Blackbox KW 12/2016

Von einer Woche im Zeichen traurigen Zorns und Kopfschüttelns berichtet Stephan Paetow.

Die Meldungen dieser Woche werden eher von Zorn diktiert. Jetzt also Brüssel. Wir wollen es nicht weiterdenken. Die Sonntagsredner könnten vielleicht mal beginnen, unser Risiko zu minimieren. Tun sie aber nicht. Und nun ist auch noch Frauke Petry verrückt geworden. Na schönen Dank ooch!

Kurz nach den Anschlägen vom Dienstag in Brüssel mit mehr als 30 Toten und 300 Verletzten kamen die Sprechroboter aus den Regierungsvierteln zum Einsatz: Anschlag auf unsere Freiheit. Hat nichts mit dem Islam zu tun. Schon gar nichts mit den Flüchtlingen. Wir werden keine Angst zeigen. Wir werden den IS zerschlagen. So und ähnlich lauteten die wohlfeilen Sprechblasen aus den Mündern von Hollande, Gauck, Merkel und wie sie alle heißen. Und wenn Maas feststellt, dass die Terroristen keine Flüchtlinge sind, dann qualifiziert er sich zum wiederholten Mal für den Aachener Komikerpreis.

Dass alle „mutmaßlichen“ Täter dem islamistischen Terror zuzurechnen sind, dass einer in einer Flüchtlingsunterkunft in Ulm Gesinnungsfreunde besuchte, einer als IS-Kämpfer in der Türkei festgenommen und abgeschoben wurde, tröpfelte langsam aus den Nachrichten, hatte aber keinerlei Einfluss auf die Plattitüden der Regierungsroboter-Texte.

Der sogenannte „Islamische Staat“ bejubelte auf einem Video „von hoher technischer Qualität“ (NZZ) die Mordtaten, auch auf Facebook und auf manchem Pausenhof, wo längst eine islamische Parallelgesellschaft zu Hause ist, machte sich klammheimliche Freude breit, die älteren Linken kennen das ja noch von früher.

Beunruhigendes aus Parallelgesellschaften

Belgien, das nicht nur Europas Hauptstadt Brüssel beherbergt, ist längst in viele Parallelgesellschaften zerfallen – eine wallonische, eine flämische, eine deutschstämmige und eine muslimische. Fast wie eine Blaupause unserer EU-Monsterstaat-Planer. Ob dieses Tohuwabohu dafür verantwortlich ist, dass Belgiens Sicherheitsdienste als besonders ineffizient gelten, ist nicht ganz von der Hand zu weisen.

Dass wir auf dem „besten“ Wege zu belgischen Verhältnissen sind, zeigten die Schuldzuweisungen, an denen sich auch ausgerechnet Politiker wie NRWs Innenminister Jäger (SPD) beteiligten. Als wären die Attentäter von Paris nicht in seinem Bundesland frei wie Vögel herumgereist.

Der Nicht-Amts- oder Würdenträger und der Nicht-Radikale Normalo weiß seit dem 22. März, dass es um seine Sicherheit nicht gut bestellt ist. Wenn aus dem Brüsseler Vorort Molenbeek Häuserkampfszenen mit Maschinengewehrfeuer und Explosionen wie aus einem Kriegsgebiet gemeldet werden, bekommt das Wort „Parallelgesellschaft“ eine andere Bedeutung. Hier haben sich unter dem Schutz europäischen Freiheitsgeredes paramilitärische Strukturen gebildet, die die ganze Union in den Abgrund reißen werden, wenn wirklich einmal ausgefuchste Strategen und nicht durchgeknallte Allahu-akbar-Brüller hinter Angriffen stecken werden.

Das könnte schnell der Fall sein, Europas Grenzen sind weitgehend ungeschützt. Und wenn der König von Jordanien nun behauptet, Erdogan habe die Flüchtlingskrise erst ausgelöst und unterstütze den IS – beruhigend wirkt das nicht.

Was die nach den Morden von Brüssel dargebrachten offiziellen Kondolenzbekundungen zudem so schwer verdaulich macht, ist die Tatsache, dass die Betroffenheit mimenden Offiziellen durchaus ihren Schuldanteil an den Anschlägen haben. Immer wieder wurde islamistischer Terror als verabscheuungswürdige Einzeltaten kleingeredet. Terrortouristen – die meisten übrigens aus Belgien – reisten von Europa nach Syrien und in den Irak, und wieder zurück, als ginge es auf einen etwas längeren Businesstrip. Oft unbehelligt, oft unregistriert. Die Gesetze reichten und reichen offenbar nicht aus, solche Extremisten mit Mordgelüsten aus dem Verkehr zu ziehen, ebenso wenig die gesetzlichen Möglichkeiten wie auch der politische Wille, Hassprediger auszuweisen. Man hat sich in Brüssel und manchen Mitgliedsstaaten in einem Netz aus alle Straftaten bagatellisierenden Gesetzen offenbar selbst gefesselt und wehrlos gemacht – solange Täter Migranten mit muslimischen Wurzeln sind.

Als bräuchte es einen weiteren Beleg hierfür, will Bundesjustizminister Maas einen Gesetzentwurf vorlegen, der Mord mit höchstens fünf Jahren Haft bestraft, wenn der Täter etwa „durch eine schwere Beleidigung“ „gereizt“ wurde. Man darf davon ausgehen, dass sich die Mörder von Brüssel durchaus in ihrem diffusen Glauben „schwer beleidigt“ gefühlt haben dürften. Und was heißt das dann? Freigang nach 12 Monaten? Wer solche Gesetze auf den Weg bringt, der hat nicht mehr alle Latten am Zaun.

Noch prinzipiell unbeantwortet bleibt die Frage: Ist ein IS-Sympathisant, der bei der Security eines Kernkraftwerks arbeitet, ein Sicherheitsrisiko? Oder ist der, der das denkt, ein Rassist?

Margot Käßmann will „Terroristen mit Liebe und Gebeten begegnen“. Noch ist die Effizienz dieser Methode nicht nachgewiesen, aber auch nicht falsifiziert – daher hat die liebestrunkene Bischöfin eine Chance verdient. Vielleicht bei den nächsten Hausdurchsuchungen in Molenbeek und Schaerbeek?

♦ Nun haben wir ja über eine Million Fremde im Land, aber immer noch ist der hier gestrandete „Flüchtling“ ein eher unbekanntes Wesen, je nach Laune der Medien hyperqualifiziert oder zurückgeblieben, arbeitsscheu oder übermotiviert. Nun könnte eine Initiative von Andrea Nahles vielleicht bald genaueren Aufschluss geben. 100.000 Ein-Euro Jobs „sollen Flüchtlinge an den Arbeitsmarkt heranführen“. Wir werden bald erfahren, ob die Flüchtlinge Nahles-kompatible Vorstellungen von ihrer Rolle auf dem Arbeitsmarkt haben. Bevor sich Unternehmer zu früh über billige Lohnsklaven freuen: Die Ministerin wird schon ein paar bürokratische Hürden implementieren.

♦ Ein dickes Osterei bekamen Frauke Petrys Parteifreunde dieses Jahr per Bunte-Post zugestellt. In unseliger Tradition von Scharping bis Maas turtelte die „dämonische Schönheit“, wie sie ihr Lover, NRWs AfD-Chef Marcus Pretzell ehrfurchtsvoll beschrieb, lasziv durch die Klatschspalten, verteilte Küsschen und Hiebe nach rechts und links. Was wollen uns die Worte und Bilder sagen? Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben? Dabei gilt in der Politik wie im richtigen Leben: Du kannst nicht immer 17 sein, Mädchen, das kannst du nicht! Wie? – schon jetzt in der Popszene der etablierten Berufspolitik angekommen?

♦ Ein ganz lustiges Ei mit Namen „Tay“ fand Heiko Maas in seinem Nest. „Tay“ ist ein Chatbot-Programm der Firma Microsoft, das sich selbstständig mit Nutzern des Social Web unterhalten kann. Das Besondere: „Tay“ hat sich zum Rassisten und Anti-Feministen entwickelt, und findet Adolf Hitler gut – wie viel Spaß werden Heiko und seine Denunzianten bei Facebook und Co. wohl mit dem kleinen Lümmel haben?

♦ Ein weiteres Verwirrstück für unsere ohnehin schon an den Zuständen Leidenden: Bodo Ramelow, evangelischer Ministerpräsident für die kommunistische Linke in Thüringen, der aber eigentlich Wessi ist und im Februar beim Papstbesuch in Rom wohl eine Erscheinung hatte, will unbedingt 2.000 mehr Flüchtlinge in Thüringen aufnehmen. Nach solchen hätten ihn auch lokale Arbeitgeber wiederholt gefragt. Ein Drittel der Wähler der „Linke“ sehen die Migration nicht ganz so rosigrot wie Bodo, was wiederum bedeutet, dass er nach der nächsten Wahl wohl nicht mehr Ministerpräsident ist. Noch Fragen?

Der „Heiko der Woche“ geht dieses Mal an Najima el Moussaoui, die für einen WDR-Fernsehbericht die Polizei und die Stadt von Warburg als brutale Ausländerfeinde diffamierte. Die andere, schockierende, Sicht der Dinge auf „Warburg.de“.

Unterstützung
oder

Kommentare ( 24 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

24 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen