Protest gegen „Afrikanisierung“ des ländlichen Frankreich durch Macron

Emmanuel Macron hat ein neues Gesetz zu den Themen Asyl und Zuwanderung angekündigt. Es ist schon sein zweites und sollte im Herbst kommen. Doch in der neuen Nationalversammlung führt es zu Streit. Marine Le Pen, die konservativen Républicains und ein Dorf in der Bretagne kritisieren das Vorhaben.

IMAGO / PanoramiC
Französischer Präsident Emmanuel Macron im Elysée-Palast, 12. September 2022, Paris

Wann immer ein europäischer Politiker bekannt gibt, dass er die Realität der Immigration in seinem Land in irgendeiner Weise handhabbar machen will, erntet er Widerstand. Viele, auch anhaltende Missstände auf diesem Feld werden von den Bürgern hingenommen, deren Legalisierung weniger. Das gilt zumindest für die Länder Europas, die nicht auf Selbstabschaffung bedacht sind. So geschah es nun Emmanuel Macron in Frankreich.

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In einer Rede vor Präfekten aus ganz Frankreich kündigte der sonst bei diesem Thema gern taktierende Macron an, dass seine Regierung bis Anfang 2023 ein neues Gesetz zum „Asyl, also zur Zuwanderung in die Republik“ vorlegen wolle. Schon diese Formulierung – die Gleichsetzung von Asyl und Zuwanderung – bringt viele gegen den Vorschlag auf. An ihr zeigt sich ein Paradigmenwechsel, den Macron seit längerem rhetorisch vorbereitet hat und der nun zur Praxis werden soll.

Bisher hatte der Präsident – durch seinen Innenminister Gérald Darmanin – immer wieder und vor allem konservative Signale in der Migrationspolitik gesetzt. Sein Entgegenkommen gegenüber osteuropäischen EU-Ländern, die sich für wirksamen Grenzschutz und Grenzbarrieren aussprechen, schlug international Wellen. Nun kündigte er erneut an, die Abschiebung unerwünschter Migranten vereinfachen zu wollen. Auch die Effizienz der Zurückweisungen an französischen Grenzen, die ja konform mit Dublin-III sind, soll erhöht werden. Doch zugleich verrückt Macron die Grundkoordinaten seiner Politik in einem entscheidenden Punkt nach links.

Le Pen: Macron ermutigt weitere Migrationsströme

Die bisherige Asylpolitik seines Landes sei nämlich „ineffizient und unmenschlich“, sagte Macron im Élysée-Palast: „Unsere heutige Politik ist absurd, weil sie darin besteht, Frauen und Männer, die hier ankommen und sich im allergrößten Elend befinden, in den ärmsten Vierteln anzusiedeln.“ Damit soll nun offenbar Schluss sein. Die Migranten, die Rechts- und Aufenthaltstitel in Frankreich erworben haben, aber auch solche ohne abgeschlossenes Asylverfahren, will Macron künftig in „ländliche Gegenden“ verteilen, die „ihrerseits an Bevölkerung verlieren“. Auch Zuwanderer, die nur einen provisorischen Aufenthaltstitel besitzen, will er sprachlich und erwerbsmäßig schneller „integrieren“.

Tatsächlich will der Präsident nun an allen Fronten die Zügel anziehen: für die Migranten, aber auch für die Franzosen. So soll offenbar ein neues Asylsystem errichtet werden, das nicht mehr – wie das bestehende – „verzögernder“ Natur ist. Diese Ideen könnte sich Macron in Deutschland abgeschaut haben, denn hierzulande denken viele so, in der Bundesregierung, aber auch in den Kommunen. In Frankreich dürfte dasselbe Denken noch etwas weniger etabliert sein. Der politische Diskurs heizte sich denn auch umgehend auf. Eigentlich wollte Innenminister Darmanin das Gesetz schon im Herbst vorlegen. Nun will er im Oktober zunächst eine „große Debatte“ dazu im Parlament ansetzen. Das Regierungslager scheint sich auf größere Kontroversen einzustellen.

Marine Le Pen sprach sich auf einer Parteiversammlung in Agde, auf der sie den Vorsitz ihrer Partei planmäßig abgibt, gegen die Vorschläge aus. Den Delegierten ihrer Partei und den Bürgermeistern ländlicher Kommunen rief sie zu, der Präsident wolle den Dörfern und Städten Frankreichs „eine Immigration aufzwingen, um die Sie nicht gebeten haben“, und ermutige durch dieses Signal weitere „Migrationsströme aus der gesamten Welt“. Schon jetzt seien einige Stadtviertel „quasi unbewohnbar“.

Die Interimschefin der konservativen Républicains, Annie Genevard, kritisierte laut France Info, dass Macron hier ja nur seine eigene Bilanz beurteilt. Denn schon 2018 hatte er ein Gesetz zu Asyl und Zuwanderung beschlossen, das laut Genevard die „Umgehung“ des Asylrechts, also seine Dehnung und Beugung, beenden sollte – tatsächlich habe sich das Problem aber noch vergrößert. Doch Genevard beschränkte sich darauf, schnellere Abschiebungen zu fordern, zur Verteilung der Migranten auf die französischen Landkommunen verlor sie anscheinend kein Wort.

Ein Dorf in der Bretagne sagt Nein zu seiner „Afrikanisierung“

Laut dem Journalisten und Parteigründer Éric Zemmour hat Macron sich hier die alte Verschwörungstheorie des „grand remplacement“ (große Ersetzung, Auswechslung) in positiver Weise zu eigen gemacht: „Macron bestreitet nicht länger die Existenz der großen Ersetzung. Er geht von ihr aus und liebt sie. Er möchte sie mit Enthusiasmus organisieren.“

Im 2000-Seelen-Dorf Callac in der Bretagne, dessen Bürgermeister sich für die Aufnahme von 70 afrikanischen Familien ausgesprochen hat, protestierten laut Medienberichten 300 Bürger mit der Unterstützung von Zemmours Partei „Reconquête!“. Auf Transparenten hieß es „Nein zur großen Ersetzung in Frankreich und der Bretagne“, „Nein zur Afrikanisierung der Bretagne“. Linksextreme Vereine, darunter die Antifa, organisierten einen Gegenprotest mit etwa gleich vielen Teilnehmern.

Angeblich waren aber nicht viele Callacois unter ihnen, wie eine konservative Ex-Bürgermeisterin bemerkte. Die besorgten Dörfler wiesen derweil auf reale Probleme bei der Neuansiedlung hin: Zwar würden nun Wohnungen und öffentliche Einrichtungen für die Neuankömmlinge renoviert. Aber die Arbeitslosigkeit in der Region liegt schon jetzt bei 18 Prozent. Außerdem finden die Bretonen es ungerecht, dass die öffentlichen Mittel ausgerechnet den Migranten zugutekommen sollen, nachdem jahrelang keine ähnlichen Investitionen nach Callac geflossen waren.

Le Figaro: Bald sind die Banlieues überall

Sogar der politisch in der rechten Mitte stehende Figaro veröffentlichte ein Éditorial des Politikchefs Vincent Trémolet de Villiers, der mit bitterem Sarkasmus schlussfolgerte: „Morgen heißt es dann also, Seine-Saint-Denis für alle!“ Das Département im Norden von Paris ist berüchtigt für seinen hohen Ausländeranteil und seine Parallelgesellschaften, die Macron eigentlich einmal zurückerobern wollte, was jedoch im Sande verlief. Man kann den Ausspruch auch so übersetzen: Bald sind die Banlieues überall. Trémolet de Villiers setzte Macrons Vorhaben entgegen, die Mehrheit der Franzosen wollten eben keine „bessere Verteilung von Migranten, sondern eine Kontrolle an den Grenzen“. Sechs von zehn Franzosen würden laut einer Umfrage von 2021 ein Referendum zur Zuwanderung begrüßen.

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Die schwedische Tragödie – ein Menetekel für Europa und Anlass für einen Kurswechsel
Wenn nicht bald bessere Antworten zur Migration gefunden und ausbuchstabiert werden, dann dürften die politischen Mehrheiten in ganz Europa nach rechts tendieren. Macron hielt seine Rede an die Präfekten übrigens am selben Tag, an dem die schwedische Regierungschefin Magdalena Andersson zurücktrat, um einem Mitte-Rechts-Bündnis Platz zu machen. Ähnlich wie in Schweden blähen die unintegrierten Migranten, die häufig seit mehreren Generationen im Land leben, auch in Frankreich die Kriminalitätsrate auf. Sie stellen heute ein Viertel der Gefängnisinsassen in Frankreich.

Dass Frankreich sich nicht selbst abschafft, daran hat etwa auch Großbritannien ein Interesse. Laut Frontex sind allein im August mehr als 13.500 Migranten über den Kanal nach England gekommen. 41.000 waren es in diesem Jahr bisher insgesamt. Damit ist der August am Ärmelkanal einer der „verkehrsreichsten“ Monate seit langem. Das gilt in jedem Fall für die EU-Außengrenzen. Laut dem aktuellen Frontex-Bericht sind bis einschließlich August dieses Jahres 188.200 illegal in die EU gekommen – so viele wie seit 2016 nicht mehr.

Die Westbalkanroute brachte mit 86.581 Grenzüberquerungen die meisten Ankünfte, doch auch die zentrale Mittelmeerroute holte mit 52.900 Neuankömmlingen auf. Doch die überwiegende Mehrheit der Asylbewerber weiß auch, wo sie ihren Asylantrag am Ende stellen wollen: In der Bundesrepublik wurden bis August bereits über 115.000 Asylanträge gestellt. Mehr als die Hälfte der EU-Ankömmlinge, vielleicht am Ende noch mehr, sucht demnach ein dauerhaftes Zuhause in Deutschland.

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Kommentare ( 31 )

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Waldorf
1 Jahr her

Schon der Grundansatz „unserer“ Migrationspolitik, jeder könne kommen und dürfe bleiben, einzig maßgeblich sei der entsprechende Wunsch des Einwanderers, ist wert, hinterfragt zu werden. Solange schlicht jeder kommen und bleiben kann, der es irgendwie über die offenen Grenzen geschafft hat, haben wir schlicht keine geregelte Einwanderungspolitik, sondern simple gesprochen nur offene Grenzen und Sozialsysteme. Das findet auch nicht in irgendwelchen abstrakten Studien oder Laboren statt, sondern ganz konkret in der Realität. Hunderttausende, Millionen sind in den letzten knapp 10 Jahren alleine nach Deutschland eingereist, haben Asyl gesagt und werden jahrelang geprüft, verwaltet, mit Geldleistungen versorgt, irgendwo und -wie untergebracht. Dass… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Waldorf
gmccar
1 Jahr her

Man darf nicht vergessen, das in D. die Sozialmafia mittlerweile einer der größten Arbeitgeber auf Kosten der noch ca.12-14 Mio wertschöpfend arbeitenden Steuerzahler ist. Die reicht von den Kirchen über die Sozen-AWO, die Grün unterminierte Beamtenschaft bis zu den linksextremen Profiteuren von „Demokratie leben“. Wenn ich dann sehe, wie die NWO-Ban….en gnadenlos versuchen, mit den gescheiterten Linken wie Gyursany, Jourova und ähnlichen Sorosgestalten und der perfiden Linksbelegschaft in Brüssel eigenständige, national bewußte Staaten zu torpedieren versuchen, habe ich langsam keine Hoffnung mehr.

El Gordo
1 Jahr her

Die stellen ihre Strategie um. Bisher kamen die Migranten ins Land und es bildeten sich abschreckende Enklaven. Das schreckt Wähler ab und vor allem behält man ländlichen Bereich seine Identität als Franzose oder Deutscher – und die soll zerstört werden. Deutschland war, denke ich, das erste Land, das nach dieser Strategie besiedelt wird und weil es so gut klappt, wird es anderswo imitiert.

Wilhelm Rommel
1 Jahr her

Proteste „kleiner gallischer Dörfer“ hin oder her, verehrter Herr Nikolaidis: Der „macaron“ wird weitermachen mit der (längst begonnenen) Flutung des ländlichen Raums! Die Großstadt-Banlieues scheinen inzwischen gesteckt voll zu sein – da ist offenbar kaum noch Spielraum. Wenn ich mir das Departement Seine-Saint-Denis so ansehe: Bald wird es sich in den exterritorialen Hoheits- und Zuständigkeitsbereich eines Clanchefs und seines Friedensrichters verwandeln. Die traditionellen Bildwerke des ehemals zuständigen Ortsheiligen Dionysius von Paris (kopflos und mit seinem abgeschlagenen Haupt in der Hand dargestellt) bekommen dann eine ganz neue Bedeutung und die ihm gewidmete Kathedrale von Saint Denis, seit 564 Grablege der fränkischen/französischen… Mehr

Astrid
1 Jahr her

Das gilt für alle Länder der EU, solange die Bevölkerung sich nicht wehrt, geht die Flut dieser Leute immer weiter. Nur die Völker können, alles was kommt, ob die Energiekrise, Massenmigration, die eigene Verarmung, Abschwung der Sozialsysteme usw. stoppen. Wenn die Menschen ihrer Länder diesen Irrsinn nicht beenden, wird es zu der Migrationsüberschwemmung kommen. In Deutschland mussten Obdachlose ihre Notunterkunft räumen, damit die neuen Gäste es schön warm haben. Mal sehen wann der Zensus greift und man plötzlich Migranten in seinem Heim zugewiesen bekommt, denn da haben bestimmt einige Platz!

Brauer
1 Jahr her

jeder normal denkende sieht den zusammenhang, zwischen great reset, green deal und dem wef. weltweit agieren diese young global leaders gleich und verfolgen einen klaren schwab plan. wenn nicht die rechte bald an die macht kommen ist der planet verloren! der masterplan oder mastercode läuft bereits. und nein, keine vt, realität!

Konservativer2
1 Jahr her

Die wollen das so. Für mich stellen sich dabei nur zwei Fragen: welche Vorteile ziehen die Weißen, die ihre eigene R…e zum Abschuss freigeben, daraus? Und: wie glauben die selbst unbeschadet aus der Nummer rauszukommen? Man blicke nach Südafrika.

AlNamrood
1 Jahr her
Antworten an  Konservativer2

Wann wurde denn in der Moderne ein Staatsoberhaupt aus einem westlichen Land für sein Verhalten bestraft? Gar nichts passiert diesen Leuten und das wissen die auch.

mlw_reloaded
1 Jahr her

1998 wusste Scholl-Latour bereits, dass man sich die Probleme aus inkompatiblen aber geburtenstarken Regionen lediglich importiert. Der Groschen dürfte wohl erst fallen, wenn die Ampel in ein-zwei Jahren verkünden muss, dass kein Geld mehr für (sog.) Asylanten da ist. Und die sich dann holen was ihnen versprochen wurde.

Thomas
1 Jahr her

Die geöffneten Schleusen bekommt Europa nicht mehr zu. Nicht mit dem Personal. Nicht mit dem geltenden Recht.
You aint seen nothing yet.

LF
1 Jahr her

Gerade im Bereich der Migration ist ein „Point of no Return“ schneller erreicht als den meisten lieb ist. Siehe dazu Schweden. In Schweden begehren nach der Abwahl der linken Einwanderungspartei die Migranten auf und äußern sich unverhohlen, das Sie die konservativen Rechten stoppen werden. Ihr Argument, bereits knapp ein Drittel der Schweden haben mittlerweile Migrationshintergrund. Es ist nur eine Frage der Zeit bis diese im vollem Umfang zur Wahlurne gehen dürfen. Spätestens dann wird klar sein wem Schweden gehört. Auch hier kommt es wieder darauf an „Wer“ solche Aussagen trifft. Wenn Rechte Konservative Parteien sich so ausdrücken, wären es Nazis.… Mehr