Wer verteidigt Baerbocks Grundsätze?

Der Wortschwall, den die Noch-Außenministerin Annalena Baerbock nach dem Treffen zwischen Wolodymyr Selenskyj und Donald Trump losgelassen hat, wird als verbale Karikatur in die Geschichte eingehen.

picture alliance/dpa | Michael Ukas
Annalena Baerbock gibt ein Statement zum Eklat im Oval Office, 01.03.2025

Grundsätze muss man verteidigen können, sonst sind sie wertlos und politisch bedeutungslos. Wo sind die Truppen, die für das Recht des Rechts à la Baerbock in der Ukraine ins Feld ziehen? Eine Weisheit, durch Erfahrung bestätigt, die sich bis Berlin und seinem politischen Freundeskreis noch nicht herumgesprochen hat. Auffallend: Die Noch-Außenministerin zeigt für die Terror-Organisationen in Gaza mehr Verständnis als für die Menschen in der Ukraine.

Geschichtslosigkeit, Unwissenheit, der andauernde Versuch, Realität durch Ideologie zu vernebeln, und eine durch nichts zu begründende Arroganz haben die dreijährige Amtszeit Baerbocks gekennzeichnet. Nach dem letzten Wahlsonntag verbreitet sich die Hoffnung, dass mit Baerbocks impotenter Kraftmeierei endgültig Schluss sei. Aber sie hatte noch einen auf Lager.

Ihren Monstersatz gegen das Trump-Washington – „Eine neue Zeit der Ruchlosigkeit hat begonnen“ – hätte sie vorher ihrem Noch-Verteidigungsminister Pistorius zum Gegenlesen vorlegen sollen. Er hätte sie an seine Aussage aus der gemeinsamen Regierungserklärung vom 5. Juni vorigen Jahres erinnert: „Wir müssen bis 2029 kriegstüchtig sein.“ Diese Mitteilung ist in Washington, Moskau und Peking als Eingeständnis einer 5-jährigen Zeit der Ohnmacht registriert worden. Aber offensichtlich nicht im eigenen Auswärtigen Amt.

Vergessen ist dort auch, dass es in den grundlegenden außenpolitischen Fragen keine europäische Einigkeit gibt. Nur wohlklingende Floskeln, deren Gültigkeit den Tag nicht überleben. In fast allen 27 Hauptstädten der EU wird eine unterschiedliche Außenpolitik praktiziert. Italiens Meloni und Ungarns Orban sind dafür die symbolischen Gesichter.

Ein Blick ins Geschichtsbuch mit dem Stichwort „Korea“ hätte Wissenslücken umgehend geschlossen. Die Alliierten hatten im 2. Weltkrieg gemeinsam mit Russland Nazi-Deutschland besiegt und danach hehre Reden geschwungen. Fünf Jahre später war alles vergessen: Nordkorea überfiel mit Unterstützung Russlands und Chinas den Süden des Landes.

Innerhalb von drei Jahren starben 3,5 bis 4,5 Millionen Menschen, viele davon Zivilisten. Koreas Städte wurden verwüstet. Den Waffenstillstand vom Sommer 1953, der bis heute anhält, hat Südkorea einzig und allein den USA zu verdanken. Seoul ging klugerweise mit US-Präsident Harry Truman eine militärische und wirtschaftliche Liaison ein. Washington hatte durch Stärke Moskau und Peking überzeugt und zum Verhandlungstisch gebombt. 70 Jahre danach ist Südkorea eines der wirtschaftlich erfolgreichsten Länder. Zudem eine weitgehend liberale Gesellschaft. Nordkorea lebt noch immer in einer wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Steinzeit.

Was könnten die Ukraine und Frau Baerbock daraus lernen? Ihre Aussagen vom Mai 2022 „Ich will, dass Putin nie wieder einen Angriffskrieg führt“… das anstehende sechste Sanktionspaket Deutschlands werde dazu beitragen, Russland derart zu schädigen, dass „es volkswirtschaftlich jahrelang nicht mehr auf die Beine kommt“, haben in Kiew Erwartungen geweckt, die nie eingehalten worden sind. Drei Jahre nach Kriegsbeginn mit Hundertausenden Toten auf beiden Seiten des Donbas müsste eigentlich jedem geneigten Beobachter klar sein, dass gegen Russland eine militärische Auseinandersetzung nicht zu gewinnen ist. Schon gar nicht ohne die Unterstützung der USA – siehe Korea.

Dagegen steht das unveröffentlichte Deal-Konzept à la Donald Trump: Verzicht auf 15 bis 20 Prozent des Staatsgebietes (Donbas und Krim) – Südkorea hat mehr als 50 Prozent aufgegeben – und ein Wirtschafts-Kooperations-Vertrag mit Washington. Wenn die USA gemeinsam mit der Ukraine die Bodenschätze verwerten, steht Kiew unausgesprochen unter dem Schutz der amerikanischen Streitkräfte. Wie immer Trumps Deal mit Putin aussehen mag: Moskau wird sich hüten, sich direkt mit den USA anzulegen. Wie damals in Korea.

Zwangsläufig bleiben bei Deals zur Beendigung eines Krieges einige Grundsätze auf der Strecke. Aber das höchste Gut – Menschenleben – wird gerettet. Weitere Zerstörungen werden verhindert und Milliarden an US-Dollar können sinnvoll genutzt werden. Dabei fällt auch auf, dass sich das Ampel-Berlin und sein Monopoly-Spielkreis um die Menschen in Gaza deutlich mehr Sorgen machen als um Ukrainer und Russen. Das Vokabular der Noch-Ampel-Regierung gegen die Terror-Organisationen Hamas, Islamic Jihad, Hisbollah und ihrem Hauptsponsor Iran ist erkennbar harmloser und verständnisvoller als gegenüber Putin. Wo sind die hehren Grundsätze für die Menschen im Nahen Osten?

Der Wortschwall, den die Noch-Außenministerin Annalena Baerbock nach dem Treffen zwischen Selenskyj und Trump losgelassen hat, wird als verbale Karikatur in die Geschichte eingehen.

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Kommentare ( 40 )

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Esel
19 Tage her

Frau Baerbock könnte bei den Grünen austreten und ihre feministische Außenpolitik unter Merz weiterbetreiben. Mein Gott, ich werde sie vermissen.

Ralph Martin
23 Tage her

Korea und die Ukraine sind nicht zu vergleichen. Russland kämpft in der Ukraine um die Wiege ihrer Zivilisation, den Kiewsker Russ. Ob wir das nachvollziehen können, legitimiert finden oder ob es ein Rechtsbruch ist spielt keine Rolle. Als Atommacht machen sie es, ob es uns passt oder nicht. So wie die Amis keine Russischen Raketen vor der Haustür durchgesetzt haben. Korea war ein Versuch der Expansion, den man leichter wieder aufgegeben hat als sich von der Wiege der eigenen Kultur zu trennen. Und nun wollen die Europäer ohne die Atommacht USA den Russen Europäischen Konditionen diktieren und als Drohkulisse dienen… Mehr

Haeretiker
24 Tage her

Selbst ernannter Unionsaußenexperte Jürgen Hardt „Die freie Welt braucht offensichtlich neue Führungsmächte“.
Und Friedrich Merz bietet sich als Führer an?
Und wer macht dann den Ribbentrop und setzt die Kriegserklärung an die USA auf? Mir fällt da nur eine ruchlose Person ein.

Last edited 24 Tage her by Haeretiker
Deutscher
24 Tage her

Sie plappert auf dem Parkett internationaler Diplomatie seit 3 Jahren daher, als wäre es ein Grüner Parteitag, wo politische Dummheit als Tugend gilt.

Nibelung
24 Tage her

Linke Ausfälle sind reine Idiologie, aber keine Grundsätze, die man nur bei vernunftsbegabten Menschen voraussetzen kann und davon gibt es leider zu wenig und die gab es früher sicherlich noch, sind aber zur Rarität verkommen, was nun ja wieder geändert werden kann. Das „Multitalent“ im Außenamt befindet sich in der fatalen Lage, daß es noch eine Menge Stuß von sich geben kann und es niemand mehr hört, bis diese Elends-Ampel beendet wird und was danach kommt ist eine andere Frage, denn der neue Schwarze überzeugt auch nicht gerade durch konservative Ideale, weil er im Netz von zuvielen Interessen hängt und… Mehr

Dr. Rehmstack
24 Tage her

Das Erschreckende ist, dass jeder einigermaßen vernunftbegabte Zeitgenosse immer deutlicher erkennen muß, dass diese Person zu einer kritischen Selbst- Reflexion absolut nicht in der Lage ist. Es erinnert so schmerzhaft an die Aussage von Bertrand Russell: das ist ja das Problem, dass die Klugen so viel Selbstzweifel haben und die Dummen sich so sicher sind. Und somit ist die Frage: „was kann Frau Baerbock daraus lernen?“ in der Tat rein rhetorisch.

usalloch
24 Tage her

Herr Rosenberg hat leider vergessen, das Präsident Selenskyj seit 2020 ein totes Pferd reitet. Keine Stadt hat ihm im Oktober 2020, Stadt und Dorfräte wurden gewählt, ihre Stimme gegeben.In Kiew waren es sogar nur 10 Prozent. Ein Jahr nach seinem erdrutschartigen 73%-Sieg ??? sowohl bei der Präsidentschaft als auch bei den Parlamentswahlen fielen die Popularitätswerte des ehemaligen Fernsehkomikers zum ersten Mal unter 30%. Kein Wunder das Präsident Trump dem Wahnsinn ein Ende macht.Europa bildet derweil einen Stuhlkreis.

Deutsche
24 Tage her

Ich finde nicht, dass wir dafür zuständig sind uns in jeden Konflikt einzumischen und dafür horrende Mengen an Steuergeld zu verbrennen. Erst einmal muss die Demokratie und der Rechtsstaat in UNSEREM Land wiederbelebt werden. Der Respekt vor den eigenen Bürgern, die skrupellos ausgebeutet und manipuliert werden. Auf mich wirkt die Forderung „unser moralisch so hohen Anforderungen“ durchzusetzen wie ein weiteres neues Geschäftsmodell. Deutschland bezahlt einfach die Rechnungen für irgendwelche kriegsführenden Pleitestaaten. Das haben wir bereits mit der Weltenrettung durch CO2 Reduktion hinter uns und dem Versuch über die WHO sich die Rechnung für Pharma Produkte von den westlichen Steuerzahlern zahlen… Mehr

kurowski
24 Tage her

Wen interessiert noch die Meinung von Baerbock?

W aus der Diaspora
24 Tage her

Illusion ist alles – alles ist Illusion.
Wer so in einer selbstgemachten anderen Welt lebt wie Frau Baerbock und viel zu viele andere, der glaubt daran, dass ein paar Waffen mehr tatsächlich Russland besiegen können. Der sieht Tote nur, wenn sie in Butscha liegen und glaubt fest daran, dass ein Penis-Klavierspieler natürlich auch ein Super-General und ein Super-Präsident ist.
Seltsamerweise stellt sich niemand die Frage, warum ausgerechnet für die linke Kohorte Putin der Böse ist. Schließlich hat Russland fürs gemeine Volk immer noch einen Rest vom Kommunismus übrig.