„Was geht in diesem Dorf vor?“

Das kleine Dorf Karlsdorf im Saale-Holzland-Kreis mit seinen 115 Einwohnern hat bei der Landtagswahl in Thüringen erstaunliche Resultate aufzuweisen. BILD, Funke-Medien und ÖRR haben sogleich über dieses vermeintlich dunkelste Dorf in Dunkeldeutschland berichtet.

IMAGO/Funke Foto Services

Im kleinen Dorf Karlsdorf im Saale-Holzland-Kreis mit seinen 115 Einwohnern hat die AfD bei der Landtagswahl 72,1% der Zweitstimmen und über 75,4% der Erststimmen erhalten. Die Ampelparteien haben im ganzen Dorf nur eine einzige Stimme für die SPD erhalten (=1,6%). Vielleicht liegt es daran, dass im Straßenverkehr des 115-Seelen-Dorfes keine einzige Ampel notwendig ist.

Rot-Grüne Ideologen spotten: „Die zurückgebliebenen Dörfler wählen eine migrationskritische Partei, dabei hat man in Karlsdorf noch nie einen Flüchtling gesehen.“ Doch die bodenständige Klugheit der Karlsdorfer Praktiker wird unterschätzt: „Wir haben hier in vielen Dörfern keinen zuverlässigen Handy-Empfang. Das nervt ungemein. Manchmal fühlen wir uns als Bürger zweiter Klasse. Diese schlechte Infrastruktur hat auch damit zu tun, dass die verfehlte Migrationspolitik so viel Geld verschlingt, dass die Unterstützung des ländlichen Raums zu kurz kommt.“ Viele in Deutschland müssen die Konsequenzen einer unkontrollierten Willkommensunkultur ausbaden. Die einen so, die anderen so. Die Berliner Morgenpost fragt entgeistert: „AfD bei über 70%, keiner wählt Grün: Was geht in diesem Dorf vor?“

Die Dorfstimmen, die BILD in Karlsdorf eingefangen hat, beeindrucken alle in ihrer elementaren Nüchternheit: Ein Karlsdorfer Installateur bemängelt absurde und teure staatliche Überregulierungen. Ein 40-jähriger Krankenpfleger, der seit seiner Corona-Impfung arbeitsunfähig ist, kritisiert die mangelnde Corona-Aufarbeitung. Ein dritter wehrt sich gegen die Diskriminierung als „Nazi“, wenn man die AfD wählt, weil man von ihr neue Impulse zugunsten des Mittelstandes erwartet. Hier sind Menschen gut informiert und bringen berechtigte Anliegen mit ihrer Wahl zum Ausdruck. Das könnte man glatt Demokratie nennen.

Von der Kirchenzeitung „Glaube und Heimat“ kam eine Anfrage an das zuständige Pfarramt: „Was sagen Sie dazu, dass in einem Ihrer Dörfer 75% die AfD gewählt haben?“ Und das, obwohl die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland 2024 eine alternativlose Wahlempfehlung herausgegeben hat: „Wir sind mit der katholischen Kirche einig: Die Positionen extremer Parteien wie die (…) der AfD können wir nicht akzeptieren. Sie sind mit christlichen Werten und mit der Verfassung unserer Kirche nicht vereinbar.“ Komischerweise konnten der Bischof und die Kirchenleitung mit ihren gewagten Phrasen die Menschen in Karlsdorf nicht überzeugen.

Jetzt soll auch noch der Pfarrer vor Ort seinen Senf zum Würstchen des vermeintlichen politischen Debakels hinzugeben. Da ich gerade für drei Wochen in den dortigen Gemeinden eine Urlaubsvertretung übernommen habe, landet die Frage auf meinem Schreibtisch. Ich gebe mich als Vertretungspfarrer zu erkennen und antworte dann Folgendes:

„Wenn man es als Kernaufgabe der Kirche sieht, gegen die AfD zu kämpfen, dann muss man natürlich über dieses Ergebnis von Karlsdorf geschockt sein. Doch mit diesem Schockgefühl würde Kirche zugleich eingestehen, wie weit sie sich von ihren Nachbarn innerlich entfernt hat. Da meine Kernaufgabe als Pfarrer aber nicht der parteipolitische Kampf ist und da ich als Christ zu allen Parteien einen fruchtbar-kritischen Abstand habe, bin ich an erster Stelle einmal neugierig, warum die Menschen in Karlsdorf diese Partei gewählt haben. Auch in politischen Dingen bin ich als Pfarrer vor allem Hörender und nicht Besserwisser und Richter, der sein Urteil spricht ohne Anhörung und ohne ordentliche Gerichtsverfahren.“

Sorry, ich kann in dieses immer gleiche Geheule über die allein böse AfD und die bösen AfD-Wähler nicht einstimmen. Ich bleibe als Pfarrer bei meinem Auftrag: Die frohe Botschaft von Jesus Christus und ein Seelsorgeangebot an alle Menschen stehen im Mittelpunkt. Dem weit nachgeordnet wache ich als politisch interessierter Bürger und Liebhaber des Grundgesetzes mit meinem begrenzten Wissen und Verstehen bei allen Parteien darüber, ob deren Entscheidungen noch mit dem Grundgesetz kompatibel sind. Die gegenwärtigen Einschränkungen der Meinungsfreiheit und der Pressefreiheit von Seiten der Ampelregierung machen mir im Augenblick mehr Sorgen als die Oppositionsparteien, die die Finger in die Wunden der Regierung legen sollen.

PS. Noch ein kleiner Nachschlag zur Wahl: Vor Ort des Pfarramtes haben die Grünen von den 232 Wählern keine einzige Stimme erhalten. Alle drei Ampelparteien zusammen kommen lediglich auf 11 Stimmen, das sind 4,8%.
An der Zweigstelle der ehemaligen Landwirtschaftlichen ProduktionsGenossenschaft hing mehrere Jahre die Wahlempfehlung: „Stop! Wer noch mehr Windkraftanlagen will, ist nicht wählbar. Schützt unsere Natur!“ Auf dem Land, wo es richtig grün ist, scheinen die Menschen eine gewisse Skepsis gegenüber den Grünen zu haben. Im benachbarten Jena sieht das anders aus. Dort kommen die Grünen auf 15,2%. Die Grünen scheinen sich zum „Bündnis für Stadtbeton und Windkraftbeton“ gewandelt zu haben.

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Kommentare ( 30 )

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Retlapsneklow
1 Monat her

S.g. Herr Zorn, Sie schrieben, Sie seien erst mal Hörender.
Was ist dabei herausgekommen? Gilt das auch hier?

Retlapsneklow
1 Monat her

Die Vertreterschaft für dieses Dörfchen scheint mir passend ausgewählt.
Wieder mal das Grundgesetz gepredigt?

weihnachtsmann_frau_lein
1 Monat her

Haus oder ETW in einem im süden thüringens (vorzugsweise dem fränkisch sprechenden teil) gelegenen ort mit möglichst ähnlich vernünftiger wählerschaft zu kaufen gesucht.

Deutscher
1 Monat her

Was erlauben Landei, dass nicht wählen Grüne Partei!? Wählen wie Flasche leer! Nun, wer kennt sie nicht, die Grünen aus der Stadt? Sie lieben „Biodiversität“, ekeln sich aber vor Schnecken, Spinnen, Mäusen und Kuhmist. Wespennester müssen entfernt werden, weil sie panische Angst haben, dass ihre Kinder zu Tode gestochen werden könnten. Sie lassen Apfelsaftschorle in der Mensa verbieten, weil da der Zucker des Apfelsaftes drin ist. Zugleich wollen sie dort Slush-Eis, das aber bitte aus Fruchtsaft. Natürlich wissen sie über Landwirtschaft besser Bescheid als jeder Bauer, der in der vierten, fünften Generation seinen Hof betreibt und machen aus ihrem fundierten… Mehr

Last edited 1 Monat her by Deutscher
eschenbach
1 Monat her

Man muss es „Demokratie“ nennen! Zu anderen Zeiten hätte man diese Wahlen im Osten allein schon wegen der enormen Wahlbeteiligung und der starken Mobilisierung von Nichtwählern als „Hochamt der Demokratie“ bezeichnet!

Last edited 1 Monat her by eschenbach
notabene
1 Monat her

„Wir sind mit der katholischen Kirche einig: Die Positionen extremer Parteien wie die (…) der AfD können wir nicht akzeptieren. Sie sind mit christlichen Werten und mit der Verfassung unserer Kirche nicht vereinbar.“ Wo kann ich nachlesen, dass und warum genau die Positionen der AfD nicht mit den christlichen Werten vereinbar sind? Und wo kann ich die „Verfassung“ der Kirche lesen? Oh, die gibt es tatsächlich und dort steht u.A.: „Die Verfassung beeinflusst häufig auch die materiellen, religiösen, sittlichen, moralischen und intellektuellen Verhältnisse innerhalb der jeweiligen Kirche.“ Also erstmal innerhalb der Kirche… interessant! Ich habe mir noch nie „die Verfassung“… Mehr

Jerry
1 Monat her
Antworten an  notabene

„Wir sind mit der katholischen Kirche einig: Die Positionen extremer Parteien wie die (…) der AfD können wir nicht akzeptieren.“

Offensichtlich scheint die Kirche jedoch kein Problem darin zu sehen, andere extreme Parteien zu akzeptieren! Beispielsweise die Grünen, dessen Hofreiter Anton gerade eine Art Ersatz-Stasi mit sog. „Virtuellen Agenten“ schaffen möchte. Ich habe keinen Tag bereut, dass ich bereits vor 40 Jahren aus der Kirche ausgetreten bin!

Toni Rudolf
1 Monat her
Antworten an  notabene

Ich habe den Dresdner Bischof Timmer Evers genau diese Frage gestellt, unter einigen anderen. Er (oder sein Bischofsdackel) antwortete sogar höflich, konnte aber auf die mitleidvolle Herablassung über meinen Irrweg nicht verzichten. In der Sache erhielt ich keine Antwort, weiß aber nun um seine Hoffnung, dass ich doch in den Schoß der Kirche zurükkehren möge. Diese Kirche hat nichts mehr mit der meiner Kindheit und Jugend zu tun. Gar nichts.

Lore
1 Monat her
Antworten an  notabene

Aber das Steuergeld der Leute, die AfD wählen, wird mit beiden Händen genommen. Ach so – Geld stinkt nicht

gast
1 Monat her

Wenn man vor 47 Jahren Politik Zwangsnebenpflichtfach gewählt hatte, fand man sich als Wahlbeobachter bei der Auszählung der Wahl in einem 170 Seelendorf wieder. Das Erstaunliche war, dass das Wahlergebnis dieser wenigen Wähler genau dem Bundesdurchschnitt entsprach. Da ließ sich gut ein Referat darüber halten. Der Unterschied heute ist vielleicht, dass in den Städten mit vielen Wählern sich viele zusammenfinden, die etwas abseits der Realität sich gegenseitig bestätigen und aufmuntern zur Party des Guten. Die Rolle der Kirche ist leicht erklärt. Sie macht gigantische Geschäfte mit der Massenmigration. Ihre Schäfchen braucht sie gerade nicht, außer vielleicht zum richtig wählen, sodass… Mehr

BK
1 Monat her

Das scheint ein sehr progressives Dorf zu sein, die sich für eine neue Kraft in der Parteienlandschaft entschieden haben.

Evero
1 Monat her

Habe mit großem Interesse und Freude diesen Artikal gelesen.
Genau meine Wellenlänge.
Deutschland braucht mehr Menschen, die zuhören können. Die Kirchen brauchen mehr Seelsorger und weniger Aufseher.

Die Hysterie der linken Haltungsgruppen in Sachen AfD ist nicht angebracht. Man sollte miteinander reden, als übereinander Urteile fällen, die reflexartige Ferndiagnosen sind. Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wurde und man sollte das Kind nicht mit dem Bad ausschütten. .

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  Evero

Ja. Die Kirchen sind wohl auf einem ganz seltsamen Weg, den auch ein paar Pfarrer „alten Schlags“ nicht aufhalten können werden – gedenkt man der beiden Bischöfe, die in Jerusalem ihre Kreuze nicht mehr zeigen wollten. Und wenn man den Islam einbezieht und sich darauf verständigen könnte, dass sowohl Kirchen als auch die links-grünen, was die „christliche“ Union einbezieht, sich diesem lange zugewandt haben, wird die Hysterie gegen die Blauen mehr als verständlich. Was aber ist das für ein Papst, der genau für solches einzutreten scheint? Denn der gibt sich zornig auf die, die das Geschäft mit den jungen Männern… Mehr

Apfelmann
1 Monat her

Nennt man so einen Ort nicht No-Go-Area????