zurück.“

Der Landrat aus Heinsberg will Verantwortung übernehmen, die seiner Meinung nach da ganz oben keiner gewillt ist zu übernehmen. Kein Frage, der Ball liegt im Feld – und es ist nicht das der Heinsberger Mannschaft, die haben über ihren Landrat schon vorgelegt.

Aber was sollte nun die Konsequenz der Brandrede von Stephan Pusch sein? Die Bundeskanzlerin muss sich endlich mit der Basis zusammensetzen. Und das darf durchaus die mit ihrem Parteibuch sein. Pusch ist Christdemokrat und er hat einen Telefonanschluss. Aber was macht Angela Merkel? Sie setzt sich mit Wissenschaftlern zusammen, deren Auswahl sich im Zweifel daran orientiert, in wie weit diese den Kurs der Bundesregierung mit ihren Ergebnissen stützen, bloß kein Risiko eingehen. Warum das gefährlich ist, warum das in letzter Instanz sogar Leben kosten kann, hat der Heinsberger Landrat Stephan Pusch gerade eindrucksvoll als eine gewichtige Stimme aus der Mitte des Volkes dargelegt.

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Kommentare ( 48 )

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ppsc77
3 Jahre her

Gleiche Taktik wie bei dem unsäglichen Klima-Panikmachermodus.
Deutschland soll deindustrialisiert werden….

Korner
3 Jahre her

Nicht mehr lange, dann wird auch er zum Nazi gemacht. Solche Nestbeschmutzer mag Merkel gar nicht.

josefine
3 Jahre her

Es gibt sie tatsächlich noch: CDU-Politiker, die Verantwortung übernehmen und weiterhin übernehmen wollen, die kreative Lösungen zum Wohl der Bürger suchen, Politiker, die weder vor Wissenschaftlern noch Frau Merkel kuschen.

Chapeau, Herr Landrat!

Wolfgang Schuckmann
3 Jahre her

Bei allen Punkten der aktuellen Diskussion um die Impferei bleibt nur eins festzustellen: Die Verantwortung für dieses Debakel liegt nirgends sonst für Deutschland als in Berlin. Alle anderen Nebenschauplätze sind willkürlich eröffnete Verschleierungsmanöver. Kurz, wenn man als Regierungschefin kein größeres Interesse an der eigenen Bevölkerung hat, sollte man dies nicht seine ungeliebten Landsleute auf diese Art merken lassen. Ich denke Frau Merkel hat Flasche leer und sonst nichts. Sie würde diesem Land einen großen Dienst erweisen, wenn sie einem neuen Regierungschef platz machen würde. Irgendwann ist genug. Dieser Zeitpunkt dürfte wohl aktuell gekommen sein. Dieser Person kann ich nicht mehr… Mehr

rainer erich
3 Jahre her

Solange das Problem „Merkel“ nicht nachhaltig geloest ist, werden weder Artikel noch Wutausbrueche etwas nutzen. Das sollte irgendwann auch vom Vorletzten begriffen werden, zumal Merkel, wie sehr schon zu beobachten, immer weiter nachlegt, verbal und faktisch. Offenbar ist diese spezielle Art von (Regime) dialektik nach der bekannten Methode“ Niemand hat die Absicht, z. B. die (Reise) freiheit zu beseitigen“ und dann erfolgt die Beseitigung der Freiheit in weiteren Schritten kurz danach faktisch. Da der Jubel der neurotischen Gesellschaft eher zu-, als abnimmt, ist mit einer alternativlosen Problemlösung im oben genannten Sinne nicht zu rechnen. Ohne eine Entkernung des Systems „Merkelismus“… Mehr

Angelina
3 Jahre her
Antworten an  rainer erich

Genau da habe ich wenig Hoffnung. Wenn ich die Leserbriefe in meiner Tageszeitung studiere: Merkel muss unbedingt weiter machen, sie hat uns doch bisher so gut durch die Krise geführt usw., dann verlässt mich der Glaube an die menschliche Intelligenz.

BJK2107
3 Jahre her

Herr Pusch ist der Landrat von 253.000 Kreis-Heinsbergern und damit kein kleiner Landrat. Seine ehrliche Art der Amtsführung hat ihm im letzten September 80% der Wählerstimmen zur Wiederwahl erbracht. Respekt!
Bereits zum Jahreswechsel hat er sein Impfzentrum bereit gehabt, warnte aber davor, dass das Impfen dann nicht in seiner Zuständigkeit liegt.
Recht hat er gehabt.
Ich bin froh und etwas stolz, zu den 253.000 zu gehören, die von ihm gut informiert werden.

Rainer mit ai
3 Jahre her

Niemand spendet den Menschen noch Trost und macht ihnen Mut. Das wäre übrigens Aufgabe der Kirchen. Statt dessen verängstigt ein wild gewordener Hühnerhaufen in Politik und Medien die Bürger, die dann weinend am Telefon um Impfung betteln. Nur noch Mahner, Warner und Bedenkenträger, die sich furchtbar klug und wichtig vorkommen. Die Kirchen und der Zentralrat der Juden in Person von Frau Knobloch reihen sich ein in die Schar der einfältigen Gemüter, die unfähig sind, ihr eigenes Weltbild auch nur ein klein wenig zu hinterfragen. Die reale Lebenssituation der Menschen, denen sie täglich den gehobenen Zeigefinger vorhalten, interessiert sie wenig. Diese… Mehr

spindoctor
3 Jahre her

So ist das, wenn die Monteure des Kommunismus auf (De-)Montage unterwegs sind.

daldner
3 Jahre her

Dieses Land kriegt nichts gebacken: weder Großflughafen, noch Energiewende, noch Digitalisierung … und Corona schon mal gar nicht. Aber wir können „offene Grenzen und Asyl für jedermann“. … und wir können „moralischer Zeigefinger“… und das muss uns erst mal jemand nachmachen…

norbertb783
3 Jahre her
Antworten an  daldner

daldner:
Dieses Land kriegt immer noch alles gebacken was es gebacken bekommen will.
Es ist unsere sogenannte Regierung mit ihren Ministerien, Beamtenapparaten die nichts mehr gebacken bekommen – deswegen müssen die alle nicht nur weg, sie müssen auch zur Verantwortung gezogen werden.

Gerhard Sauer
3 Jahre her

Vielleicht werden die nervösen Heinsberger noch einmal froh sein, nicht geimpft worden zu sein. In Deutschland sind nach Auskunft des Paul-Ehrlich-Instituts bisher 69 Menschen nach der Impfung gestorben. In Gibraltar sind 53 Bewohner eines Seniorenheims nach dem Genuß des Impfstoffs hinübergegangen, siehe Bericht in der österreichischen Zeitung Wochenblick: `„Ein Massaker“: 53 Tote in Gibraltar seit Beginn der Impfungen´. Den Bericht kann man ergoogeln. Einen Zusammenhang mit der Impfung sehen die Behörden offensichtlich nicht, die Leutchen sind rein zufällig nach der Verabreichung des Impfstoffs gestorben. Geduldig auf das Ende des Impfwahns zu warten, ist wohl die bessere Alternative. Gar manche drängt… Mehr

Wolfgang Schuckmann
3 Jahre her
Antworten an  Gerhard Sauer

Lieber Herr Sauer, es werden nach dem Impfen noch viel mehr sterben, und zwar alle, ob geimpft oder nicht. Jedoch die, die Sie wahrscheinlich meinen waren vorher zumindest in einem Zustand, bei dem der Hausarzt von einer Impfung Abstand genommen hätte, weil er seine Patienten ja kennt. Diese Differenzierung ist von einer Schnellbefragung vor der Impfung im Impfzentrum nicht zu erwarten Krankheiten, oder Krankheitszustände , die ein baldiges Ableben als sicher erscheinen lassen, werden von der Impfung vielleicht beeinflusst, jedoch wären die betroffenen Personen auch ohne Impfung gestorben. Dies als Grund herzunehmen um eine Impfung generell in Frage zu stellen,… Mehr

EndemitdemWahnsinn
3 Jahre her
Antworten an  Gerhard Sauer

Das verstehe ich auch nicht, dass manche Leute so extrem verrückt danach sind, geimpft zu werden. Die Propaganda und Panikmache der Regierung wirkt scheinbar hervorragend.
Es ist schon pervers, was die Regierung da veranstaltet. Erst werden die (alten) Leute so in Panik und Todesangst versetzt und dann klappt das ganze nicht mal halbwegs mit der Impferei.