Blackbox KW 39 – Erfurter Tollhaus

Thüringens CDU läuft heulend zum Verfassungsgericht, Sachsens CDU übt sich im Bodenturnen (hauptsächlich Spagat). Die FDP? Vom Winde verweht. Die Grünen verlieren schwere Geschütze, nur Merzens Fritze strahlt: Merkel hat ihm Glück gewünscht…

Es muss ja nicht immer gesittet zugehen in einem Parlament, aber was in Erfurt ablief, zeigt eine Verrohung, die womöglich damit zusammenhängt, dass ein SED-Ministerpräsident zu lange mit Blockparteien regieren konnte. Wildes Gebrüll wegen einer Formalie, bei der dann einer aus der CDU die Nazikeule auf den Alterspräsidenten Treutler, 74 (AfD), niedersausen ließ. „Was Sie hier treiben“, rief ein Flegel namens Andreas Bühl, „ist Machtergreifung.“ Kleiner hatte er es wohl nicht. Vielleicht liegt der Entgleisung ein familiärer Konflikt zugrunde. Bühls Bruder sitzt im Bundestag. Als Abgeordneter der AfD.

♦ Damit wir in dem Casus nicht auf die Einschätzung einschlägig bekannter deutscher Medien-„Experten“ angewiesen sind, verehrte Leser – die Welt titelte tendenziös: „Empörung über Verhalten der AfD“ –, werfen wir lieber einen Blick in die Neue Zürcher Zeitung (NZZ). Die schrieb sachlich und zutreffend: „Die Rechtslage ist eindeutig, doch sie gefällt den Wahlverlierern nicht. ‚Die stärkste Fraktion schlägt ein Mitglied des Landtags für die Wahl zur Präsidentin beziehungsweise zum Präsidenten vor‘…“

Der alte Treutler hielt dem Gebrüll stand, die Sitzung wurde x-mal unterbrochen, bis die Christdemokraten zum Thüringer Verfassungsgericht liefen. Dort warteten schon Ex-CDU-Innenminister und nun Richter J. Geibert und seine unbefangenen Freunde der demokratischen Parteien.

♦ In Sachsen übt derweil Michael Kretschmers etwas eingerostete CDU das Dehnen und Springen, Hangeln am Reck und Bodenturnen, hauptsächlich Spagat. Denn die neue Wunschpartnerin Sahra Wagenknecht verlangt doch allerhand von den müden Knochen: die Einsetzung eines Corona-Untersuchungsausschusses, und zwar „auf jeden Fall“, sowie Friedensbekenntnisse in der Präambel einer etwaigen neuen Landesregierung. Es lebe der Sport!

♦ Auch wenn Dietmar Woidke seinen eigenen Wahlkreis gegen einen AfD-Mann verlor, hat seine SPD in Brandenburg dank Briefwahl gegen die AfD gewonnen (30,89 Prozent zu 29,23 Prozent). Für Woidke ein Sieg von schicksalhafter Bedeutung, denn „wieder, wie so oft, waren es Sozialdemokraten, die Extremisten auf ihrem Weg zur Macht gestoppt haben“. Die offiziellen Geschichtsbücher wissen leider nichts darüber, wann Sozialdemokraten jemals Extremisten auf dem Weg zur Macht gestoppt hätten. 1933 gingen sie sang- und klanglos unter, und am 21. April 1946 lösten sie sich im Admiralspalast in der Berliner Friedrichstraße mir nichts dir nichts in der SED auf.

♦ Das ZDF sprach tapfer von einem grünen „Sieg auf der ganzen Linie“ und auch für Annalena Baerbock schien tagsüber noch „schön die Somme“, aber, Photovoltaiker wissen das, die ging dann am Abend auch wieder unter. Und so sind die Grünen nach dem Saarland, Hessen, Berlin und Thüringen auch in Brandenburg raus.

♦ Weil der Blitz der Erkenntnis selten zweimal in unmittelbarer Nähe einschlägt, muss eine andere Erklärung für den Doppelrücktritt der grünen Parteivorsitzenden Lang & Dingens her. Ricarda nannte als Grund für ihren Rücktritt als halbe Parteichefin, das habe „der Bundesvorstand heute Morgen entschieden“. Der Bundesvorstand, soso.

♦ Natürlich half „das Netz“ sofort bei der Nominierung neuer Vorsitzkandidaten (m/w/d). Tessa & Anton wären in höchstem Maße TV-tauglich, Timon & Emilia sind im TikTok-Bereich weit vorn. „Langstrecken-Luisa“ als Vorschlag war wohl nur ein Scherz, die wäre ja, wie der Name schon sagt, nie da.

♦ „Politisch“ ändert sich nichts, wenn Ricarda und Dingens neue Aufgaben übernehmen (Familie?). Mit einem „Sondervermögen Transformation“ soll die endgültige Abschaffung von Volkswagen arbeitnehmerfreundlich begleitet werden. Zudem werden spätestens 2027 in den meisten Wohnungen die Heizungen abgestellt, wenn bis dahin keine Wärmepumpen angeschafft wurden. Und Annalena erinnert uns weiterhin an die dunklen Zeiten der Monarchie, wo aus dümmlichen Beleidigungen schnell mal ein Krieg werden konnte. Nur die Talkshow-Gästelisten müssen überarbeitet werden.

♦ Die Liberallalas können sich bei all ihren Brandenburger Wählern (1,3 Prozent) per Handschlag bedanken. Nicht mal die Geschlechtswechsler konnten der Lindnerpartei mehr helfen. Noch werden in Berlin die Dienstwagen betankt, stehen die Regierungsflieger bereit, aber alle Augen richten sich aufs Hans-Dietrich-Genscher-Haus – kommt endlich Rauch aus dem Schornstein, oder haben sie sich mit Leib und Seele der grünen Wärmepumpe verschrieben?

♦ Plötzlich fehlen SPD-Hubertus Heil 9 Milliarden beim Bürgergeld, wundert sich Bild, dabei fehlen die nicht plötzlich, die waren nie da. Wie kann man auch ausgerechnet einem Mann, der 22 Homeoffice-Semester für ein Studium der Politologie brauchte, einen 170-Milliarden-Euro-Etat anvertrauen? Nun will Heil „mit der geplanten Festschreibung des Rentenniveaus auf dem heutigen Niveau von 48 Prozent eine enorme Steigerung der Beitragssätze dauerhaft festschreiben“, zitiert die Welt FDP-Johannes Vogel. SPD und Rente? Da sagen wir nur Riester – den hat die Riester-Rente reich gemacht.

♦ Eine Kita-Krise beschäftigt den Bundestag? Unsinn! Die wurde doch von SPD-Giffey mit dem Guten-Kita-Gesetz ein für alle Mal beendet. Apropos. Undank ist der Welten Lohn! So soll ein 74-jähriger Rentner der allseits beliebten Franziska Giffey in einer Bibliothek einen Einkaufsbeutel, in dem Zeitungen waren, „um die Ohren“ gehauen haben. Die Berliner Staatsanwaltschaft erkannte auf „gefährliche Körperverletzung mit einem schweren Gegenstand“ und beantragt Sicherungsverwahrung. Nur gut, dass die üblichen Verdächtigen selten in Bibliotheken ihre Attacken ausüben. Sonst wär noch wirklich was passiert…

♦ So streng wie die Berliner Staatsanwaltschaft ist die in Essen nicht. Clanmitglieder (libanesisch-türkisch?), die dort Krankenhauspersonal zusammenschlugen, sind bereits wieder auf freiem Fuß. Aber eine Anzeige gibt’s auf jeden Fall. Wetten?

♦ Der Herr Mosa von EDEKA hat mit seiner Kampagne „gegen Blau“ mitnichten AfD-Wähler aus seinen Supermärkten vergraulen wollen. Er wollte lediglich „eine gesellschaftliche Diskussion anregen“. Aber dummerweise gibt’s keinen vorgeschriebenen Intelligenztest für EDEKA-Kunden vor Betreten der Geschäftsräume. Jedenfalls haben viele Kunden die Kampagne missverstanden und kaufen woanders ein. Deshalb „tut es uns leid“, so Mosa, „wenn das bei vielen Menschen anders angekommen ist.“

♦ Der eine oder andere Gewerbetreibende hat inzwischen gelernt, dass es nicht gegen die Kundschaft geht: „Kurzfristig das Büro räumen?“ spottet der Autoverleiher SIXT, und stellt seine Umzugswagen-Angebote dazu. Bebildert mit Ricarda & Dingens u n d Habeck! Geht doch.

♦ So glücklich sah man CDU-Fritze Merz schon lange nicht mehr wie auf der Geburtstagsfeier für Dr. Angela Merkel. Und dann hatte sie tatsächlich „Ich wünsche Dir für die nächsten Monate alles Gute und viel Erfolg!“ gesagt. Fritz hätte heulen können. Das Kleingedruckte folgt dann im November in Merkels Memoiren…

♦ Upps. Nun lädt der alte Biden schon zur Ukraine-Party in unser Haus ein. Darf unser Olaf auch kommen? Oder muss er nur bezahlen?

♦ Bevor wir es vergessen: Das türkische „Zentrum für die Bekämpfung von Desinformation“ legt Wert auf die Feststellung, dass die Behauptung von Abschiebungen in die Türkei Fake News sind. Lesen Sie selbst…

♦ Zum Sonntag noch ein Wort des Trostes für alle Freunde der untergegangenen Sozialdemokratie. Die alte SPD ist nicht weg, die heißt jetzt nur anders… (Ist sogar der alte Parteichef Oskar dabei.)

Schönes Wochenende!


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Kommentare ( 22 )

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Else Schrammen
2 Monate her

S.:Mein ganzer Kommentar war etwas ironisch gemeint. Daher auch der Ausdruck „zwielichtig“, ganz im schwarzrotgrünem Sinn.

Juergen Semmler
2 Monate her

Ergänzend zum Wochenrückblick: Da stolzierte Anfang der vergangenen Woche eine German „Lady“ mit High-Heels auf den Straßen New Yorks unweit des UN-Gebäudes und schon nach wenigen Schritten und bereits zum dritten Male (!) kam es wie es kommen musste: – zum Absatz-Bruch. Selbst jede noch so unterbeleuchtete New Yorkerin kennt die Tücken des Big-Apple-Asphalts und zieht festes Schuhwerk an. Das sagt übrigens auch Einiges über die Lernfähigkeit dieser „Lady“ aus Germany aus, die ja auch keine Hemmungen hat, perfekt gestylt und visagiert mit High Heels und im Haute – Couture-Outfit mit Handtäschchen und Sonnenbrille durch die Geröllwüsten ukrainischer Städte zu… Mehr

Willi4
2 Monate her
Antworten an  Juergen Semmler

Ich nenne die Dame den „stöckelnden Kleiderständer“.

Nibelung
2 Monate her

Zum medizinisch erkennbaren „Tattergreis“ und seiner Ukraine-Party mit den deutschen „Jungspunden“ in der Regierung aus Sicht eines Älteren sollte man auch noch etwas sagen, weil hier etwas vorgegauckelt wird, was nur die Sinne der Bürger täuschen soll um fremde Vorstellungen in radikaler Weise durchzusetzen, die aber weniger aus der Eigeninitiative herauskommen, sondern der regelbasierenden Ordnung entsprechen sollen, indem man einfach den Befehlen gehorcht. Der Anlaß dazu ist ein Symposium zwischen dem neuen „Kriegsminister und der „Zeit“, wo er sich in höchster Form als Scheinheiliger präsentiert hat und die Weisung des US-Hegemons gegen Rußland mit eigenen Erfahrungen aus dem 2. Weltkrieg… Mehr

Else Schrammen
2 Monate her

Warum zahlen einige Liebhaber des guten Schauspiels eigentlich noch Geld für Theaterkarten, wenn sie die beste Show mit Laiendarstellern für lau bekommen. Die Möchtegernschauspieler haben, alle Achtung, ihre Rollen gut auswendig gelernt (sie hatten ja auch seit dem 1. September gut zwei Wochen Zeit). Wer allerdings ein Lustspiel erwartet hatte wirde schwer enttäuscht. Aufgeführt wurde ein Drama in fünf Akten. Drehbuch und Regie: Mario Voigt. Die Rolle des Protagonisten übernahm ein relativ unbekannter Stern am Theaterhimmel, Andreas B+hl. Der Part der tragischen Figur ging an einen alten Herrn mit allerdings zwielichtigem Hintergrund.Ort der Aufführung Akr 1 bis 4; Plenarsaal. Weiterer… Mehr

Paul S.
2 Monate her
Antworten an  Else Schrammen

Welchen „zwielichtigen Hintergrund“ sehen Sie denn beim Alterspräsident? Seine Biographie ist in Wikipedia einsehbar. Eindrucksvoll.

hansgunther
2 Monate her

Danke Herr Paetow für den gelungen Beitrag zum Sonntag!
Der Irrsinn der Linksbagage in diesem Land ist grenzenlos und wiederlich!
Selbst als „Satire“ höchst unverdaulich.

Kassandra
2 Monate her

„Ich wünsche Dir für die nächsten Monate alles Gute und viel Erfolg!“
Bei was sie ihm konkret Erfolg wünscht, geht aus diesen Worten nicht hervor.
Auch bei „wir schaffen das“ war das schon so. Auch da konnte ein jeder hinein interpretieren, was er wollte.

Jens Frisch
2 Monate her

Der stärksten Fraktion des Landtags steht der Posten des Landtagspräsidenten zu. So steht es im Thüringer Gesetz.
Das als „Machtergreifung“ zu bezeichnen ist wohl die größtmögliche Verharmlosung des NS Regimes von dem ich je gehört habe.
In Blick in die Parteibücher der Richter zeigt: Es wird keine Folgen für den Pöbler haben.

moorwald
2 Monate her
Antworten an  Jens Frisch

Welches Gesetz zitieren Sie`? Würde mich brennend interessieren. besonders nach dem Beschluß des Verfassungsgerichts.

gmccar
2 Monate her
Antworten an  Jens Frisch

Einer dieser Richter war doch sogar CDU-Minister in Thüringen.

Paul S.
2 Monate her

Dem Autor besonderen Dank für die Klarstellungen zu Thüringen, Sachsen und Brandenburg.

Axel Fachtan
2 Monate her

Erfurt ? Einfach mal die Eröffnungsrede anschauen, die Stefan Heym 1994 im Bundestag gehalten hat.
Dann wird klarer, wie es trotz politischer Differenzen würdig geht.
Da wurde ganz selbstverständlich bis zur Wahl des regulären Bundestagspräsidenten nach der alten Geschäftsordnung verfahren ! Wie in allen Bundestagen davor und danach auch.
Im Bundestag ist dann die GO rechtzeitig vor den Wahlen geändert worden, um Gauland als Alterspräsidenten zu verhindern.
Der Dienstälteste war dann Schäuble. Der war seit 1972 im Bundestag.

ChristianeB
2 Monate her

In Erfurt wollten „unsere Demokraten“ also während des Spiel die Regeln ändern. Unfairerweise waren sie damit erfolgreich. Wie sowas im Sandkasten ausgeht, weiß jeder, der Kinder hat. Ich denke, wir werden auch das bald erleben.