Der Spiegel Nr. 30 – dieser Sommer ist heiß

Im Leitartikel „Die Defensivspieler“ steht: „Es gehört zu den grundsätzlichen Schwächen dieser Großen Koalition, dass sie Probleme nicht löst, sondern mit Geld zudeckt.“ Da hat jemand TE gelesen vor Monaten und Wochen.

Im Leitartikel „Die Defensivspieler“ steht: „Es gehört zu den grundsätzlichen Schwächen dieser Großen Koalition, dass sie Probleme nicht löst, sondern mit Geld zudeckt.“ Da hat jemand beim Spiegel TE gelesen vor Monaten und Wochen.

Was bitte ist an dem, was geschah, ein „Bitterer Triumph”? Wo hat sich „Angela Merkel … im Machtkampf mit Horst Seehofer spektakulär durchgesetzt?“ Wo doch Sie, Herr Pfister, selbst weiter schreiben, dass Merkel in der Migrationspolitik auf Seehofer zuginge, woran Sie anschließen:

„Das Verrückte ist, dass all dies nicht durchdringt, weil Merkel die faktische Wende nie mit einer rhetorischen verband. Sie beharrt darauf, dass alle grundlegenden Entscheidungen ihrer Flüchtlingspolitik richtig waren, auch wenn sie sich durch praktisches Handeln längst dementiert hat.“

Was also nun, war es ein Triumph, wenn sie nachgibt? Gibt sie denn nach? Und wenn sie es denn tut, warum „all dies nicht durchdringt”? Na, dass Merkel sich in ihren Worten immer dreht und windet, ist bekannt. Aber das geht auch nur deshalb so glatt, weil Medien und Journalisten ihr das erlauben. Und es dringt nicht zuletzt deshalb nicht durch, weil es nicht durch den Medienfilter dringt, Herr Pfister. Aber das wissen Sie beim Spiegel selbstverständlich besser als ich und natürlich noch viel besser warum.

Da wende ich mich Ihren anderen interessanten Spiegel-Passagen zu, Herr Pfister:

„Parteien können aufsteigen und vergehen, das gehört zur Demokratie. Aber ist es wünschenswert, dass die Ära der Volksparteien zu Ende geht? Die SPD ist auf dem Weg des Niedergangs schon weit vorangekommen, und es ist eine Illusion zu glauben, dass eine Union, die alle ideologischen Wurzeln kappt, in Zukunft so stabil sein wird wie in den vergangenen 70 Jahren. Man muss gar nicht ins Ausland schauen, um zu sehen, wie schnell sich das Parteiengefüge verschiebt. Ein Blick nach Sachsen, wo die AfD bei der Bundestagswahl vor der CDU lag, genügt völlig.”

„Aber ist es wünschenswert, dass die Ära der Volksparteien zu Ende geht?” Ich weiß, Herr Pfister, Sie fragen das erstens nicht mich und zweitens nur rhetorisch, sozusagen im Spiegel. Sie gehen zu Ende, die Volksparteien, und dann ist es müßig zu fragen, ob das wünschenswert ist. Noch wünschenswerter für mich wäre, dass das ganze verfilzte deutsche Parteiensystem, das sich der ganzen Republik bemächtigt hat, zu Ende geht. Mir ist klar, das dauert länger als die Verzwergung der Volksparteien. Ihrem folgenden Satz stimme ich zu, er fasst den Ist-Stand kurz und präzise:

„Noch ist Deutschland in einem Zwischenreich, das Alte ist nicht vergangen und das Neue noch nicht da.”

In den abschließenden Sätzen Ihres Beitrags, Herr Pfister, meine ich zum ersten, dass die Union einen Zustand erreicht hat, in dem sie nicht mehr entscheiden kann, welchen Weg sie wählt, sondern sich nur noch – gelähmt von ihrer Nicht-Steuerfrau – treiben lässt. Zum zweiten frage ich Sie und mich gleichermaßen: Wer in CDU und CSU sollte denn in der Lage sein, sich darauf zu verständigen, „wer sie eigentlich sein wollen”? Personen, die das getrennt für beide C-Parteien oder gar zusammen könnten, sind nicht in Sicht – oder? Personen, die sich nicht einmal selbst im Spiegel erkennen.

„Noch kann die Union wählen, welchen Weg sie einschlägt. Dazu gehört allerdings, dass sich CDU und CSU darauf verständigen, wer sie eigentlich sein wollen. Merkel und Seehofer wird das nicht mehr gelingen, das haben sie mehr als einmal bewiesen. Sie gehören der Vergangenheit an. Dies zu verstehen wäre ein erster Schritt in die Zukunft.”

Dass Seehofer und Merkel solches nicht gelingen kann und beide der Vergangenheit angehören, damit haben Sie ebenso recht, Herr Pfister, wie ich Sie im Verdacht habe, die naheliegende Frage nur indirekt gestellt zu haben, um sie nicht beantworten zu müssen: Wissen die beiden das?

Bei Jan Fleischhauer zitiere ich aus „Moral und Hypermoral” einfach nur, womit er in Anlehnung an das Wort des Philosophen Arnold Gehlen von »Moralhypertrophie«, also den „Versuch, alles zu einer Entscheidung über Humanität oder Barbarei zu erklären”, Massen von Zeitgenossen den Spiegel vorhält:

„Theoretisch ist jedes Problem dieser Form moralischer Aufladung zugänglich. Wer gegen die Einrichtung eines weiteren Fahrradwegs in seiner Gemeinde eintritt, versündigt sich am Weltklima; wer darüber nachdenkt, ob Flüchtlingshilfe auch das Gegenteil des Gewollten bewirken kann, spricht die Sprache der AfD. Der Nachteil dieser Art der Hypermoral ist evident: Wer überall die Inhumanität am Werke sieht, verliert erst den Überblick und dann die Nerven.“

Einen guten Sonntag allerseits.

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Kommentare ( 20 )

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friedrich - wilhelm
5 Jahre her

DER GRÜSSAUGUST HÄLT SICH AUCH IMMER AUF DEM RITTEN AUF UND KOMMT TROTZDEM IMMER WIEDERNACH DEUTSCHLAND ZURÜCK!

Hadrian17
5 Jahre her

Solange der Souverän stillhält und das ganze Spielchen munter toleriert, wird sich da gar nichts ändern. Mit offenen Augen durch die Welt stellt man fest, das die Zustimmung zur gegenwärtigen Konstellation respektive zur Richtlinienkompetenzinhaberin allenthalben spürbar ist. Im Cafe, im Gespräch mit Zufallsbekanntschaften, im Freundeskreis … ist „alles gut“. Nicht nur der Herr Kretschmann „betet jeden Morgen“. „Keine Experimente“ textete schon Konrad Adenauer’s CDU. Daran halten sich viele fest. Es „läuft“ doch. „Ideologische Wurzeln“ versteht eh keiner mehr. Die Wurzel ist „Überleben“ im täglichen Geschiebe; das „Auto behalten dürfen trotz Diesel-Motor“, den „sachgrundlos befristeten Arbeitsplatz“ verlängert bekommen, den geliebten Hund… Mehr

Parsifal
5 Jahre her

Ich empfinde den „Spiegel“ in letzter Zeit irgendwie merkwürdig müde, gestrig.
Ich glaube, nicht nur die Zeit von SPD und Union neigt sich dem Ende zu, sondern auch die des „Spiegel“!

rainer niersberger
5 Jahre her

Wenn ein System es ganz leicht macht, dass eine in der Wolle gefärbte protestantische Sozialistin die alleinige Macht übernimmt und als autokratische Gesetzgeberin fungiert, funktioniert dieses System nicht, denn exakt dieses galt und gilt es zu verhindern. Da den Vätern des GG sicher nie der Gedanke kam, dass eine Bundeskanzlerin exakt dieses GG als obsolet behandelt, der BT Alles abnickt, was diese Dame vorgibt und die Medien analog DDR oder 1933 bis 1945 zu Propagandisten dieser Machthaberin werden, bedarf es anderer Mechanismen und eines anderen Systems. Wie diese ( s) aussehen könnte bzw. müsste, ist klar, zumal ein Blick auf… Mehr

Alfonso
5 Jahre her

Ja, der Niedergang der Volksparteien ist schon sehr weit fortgeschritten und nicht mehr aufzuhalten. Leider ist ein dringend notwendiges neues Parteiensystem nur eine Traumvorstellung. Das bestehende Parteiensystem wird mit viel Geld (und mit engagierter Unterstützung der Massenmedien) aufrecht erhalten und mit allen möglichen Regelungen werden hier notwendige Innovationen verhindert. Aber nicht nur der Niedergang der Volksparteien ist schon weit fortgeschritten, auch unsere Gesellschaft mit ihrem relativ hohen Wohlstandsgefüge und ausgeprägtem Sozialsystem ist im Niedergang. Der Niedergang der Volksparteien ist hier für diese Entwicklung nur wie ein Menetekel am Horizont. Am Niedergang der Volksparteien wird sie Entwicklung nur deutlicher und schneller… Mehr

Alfonso
5 Jahre her
Antworten an  Fritz Goergen

Ja, so sehe ich das auch. „Neues Parteiensystem“ war von mir die in diesem Zusammenhang nicht richtig gebrauchte Bezeichnung. Leider sehe ich jedoch keine realistische Möglichkeit, wie wir dahin kommen können.

Gerro Medicus
5 Jahre her
Antworten an  Alfonso

Regieren denn die Parteien überhaupt noch? Oder sind es nicht viel eher die zahlreichen NGOs, die wesentlichen Einfluss auf die Politik nehmen und von den Parteien nur kräftig unterstützt werden, soweit diese das für nützlich finden? Wer hat uns denn den Diesel“skandal“ eingebrockt? Die DHU alleine? Nein, dahinter steckt Politik aus Brüssel. Auch die Antifa ist in diesem Sinne eine NGO, die dazu eingesetzt wird, einen gefährlichen programmatischen Gegner, die AfD, mit Gewalt zu behindern, ohne dass die wahre Urheberschaft dieser Gewalt bei den Altparteien gesucht und gefunden werden kann. Das ist der neue Politikstil, handeln über NGOs. Dies ist… Mehr

F.Peter
5 Jahre her

Es ist doch schon wieder einmal bezeichnend, welche Begriffe vom Spiegelautor gewählt werden. Ich wüsste nicht, dass die CDU/CSU vor Merkel irgendeiner IDELOGIE gefolgt wären. Das hieße ja nichts weiter, als dass andere Meinungen und Argumente nicht gehört worden wären, wie das heute bei den ideologisch bornierten Tagesgeschäft ist.
Es gab mal eine Zeit des Diskurses, der Auseinandersetzung um die besseren Ideen und Ziele Wege dahin.
Heute: Nur treiben lassen und sich marginal bewegen angetrieben von den jeweiligen Umfragewerten.
Weiterhin kann ich nur festhalten, dass der Spiegel weiterhin einfach nicht mehr lesbar ist!

friedrich - wilhelm
5 Jahre her

……danke, herr goergen! ich sehe, daß die schreiberlinge des spiegel den überblick haben und behalten wolleen, entgegen aller erfahrung! daher bereue ich nicht, daß ich schon lange zeit das spiegellesen aufgegeben habe! ich bevorzuge anderen lesestoff!

WIING
5 Jahre her

„Der Spiegel“ sollte irgendwo auf der Titelseite einen kleinen Hinweis platzieren. Und zwar: „Es handelt sich um einen halbdurchsichtigen Siegel!“ Wahlweise kann man auch schreiben, daß es sich um keinen planen, sondern teils sehr konkaven, teils aber enorm konvexen Spiegel handelt. Kurzum, ist es gar kein Spiegel im gewöhnlichen Sinne, sondern nur noch eine Art Alibi-Bezeichnung. Die Realität wird so lange durch optische und verbale Täuschung nach den Machervorstellungen verzerrt, bis man diese so darstellt, wie es gerade passt. Was den Machern aber anscheinend absolut entgangen ist – die Leser durchschauen es. Sie haben ihre Köpfe schon längst dem Spiegelbild… Mehr

Martin L
5 Jahre her

Das Machtmittel der „Hypermoral“ stumpft auf Dauer einfach ab. Das ist das einzig tröstliche an der ganzen Sache.

GUMBACH
5 Jahre her

Der weltweite ‚Pakt für Migration‘ ist doch der schlagende Beweis dafür, dass Merkel in Deutschland lediglich eine Statthalterin ist, eine Marionette derer, die eine andere Welt wollen. Wenn ab Dezember 2018 jeder Migrant quasi aufgenommen werden muss, weil das sein gutes Recht ist, dann wird man sich in Deutschland warm anziehen können. Dann war das, was bis jetzt passiert ist, ein ganz harmloses Vorgeplänkel. Dann werden Gruppierungen erscheinen, gegen die die NPD lupenreine Demokraten sind. Dessen müssten sich eigentlich alle bewusst sein, die sich so einen Wahnsinn ausdenken – vielleicht wissen sie das aber auch, und die Folgen sind schon… Mehr

Gerro Medicus
5 Jahre her
Antworten an  GUMBACH

Ja, das ist das kritische: China hat gezeigt, dass der Kapitalismus auch in einem ansonsten repressiven quasikommunistischen System funktioniert, in dem der Totalitarismus fröhliche Urständ feiert.

Nun ist man der Meinung, dass dies der Weg in eine für die Reichen dieser Welt herrliche Zukunft sein könnte. Man muss sich nur auf der richtigen Seite mit den entsprechenden Geldmitteln befinden.