Rumänischer Wahlfavorit Georgescu von Polizei festgenommen und nach Vernehmung wieder freigelassen

Der rumänische Präsidentschaftskandidat Călin Georgescu sieht sich mit Anschuldigungen von Extremismus bis Wahlbetrug konfrontiert. Während er in den Umfragen weiter führt, eskaliert die Justiz – Kritiker sprechen von politischer Säuberung. Nach fast fünf Stunden Vernehmung wurde Georgescu aus der Haft entlassen.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Alexandru Dobre

Der Spitzenkandidat bei den rumänischen Präsidentschaftswahlen, Călin Georgescu, wurde von der Polizei zum Verhör vorgeladen. Ihm wird vorgeworfen, eine faschistische Organisation gegründet, die verfassungsmäßige Ordnung bedroht und gegen die Vorschriften zur Wahlkampffinanzierung verstoßen zu haben, so Justizquellen gegenüber rumänischen Medien. Zuvor, am 26. Februar, hatte die Polizei bei mehreren Personen, die mit Georgescu in Verbindung stehen, Razzien durchgeführt. Sie werden verdächtigt, eine faschistische, rassistische und fremdenfeindliche Organisation initiiert oder gegründet zu haben und sich einer solchen Gruppe angeschlossen oder sie unterstützt zu haben.

Venedig-Kommission
Juristisches Gremium des Europarats kritisiert Annullierung rumänischer Wahl
Ihnen wurde außerdem vorgeworfen, „öffentlich den Kult von Personen zu fördern, die sich des Völkermordes oder von Kriegsverbrechen schuldig gemacht haben“. Bei insgesamt 47 Durchsuchungen nahm die Polizei dabei 27 Personen und vier Büros ins Visier.

Ausländische Einmischung oder Verbindungen zu Russland gehörten – vielleicht überraschend angesichts der Behauptungen, die zur Annullierung der ersten Runde der rumänischen Präsidentschaftswahlen führten – nicht zu den neuen Anschuldigungen.

An den Durchsuchungen waren Beamte der Direktion für kriminalpolizeiliche Ermittlungen, der Direktion für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, der Direktion für Waffen, Sprengstoffe und gefährliche Stoffe, der Direktion für die Untersuchung von Wirtschaftskriminalität sowie der Bukarester Polizei beteiligt.

In der Wohnung von Horatiu Potra, dem Leibwächter von Georgescu, fand die Polizei angeblich einen versteckten Tresor mit Bargeld in Höhe von rund 1 Million Dollar (950.000 Euro) sowie Waffen und Munition. Potra ist ein ehemaliges Mitglied der französischen Fremdenlegion und hatte zuvor als Militärausbilder und Söldner in Afrika gedient. Nach Angaben der rumänischen Nachrichtenagentur Digi 24 solle Potra angeblich enge Beziehungen zu den Machtzirkeln in Moskau unterhalten. Auch sein Partner soll Verbindungen zu tschetschenischen Soldaten gehabt haben. Potra soll sich zum Zeitpunkt der Razzien nicht in Rumänien aufgehalten haben, sondern im Ausland unterwegs gewesen sein.

Beim CPAC
US-Vizepräsident Vance kritisiert Annullierung der Wahlen in Rumänien als Gefahr für westliche Werte
Georgescus Kommunikationsteam erklärte, Georgescu habe sich darauf vorbereitet, seine Kandidatur für die neuen Präsidentschaftswahlen einzureichen, als er von der Polizei festgenommen wurde. „Wo ist die Demokratie jetzt, wo sind die Partner, die die Demokratie verteidigen sollten“, sagten sie nach seiner Verhaftung.

Nach Bekanntwerden der Nachricht versammelte sich eine Gruppe von Anhängern Georgescus bei der Staatsanwaltschaft, um gegen die Vorfälle zu protestieren. George Simion, Vorsitzender der rechten AUR-Partei und Unterstützer von Georgescus Kandidatur, erklärte auf TikTok, die Verhaftung sei „ein Missbrauch des totalitären Staates“.

Später am 26. Februar berichteten rumänische Medien, dass die Staatsanwaltschaft Beweise für „kompromittierende“ Gespräche und Aufnahmen mit Georgescu gefunden habe. Dabei soll es sich um ein Telefongespräch mit Marian Motocu gehandelt haben, gegen den wegen angeblichen Hasses, Antisemitismus und Holocaust-Leugnung ermittelt werde. Nach dem Gespräch mit Georgescu rief Motocu angeblich die russische Botschaft an und bat um Kontaktaufnahme mit Oberst Evgheni Ignatiev, dem stellvertretenden Militärattaché der russischen Botschaft in Bukarest und Berichten zufolge ein GRU-Offizier: Russlands militärischer Geheimdienst, der für seine geheimen Aktivitäten in Europa bekannt ist.

Berichten zufolge hatte er Schwierigkeiten, mit der Telefonistin in der Botschaft zu sprechen, und wurde in die Warteschleife gelegt, woraufhin sein Anruf abgebrochen wurde. Bei den rumänischen Präsidentschaftswahlen 2024 gewann der rechtsnationale Georgescu am 24. November unerwartet die erste Runde mit 22,94 Prozent der Stimmen, ein Ergebnis, das durch eine TikTok-Kampagne begünstigt worden sein soll.

In einem beispiellosen und hochumstrittenen Schritt erklärte das rumänische Verfassungsgericht am 6. Dezember die Ergebnisse für ungültig und begründete dies mit einer angeblichen russischen Einmischung zugunsten von Georgescu, obwohl die Beweise angefochten wurden. Für Mai 2025 wurden Neuwahlen angesetzt, wobei die Kandidatur von Georgescu ungewiss blieb.

Jüngste Umfragen zeigen, dass Georgescu deutlich in Führung liegt, was ein Vorgehen gegen ihn potenziell problematisch macht. Anfang Februar hatte US-Vizepräsident JD Vance die Entscheidung Rumäniens kritisiert, die Wahlen Ende letzten Jahres abzusagen. „Freundschaft basiert auf gemeinsamen Werten“, erklärte Vance auf der jährlichen Conservative Political Action Conference (CPAC) in Washington am 20. Februar. „Man hat keine gemeinsamen Werte, wenn man Wahlen absagt, weil einem das Ergebnis nicht gefällt – und das ist in Rumänien passiert.“


Dieser übersetzte Beitrag ist zuerst bei Brussels Signal erschienen.

Update – exxtra24.at meldet um 5:15 Uhr: Calin Georgescu wurde bereits wieder enthaftet – vor dem Gebäude, in dem der Politiker einvernommen worden war, versammelten sich tausende Rumänen und forderten seine Freilassung. Nach fast fünf Stunden Vernehmung wurde Călin Georgescu auf den Stufen der Generalstaatsanwaltschaft von seiner Ehefrau und Unterstützern empfangen.

„Nichts überrascht mich mehr. Es erinnert mich an die Mentalität und das kommunistische System der 1950er Jahre. Es gibt also keinen Unterschied. Wir gehen weiter. Mit Sicherheit sind wir, das Volk, diese Macht, wir sind die Energie, wir sind Rumänien. Wir werden unter keinen Umständen auf die Knie gehen. Die Dinge überraschen mich nicht, wie gesagt, und wir werden unseren Kampf für die Freiheit fortsetzen. Sicherlich werde ich erneut kandidieren“, sagte Georgescu unter dem Applaus der Menschen.

Călin Georgescu steht allerdings seit seiner Freilassung unter richterlicher Aufsicht, darf sich also nicht frei bewegen.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 28 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

28 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Entenhuegel
15 Tage her

Das ist EU 2025: Totalitarismus und Willkür gegen jede Form zivilen und politischen Widerstandes!

hoho
16 Tage her

Selbst wenn er etwas falsches getan hätte, kann man den Behörden nach dem Theater letztes Jahr nicht mehr glauben.
„Unsere-Demokratie“ an der Arbeit.

Last edited 16 Tage her by hoho
chloegrace1312
16 Tage her

Und da wundern sich einige, dass die AfD fordert: Raus aus der EU. Nur 35 Jahre nach dem Fall der Mauer und dem Zerfall des sozialistischen Ostblocks sind wir wieder genau am gleichen Punkt angekommen. Die EU wird gerade in ein autoritäres, totalitäres Monstrum verwandelt.

Unglaeubiger
16 Tage her

Wäre der korrupte Sumpf der EU erst ausgetrocknet, wären unsere Politkasper wieder kleiner und handsamer, da ihnen niemand mehr ihre versifften Patschhändchen halten, geschweige denn füllen würde. Der Fisch stinkt vom Kopf – siehe vdL, zwar klein und zierlich, aber charakterlich schwerer verfault als ein Wal Gewicht auf eine Waage bringt. Die stinkenden Köpfe der EU gehörten massiv bekämpft, die Menschlein haben immer noch keinen Blick darauf, sie lassen es immer noch laufen, bis es zu spät ist. Die faschistisch sozialitische – Diktatur hat die Hand schon seit einiger Zeit, nicht winkend, sondern drohend, erhoben.

Skeptiker
16 Tage her

GANZ soweit sind wir vieleicht noch nicht. Aber wer weiss?

ketzerlehrling
17 Tage her

Offenbar sind die Sozialisten nirgendwo wirklich verschwunden.

tiptoppinguin
17 Tage her

Ich hatte oft das Gefühl, daß die DDR die Bundesrepublik übernommen hat. Ich habe mich getäuscht. Die DDR hat sogar EU-Europa übernommen und führt den Warschauer Pakt weiter, nachdem Russland keine Lust mehr auf Unterdrückung, Zensur und planwirtschaftliche Wirtschaftszerstörung hatte.

Kampfkater1969
16 Tage her
Antworten an  tiptoppinguin

Haben Sie ernsthaft geglaubt, die STASI und deren Befürworter hätten sich in Luft aufgelöst. Das, was wir an IM gesehen haben, waren doch nur kleine Fische, die niemand braucht. Nein, die sitzen weiter in den Sätteln und haben weiter massive Geldquellen im Hintergrund.

Robert Tiel
16 Tage her
Antworten an  tiptoppinguin

Es war die Kandesbunzlerin, die Ursula in die EU gehievt hat.
Passt scho.

Teiresias
17 Tage her

Rumänien scheint ein Testlauf zu sein, ob und wie man mit sowas durchkommt.
Was heute in Rumänien geht, geht morgen auch bei uns.
Die EUdSSR entpuppt sich zum neuen Völkergefängnis.

Rolfo
17 Tage her

Wo ist die EU, wo ist Brüssel, wo sind die demokratischen Kräfte in Rumänien, wo ist der Aufschrei der deutschen Alt- oder Neuregierung, wo sind überhaupt die ganzen vermoosten Altparteien nach den Vorgängen in Rumänien, wo ist Angela Merkel, ich höre keinen Aufschrei, keine Empörung.
Freunde, hier wird gerade der letzte Kredit verspielt.

Last edited 17 Tage her by Rolfo
A.G.
17 Tage her

Die fortschreitende Aushöhlung der Demokratie in der EU und die Sicht von außen Der Abbau der Demokratie in den Ländern der EU scheint sich mit den Bundestagswahlen und den Vorfällen in Rumänien erheblich zu beschleunigen. Ex-EU-Kommissar Breton und Deutschlands Präsident Steinmeier haben es offenbar „geahnt“. Die Lust auf Krieg nimmt hingegen zu. Bei der Wahl des deutschen Bundestages vom vorigen Sonntag werden die Fragezeichen immer dicker. Warum haben es die Wahlbehörde und das deutsche Au0ßenministerium nicht geschafft den nicht in Deutschland lebenden Staatsbürgern die Teilnahme an der Wahl zu ermöglichen? Das Versagen oder die absichtliche Sabotage hat Prof. Werner Müller… Mehr

PaulKehl
16 Tage her
Antworten an  A.G.

Deshalb auch das spannende Spiel mit der fünf-Prozenthürde bei BSW und FDP. Auch kann man mit dem Begriff „Verdoppelung“ bei der AFD verbergen, daß sie wahrscheinlich noch mehr Stimmen erzielt hat.

hoho
16 Tage her
Antworten an  A.G.

Hätte Rumänien like Ukraine vorgesorgt, würde es diese Probleme nicht geben. In Ukraine sind weder die Opposition noch die problematische Medien zugelassen. Die Anführer der Opposition kann man auch an die Frontlinie schicken. Da haben die rumänische Behörden noch viel zu lernen.