Das „Mailänder Treffen“ – Salvini will Europas Wähler einschwören

Vor dem renommierten Hotel Gallia in Mailand hatten Sondereinheiten der Polizei und Carabinieri Stellung bezogen: drinnen das Auftakt-Treffen der europäisch vernetzten „Populisten und Souveränisten“ zur EU-Wahl.

MIGUEL MEDINA/AFP/Getty Images

Sachlich, harmonisch und dennoch recht stringent getaktet, vom obligatorischen Espresso zu den Antipasti mittags. Der italienische Lega-Chef und Innenminister Matteo Salvini empfing Vertreter rechtskonservativer Parteien aus ganz Europa, darunter den Finnen Olli Kotro („Die wahre Finnen“), den Dänen Anders Vistisen (Dänische Volkspartei) und AfD-Chef Jörg Meuthen. Natürlich wolle man eine „enge Zusammenarbeit aller bürgernahen rechtskonservativer Parteien Europas“, so gaben sie einvernehmlich zu Protokoll. Dass Salvini seine Chancen sieht und nicht auf die Probleme bei den potentiellen Partnern schaut  – wer will es ihm verdenken.

Matteo Salvini sah das Treffen jüngst in Mailand als Auftaktveranstaltung zur „Bündelung und Stabilisierung der rechtskonservativen Kräfte und zum gegenseitigen Kennenlernen“, innerhalb der europäischen Bürgerschaft, die bald ihr Kreuze bei der EU-Wahl machen darf. Eine Woche vor dieser wichtigen Abstimmung soll es in die Verkündung eines Manifests münden: Mit der Unterstützung von Marie Le Pen, Heinz-Christian Strache und auch Viktor Orbán soll am 18. Mai auf der Piazza vor dem Dom zu Mailand ein „europäisches Manifest“ als Programm der Europäischen Rechtskonservativen und „Souveränisten“, verkündet werden.

Die Zeit sei reif, um das politische Gefüge innerhalb Europas – gemeint ist die EU – „ein wenig zu verändern“, wie es Matteo Salvini formulierte. Meuthen pflichtete ihm bei und setzte hinzu, er wünsche sich eine „enge und zielgerichtete Kooperation“ mit der Lega und Salvini-Allianz. Entstehen solle eine neue Fraktion im Parlament der EU, die Alliance of Peoples and Nations, also die Europäische Allianz der Menschen und Nationen, kurz EAPN.

Bürgerfremde Politik 

Bei der Pressekonferenz wischte Salvini die Kritik seines eigenen Koalitionspartners, der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), beiseite. Derlei Kritik und Befindlichkeiten interessiere ihn momentan nicht, sagte er. Wichtig sei, was eine Mehrheit der Bürger, „nicht nur in Italien“, sondern auch in Europa möchte: „einen Wechsel der politischen Kultur“. Europa solle, auch wenn es viele Kritiker aus dem linken Milieu geflissentlich unterschlügen, durch die kommende Wahl „gestärkt werden“. Der Wechsel hin zu einem neuen EU-Europa sei das Ziel. Die Leute hätten die linke und bürgerfremde Politik längst durchschaut. „Hier am Tisch“, und Salvini klopfte symbolisch mit dem Zeigefinger auf die weiße Tischdecke, sitzen keine „Nostalgiker“, sondern Politiker, die wüssten, was die Bürger wünschten und dass eine „europäische Politik“ verändert werden müsse. Die einzigen „Nostalgiker“, seien momentan in Brüssel – in der EU-Kommision und im EU-Parlament säßen sie.

Matteo Salvini, rhetorisch bodenständig, manchmal einen Tick zu rustikal vielleicht, hielt fest, dass bei dem Treffen in Mailand, „weder Faschisten noch Nationalisten oder Altkommunisten“ säßen, sondern realistische Politiker, die die Fehler der Vorgänger analysierten und neue Programme aufgesetzt hätten. Nicht von Faschisten oder Nationalisten – die klar zu verurteilen, aber absolute Minderheiten seien – gehe in diesem Europa Gefahr aus, sondern „vom islamistischen Terror“.

Schließlich, so der italienische Innenminister, vertreten er und seine Gäste von den Rechtsparteien an die 500 Millionen Bürger, „die es einfach satt“ seien, ständig über Faschisten, Rechte und Linke, Kommunisten sowie Nationalisten zu „debattieren“.

„Wir alle schauen auf die Zukunft!“ Das gab Salvini als Motto aus, die „Deutungshoheit über die Vergangenheit“ müsse man einfach den „Historikern überlassen.“ Bei allem Respekt vor anderen Parteien und politischen Zielen wolle man „die Spielregeln in Europa und in der EU ein wenig ändern“, so wiederholte der Lega-Chef, diesmal flankiert von Meuthen, Vistisen und Kotro. Das „naive Gutmenschentum“, die gefräßigen Banken, die die Spareinlagen der Bürger verbraten, die bremsende „Bürokratie“ – all dies habe keine Zukunft bei den Bürgern. „Wir möchten ein neues und erfrischendes Europa“, so der Aufruf Salvinis. Die neue Kraft, die EAPN, arbeite an einem neuen Europa, bei dem „Viele und nicht nur Wenige repräsentiert werden.“

Familien, Sicherheit, Zukunft

Die rechtskonservative Allianz und ihre Vertreter um Salvini wollen wieder „die Familie, die Sicherheit sowie die Arbeit und Zukunft für zahlreiche Jugendliche“ in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen. Rhetorisch fragte Salvini, ob es eine unsoziale oder gar inhumane Politik sei, wenn man „die Außengrenzen besser kontrolliert und die Migranten besser geprüft und registriert“ haben wolle. Und weiter: „Ist es etwa eine falsch Politik, die unberechtigten, die  kriminellen sowie die gewalttätigen Zuwanderer erst gar nicht einreisen zu lassen? Und sie, wenn sie trotzdem da seien, konsequent zurückzuführen: „Ist das nicht eher eine sehr realistische Politik, die jeder Bürger in Europa mit gesundem Menschenverstand nachvollziehen kann, und versteht?“ In den Herkunftsländern müsse den Leuten geholfen werden. Für die NGO-Schiffe gäbe es zudem Dutzende weiterer Häfen im afrikanischen Raum, die sie ansteuern könnten.

Wird eine unsoziale und unrealistische Politik nicht „eher in der EU gemacht“? Das fragte Salvini rhetorisch, und er fügte als Beispiel an, dass Russland mit einem Wirtschaftsembargo ausgegrenzt, Ungarn ständig gemaßregelt und sanktioniert werden solle, aber die Türkei von Erdogan von denselben EU-Politikern hofiert werde, und das ständig. Für Salvini und die Seinen gibt es hierzu Klartext: „Von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ist Abstand zu nehmen.“ Diese Türkei gehöre schlichtweg nicht zu Europa, und werde auch „nie zur europäischen Wertegemeinschaft“ gehören.

Vize-Premier Matteo Salvini ist in Italien populär. In den vergangenen Tage wurde er als Stargast auf der italienischen Weinmesse „Vinitaly“ von den Messebesuchern gefeiert. Selfies hier und da, ein kleines Schlückchen in Ehren hier und dort. Entsprechend schenkte er auf der Mailänder Konferenz „des gesunden Menschenverstandes“ allen Wählern reinen Wein ein. In den EU-Institutionen rund um Jean-Claude Juncker dürfte dieser Tropfen im Hinblick auf die EU-Wahlen, die in Deutschland am 26. Mai richtig abgehalten werden, richtig sauer schmecken.


Giovanni Deriu, Dipl. Sozialpädagoge, Freier Journalist, ist seit 20 Jahren in der (interkulturellen) Erwachsenenbildung tätig.

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Kommentare ( 28 )

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Dedaidn
4 Jahre her

Ich gebe Salvini absolut Recht. Zumind. ist es wieder ein Anfang hin zu dem eigentlichen Wertegedanken, den damals de Gaulle hatte – „ein vereintes Europa, der souveränen Vaterländer“ – und die EWG war ja auch nicht schlecht, es war vielleicht bis dato die Zeit, mit dem meisten Wohlstand. Länder, welche eine Regierung hatte, welche nicht so gut wirtschaftete, deren Wirtschaftspolitik eher mittelmäßig war, waren halt konjunkturmäßig etwas schwächer (siehe Griechenland, Italien, etc), als Länder, welche durch herausragende Wirtschaft und eine gute Politik in dieser eine starke Konjunktur hatten, was sich dann auf die jeweiligen Bürger auswirkte (die einen hatten etwas… Mehr

friedrich - wilhelm
5 Jahre her

…….ich hoffe s o o wird es was mit europa!

schwarzseher
5 Jahre her

Im Prinzip wollen Savini und Mitstreiter genau das, was die wichtigsten Gründer der EU, Adenauer und de Gaule wollten. Ein Europa der Vaterländer, die bei gemeinsamen Interessen gemeinsam handeln, ohne ihre eigenen Interessen, Lebensweisen und kulturellen Eigenheiten aufzugeben. Und genau dieses Europa will auch ich und in diesem Sinn bin ich ein überzeugter Europäer und erbitterter EUdSSR Gegner.

Sonny
5 Jahre her

Früher hielt ich EU-Wahlen für relativ uninteressant und unwichtig, dass mag auch den dortigen Gesetzen und Entscheidungen über z.B. Gurkenkrümmungsgrade geschuldet sein. Mann kannte kaum einen politischen Bewerber – alles in allem war das gefühlt aber eine „nette“ Sache. Heute sehe ich das vollkommen anders. Ich bin froh, dass es Menschen wie Salvini (und dessen europäische Mitstreiter) gibt, die tatsächlich die Menschen der Länder und ihre Sicherheit im Blick haben und den Global Playern, die ausschließlich ihre eigenen Bereicherungsphantasien verwirklichen wollen, etwas entgegensetzen. Dies ist die erste EU-Wahl , der ich voller Enthusiasmus und Hoffnung entgegensehe. Ich hätte es für… Mehr

downton
5 Jahre her

Den europäischen rechtskonservativen Kräften wünsche ich ein hervorragendes Abschneiden bei den EU-Wahlen. Eine drastische Abkehr von dem Gedanken einer „ever-closer union“, die letztendlich eine Abkehr von der Demokratie beinhaltet, muss von ihnen vorangetrieben werden und zu einer reformierten Gemeinschaft führen, die dann wirklich zu einem Segen für ihre Bürger werden kann!

pcn
5 Jahre her

Die Richtung stimmt.

Gernoht
5 Jahre her

Ein erster und richtiger Schritt ist es , den Bürger-Begriff wieder einzuführen. Ich lasse mich doch hier nicht als steuerzahlenden Menschen in einem weitgehend anonymen Ausbeutungssystem namens „EU“ halten.

voice from Poland
5 Jahre her

Liebe deutsche Schwester und Bruder, es stimmt, dass einem ordentlichen und vernünftigen deutschen Bürger nur die AFD als einzige Alternative bleibt. Aber eine Sache verstehe ich nicht. Um Stimmen zu Gewinnen, Meinungen zu ändern/beeinflussen, braucht man drei Sachen – Medien, Medien und nochmal Medien. Und was hat die AFD – eine Internetseite. Klar, Internet ist sehr wichtig, aber, mit Verlaub, wo bleibt eine normale Zeitung oder Radiosender? Wenn ich in Deutschland mit Auto unterwegs bin, höre ich Radio. Nachrichten, politische Kommentare, Interviews, Meinungen – alles einseitig, links-liberal. Wieso hat die AFD keinen Radiosender? Wie wollen sie die Wähler für sich… Mehr

pcn
5 Jahre her
Antworten an  voice from Poland

Hallo, und einen Gruß nach Polen! Also, natürlich ist Ihre Idee eine gute. Und natürlich hat die AfD sicherlich auch schon daran gedacht. sich der konventionellen Medien zu bedienen. Allerdings gibt es da ein kleines Problem. Und das sind die Zulassungsbestimmungrn der Landesmedienanstalten. Diese Regularien werden von der amtierenden Regierung, bzw. auch den Länderregierungen zusammengestellt. Die bekommt man als „politisch“ ausgerichteter Sender nur dann, wenn auch die sogenannte Meinungs- nd Kulturvielfalt im Programm-Schema nachgewiesen werden kann. Nun, jetzt kommt gleich natürlich der Zwischebruf, „und was ist mit den Mainstreammedien? Ist das etwa Meinungsvielfalt, was da übern Sender geht?“ – Genau.… Mehr

voice from Poland
5 Jahre her
Antworten an  pcn

Hallo PCN, also mit Meinungsfreiheit hat das leider nichts zu tun. Schade um euer wunderbares Land. Bei uns ist die Medienlandschaft viel breiter und bunter – von links bis rechts. Jeder darf reden. Aber ich wünsche der AFD, dass sie trotzdem versucht, so eine Genehmigung zu bekommen. Schon eine Absage hätte politisch ein Gewicht.

Babylon
5 Jahre her

Hallo Redaktion. Käpt´n Rummelsnuf hat bei euch keine Chance?
Na war auch nur ein Scherz. lol

http://www.youtube.com/watch?v=qkTRamZ0PsQ

http://www.youtube.com/watch?v=K597UXYaqyM

Babylon
5 Jahre her
Antworten an  Babylon

Super, der Käpt´n ist an Bord.
http://www.youtube.com/watch?v=Oj6eRcGcDUM

Babylon
5 Jahre her
Antworten an  Babylon

Liebe Minuspunktverteiler, habt ihr nichts kapiert? Der Kapt´n ist an Bord und trinkt Ungarwein außerdem ist er in Italien auf Sammeltour unterwegs. Also Klartext, Salvini undOrban, für diejenigen die mental ganz verrammelt sind.
Lernt endlich hinter und zwischen den Zeilen zu lesen.

bkkopp
5 Jahre her

EAPN erscheint in allen Sprachen sehr sperrig. Die Allianz “ Europa der Vaterländer “ zu nennen war wohl zu altmodisch, würde aber wahrscheinlich besser verstanden werden und deshalb besser wirken. Die Aussage von de Gaulle beinhaltet das Ziel einer Konföderation der Nationalstaaten und damit die Richtung, die eine konstitutionelle Neuordnung der EU nehmen sollte. Wenn man sich zu früh in operative Details verliert, dann verliert man das Ziel aus den Augen und findet keinen Weg dorthin.