Donald Trumps „The One Big Beautiful Bill“ arbeitet sich durch die parlamentarischen Kanäle vor. Was nach rot-grüner Kindpolitiker-Prosa klingt, könnte das Comeback der Vereinigten Staaten als „Land of the Free“ anstoßen.

Ein Bekenntnis vorweg: Ich bin ein traditionsbewusster Mensch und schätze die professionelle Langeweile, wenn es um politische Fragen geht. Ich habe mich immer daran gestört, wenn Politiker nach getaner Arbeit ihrer Freude kindlichen Ausdruck verleihen und neuen Gesetzen Namen geben wie: “Gute-KITA-Gesetz“ oder wie im Falle des nicht minder famosen “Gute-Arbeitsschutz-Gesetzes“. Dieser Infantilismus entzieht sich beinahe schon dem Bereich zynischer Paraphrasierung. Es vermittelt das Gefühl, sich über Kinder lustig zu machen.
Zurück bleiben ein übler Nachgeschmack und die resignierte Frage nach der Verwendung unserer Steuergelder. Es ist allerdings wiederum unnötig zur guten preußischen Tradition phonetisch-ästhetischer Schlachtfeste zurückzukehren.
Gesetzesnamen wie ‚Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz‘ oder die illustre (und wohl niemals zitierte) “Grundstücksverkehrsgenehmigungszuständigkeitsübertragungsverordnung“ gewähren einen flüchtigen Blick in den tiefen Brunnen deutschen Bürokratismus.
Vielleicht findet sich ja eine pragmatische Lösung darin, Gesetze schlicht und einfach zu nummerieren und ihnen auf diese Weise wenigstens eine arithmetische Würde zurückzugeben, wenn schon der Inhalt zahlreicher gesetzgeberischer Fehlleistungen im Ergebnis nichts anderes hervorbringt, als dem mündigen Bürger durch Regulierungen und invasive Dreistigkeit die Rote Karte zu zeigen.
Ist Trump ein Grüner?
Dass nun ausgerechnet Donald Trump mit seinem großangelegten Steuerpaket dem kindlichen Politikeridiom verfällt, ist zwar nicht neu, wirkt aber dennoch an dieser Stelle angesichts der Bedeutung des Projekts zumindest eigentümlich. Frei ins Deutsche übersetzt, würde man das Gesetzeswerk wahrscheinlich als „das eine, große, wunderschöne Gesetz“ (The One Big, Beautiful Bill) bezeichnen – man fühlt sich unwillkürlich auf ein Elba schriller Politiker-Kakophonie exiliert.
Das klingt nicht mehr nach MAGA, sondern eher nach einem Treffen der Arbeitsgruppe Ökologie und Wirtschaft am Rande eines Parteitags der Grünen. Es ist einem dabei nach Trampolinspringen mit der ehemaligen Bundesaußenministerin zumute.
Dennoch bin ich bereit, dem US-Präsidenten zu verzeihen, dass er mich in diese Waschmaschine schlechter Gefühle versetzt hat. Denn auf das Schleudertrauma folgt eine erste Einsicht: Hinter dem burlesken Sound des Gesetzesnamens verbirgt sich ein Paradigmenwechsel. Möglicherweise erleben wir eine fundamentale Neujustierung der Machtverhältnisse zwischen Staat und Bürger. In den USA, versteht sich. In Europa herrscht weiterhin der Geist des Brüsseler Neo-Feudalismus, keine Bange!
Die geplanten Steuersenkungen, vor allem die Reduktion der Unternehmenssteuer auf 15 Prozent und der Ausstieg aus dem Mindeststeuerabkommen sollte Freiheitsfreunden diebische Freude bereiten. Beide Maßnahmen üben angesichts der wachsenden Kapitalflucht massiven Druck auf die Etatisten in Brüssel, Berlin und Paris aus. Zudem gilt noch immer die eiserne Regel: Jede Steuersenkung ist eine gute Steuersenkung! Dessen eingedenk, ist es der richtige Weg, dem fiskalischen Raubzug eine Grenze zu setzen und flankierend Ausgabenkürzungen zu beschließen, um den Weg in eine Gesellschaft souveräner und unabhängiger Bürger zu ebnen.
Angriff auf das Establishment
Vieles steht in diesen Tagen für Trump auf dem Spiel, da das Gesetz vor den abschließenden Verhandlungen des Kongresses noch in der Schwebe hängt. Bereits während der Abstimmungen im Repräsentantenhaus votierten einige Republikaner gegen die Reform. Sie ahnen, dass sich im Schatten der Steuerentlastung Ungemach für politische Erbhöfe, die Finanzierung von NGOs und anderen Vorfeldorganisationen des Parteiensystems ankündigt. Es wird der Regierung leicht fallen, die nächste Haushaltskrise medial zu ihren Gunsten zu nutzen, nachdem sie den Steuerzahler auf ihre Seite gebracht hat, um massive Budgetkürzungen zu exekutieren. Das Effizienzteam von DOGE (Department of Government Efficiency) hat die morschen Stellen des Baums identifiziert, bei nächster Gelegenheit wird er gefällt!
Trumps Steuergesetz ist ein umfassendes Paket, das zahlreiche Abgaben senken und Regulierungen eliminieren wird. Es ist der Versuch, eine neue Anreizstruktur in Gesetzesform zu gießen. Leistung soll sich wieder lohnen, dem invasiven Staatsapparat eine klar sichtbare Grenze gesetzt werden. Motivation, unternehmerischer Mut und Kreativität sollen Früchte tragen, ohne dass hinter der Bürotür oder am Werksausgang bereits der Steuereintreiber lauert. Trump will der ewigen Wegelagerei des gefräßigen Hyperstaats ein Ende setzen. Zudem sollen die Steuersenkungen aus Trumps erster Präsidentschaft bestätigt und der Kinderfreibetrag deutlich angehoben werden.
Dass auch die Freibeträge im Bereich der Erbschafts- und Schenkungssteuer steigen werden, ist ein wichtiger Hinweis für die Freunde der Freiheit: Staaten, die mehrfach besteuertes Privatvermögen ihrer Bürger im Falle der Übertragung antasten, handeln unethisch und beschädigen das intergenerative Band, das Familien zu stabilen Immunsphären souveräner Bürger zusammenschweißt. Kapitalbildung muss sich im privaten, familalen Umfeld vollziehen, wenn sie sich in Prosperität und soziale Wohltaten übersetzen soll.
Minimalstaat als Ideal
In den USA scheint man sich dieser Weisheit zu erinnern. Bis zu seiner großen Wende im Jahr 1913 vertrauten die Amerikaner ihrem Freiheitsinstinkt. Sie hielten den Staat und seine Organe in Schach (Verbot der Besteuerung des Einkommens) und bewahrten sich die sakrosankte Sphäre des Privaten. Präsident Woodrow Wilson brachte die Wende. Er nutzte die Nachwehen der Finanzpanik des Jahres 1907, etablierte im schicksalsträchtigen Jahr 1913 eine progressive Einkommensteuer und legte das Fundament für die 20 Jahre später unter Roosevelt vollendete Sozialreform. Es war auch das Jahr der Gründung der Federal Reserve. Kurz gesagt: die Europäisierung der Vereinigten Staaten nahm Form an.
Die fiskalische Konvergenz diesseits und jenseits des Atlantiks lässt sich in Zahlen ermessen: Sowohl die Staatsquote der USA, die bei etwa 38 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angelangt ist, als auch die Abgabenquote eines Durchschnittsverdieners von 30 Prozent nähern sich europäischen Standards. Im Bereich der Staatsverschuldung ist die Europäisierung bereits vollzogen: Fiskalisch bilden die französische Riviera und das kalifornische Big Sur eine harmonische Küstenlinie, vor der sich ein Schulden-Tsunami zusammenzieht.
Schubumkehr im Staatstriebwerk
Trumps Beautiful Bill ist keine trockene Anpassung des Steuerrechts, bei der die Politik an einigen kleinen Stellschräubchen dreht, ohne dabei Substantielles zu verändern und die fiskalische Basis des Staates von Einschnitten auszusparen. Mit dem Gesetzespaket stemmt sich Trump gegen die schleichende Europäisierung seines Landes – gegen die Ausweitung des NGO-Einflusses, die Machtzunahme staatlicher Behörden und den interventionistischen Geist des Green Deals. Trumps spannungsgeladene Haltung gegenüber der Europäischen Union wird nachvollziehbar, wenn man den grundlegenden Gegensatz begreift: zwischen dem europäischen Zentralismus auf der einen Seite und dem in den USA wieder erstarkenden Geist freier Märkte, eines schlanken Staates und individueller Eigenverantwortung auf der anderen.
Ignorieren wir an dieser Stelle die bizarre Namensgebung des Gesetzespakets und versuchen, seinen Impakt in einem weiteren Kontext zu verstehen. Gelingt es der US-Regierung, das Gesetz, in seinem Wesen unverwässert, in den kommenden Wochen auch über die letzte Hürde des Kongresses zu hieven, initiierte sie eine Schubumkehr im Triebwerk des seit Jahrzehnten in gefährliche Höhen aufsteigenden Staatsapparats. Mit einem Schlag erhielte der private Sektor Zugriff auf zwei Prozent, oder 500 Milliarden US-Dollar, des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts.
Amalgamieren sich Teile dieser vom Bürokratismus freigesetzten ökonomischen Energie mit dem wachsenden Zustrom ausländischen Kapitals, wird sich Trumps Steuersenkung in der noch immer relativ offenen und äußerst wettbewerbsintensiven US-Ökonomie in einen Investitionsboom übersetzen. Zentralplanern, EU-Politikern und Interventionisten vom Schlag eines Friedrich Merz sind Überlegungen dieser Art suspekt. Ihr ökonomisches Weltbild ist durchdrungen von einem Staatspaternalismus, der Adam Smiths „Invisible Hand“ als zivilisatorischen Fehlgriff auslegt und im regulierenden Hyperstaat den gesellschaftlichen Gipfel vermutet.
Trump stellt dem europäischen Vulgär-Hegelianismus eine Art Straßen-Hayekianismus entgegen. Dass er dabei in den Slang rot-grüner Infantil-Hegelianer verfällt, kann nicht von der Bedeutung dieser These und ihrer ökonomischen Implikationen ablenken.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Vielleicht hätten Sie den Inhalt des Gesetzes mal kurz erklären können. Schade
Merz kann bei seinem Besuch bei Trump am Donnerstag nur froh sein das er das was die deutsche Lügenpresse über Trump schreibt nicht abkriegt. Sonst geht es ihm wie Selensky.
Sind es nur Steuersätze, an denen gedreht wird oder ändert sich auch strukturell was im Hinblick auf Steuervereinfachung? Ich hätte es begrüßt, wenn der Artikel neben einer vielleicht verdienten Lobhudelei auch auf die spezifischen Inhalte der Big Bill eingegangen wäre. Zahlen, Daten, Fakten.
Lesen Sie unter White House: https://www.whitehouse.gov/?s=big+beautiful+bill
Hr. Kolbe, Sie schreiben ja an mehreren Fronten und wenn Ihr Name auftaucht bin ich sofort Feuer und Flamme. In diesem Artikel wäre es schön gewesen, wenn Sie die Kritik von Musk widerlegt oder darauf eingegangen wären. Danke.
Vielleicht hat die ja gar nicht stattgefunden und wurde nur in den msm kolportiert? Hier die PK zum Abschied von Elon Musk von DOGE: https://www.youtube.com/watch?v=dAv3PaMnme8&ab_channel=TheWhiteHouse
Ich hoffe doch sehr, dass Trump am Donnerstag ein paar Merz Spezialdragees parat hat und diesem schmerzhaft einführt. Den Weg zum Hinterausgang wird er wohl finden. Er kann ja den lieben Wolodymir fragen, der kennt ihn schon.
Schön wär’s auch, wenn er ihn erstmal eine halbe Stunde im Antichambre warten ließe wie weiland Merkel . . .
Wolodomir meint, jetzt im Besitz von „the cards“ zu sein. Wenn er sich da mal nur nicht irrt. Tja. https://x.com/visegrad24/status/1929248903670452390
Gut recherchiert und geschrieben.
Trump ist Stratege und ein guter Verkäufer, was wir über unsere Massenmedien leider nicht erfahren. Wer weniger Staat will, braucht eine Agenda von wenigstens 30 Jahren, um den Filz des Beamtenapparates loszuwerden. Denn diese Leute werden nicht klein beigeben und ihr Versorgungssystem schützen. Bei einer Staatsquote von rund 50 % dürfte das in Deutschland auch nicht mehr gelingen, weil es schon Sozialismus bedeutet und der kann nicht weg gewählt werden, weil sich eben 50 % der Wähler ins eigene Knie schießen würden. Geschichtlich bewiesen ist jedoch, dass sozialistische Gesellschaftssystem nicht überlebensfähig sind und am Ende zusammenbrechen. Technologisch, geistig und kulturell,… Mehr
Sie haben um die 50 Zeilen gebraucht, nur um zu erklären, wie Sie es mit Trump haben.
Der Deutsche und sein steter Drang, sich zu rechtfertigen. Dieser Drang zeigt an, daß wir noch einen weiten Weg vor uns haben, denn er ist das erste, was über Bord geworfen werden muß.
Die Abgabenquote in den USA ist stark vom Bundesstaat abhängig. Es mag im Durchschnitt bei 30% liegen und in Bundesstaaten wie Kalifornien und New York ist die Steuer sehr hoch hingegen in Texas und Montana gibt’s keine Einkommenssteuer außer der Bundessteuer die bei ca. 5-15% liegt.
Was überhaupt nicht zu vergleichen ist sind die Gehälter. Da haben die USA über 25% Anstieg in den vergangenen 10 Jahren. Nur noch 4 Länder auf der Welt haben höhere Durchschnittslöhne Lichtenstein, die Schweiz, Luxemburg und Island. Die USA werden in absehbarer Zeit wohl auch Luxemburg und Island überholen.
Ja – das wird gerne unterschlagen. Man drischt auf die gestiegenen Preise in den USA ein – und diese sind auch idT deutlich höher als noch vor 15 Jahren – ignoriert aber völlig, dass auch die Gehälter in den USA in derselben Zeit massiv angestiegen sind. Bei uns dagegen sind die Preise auch massiv angestiegen, nur die Gehälter haben keine vergleichbaren Sprünge gemacht.
Allerdings braucht es auch hohe Nettogehältee bei den hohen Lebenshaltungskosten, z. B. eine halbe Bier für $ 10, eine Pizza für $ 25, von den Mieten wollen wir erst gar nicht reden. Das sollte man dabei nicht vergessen. Aber das ist dann ähnlich wie in der Schweiz ein anderes Staatsmodell, wo die Steuern ebenfalls gering sind, die Nettolöhne hoch sind, dafür aber die Lebenshaltungskosten ebenfalls hoch sind. Kurz weniger Staat, mehr Privatautonomie. Deutschland der krasse Gegensatz: Ein Wohlfahrtsstaat (rede bewusst nicht mehr von Sozialstaat, da sind wir schon längst darüber hinweg) mit einem Staatsanleihen von über 50% und dem entsprechend… Mehr
Bevor wir alle aus Neid erblassen: der Segen der niedrigeren Steuern ist auch hierzulande zu haben! Einfach die AfD mit ihrer programmatischen Steuerbremse wählen.