Coronavirus: In der Krise brechen die Dämme

Hongkong will Bürgern Geld geben, um die durch das Coronavirus geschwächte Wirtschaft anzukurbeln. ARD, "Spiegel" und "Zeit" sprechen von "Helikoptergeld". Eine gefährliche Verwechslung der Tatsachen.

Hongkong-Dollar-Noten

Die Auswirkungen des Ausbruchs des Coronavirus sind noch nicht absehbar. Wie die Verbreitung eingedämmt werden kann, ist ebenso unklar wie die ökonomischen Folgen. Die internationale Vernetzung ganzer Wertschöpfungsketten ist in Zeiten einer globalisierten Wirtschaft anfällig für Unterbrechungen durch Krankheiten, Epidemien oder sogar eine Pandemie, die uns jetzt vielleicht droht. Doch ohne diese Globalisierung, also die internationale Arbeitsteilung, wird die Bekämpfung von Epidemien nicht gelingen. Nur dadurch, dass international geforscht und entwickelt wird und die Erkenntnisse ausgetauscht werden, kann das Problem bewältigt werden. Daher ist der Virus nicht ein Beleg gegen die Globalisierung, sondern ein Beweis dafür, dass sie unverzichtbar ist.

Gestern wurde bekannt, dass Hongkong wegen des Coronavirus jedem Bürger 10.000 Hongkong-Dollar (rund 1.180 Euro) auszahlen will, um die schrumpfende Wirtschaft zu stimulieren. Die ARD sprach sogleich von Helikoptergeld. Auch Der Spiegel und Zeit online schlossen sich dieser Analyse an. Vielleicht war hier der Wunsch Vater des Gedankens.

Denn tatsächlich ist das, was Hongkong macht, fast schon das Gegenteil von Helikoptergeld: Es ist eine einmalige Steuersenkung oder eine pauschale Steuerrückerstattung. Hongkong hat umgerechnet 133 Milliarden Euro Reserven, die jetzt zu einem kleinen Teil (14 Milliarden Euro) genutzt werden, um die Bürger zu entlasten, und die zusätzlich eingebettet sind in weitere Entlastungsmaßnahmen.

Weiter unklare Lage
Coronavirus in Deutschland
Doch zurück zum Missverständnis von ARD, Spiegel und Zeit online. Helikoptergeld ist etwas völlig anderes. Hierbei druckt die Zentralbank Zentralbankgeld und verteilt es direkt an die Bürger, um so die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu stimulieren. Die Banken werden dabei umgangen. In „normalen“ Zeiten unseres Geldsystems sorgen eigentlich überwiegend die Banken dafür, dem Wirtschaftskreislauf Geld zur Verfügung zu stellen. Sie machen es, indem sie Kredite vergeben und damit neues Geld schaffen. Doch wenn der Kreditfluss stockt, dann kommt es zur Rezession. Dies kann daran liegen, dass im Bankensystem viele faule Kredite schlummern und daher hoher Wertberichtigungsbedarf in den Bilanzen droht. Es können aber auch Ereignisse wie eine Epidemie oder Unruhen sein, die das Vertrauen in Investitionen und dadurch in die Kreditvergabe hemmen. 

In diesen Fällen greifen Notenbanken zunehmend zu so genannten unkonventionellen Maßnahmen. Die EZB gehört vorneweg dazu. Sie hat durch den Ankauf von Staats- und Unternehmensanleihen neues Geld in den Geldkreislauf gebracht – inzwischen für 2.800 Milliarden Euro -, indem sie den Ankauf von Schulden von Staaten und Unternehmen mit Geld aus dem Nichts finanziert hat. Damit werden die Zinsen auf breiter Front gedrückt und die Refinanzierung für Staaten und Unternehmen verbilligt. Am Ende können sich alle mehr Schulden leisten. Eine schöne Welt.

Die nächste Stufe dieser unkonventionellen Geldpolitik ist tatsächlich das Helikoptergeld. Dann könnten die Geldingenieure ohne Umweg den Konsum anregen. Doch das Ganze ist eine Täuschung. Schon das eigene Gefühl sagt einem das. Einfach Geld zu drucken und ohne Sinn und Verstand über die Bürger zu verteilen, kann nicht richtig sein. Da muss es doch einen Haken geben. Irgendwie muss es doch auch einen Zusammenhang zwischen Sparen und Investitionen geben?

Und so ist es auch. Investitionen ohne Sparen kann es nicht geben. Der Bürger soll beim Helikoptergeld hinter die Fichte geführt werden. Es soll ein Wohlstand suggeriert werden, der gar nicht vorhanden ist. Denn eine reine Ausweitung der Zentralbankgeldmenge ist letztlich eine Inflation – nämlich eine Inflation der Menge an Geld. Doch Geld ist ein Gut wie jedes andere. Seinen Wert erhält es nur, wenn es knapp ist. Ludwig von Mises meinte dazu: „Wenn ein Gut Geld bleiben soll, darf die öffentliche Meinung nicht glauben, dass mit einer schnellen und unaufhaltsamen Vermehrung seiner Menge zu rechnen ist.“

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 26 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

26 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Meruem
4 Jahre her

An Corona sieht man, das Globalisierung eben doch nicht nur Gutes bringt. Und ob die weltweite Zusammenarbeit von Forschern das Virus besiegen kann, ist noch nicht bewiesen.

Goldenmichel
4 Jahre her

Steuersenkung in Deutschland ? Völlig undenkbar, könnte ja sein ein paar Nazis profitieren davon und das geht ja schon mal garnicht.

Vogelfrei
4 Jahre her

Sollte das Helikoptergeld demnächst herniederregnen (es ist ja schon so viel passiert was man für unmöglich hielt), hier der Rat eines alten Mannes: Nehmt es und tauscht es sofort in etwas Substanzielles, z.B. Gold, denn dann steht der wirtschaftliche Zusammenbruch unmittelbar bevor. Der Fehler der Draghonisten: Sie denken, wir seien beliebig programmierbare Automaten, die nicht bis um die nächste Ecke denken.

Goldenmichel
4 Jahre her
Antworten an  Vogelfrei

Ich stimme Ihnen zu, jedoch scheint die grosse Mehrheit, etwa 80%, nicht bis um die nächste Ecke denken zu können.

Hoffnungslos
4 Jahre her

„Nur dadurch, dass international geforscht und entwickelt wird und die Erkenntnisse ausgetauscht werden, kann das Problem bewältigt werden. Daher ist der Virus nicht ein Beleg gegen die Globalisierung, sondern ein Beweis dafür, dass sie unverzichtbar ist.“ Das Argument verstehe ich nicht. Wurde vor der Globalisierung nicht auf nationalen Ebenen geforscht und Forschungsergebnisse nicht ausgetauscht? Wurde die Forschung erst durch die Globalisierung angeregt? Das ist doch einfach falsch. Die Globalisierung verschärft die Gefahren von Pandemien deutlich. Durch die Globalisierung sind wir heute von pharmazeutischen Produktionsstätten in China, dem Zentrum vieler Erkrankungen, abhängig. Bestünden noch mehr nationale Pharma-Produktionsstätten bei uns, gäbe es… Mehr

humerd
4 Jahre her

Auf so absurde Ideen, den Menschen hier im Lande Geld zu geben , käme unsere Regierung nie. Die kennt nur nehmen von den Kleinen und das Füllhorn dann an Profiteure ausschütten:“ Altmaier kündigt Maßnahmen anFirmen ächzen unter Corona-Folgen – jetzt will die Bundesregierung helfen“ https://www.focus.de/finanzen/boerse/virussorgen-senken-prognosen-virussorgen-belasten-firmen-rechnen-mit-zweistelligem-einbruch-der-einnahmen_id_11711151.html

MakeSense
4 Jahre her

In einer Krisensituation fehlt es nicht an Geld für den Konsum sondern an Vertrauen in die Fähigkeit die Krise zu überwinden – bei dieser Regierung erst recht. Wenn man Geld in die Hand nimmt, dann um der Ursache entgegen zu wirken, alles andere ist verschleudert. An dieser Stelle wird jedoch immer noch gespart, 50 Mio für die Prävention, da lachen ja die Hühner, gleichzeitig wird mit den Tests gespart, die bisher nur bei bekanntem Kontakt zur Anwendung gekommen sind. Jetzt die Pandemiepläne von den Bundesländern überprüft werden — kommt das nicht vielleicht vier Wochen zu späht und wie lange sollen… Mehr

Maik Lehrmanns
4 Jahre her

Komisch. Der Helikopter muss mich wohl bisher großräumig umflogen haben. Über mir ist nochkein Geldregen nieder gegangen.

Cabanero
4 Jahre her

Über die Notwendigkeit der Globalisierung dürften Sie mit der Mehrzahl an TE-Lesern im Dissens liegen, wiewohl sicher auch zu definieren wäre, was man unter Globalisierung überhaupt versteht. Eine internationale „Arbeitsteilung“ ist sie nicht, und war sie auch nicht, sondern nur die Verlagerung von Arbeit ohne Kompensation der dadurch arbeitslos Gewordenen. Gäbe es die oder müßte es sie geben, würde es gar keine Globalisierung geben, deren Nutzen ja darin liegt, die noch zeitweilig fortbestehende höhere Kaufkraft der ehemaligen Arbeitsplatzbesitzer mit den niedrigeren Lohnkosten der neuen Arbeitsplatzbesitzer (i.d.R. Ostasien und Lateinamerika) zu kombinieren und daraus leistungslos Gewinne zu generieren. Denn das Verschieben… Mehr

moorwald
4 Jahre her
Antworten an  Cabanero

Die Globalisierung zurückzuführen, bedeutet, nationale Märkte wieder abzuschotten z.B. mittels Zollbarrieren. Ich glaube nicht, daß dies gelingen kann. Für ein so exportabhängiges Land wie Deutschland gibt es wohl diesen Weg zurück nicht mehr. Die „Kompensation“ für die im Hochlohnland arbeitslos Gewordenen gibt es: sie führt zur wachsenden Staatsverschuldung wie eben das ganze Sozialsystem. Die Illusion einer fortbestehenden „Bürgerschaftsrente“ (citizenship rent) ist bereits erledigt. Es kommt nicht mehr darauf an, in welchem Land, sondern wie billig man produziert, um am Markt bestehen zu können. Eine zeitlang kann man noch Qualitätsvorprünge ausnutzen, jedenfalls bei preiselastischen Gütern. Oder man besetzt Nischen (Beispiel Schweiz).… Mehr

Cabanero
4 Jahre her
Antworten an  moorwald

@ moorwald. Zugewanderte Arbeitskräfte in der Art, wie sie seit 60 Jahren überwiegend nach Deutschland einwandern, sind nicht in der Lage, höherwertige Tätigkeiten mit teuren und/oder langen und anspruchsvollen Ausbildungen zu erledigen. Das gilt auch für Nachfolgegenerationen. Sie sind also zwingend darauf angewiesen, daß es in Deutschland eine Nachfragelücke von Deutschen nach solcher Arbeit gibt, so daß diese Arbeitplätze ihnen bleiben. Das gab es lange, so sind heute nahezu alle Einfachdienstleistungen und Schmutzberufe fest in Migrantenhand, übrigens nicht nur in Deutschland. Dem steht nun gegenüber, daß aus ideologischen, ökototalitatären Gründen große Teile der hochqualifizerten (also gut bezahlten) Arbeitsplätze hierzulande abgebaut… Mehr

moorwald
4 Jahre her
Antworten an  Cabanero

Es gibt natürlich eine große Zahl wirklich integrierter Zuwanderer : Vietnamesen, Rußlanddeutsche… Das Problem sehen Sie und ich sicher in der jüngsten Welle von absolut nicht assimilierbaren, völlig anders sozialisierten „Flüchtlingen“, die ja auch von vornherein nicht als Arbeitsuchende ankommen. Auch die nächsten Generationen werden zum großen Teil in den Sozialsystemen verharren. Es gibt ja auch unter eingeborenen Deutschen diese Hartz IV-Karrieren. Am Anfang steht eine verfehlte Einwanderungspolitik. Was ganz sicher ist: das Lohnniveau besonders der Wenigqualifizierten wird nicht zu halten sein – auch ohne Lohndumping. Schon heute erwirtschaften viele vermutlich nicht einmal den Mindestlohn. Im Zeichen der Globalisierung wird… Mehr

Mayor Quimby
4 Jahre her

Globalisierung, „also die internationale Arbeitsteilung“, ist und bleibt eine Gefahr, zumal sie immer mit einer komplementären und meistens autoritären zentralen Verwaltung, einer allgemeinen Zentralisierung überhaupt, einhergehen wird und wahrscheinlich auch muß. Eine „internationale Zusammenarbeit“ mit parallelen, aber dafür kurzen Arbeits- und Ent- und Versorgungswegen ist etwas völlig anderes, und jede neue Pandemie wird die Welt mehr in diese Richtung treiben, in Richtung erhöhter, nicht verringerter Redundanz; unter der derzeitigen US-Regierung sogar bewußt. Ja, das ist teurer, aber was ist uns unser Leben wert? Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch gerne daran, daß eine „internationale Zusammenarbeit“ mitten im kalten Krieg, also… Mehr

KoelnerJeck
4 Jahre her

Nur dass die Investitionen aus dem Nichts die Gefahr bergen, dass Projekte angestoßen werden, die dann wegen fehlender Ressourcen nicht zu Ende gebracht werden (vgl. die Bauruienen in Spanien). Von den ethischen Defiziten ganz zu schweigen.

Und Basel 3: Macht nur die kleinen Sparkassen kaputt, ist zu teuer und gaukelt eine Sicherheit vor, die es gar nicht gibt. Zusätzlich: die fehlende Eigenkapitalhinterlegung für Staatsanleihen usw.