Salvini kritisiert mangelnde Unterstützung durch Conte

In den frühen Abendstunden dann machte die Meldung die Runde, Salvini habe mit seiner Lega den Misstrauensantrag gegen Conte zurückgenommen.

ANDREAS SOLARO/AFP/Getty Images

Sie hatten wahrlich losgeledert, und wie so oft nach einer enttäuschenden Liaison, diese dauerte immerhin 14 Monate – eigentlich ganz schön lang für eine Vernunftsverlobung, wurde schmutzige Wäsche gewasche. Alle wollten sie sich irgendwie rein waschen, von ihrer Schuld und Inkompetenz (oder Angst vor einer EU, die Italien wie England stutzen möchte).

Dann war Matteo Salvini, der Lega-Chef und Innenminister an der Reihe. Man muss hinzufügen, dass es zu Salvinis Repertoire gehört, andere in ihren Reden nie zu unterbrechen, dafür aber kann sein Gesicht gegnerische Reden mit einer Mimik kommentieren, die nichts gutes bedeutet.

Der Autor dieser Zeilen findet, dass Salvini mit dem parteilosen Conte als Premier etwas zu hart ins Gericht ging – denn auch Salvini hatte sich einst für Conte ausgesprochen. Giuseppe Conte war letztendlich als Moderator und Vermittler, nicht nur zwischen den Koalitionären gescheitert (in der Frage des Weiterbaus der Schnellbahntrasse, Turin-Lyon, TAV, war Conte sogar klar auf Salvinis Seite – ein Abbruch wäre teurer als der Weiterbau), sondern wohl auch als Vermittler zwischen Italien und EU.

Matteo Salvini – welcher andere Innenminister und Vize-Regierungschef sah sich je so vielen Gegnern gegenüber? – empfand den ersten Vertrauensbruch bereits nach der EU-Wahl, bei der Farce der Nominierung des neuen Kommissionspräsidenten, als die Fünfsterne in der EU das Spiel mitmachten, obwohl die Lega auf 34 Prozent gekommen war. Salvini, ein recht emotionaler Politiker, schaltete wohl ab da schon ab.

In seiner Rede, stehend im blauen Sakko, gestikulierend, griff er Conte ganz speziell an, hatte dieser doch behauptet, Salvini hätte die Politik für seine Ideen und Themen missbraucht (fast wie im Brief am Ferragosto). Mit fester Stimme schleuderte Salvini allen entgegen: „Ich würde alles noch einmal genauso machen“, um gleich darauf anzufügen, dass er sich „die ganzen vergangenen 14 Monate vom Premier nie richtig unterstützt“ gefühlt habe.

Er, Salvini, habe auch keine Angst vor einer Neuwahl, wie auch immer die Italiener entscheiden würden. Der Souverän sei schließlich das Volk, demokratischer und transparenter ginge es nicht. Premier Conte habe ihn, und seine Ideen, mehrmals als unverantwortlich oder gar als gefährlich beschrieben, kein Wunder also, dass sich immer irgendeiner fand, der ihn, Salvini, attackieren durfte.

Dann wählte Salvini ganz deutliche Worte zur Europapolitik in der EU. „Ich möchte kein Land wie ein kleines Hündchen, das sich von der Unterschrift irgendeines EU-Kommissars“ abhängig mache. Italien sei ein freies Land.

Und dann nahm Salvini nochmals Bezug auf das besagte Video von Conte mit Kanzlerin Merkel am Tresen vor der EU-Wahl aufgenommen und viral ins mediale Orbit geschickt: „Komisch, ich habe mit der Merkel nie über Tipps zum Wahlkampf gesprochen. Und habe sie auch nie gefragt, wie man einen politischen Gegner ausbremsen könne“ , Salvini sehe die Fünfsterne und Conte bereits mit denen (der PD) am Tisch, die sie einst bekämpft hätten, mit genau denen von den Sozialdemokraten, die die Bürger ausgenommen und die Banken gerettet hätten.

Nochmals wiederholte Salvini, die Lega wolle ein wirtschaftliches Manöver einleiten und keinen Stillstand. Italien würde unter ihm nie ein Sklave Brüssels sein. Viel Applaus aber auch Pfiffe begleiteten diese und andere Aussagen.

In den frühen Abendstunden dann machte die Meldung die Runde, Salvini habe mit seiner Lega den Misstrauensantrag gegen Conte zurückgenommen. Während die Opposition Salvini der Mutlosig- und Lächerlichkeit preisgeben will, sagen andere politische Beobachter, um eine Tür offen zu halten, damit offene Gesetzesvorlagen sowie der Haushalt verabschiedet werden können, könne man Conte jetzt nicht in Frage stellen und ihm das Vertrauen entziehen.

Salvini auch an Staatspräsident Mattarella gerichtet: „Ich vertraue darauf, dass der Präsident der Republik, Mattarella, die Gesamtsituation bewertet, von Beginn an, im Parlament sowie außerhalb. Italien braucht keine Abgeordneten, die nur ihre Sessel retten möchten …“. Ein schmaler Grat, auf dem sich die Lega mit Salvini bewegt, auch wenn man ihnen das Anliegen eines guten Abschlusses für Italien nicht absprechen kann. Giuseppe Conte war auf dem Weg zum Präsidenten, seinen Rücktritt einzureichen. Staatschef Mattarella wird alle Möglichkeiten durchgehen.
Früher oder später werden sicher doch noch Neuwahlen anstehen.

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Kommentare ( 9 )

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Julian Schneider
4 Jahre her

Neuwahlen … hoffentlich früher als später.

Old-Man
4 Jahre her

Der im Moment beginnende Kampf um Italien ist offen entbrannt,sollten die linken das Zepter in die Hand bekommen,dann ist nicht nur Italien in großer Gefahr,nein, die gesamte EU,aber auch Deutschland,denn mit Merkel versteht sich Renzi ausgezeichnet,zusammen sind die für jede Sauerei gut!!

Aber hoffen wir einmal weiter auf Salvini und die Bürger Italiens,noch ist nichts verloren!!

FrankZZZ
4 Jahre her

Salvini hat alles richtig gemacht und Conte war nur ein Puffer zwischen Salvini und der 5-Sterne-Bewegung.
Ich kann Salvini nur loben und die Kritik an Conte fand ich auch gerechtfertigt.
Hoffentlich kommt Salvini wieder – diesmal als Ministerpräsident.

In Deutschland ist an sowas nicht zu denken. Rede ich mit irgendeinem, so sehe ich nur leere Augen im Sinne der Merkel-Nahles(Nachfolger)-Lindner-Grüne-Eintopf. Deutschland ist verloren.

Michael Scholz
4 Jahre her

Salvini – die Hoffnung Europas, wie wir es kennen oder vielmehr kannten.

Wann wird es endlich, bevor zu spät ist, einen deutschen Salvini geben, der Merkel und deren Claque in die Wüste schickt?

Realistin
4 Jahre her
Antworten an  Michael Scholz

Ich warte da auch schon ewig drauf, aber nix passiert… zum verzweifeln.

Gambrinus
4 Jahre her

Ich habe Conte auch gut gefunden. Habe! Ich glaube er war ein EU-Trojaner von Di Maio…

U. J. Gottlieb
4 Jahre her

Gemeinsam mit Sozialdemokraten regieren, das ist DAS Erfolgsmodell schlechthin. (Wie auch in Deutschland… Ironie aus) Die deutschen Medien jubeln bereits und werden den Jubel noch weiter verstärken.

Aber mal sehen, was das italienische Volk darüber denkt. Denn das wählt irgendwann wieder in Italien. Und dann werden Deutschlands führende Moralapostel sturzbetroffen fragen, wieso die Lega und Salvini so viele Stimmen bekommen konnten…

Aber wir wissen es ja seit voriger Woche, haben wir doch gehört: Wieso muss man eigentlich immer die Sorgen und Nöte der Menschen ernst nehmen….

F.Peter
4 Jahre her

Ohne in irgendwelche Lobhudelei auszuufern: Salvini macht das, wofür er gewählt wurde und das offensichtlich mit breiter Unterstützung des Demos! Was anderes als dieses ist gelebte Demokratie?? Ein Conte, der sich offensichtlich alle Optionen offenhalten will, also nach allen Seiten offen ist, ist dann wohl auch nicht ganz dicht! Es kann niemand etwas dagegen haben, wenn ein Land zuerst seine Interessen vertritt und dann auf Augenhöhe mit anderen selbstbewussten Nationen auf Augenhöhe verhandelt! Nichts anderes ist Demokratie und nichts anderes würde jeder Bürger eines Landes für sich selbst tun! Oder hat irgendwer schon einmal gehört, dass die bei uns durchgeknallten… Mehr

Flavius Rex
4 Jahre her

„Italien würde unter ihm nie ein Sklave Brüssels sein.“

Was natürlich viel einfacher wäre, wenn man nicht mit hunderten von Milliarden beim Euro-System in der Kreide Stünde.

Die letzte Konsequenz fehlt, obwohl man natürlich heutzutage schon zufrieden ist, wenn überhaupt irgendwelche Konsequenz erkennbar ist, was z.B. in der Frage der afrikanischen Invasion bei Salvini der Fall ist.