Scholz – keine Aura, keine Linie, kein Vertrauen

Zu brennenden Problemen ist vom Kanzler oft lange nichts zu hören. Scholz will nicht als Führer wahrgenommen werden. Er müsste dann sein Konzept ja zur Diskussion stellen, falls er eines hat. Er verzichtet jedoch meist darauf, Überzeugungen zu vertreten.

Wer ist der Mann, der Deutschland durch wilde Zeiten steuert? Navigiert er überhaupt oder setzt er die Republik nur den Stürmen des Zeitgeistes aus? Er ist ein Mann des Übergangs, der sich damit abzufinden scheint. In Wahrheit fügt er dem Land, dem er zu dienen hätte, irreversiblen Schaden zu.

I.

Manchmal scheint es Olaf Scholz zu amüsieren, Kanzler geworden zu sein. Er weiß genau, dass er nicht eigener Strahlkraft seine Kanzlerschaft verdankt, sondern den Fehlern der Unionsparteien. Es wäre jedoch falsch, den Mann mit der milden Miene und dem verhaltenen Dauergrinsen für selbstironisch oder gar arglos zu halten. Man sieht ihm nicht an, wie er tickt, und das soll man auch nicht – so wenig wie sein seltsam schleichender Schlurfgang verrät, dass er als Jogger ganz anders auf den Beinen sein kann. Er bewegt auf offener Bühne auch seine Lippen nur soweit unbedingt nötig. Ihm Wohlgesonnene erklären die verbale Leisetreterei mit seinem hanseatischen Naturell. Das ist Unsinn. Seine Wortkargheit verrät neben rhetorischen Mängeln vor allem fehlenden Willen, sich prägnant auszudrücken und sein Handeln transparent offen zu legen. Er will nicht erkannt werden. Als Floskeln auswerfender Scholzomat verspottet zu werden, macht ihm nichts aus. Es ist Teil des Trugbilds.

II.

Die demonstrative Gelassenheit des Kanzlers passt nicht zur Radikalität, mit der er das Land in die große Deformation treibt. Seine Bedachtsamkeit steht im schrillen Gegensatz zu der im „Deutschlandtempo“ voranschreitenden Verarmung des Landes. Wenn Scholz gelegentlich große Töne spuckt, dann sind sie gleich so maßlos wie das Versprechen, seine Regierung werde den „menschengemachten” Klimawandel mit Wärmepumpen „aufhalten“. Da sind reichlich Selbstüberschätzung, Überheblichkeit und Größenwahn im Spiel. Und da ist auch Rücksichtslosigkeit nicht fern. Dieser Kanzler verachtet die „normalen“ Leute. Anders ist sein unhaltbares, ungedecktes Versprechen nicht zu verstehen: „Niemand muss sich, weil seine Heizung kaputt geht, Sorgen machen.“ Damit verrät Scholz bloß, wie er die Bürger gern hätte, entmündigt und zu beschränkt, um von A bis B zu denken. Die Leute sollen glauben, die grün illuminierte Zeitenwende sei harmlos, obwohl sie ihnen an die Gurgel geht. Nichts ist der Ampelkoalition annähernd so wichtig wie „Klimaschutz“, schon gar nicht der Schutz der Bürger vor Wohlstandsverlust. „Klimaschutz“ ist ein Dogma. Ewas, was es nach Ansicht des einstigen grünen Europaabgeordneten Reinhold Messner gar nicht gibt. Geschützt werden kann nur der Mensch vor den unvermeidbaren Wirkungen des Klimawandels. Das sieht Scholz anders.

III.

Es ist wahrscheinlich ein kluger Schachzug, dass Scholz nicht auch noch die SPD führen will. Er muss gar nicht erst den Eindruck erwecken, als habe er sie im Griff. Tatsächlich tanzt sie nach seiner Pfeife. Das ist der Trick. Er will die Dinge in seinem Sinn biegen lassen, aber nicht der Bieger sein. Geht die Sache in die Hose, wird er so tun, als habe er nichts damit zu tun, so wie auch nicht mit den Versäumnissen der Regierung Merkel, deren Vizekanzler er doch gewesen ist. Im Zweifel mag er sich an nichts erinnern, wie an seine Rolle im immer noch nicht aufgeklärten Korruptionsskandal um die Hamburger Warburg-Bank, als Scholz Hamburgs Erster Bürgermeister gewesen war.

IV.

Meist reagiert Scholz nur, lässt sich zu Entscheidungen drängen, wie auch zu immer umfassenderen Waffenlieferungen an die Ukraine. Manches spräche durchaus für sein Zögern, würde er es nur glaubwürdig begründen. Selbst mit der unvermeidbaren Entlassung der radikal überforderten Verteidigungsministerin Christine Lambrecht freundete Scholz sich lange nicht an und musste zum Handeln getrieben werden. Er erträgt die „feministischen Reflexe“ (Baerbock) seiner Außenministerin und das Versagen seiner Fachminister für Gesundheit, Wirtschaft, Wohnungsbau, Umwelt, usw. Es spielt sich Innenministerin Nancy Faeser von Scholz ungehindert in den Vordergrund, die sich weigert, die ungezügelte Zuwanderung zu bremsen, und sie stattdessen belebt.

V.

Zu brennenden Problemen ist vom Kanzler oft lange nichts zu hören. Scholz will nicht als Führer wahrgenommen werden. Er müsste dann sein Konzept ja zur Diskussion stellen, falls er eines hat. Er verzichtet jedoch meist darauf, Überzeugungen zu vertreten. Gar nichts zu sagen und einfach nur zu regieren, entspricht seiner Methode. Sie erspart ihm Überzeugungsarbeit, und damit steht er in unseliger Tradition zu Merkels „Alternativlosigkeit.“ Wie seiner Lehrmeisterin genügt ihm die Macht, er muss mit ihr nicht auch noch prahlen. Sein Advokatentum verharmlost noch jeden Knackpunkt zum Spiegelstrich im Kleingedruckten. Scholz gibt scheinbar kein Rätsel auf. Rätselhaft aber ist die Natur der Deutschen, ihre Naivität und Fügsamkeit. Sie vertrauen ihrem Kanzler nicht, sie folgen ihm bloß.


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Kommentare ( 75 )

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Monostatos
11 Monate her

Und wenn man denkt: „Schlimmer geht nimmer“, dann belehrt uns die Ampel stets aufs Neue, dass sie in ihrem Fundus an restlos ungeeigneten Minister- oder KanzlerdarstellerINNEN noch größere Katastrophen in petto hat. Heute z.B. wäre ein Gabriel ein Messias im Vergleich zu O. Scholz.

thea
11 Monate her

Es ist m.E. eine Fehlinterpretation, dass Scholz „erträgt“, was seine Außenministerin macht. Und es ist m.E. eine Fehlinterpretation, dass seine Fachminister „versagen“. Meine These: Scholz stimmt dem zu, was seine Minister machen, und es ist kein Versagen, was die machen, und deshalb hat er auch keinen Grund, sie zu stoppen – es läuft doch alles so, wie er es will. Grund für die Fehlinterpretation: Es ist ein Trost, wenn einem Schaden zugefügt wird und es dann heißt „Das hat er doch nicht mit Absicht gemacht“. Es ist daher sicherlich verlockend, auch bei Politikern zu unterstellen, dass sie das alles nicht… Mehr

Last edited 11 Monate her by thea
Silverager
11 Monate her

Die Leute hacken auf Baerbock, Habeck, Faeser, Lauterbach usw. rum.
Die in Wahrheit Verantwortlichen für den Untergang des Landes war m.E. Merkel und ist jetzt der dauergrinsende Scholz.
Merke: der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik.

Thomas
11 Monate her

„Es geht weiter bis zum unabwendbaren, radikalen Bruch“ Roland Tichy, 2017 Der Bruch kommt von alleine, er wird nicht von den Bürgern aktiv herbeigeführt und zeitlich vorgezogen, da diese erst bereit sind ins Unbekannte zu springen wenn sie keine andere Wahl mehr haben. Die meisten wollen den unvermeidbaren radikalen Bruch mit seinen unabsehbaren Folgen verständlicherweise vermeiden und klammern sich an die vergebliche Hoffnung das bereits Zerbrochene wieder reparieren zu können. Das bereits Vergangene zurückholen zu können. Die alte Bundesrepublik Deutschland gibt es nicht mehr. Das Neue ist im Nebel noch nicht erkennbar. Ich glaube aber nicht, daß es die Gesellschaft… Mehr

AnSi
11 Monate her

Der Bundes-Olaf hat doch schon vergessen, wie betroffen er gucken soll, wenn die Bürger ihre Lebenshaltungskosten nicht mehr stemmen können. Sie sagen es ganz richtig, lieber Herr Herles: „Dieser Kanzler verachtet die „normalen“ Leute.“
Ich verachte ihn. #notmychancellor

Fulbert
11 Monate her

Rätselhaft ist an diesem Politbürokraten eigentlich wenig, wenn man sich seine Prioritäten bewusst macht, Und die liegen eben nicht in der Führung einer Regierung oder gar eines Landes, sondern im Zusammenhalten einer äußerst fragilen Koalition, um so der eigenen Partei und sich selbst Posten und Pfründe zu sichern. Daher meidet dieser „Kanzler“ jegliche Konflikte, lässt den Ministern weitgehende Narrenfreiheit und verzichtet auf Richtlinienkompetenz. Was mit dem Land geschieht, dürfte ihm letztlich egal sein, so lange die Interessen der Partei gewahrt bleiben.

schimmf
11 Monate her
Antworten an  Fulbert

und er hat – wie auch die Unvergleichliche – keine Kinder; beiden fehlt in ihrem Wertevorrat die Sorge für die nachwachsenden Generationen!

Gerhard Borgmann
11 Monate her

Vielen Dank Herr Herles, ein Volltreffer. Besonders gelungen : Absatz II.

Axel Fachtan
11 Monate her

Der steuert nichts und niemanden. Der wird gesteuert. Der schaut bei der Nordstreamsprengung zu und findet nichts dabei und klärt nichts auf und fordert keinen Schadenersatz ein. Der schämt sich nicht für die Warburg Schiebereien, sondern bleibt Warburg und anderen hörig. Der schaut zu, wie Deutschland energiepolitisch dauerhaft zerstört wird und alles, was seit 1945 erarbeitet und erkämpft worden ist zu Staub zerfällt. Der flutet Deutschland weiter mit Flüchtlingen und zerstört so endgültig den Sozialstaat. Der schützt die innere Sicherheit genauso gut, wie den G 20 Gipfel in Hamburg. Merkel hat dieses Land schon reichlich zerstört. Gemeinsam mit Scholz. Das,… Mehr

Wolfgang Schuckmann
11 Monate her
Antworten an  Axel Fachtan

Einziger Fehler bei allem Richtigen das Sie schreiben, dass die Betroffenen Ihren Kommentar nicht lesen, und das müssten sie.
Aber wo man keine Ehre mehr im Bauch hat, da kann man auch nichts mehr erwarten. Vielen Dank für Ihren Kommentar. Ist mit das Beste, was ich zu dem Thema bisher gelesen habe.

rschmidgall
11 Monate her

Olaf Scholz ist die Personifizierung eines Großteiles der Bürger. Empathielos, kraftlos und lethargisch zuschauend, wie der Wohlstand von Generationen durch eine grüne Minderheit in Rekordzeit abgebaut wird.

R.Baehr
11 Monate her

Dieser Scholz ist wie seine Vorgängerin nur eine Etappe auf dem Weg zu einer Lichtgestalt wie einst Jörg Haider wenn sich denn so einer hier im Land noch einmal ergeben sollte, und dann bleibt hier im Land kein Stein auf dem anderen, wenn die Besatzungsmächte das nicht im Keim ersticken. Was sich in dieser sogenannten Demokratie seit 2015 und besonders seit Corona hier im Land abgespielt hat, spottet jeder Beschreibung und lässt nur hoffen, das das ganze herrschende System hinweggefegt wird. Denn das die Interessen der ganzen Welt und des Klimas vor unseren eigenen Interessen gestellt werden, ist wohl auf… Mehr

Axel Fachtan
11 Monate her
Antworten an  R.Baehr

Haider ist keine Lichtgestalt.
Durch den Hypo-Alpe-Adria-Deal hat er sein Heimatland Kärnten ruiniert !
Letztlich blieb laut Fiskalrat dem Steuerzahler ein Schaden von 9 Milliarden Euro
Das konnte Kärnten nicht stemmen, da musste der Bund ran.
Für den Deal hat die Haider Partei und auch die ÖVP jeweils 2stellige Millionenbeträge in die Parteikassa erhalten. Einfach nur armseelig.
Franz Josef Strauss übrigens ist auch so ein Würstchen. Allerdings ein Würstchen, dass zwar abkassiert, aber Bayer nicht ruiniert hat.
Die Kinder verwalten heute noch verschwiegen die ergaunerten Gelder.

Johann Thiel
11 Monate her
Antworten an  Axel Fachtan

Kinderkram gegen das was hier in den letzten 10 Jahren abgeht.