Krieg zwischen Israel und Iran: Eine Bewährungsprobe für Trump in Nahost

Israel will sowohl die Bedrohung durch Atomwaffen als auch durch ballistische Raketen im Iran abwehren. Dabei ist Tel Aviv letztlich auf USA angewiesen.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Mark Schiefelbein

Seit Freitag hat sich der militärische Konflikt zwischen Israel und dem Iran zu einem Krieg ausgeweitet – zum ersten Mal seit Beginn ihrer Erzfeindschaft vor mehr als 45 Jahren. Seither überziehen sich Israel und der Iran mit schweren Angriffen. Seit den frühen Morgenstunden des 13. Juni hat Israel Hunderte Luftangriffe geflogen. Der Iran reagierte mit Salven ballistischer Raketen und Drohnen, von denen Dutzende die israelischen Verteidigungssysteme durchdrangen. Iran meldet seit Beginn der israelischen Angriffe mehr als 220 Tote und mindestens 1200 Verletzte. Seit Freitag sind laut israelischen Angaben 14 Menschen durch iranische Angriffe getötet worden. Weitere 390 Menschen seien verletzt worden, schreibt die Nachrichtenagentur AP.

Tel Aviv erklärte am Wochenende, dass es inzwischen die Luftüberlegenheit vom Westen des Iran bis nach Teheran erlangt hätte. Israel will sowohl die Bedrohung durch Atomwaffen als auch durch ballistische Raketen im Iran abwehren. Laut israelischer Regierungsvertreter werden mindestens zwei Wochen benötigt, um Irans Atom- und Raketenkapazitäten zu schwächen.

Der Raketen- und Luftkrieg, auf den Israel und der Iran jahrzehntelang zugesteuert sind, ist nun ausgebrochen – und er ist spektakulär und furchterregend. Die Frage ist, wie lange Teheran seine Vergeltungsschläge fortsetzen könnte. Nach israelischen Angaben verfügt der Iran über etwa 2.000 ballistische Raketen mit einer Reichweite, die Israel treffen könnte. Davon seien bisher schätzungsweise mehr als 200 verschossen worden. Die Zahl der Raketenarsenale könnte auch dadurch sinken, dass Israel derzeit sowohl unterirdische Raketenbasen als auch mobile Startrampen im Iran angreift. Jenseits des bestehenden Arsenals ist der Iran israelischen Schätzungen zufolge derzeit in der Lage, etwa 50 ballistische Raketen pro Monat zu produzieren.

Zudem stellt sich die Frage, wie nachhaltig Israel tatsächlich gegen das iranische Atomprogramm vorgehen kann. Dabei ist anzumerken, dass der Schaden an den iranischen Atomanlagen bisher begrenzt ist. Vier Tage nach Kriegsbeginn wurden lediglich zwei Hauptanlagen in Natanz und Isfahan sowie einige kleinere Anlagen getroffen. Experten sind sich einig, dass ein militärischer Erfolg Israels davon abhängt, ob es den israelischen Streitkräften gelingt, die Urananreicherung in der unterirdischen Atomanlage Fordow auszuschalten. Die 30 Kilometer nordöstlich von Qom gelegene Anlage ist offenbar bisher weitgehend unbeschädigt. Für eine Eliminierung benötigt man bunkerbrechende Bomben, über die Israel nicht verfügt.

USA zwischen Diplomatie und Eskalation

Israel könne vor diesem Hintergrund am Ende auf USA angewiesen sein, um Irans tief vergrabenen Atomanlagen einen vernichtenden Schlag zu versetzen. Netanjahu zieht nun Trump immer mehr in den Konflikt mit dem Iran hinein. Wie wird sich aber Trump am Ende entscheiden? Nach dem spektakulären israelischen Angriff auf den Iran am Freitag, bei dem die Führung der iranischen Revolutionsgarde ausgeschaltet wurde, ging Trump die Ayatollahs im Iran hart an und drohte ihnen: Der Iran müsse ein Abkommen schließen, bevor nichts mehr übrig sei, und retten, „was einst als das Iranische Reich bekannt war“. Nach dem iranischen Gegenschlag am Freitagabend mäßigte Trump jedoch seinen Ton und bekräftigte am Sonntag sein Angebot an Teheran, den „blutigen Konflikt“ mit einem „Deal“ zu beenden. Vor seinem Abflug nach Kanada zur Teilnahme am G7-Gipfel wurde er von Reportern nach seiner Einschätzung zur aktuellen Eskalation des Nahostkonflikts gefragt. „Ich hoffe, es wird einen Deal geben. Ich denke, es ist Zeit für einen Deal“, antwortete er. Man werde sehen, was zwischen Israel und dem Iran passiere. Und: „Manchmal müssen sie es ausfechten.“

Israel hat diesen Krieg wegen seinem Sicherheitsbedenken begonnen, aber die USA müssen ihn beenden. Das amerikanische Militär ist bereits indirekt in den Krieg involviert. So haben seine Luftabwehrsysteme Israel geschützt. So schossen am 13. Juni sowohl bodengestützte Batterien als auch ein Zerstörer der US-Marine iranische Geschosse ab. Das amerikanische Zentralkommando (CENTCOM) dürfte Israel dabei unterstützen, iranische Starts ballistischer Raketen zu verfolgen, die von amerikanischen Frühwarn-Militärsatelliten (Space-Based Infrared System) geortet werden können. Sollte sich der Krieg zwischen Israel und Iran in die Länge ziehen, könnte das Pentagon mehr Soldaten in die Region verlegen, auch um die eigenen Stützpunkte im Nahen Osten besser zu sichern.

Wird Trump am Ende eine diplomatische Lösung fordern? Vor dem Krieg versuchten die USA, ein neues Atomabkommen mit dem Iran auszuhandeln, um das von Trump im Jahr 2018 aufgegebene Abkommen zu ersetzen. Für das letzte Wochenende war die sechste Gesprächsrunde geplant. Wie zu erwarten war, haben die Iraner sie abgesagt. Dennoch drängt Trump weiterhin auf Verhandlungen. Zunächst einmal ist jedoch keine der beiden Kriegsparteien zu einem solchen Abkommen bereit. Israel hat diesen Krieg über Jahre hinweg geplant. Das Land wird die Kämpfe nicht nach wenigen Tagen beenden wollen, da viele seiner Ziele noch nicht erreicht wurden.

Wenn Trump es mit der Diplomatie nicht ernst meint, bleibt nur die Frage, ob die USA in den Krieg eintreten würden, um vor allem die Atomanlage Fordow zu zerstören. Im optimistischsten Szenario würden diese Angriffe die Anlage lahmlegen und den Iran dazu bringen, einem Abkommen zuzustimmen. Die Realität sieht jedoch selten so eindeutig aus. So könnte der Iran befürchten, dass die Angriffe auf Fordow lediglich der Auftakt zu einer umfassenderen Kampagne zum Sturz des Regimes sind. Das könnte ihn zu Vergeltungsschlägen gegen USA oder deren Verbündete in der Region veranlassen. Er würde die USA dann zur Kriegspartei machen, was er nie wollte. Das gilt auch für seine MAGA-Bewegung und die Isolationisten im Kabinett um JD Vance. Sie stehen ausländischen Interventionen kategorisch ablehnend gegenüber. Sie sind auch gegen die Regime-Change-Agenda der Neocons. Während israelische Regierungsvertreter einen Regimewechsel nicht als Ziel anerkennen, wandte sich Israels Premierminister Benjamin Netanjahu am 13. Juni in einer Botschaft an das iranische Volk: „Dies ist eure Chance, euch gegen ein System zu wehren, das euch fast 50 Jahre lang unterdrückt hat.“ Trump könnte den Krieg weiterlaufen lassen, so wie er es seit März im Gazastreifen getan hat, als Israel einen Waffenstillstand aufgab.

Die Dynamik des Krieges ist entscheidend

Für Israel kommt es in den kommenden Tagen voll auf die Dynamik an: Kann der jüdische Staat den Anschein des Erfolgs aufrechterhalten, kann es möglicherweise Präsident Trump für sich gewinnen. Doch falls die Zerstörung der Atomanlagen langsamer voranschreitet und die Zahl der Opfer in die Höhe schießt, könnte Trump auf ein Ende des Krieges drängen, bevor Israel seine Ziele erreicht hat. Ein übereilter Waffenstillstand könnte für den Iran einen enormen Anreiz bieten, sein Atomprogramm überstürzt wieder aufzunehmen.

Auch die Iraner bewegen sich auf einem schmalen Grat zwischen übermäßigen Reaktionen und schwachen Gegenschlägen. Sollte der Iran den Konflikt massiv eskalieren lassen, dürften sich die USA am Ende gezwungen fühlen, mit voller Wucht in den Krieg einzugreifen. Sollte der Iran nicht mit israelischen Luftangriffen mithalten können, dürfte dies den Sturz der Islamischen Republik zur Folge haben.

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Kommentare ( 62 )

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62 Comments
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Barbarossa
23 Tage her

Israel hat diesen Krieg über Jahre hinweg geplant. Das Land wird die Kämpfe nicht nach wenigen Tagen beenden wollen, da viele seiner Ziele noch nicht erreicht wurden.“
Unglaublich, diese Schlussfolgerung! Mit anderen Worten bedeutet sie: Wenn ein Krieg gegen einen Kontrahenten lange genug geplant war, liegt seine Dauer im Ermessen des Agressors bis die Kriegsziele erreicht sind. Ist das die moderne Definition des Praeventivkriegs? Was wohl das Voelkerrecht dazu sagt?

GermanMichel
23 Tage her

Was für Pseudo Diskussionen. Sind die USA beteiligt?

Natürlich, das sind alles US Kriege, die völlig nüchtern nach geostrategischen Gesichtspunkten geführt werden, das ganze emotionale Trommelfeuer ist nur Propaganda fürs dumme Volk.

Das ist wie beim Schach, die USA haben die weißen Steine, und wir sehen die Eröffnungsphase von WW III.

A.G.
23 Tage her

Den 1970 in Kraft getretenen Atomwaffensperrvertrag hat Israel, wie auch die Biowaffenkonvention und Ottawa-Konvention, NICHT unterzeichnet. Laut amerikanischen Geheimdienst Informationen besteht keinerlei Verdacht dass der Iran nur in der Nähe einer möglichen Atombombe wäre. Seit knapp 20Jahren wird uns das Märchen „der Iran steht kurz vor der Bombe“ erzählt….hat fast schon gleiche sektenhafte Züge wie das Klimawandel-Narrativ!!! Zur WIEDERHOLUNG: Israel – hat nie den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet, besitzt mutmaßlich Atomwaffen, ohne dies offiziell zu bestätigen (Politik der „nuklearen Zweideutigkeit“). Diese Staaten hatten Atomwaffen bereits vor dem 1. Januar 1967 und werden im Vertrag als „Kernwaffenstaaten“ anerkannt: 1. USA 2. Russland (als… Mehr

Rainer Schweitzer
23 Tage her
Antworten an  A.G.

Iran gut, Israel böse? Die USA auch? Der kleine und der große Satan, sozusagen? Und der amerikanische Geheimdienst posaunt seine geheimdienstlichen Erkenntnisse in die Welt hinaus, weswegen Sie sich auf sie beziehen können?

Memphrite
23 Tage her

Die USA unter Gottkaiser-Trump werden angreifen. Schon jetzt werden US-Truppen Flugzeuge und Schiffe und Flugzeugträger in den Nahen Osten verlegt. Wahrscheinlich damit der Gottkaiser Trump seine Stärke demonstrieren kann. Aber nach einigen Tagen werden all die Neo-Kon-Berater anfangen zu lamentieren, dass diese Truppen dort nicht auf ewig bleiben können etc. also entweder man macht etwas oder man zieht diese ab. Dann wird Trump angreifen. Die US Armee ist impotent, dass hat der einjährige Luftkrieg gegen das ärmste Land der Erde, den Jemen, gezeigt. Dort wurde nichts erreicht, die Hutties halten weiterhin das rote Meer gesperrt, feuern Raketen aus Israel ab… Mehr

Rainer Schweitzer
23 Tage her
Antworten an  Memphrite

Oh Gott! Wer hätte gedacht, daß Trump so böse ist und die Welt in einen Atomkrieg reißen wird?

BKF
23 Tage her

Vielleicht sollte man sich mal vom aktuellen Krieggeschehen lösen und das ganze Band an Kriegen von der Ukraine über Persien nach Asien rein mit etwas Abstand unter geopolitischen Aspekten analysieren. Geopolitik ist zwar in Deutschland seit 45 mausetot, aber vielleicht findet sich doch ein Autor bei TE oder ein Gesprächspartner aus einem Land mit Geopolitik für eine solche umfassendere Analyse.

Turnvater
23 Tage her
Antworten an  BKF

„…aber vielleicht findet sich doch ein Autor bei TE oder ein Gesprächspartner aus einem Land mit Geopolitik für eine solche umfassendere Analyse.“

Darauf setze ich bei TE seit den geifernden Entgleisungen eines Tomas Spahn in Sachen Ukraine-Krieg nicht mehr.

Wolfgang Richter
23 Tage her

„Eine Bewährungsprobe für Trump in Nahost“ – Die hat er bereits verloren, vor allem aber ist seine Glaubwürdigkeit u. damit die der aktuellen Regierung so was von weit weg, was sicher in Peking und Moskau sehr genau registriert werden wird: Während die USA mit dem Iran über einen neuen „Atom-Vertrag“ verhandelt haben, wurde gleichzeitig von Israel mit Unterstützung der USA der gegenwärtige Krieg vorbereitet u. dann ohne Vorwarnung umgesetzt. Und als Spitze obendrauf Trumps Bemerkung nach dem ersten Bombenschlag der Israelis, „Die iranischen Verhandler sind gestorben, nicht an Corona oder so.“ , ggf. nicht genau zitiert, aber dem Sinn nach.… Mehr

BKF
23 Tage her

Kann nicht irgendjemand dem Iran Thoriumreaktoren schmackhaft machen oder sogar bei der Entwicklung helfen. Dann hätten sie ihr Atomprogramm für Energiereaktoren, was ja im Prinzip durchaus als Entwicklungsprogramm sinnvoll wäre, aber können daraus keine Kernwaffen produzieren. Geht nicht der Wunsch nach Kernwaffen in Persien sogar schon auf den Schah zurück?

Rainer Schweitzer
23 Tage her

„…könnte Trump auf ein Ende des Krieges drängen, bevor Israel seine Ziele erreicht hat.“ Glauben Sie das ernsthaft? Glauben Sie, die USA haben, unabhängig vom Existenzrecht Israels und dem immer wieder erklärten Staatsziel des Iran, das Land samt den Juden auslöschen zu wollen, weniger Interesse daran, die Nuklearwaffen- und Raketenambitionen des Iran zu vernichten als Israel? Ernsthaft? Denken Sie das mal einige Schritte weiter: Ein Iran, der im Prinzip leicht die Straße von Hormuz blockieren könnte, ohne daß man sich dann dagegen wehren könnte, wegen seiner Atomsprengköpfe auf weitreichenden, präzise gesteuerten Raketen… Die Houthis sperren das Bab al Mandab, während… Mehr

Last edited 23 Tage her by Rainer Schweitzer
BKF
23 Tage her

Im Artikel ist ein Fehler. Israel hat bunkerbrechende Waffen, um die vergrabenen Anlagen zu zerstören, das geht mit taktischen Kernwaffen.

Nibelung
23 Tage her

Nun schwankt er hin und her und weiß nicht so genau, wie er aus dieser Nummer unbeschadet heraus kommen soll, denn bestimmte Kreise legen großen Wert darauf daß Israel unterstützt werden muß, egal was sie so „ausfressen“ haben und der linke Sanders in den USA hat die Führung Israels gegeiselt, wie es deftiger nicht mehr gesagt werden kann und damit ist er mit einer Entscheidung nicht zu beneiden und sowohl die Ukraine, als auch der Nahe Osten könnte noch sein eigenes Waterloo werden, was er bislang als Friedensstifter vermeiden wollte. Das Prädikat werden ihm aber andere nicht gönnen und ihn… Mehr