Wirtschaftliche Unfreiheit ist eine Hauptursache der Abwanderung

Eine der Lieblingsphrasen von Politikern lautet, man müsse die „Fluchtursachen bekämpfen“. Ein Blick auf den Index der wirtschaftlichen Freiheit zeigt, dass die Menschen hauptsächlich aus Ländern abwandern, die wirtschaftlich unfrei sind.

© Aminu Abubakar/AFP/Getty Images

Für Wissenschaftler wäre es einmal eine interessante Aufgabe, den Zusammenhang von weltweiten Abwanderungen und wirtschaftlicher Freiheit systematisch zu untersuchen. Für Abwanderung gibt es viele Ursachen: Politische Unterdrückung, wirtschaftliche Not, Kriege und Bürgerkriege. Aufschlussreich ist ein Blick auf den Index der wirtschaftlichen Freiheit, der seit 1995 jedes Jahr von der Heritage Foundation erstellt wird. Der Index misst die wirtschaftliche Freiheit – im Jahr 2017 wurden 180 Länder erfasst.

Wirtschaftliche Freiheit und Wohlstand

Die Wirtschaftskraft ist in den freieren Ländern größer als in den unfreien. Der Unterschied wird in Asien sehr deutlich, wo in den fünf freiesten Ländern ein Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von 54.460 Dollar erzielt wird und in den fünf unfreiesten Ländern nur eines von 8.319 Dollar. Auf dem amerikanischen Kontinent wird in den fünf freiesten Ländern ein BIP pro Kopf von über 32.000 Dollar erzielt, in den fünf unfreiesten nur eines von 12.655 Dollar. Auch in Europa und Afrika sind die Unterschiede deutlich. Nimmt man das Viertel der wirtschaftlich freiesten Länder der Welt, so erzielten diese im Schnitt ein BIP pro Kopf von 43.342 Dollar, während es bei dem Viertel der unfreiesten Länder nur 7.217 Dollar waren.

Die 20 wirtschaftlich freiesten Länder im Index von 2017

1. Hongkong
2. Singapur
3. Neuseeland
4. Schweiz
5. Australien
6. Estland
7. Kanada
8. Vereinigte Arabische Emirate
9. Irland
10. Chile
11. Taiwan
12. Großbritannien
13. Georgien
14. Luxemburg
15. Niederlande
16. Litauen
17. USA
18. Dänemark
19. Schweden
20. Lettland

Die 20 wirtschaftlich unfreiesten Länder im Index 2017

160. Ekuador
161. Liberia
162. Tschad
163. Afghanistan
164. Sudan
165. Angola
166. Ukraine
167. Suriname
168. Bolivien
169. Guinea
170. Turkmenistan
171. Dschibuti
172. Algerien
173. Timor-Leste
174. Äquatorialguinea
175. Zimbabwe
176. Eritrea
177. DR Kongo
178. Kuba
179. Venezuela
180. Nordkorea

Wer wandert ab – und aus welchen Ländern?

Wenn wir die ersten 20 mit den letzten 20 Ländern vergleichen, dann wird eines auf den ersten Blick deutlich: Niemand verlässt Länder wie Neuseeland, Großbritannien, Holland oder Schweden. Im Gegenteil: Die meisten Länder, die als „überwiegend frei“ gelten, waren die Zielländer der Wanderungsbewegungen, so etwa Deutschland (Platz 26), Österreich (Platz 30) oder Schweden (Platz 19). Kein Wunder ist auch, dass besonders die wirtschaftlich starken Länder mit zugleich stark ausgebautem Wohlfahrtsstaat Migranten anziehen.

Herausforderung des 21. Jahrhunderts
Wer den Westen bewahren will, muss Afrika retten
Nehmen wir die 20 unfreiesten Länder in den Blick, dann wird deutlich, dass aus unterschiedlichen Gründen Menschen aus vielen dieser Länder abwandern, sofern sie nicht – wie etwa in Nordkorea – mit Gewalt daran gehindert werden. Das trifft nicht nur für Länder wie den Sudan zu, in denen Bürgerkrieg herrschte, sondern auch für ein Land wie Venezuela, das mehr als eine Million wegen der katastrophalen Auswirkungen der sozialistischen Politik verließen.

Afrikas Dilemma

Trotz aller Fortschritte sind im Afrika südlich der Sahara immer noch die meisten der 48 Länder wirtschaftlich unfrei. Nur zwei dieser Länder sind überwiegend frei, sieben sind „moderat frei“, 27 sind überwiegend unfrei und 11 gehören zu den unfreiesten Ländern der Welt. Daher wird verständlich, warum die meisten Migranten aus Afrika kommen: Hier herrscht immer noch die größte wirtschaftliche Unfreiheit und daher ist auch die Not am höchsten.

Zwar hat die Not in vielen Ländern Afrikas in den vergangenen Jahrzehnten abgenommen, weil sich dort langsam freies Unternehmertum und Kapitalismus entwickeln. Leider heißt dies jedoch nicht, dass dann weniger weggehen, wie es uns Politiker weismachen wollen, die davon reden, man müsse die „Fluchtursachen beseitigen“. Die Ärmsten der Armen können ohnehin keine Schlepper bezahlen, die oft mehrere Tausend Dollar kosten. Es kommen oftmals eher gerade diejenigen, denen es Dank der verbesserten wirtschaftlichen Lage ein wenig besser geht und die genug Geld für Schlepperdienste haben. Das zeigt, wie wenig durchdacht die ständig wiederholte Politikerphrase ist, man müsse die „Fluchtursachen bekämpfen“.

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Kommentare ( 12 )

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12 Comments
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Someone
6 Jahre her

Langsam ist es mir egal, wieso, weshalb, warum…!

Stoppt diesen Irrsinn!

Nachfolgend kleines polemisches Video zum Thema. Bezogen auf die USA tatsächlich Hetze wenn man so will, denn die billigen Migranten dort werden wie Sklaven als billige Arbeitskräfte mißbraucht! – Nur wenn man dieses Video auf Europa, speziell auf jene Länder mit Sozialstaat anwendet, „dann wird ein Schuh daraus…“: https://youtu.be/Ouy0LKuML3o

Herbert Wolkenspalter
6 Jahre her

Genau diese eindimensionale Antwort bzw. der Grundtenor, auf dem ausgiebig herumgeklopft wurde, war der Grund, warum ich den Artikel kommentierte.

Dabei ist die Aussage selber erst mal spekulativ und im übrigen nicht überzeugend begründet. Weil es eine ganze Reihe verschiedener „Flucht“-Motive gibt, die bei der Betrachtung keine Rolle spielten. Der Artikel war ideologisch-populistisch getriebener Singsang auf die Freiheit bei eingeschränktem Denkkreis und damit unfrei im Kopf.

Milan
6 Jahre her

Wirtschaftliche Unfreiheit als eine Hauptursache der Abwanderung? Das überzeugt mich wenig, vor allem weil der Autor die mächtigen Pull-Faktoren fast vollständig unberücksichtigt lässt. Aber auch aus anderen Gründen:• Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Freiheit in afrikanischen Ländern hätte ich gerne Kriterien und Beispiele. Aber auch ohne diese zu kennen wage ich die Behauptung: Die wirtschaftliche Not in Afrika ist vor allem der exorbitant hohen Geburtenrate wegen so groß.• Wo sich Kapitalismus entwickelt, muss es nicht notwendigerweise der Masse der Menschen gutgehen. Denn im Kapitalismus ist mit Ausbeutung schnell am meisten verdient. Der Autor räumt ja selbst ein: „Leider heißt dies… Mehr

Matthias Losert
6 Jahre her

Wirtschaftliche Unfreiheit? – Als ich in München war nahm ein Arbeitskollege seine Frau mit in ein BMW-Werk. Sie kam aus Afrika und war erstaunt, dass sich Menschen so eine Unfreiheit antun.

ZurückzurVernunft
6 Jahre her

Wirtschaftliche Freiheit ist ein notwendiges Kriterium, aber bei Weitem nicht hinreichend. „Die Freiheit ist kein Lieferant, der ums die Güter des Lebens ins Haus zustellt. Freiheit und Demokratie schaffen nichts- auch nicht ein Wirtschaftswunder. Es ist falsch und überaus gefährlich, die Freiheit dadurch anzupreisen, dass man den Menschen erzählt, es werde Ihnen sicher gut gehen, wenn sie nur erst frei sind.“ (Karl Popper) Meines Erachtens hat genau die Illusion, dass Freiheit und Demokratie ein Synonym für Wohlstand sind, den arabischen Frühling zur Explosion gebracht. Und auch bei uns glaubt wohl mittlerweile die Mehrzahl, dass es ein Natutgesetz gibt, welches lautet:… Mehr

Illusionslos
6 Jahre her

Da DE nicht zu den ersten 20 wirtschaftlich freien Ländern gehört, nehme ich an, dass wir kräftig daran arbeiten, bald in die zweite Gruppe abzudriften ? Beispiel : Zitat Ministerin Hendricks SPD ( Welt) : „Wenn Bürger ganz sicher sein wollen, dass sie eines Tages nicht von (Diesel) Fahrverboten betroffen werden- wenn Gerichte dies einmal beschliessen- dann müssten sie ein Fahrzeug kaufen ,dass nach der Euro 6d-Norm zugelassen ist .“ Frau Hendricks vergaß zu erwähnen, dass es diese Fahrzeuge noch gar nicht zu kaufen gibt. Was Bürger zwischenzeitlich machen sollen, wenn sie beruflich mobil sein müssen, sagt sie auch nicht.… Mehr

Herbert Wolkenspalter
6 Jahre her

Wie groß muss eine Binsenweisheit sein, um sie nicht in einer Publikation durchzukneten? Was könnte mehr zu Flucht veranlassen als Unfreiheit? Das Gegenteil von Freiheit ist das Gefängnis. Natürlich geht es auch um wirtschaftliches Auskommen. Aber das ist ein anderes Paar Stiefel. Die Leute kommen nicht nach Deutschland, weil es hier besonders frei wäre, sondern weil sie Vollversorgung bekommen. Unfrei ist man auch in Italien oder Portugal nicht – auch die Wirtschaft ist es dort nicht. Im übrigen ist Freiheit nicht die Ursache für wirtschaftlichen Erfolg. Er kommt von Bildung, Fleiß, von Spezialisierung, Arbeitsteiligkeit und daraufhin geformte Synergie durch Organisation.… Mehr

treu
6 Jahre her

Völlig richtig und auf den Punkt! Die besten Köpfe aus armen Länder gehen in die Länder, in denen sie am besten verdienen. Und die Ungebildeten gehen in die Länder, in denen sie am einfachsten am meisten für praktisch keine Gegenleistung und trotz fehlender Bildung und Ausbildung bekommen. So einfach funktioniert das. Und nur deshalb ist Deutschland das Reiseziel der letzteren Gruppe und nicht wesentlich freiere Staaten. Man braucht da nun wahrlich nicht mit Phrasen wie „Freiheit“, „Selbstverwirklichung“ etc. kommen. Wie sagte Brecht treffend: „Das Fressen kommt vor der Moral“!

Thomas Erzberger
6 Jahre her

Was immer übersehen wird, wenn es um die wirtschaftl. Not Afrikas geht, ist, dass diese Not nur relativ zu uns, d.h. dem Westen existiert, nicht aber in Bezug auf die Vorfahren der Afrikaner. Vergleicht man den Lebensstandard der heutigen Afrikaner mit dem ihrer Eltern und Grosselterngeneration, gibt es auch in diesem Teil der Welt erfreuliche Fortschritte, welche, nebenbei bemerkt, auch auf den technisch-wirtschaftlichen Fortschritt des Westens zurückzuführen sind. Unter dem Strich hat also auch Afrika durch den Kontakt mit der westlichen Welt profitiert und NUR das sollte zählen, bzw. als Gegenargument dienen, wenn von links mal wieder die europ. Kolonialgeschichte… Mehr

Peter Gramm
6 Jahre her

woher kommt die wirtschaftliche Unfreiheit? Es ist die Tatsache das sich die wirtschaftlichen Resourcen in Händen krimineller Kleptokraten und korrupter Politiker befinden mit denen unsere Politiker wiederum Verträge welcher Art auch immer abschließen um an de begehrten Rohstoffe zu kommen. Mit „unsere“ meine ich selbstverständlich die Elite der europäischen Politiker. Derart kriminelle Geschäfte müßten untersagt werden. Wer will dies aber schon. Dazu sind uns Coltan, Uran und andere Rohstoffe doch zu wichtig. Das Elend in diesen Ländern wird mit schöner Regelmäßigleit in Sonntagsreden beklagt, dass war’s dann aber auch. Nur wenn die Potentaten in diesen Ländern nicht so mitspielen wie… Mehr

Rainer Zitelmann
6 Jahre her
Antworten an  Peter Gramm

Dass immer und ausschließlich die kapitalistischen Länder des Westens an allem schuld sind, so auch an den diktatorischen und korrupten Regierungen in Afrika, darf ich als selbstverständlich bekannt bei allen aufgeklärten Menschen voraussetzen. Im Ernst: Sie haben insofern Recht, als ein Großteil der Entwicklungshilfe des Westens mit Schuld ist an den Problemen. Dazu empfehle ich Dambia Moyo, Dead Aid und William Easterly, Wir retten die Welt zu Tode. lg zt

Peter Gramm
6 Jahre her
Antworten an  Rainer Zitelmann

Sehr geehrter Herr Zitelmann, da haben Sie mich aber falsch verstanden. Unsere Politiker hätten es in der Hand Verträge so zu gestalten dass nicht nur korrupte Politiker und krminelle Potentaten davon profitieren. Von der zwielichtigen Rolle der Institute und Organisationen die diesen Potentaten bei der Verwahrung ihrer Raubzüge helfen mal ganz zu schweigen. Stichwort Panama, Schweiz, Delaware, Kanalinseln u.a.m.. Genau dies ist unsere Mitschuld. Auch die Entwicklungshilfe fließt in die falschen Taschen. Es läge schon an uns die Finanzströme und das Ergebnis aus diesen Investitionen besser zu kontrollieren. Das Elend hinterher zu beklagen ist zu wenig. Den Schuh müssen wir… Mehr