Der Sozialstaat muss Mitwirkungsbereitschaft einfordern können

Wenn es im Hartz IV-Bezug Reformbedarf gibt, dann an ganz anderer Stelle. Wer bei Arbeitsaufnahme hinzuverdient, sollte nicht sofort 80 bis 100 Prozent auf seine Grundsicherung angerechnet bekommen, sondern wenigstens 30 bis 50 Prozent vom eigenen Verdienst – degressiv ausgestaltet - behalten dürfen.

© Christof Stache/AFP/Getty Images

Rund 6 Millionen Erwachsene und Kinder leben derzeit in Deutschland im Hartz IV-Bezug. Seit Jahren sinkt die Zahl einheimischer Bedürftiger, während sich die Zahl von Beziehern mit ausländischem Pass in den vergangenen fünf Jahren auf mehr als 2 Millionen verdoppelt hat. Knapp eine halbe Million Menschen sind seit 2005, dem Startjahr der heutigen Hartz IV-Gesetze, Dauerbezieher dieser staatlichen Leistung. Rund 45 Milliarden Euro kostet diese soziale Mindestabsicherung derzeit im Jahr. Die geltenden Gesetze geben den Jobcentern der Arbeitsagentur das Recht, mangelnde Mitwirkungsbereitschaft der Leistungsbezieher mit Leistungskürzungen zu sanktionieren. Wer etwa Termine versäumt oder es an der Eigeninitiative bei Qualifizierungsmaßnahmen oder der Vermittlung in Arbeit fehlen lässt, kann mit Leistungskürzungen bestraft werden.

Gegen diese „repressive“ Praxis läuft die politische Linke im Land schon lange Sturm. Doch jetzt beteiligen sich auch die Grünen in Gestalt ihres Vorsitzenden Robert Habeck an dem Generalangriff auf die ungeliebten Sanktionen für Sozialhilfebezieher. Habeck schlägt eine kostspielige Reformagenda vor, die er „Garantiesicherung“ nennt. Statt heute rund 6 Millionen Menschen würden von seiner Sozialleistung weit mehr als 10 Millionen Menschen profitieren. Arbeitslose und Geringverdiener würden damit nicht nur deutlich höhere Leistungen erhalten. Bei Ablehnung von Arbeit oder bei Terminversäumnissen müssten sie künftig nicht mehr mit Sanktionen rechnen. Bezeichnend übrigens der Titel des Habeck-Vorschlags: „Anreiz statt Sanktionen, bedarfsgerecht und bedingungslos.“ Das grüne Schlaraffia würde die heutigen Ausgaben für Hartz IV um rund 30 Milliarden jährlich erhöhen. Ich halte diese Summe übrigens für reichlich untertrieben. Im laufenden Überbietungswettbewerb der Parteien um eine Ausweitung des Sozialstaats macht das den Grünen aber keine Sorgen. Schließlich handle es sich bei dieser Summe gerade einmal um 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Die Mentalität, die hinter diesem sozialpolitischen Gutmenschentum steckt, ist hochgradig gefährlich. Sie untergräbt den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Denn die bürgerliche Mitte fühlt sich zunehmend als Lastesel unseres Wohlfahrtsstaates missbraucht. Leistungsloses Einkommen kann es in einer solidarischen Gesellschaft, die auf Erwerbsarbeit beruht, nicht geben – zumindest nicht für gesunde arbeitsfähige Menschen im Erwerbsalter. Von ihnen kann eine Gesellschaft erwarten, dass sie Eigeninitiative entfalten, damit sie baldmöglichst wieder auf eigenen Füßen stehen können. Deshalb ist auch die immer wieder erhobene Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen, auf das jeder Anspruch erheben kann, ein Hohn auf die vielen Millionen Finanziers, die mit ihrer Erwerbsarbeit und die darauf erhobenen Steuern und Sozialabgaben dieses aberwitzige und sündhaft teure Projekt finanzieren müssten.

Oder mit den Worten von Gesundheitsminister Jens Spahn formuliert, der sich in der BILD ausdrücklich für die geltenden Sanktionen und Zumutbarkeitsregeln für Hartz IV-Bezieher ausgesprochen hat: „Wenn ich in Hartz IV wäre, warum hätte ich das Recht, von der Einzelhandelsverkäuferin, die weniger verdient, zu verlangen, dass von ihren Steuern mein Lebensunterhalt finanziert wird – wo ich doch im Zweifel arbeiten könnte. Vielleicht ist es Kellnern, Reinigen oder Handwerk. Warum wäre mir das nicht zumutbar?“

Also Hände weg von der Sanktionsabschaffung! Wer hier staatliche Großmut walten lassen will, wird die bitteren Früchte schnell ernten. Die Hartz IV-Zahlen sind bereits heute ein Beleg für den Vorwurf, dass Deutschland Anreize zur „Einwanderung in die Sozialsysteme“ bietet. Ohne Sanktionen würden wir alle Schleusen öffnen – für Menschen mit wie ohne Migrationshintergrund.

Wenn es im Hartz IV-Bezug Reformbedarf gibt, dann an ganz anderer Stelle. Wer bei Arbeitsaufnahme hinzuverdient, sollte nicht sofort 80 bis 100 Prozent auf seine Grundsicherung angerechnet bekommen, sondern wenigstens 30 bis 50 Prozent vom eigenen Verdienst – degressiv ausgestaltet – behalten dürfen. Denn wenn die „Transferentzugsrate“, von der die Ökonomen in diesem Fall sprechen, so hoch wie heute liegt, dann lohnt sich die Arbeitsaufnahme nicht. Dann lässt sie sich auch mit Sanktionen kaum erzwingen.

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Kommentare ( 38 )

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enterfiles672
5 Jahre her

Man muss doch etwas schmunzeln wenn man sagt Deutschland sei ein Sozialstaat. Bestenfalls ist Deutschland eine Art Mogelpackung und gerade wenn man lockt wie mit Sozialleistungen also wenn du was bekommen sollst steckt ein riesiger Schwindel dahinter. Vieles was man !Bezugsberechtigten“ abverlangt ist doch alles andere als sozial. Den Ärmsten der Armen muss man ja was geben sonst würde der Sozial Schwindel auuffliegen aber was bekommen die Ärmsten der Armen? Von den aktuell 419 Euro kann man keine große Sprünge machen. Gerät man an „Fallmanager*innen“ die absurd ihre Stellung und Macht missbrauchen bist du wie der letzte Dreck arbeitest unter… Mehr

osthollandia
6 Jahre her

Die wollen das halt so. Die wollen Einwanderung mit allen Mitteln

Thorsten
6 Jahre her

Wenn das System nicht reformiert wird, dann ist ein einigen Jahren mit einem Kollaps zu rechnen. Wohl erst dann wird es was.

Fazit: „Augen zu und noch mal richtig auf Gaspedal drücken“ bis es knallt …

amendewirdallesgut
6 Jahre her

Einspruch euer Ehren : Das Modell daß wir „jetzt“ haben ist eine zutiefst intransparente , leistungsungerechte Raubgesidelunrechtsordnung , noch mehr Mißbrauch als das bestehende System hervorgebracht hat , ist nicht mehr möglich . Die meisten die ich persönlich kenne und diesen gesellschaftlichen Spaltpilz noch verteidigen sind entweder so vermögend daß es ihnen egal sein kann , oder sie leben selbst recht gut von diesem Krampf , oder sie gehören dem vertrauensunwürdigen Parteienstaatsapparat an , der der politischen Alternative das andichtet und vorwirft was er selbst seit jahrzehnten betreibt nur um seinen Standpunkt aus der Schußlinie zu nehmen , aber wenn… Mehr

robbyb
6 Jahre her

Du musst halt Vermögen anschaffen – Kapitaleinkünfte werden kaum besteuert.

Angelika Ziemann
6 Jahre her

Meine Nachbarin ist Fachkrankenschwester, kann aber aufgrund einer Erkrankung nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten, weder in der Altenpflege noch in einer Ambulanz oder sonstwo im medizinischen Bereich. Sie solle sich doch als Sekretärin oder andersweitig im Büro bewerben, hahaha sie bekommt zur Antwort:wir suchen keine Krankenschwester sondern eine ausgebildete Sekretärin, nicht einmal ein Rechtsanwaltsbüro hat sie genommen. Sie will arbeiten, möchte eine Ausbildung zur Erzieherin machen, die werden ja gesucht, doch das kostet Geld, dafür ist sie mit über fünfzig zu alt, obwohl sie ja bis mindestens 67. Lebensjahr arbeiten muss. Mittlerweile ist sie finanziell so weit runter, dass… Mehr

Roland Mueller
6 Jahre her

Für Personen mit zwei bis drei Ehefrauen und zehn bis zwanzig Kindern sind schon längst alle Schleusen geöffnet. Vielen Dank liebe schwarz-rot-grüne Blockflötenparteien. Das dabei meine Altersvorsorge verschrottet wird, interessiert euch nicht die Bohne.

Annegret Kuempel
6 Jahre her

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist doch angeblich so niedrig wie nie.
Wie vereinbaren sich dann diese 6 Mio Hartz 4 Empfänger mit diesen Zahlen?
Irgendwas stimmt doch da nicht!?

Roland Mueller
6 Jahre her
Antworten an  Annegret Kuempel

Planerfüllungspropaganda wie bei der SED macht den Unterschied aus.

Protestwaehler
6 Jahre her
Antworten an  Annegret Kuempel

Weil das BA inzwischen in „Arbeitslosen“ und „Arbeitssuchenden“ differenziert, wobei die Zahl der „Arbeitssuchenden“ wesentlich höher liegt als die zur Veröffentlichung aufbereitete Zahl der „Arbeitslosen“. Worin der Unterschied zwischen „Arbeitslosen“ und „Arbeitssuchenden“ besteht, wollte die BA allerdings nicht verraten… nur so viel: Jeder Arbeitslose ohne Deutschkenntnisse gilt als „unvermittelbar“ und taucht in der Arbeitslosenstatistik nicht auf… vielleicht in der „Arbeitssuchender“?. Ebenfalls interessantes Zahlenspiel, jeder Arbeitslose der sich im Jobcenter krank-schreiben lässt fällt aus der Arbeitslosenstatistik raus und zählt fortan als „beschäftigt“… wahrscheinlich mit seiner Genesung 😉 Statistisch geht man mit Landzeitarbeitslosen und alles ohne Job über 58j. wohl ähnlich um…… Mehr

AlNamrood
6 Jahre her

Wie so oft wird die Problematik und die Kritik an den Sanktionen hier missverstanden.
Wer sich mit dem System Hartz4 auseinenadergesetzt hat sollte wissen, dass Sanktionen a) meist willkürlich b) nach Quote und c) ungleichmäßig verteilt werden. Die ausländischen H4-Bezieher werden weniger sanktioniert als die Deutschen. Die Sanktionen dienen intern als Mittel zum Sparen bei den Ämtern.

Protestwaehler
6 Jahre her
Antworten an  AlNamrood

“ Die ausländischen H4-Bezieher werden weniger sanktioniert als die Deutschen“ …verständlich, welcher Sachbearbeiter steht schon auf Hausbesuche arabischer Familienclans 😉

AlNamrood
6 Jahre her
Antworten an  Protestwaehler

Nicht nur das. Der Rassismusvorwurf wiegt auch und gerade bei Beamten sehr schwer und das wissen unsere Neudeutschen auch.

Lara
6 Jahre her

„Die Mentalität, die hinter diesem sozialpolitischen Gutmenschentum steckt, ist hochgradig gefährlich. Sie untergräbt den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft. “

Der Zusammenhalt ist bereits hochgradig untergraben weil jeder Mensch aus der ganzen Welt nach Deutschland ohne jede Vorraussetzung einwandern kann und egal was er anstellt hierbleiben kann und bis ans sein Lebensende versorgt wird auf Kosten der restlichen Gesellschaft selbst wenn er nie etwas positives zu diesem Land beigetragen hat und nie beitragen wird.