Wir verblöden uns zu zu Tode

Digitale Medien, politische Ignoranz und künstliche Intelligenz schaffen gemeinsam das perfekte Klima für eine neue Ära der Verdummung. Was einst als Aufklärung begann, endet im betreuten Denken – zur Freude jener, die mit dem intellektuell entkernten Bürger machen können, was sie wollen.

„Wir amüsieren uns zu Tode“: Neil Postmans Buch beschrieb 1988 die verheerenden Folgen des Fernsehkonsums. Das war noch vor dem Siegeszug des Internet. Mit ihm nahm die Abkehr von der Schriftkultur Fahrt auf – und damit der Verfall des kulturellen Fundaments unserer abendländischen Zivilisation. Es sieht so aus, als stünde mit der Künstlichen Intelligenz der nächste Schritt Richtung Abgrund bevor: die systematische Verblödung des homo sapiens. Die Evolution kehrt um. Anmerkungen zur Nachtseite des technologischen Fortschritts.

I.

Das Fernsehen ist seit Postmans treffender Analyse nicht besser geworden. Es geht schon lange nicht mehr nur um Verseichtung. Das Medium dient als Propagandainstrument im Kulturkampf gegen die Errungenschaften der Aufklärung. Das Massenmedium verliert zugleich an Bedeutung. Fast alles bezieht der Mensch jetzt aus dem Internet. Damit aber kommen zur geistigen Verflachung auch kognitive Schäden. Zappelige Kinder lesen kaum noch, schon gar keine Bücher, und werden süchtig nach dem in asozialen Medien verbreiteten Unsinn. Das ständige Starren auf Bildschirme und der maßlose Konsum von Trash, das ist längst erwiesen, beeinträchtigt Funktionen wie Gedächtnis und Konzentrationsfähigkeit. Der Mensch wird tatsächlich dümmer. Der neueste Trend etwa ist „Brainrot“ (Hirnfäule) aus bizarren Figuren und sinnlosen Handlungen, millionenfach auf Plattformen wie TikTok geklickt. Wie sollen Kinder ihr Gehirn trainieren, die in Elternhäusern und an Schulen kaum noch lesen, geschweige denn schreiben (gar mit der Hand). Aber Politiker, Journalisten und Erzieher beschäftigen sich mehr mit der Verschandelung der gegenderten Sprache statt mit der Förderung von Sprache als Mittel jeglicher geistiger Tätigkeit. Dass das Leistungsniveau an den Schulen immer weiter sinkt, ist eine Binse. Nur schert sich die Bildungspolitik kaum darum.

II.

An den Hochschulen beklagen sich zunehmend Professoren darüber, dass immer mehr Studenten nicht in der Lage sind, einfache Texte zu verstehen, geschweige denn komplexe Bücher zu lesen. Keine Stunde halten sie durch, ohne auf ihren Laptops zu surfen. Der Oldenburger Historiker Michael Sommer zum Beispiel warnte jetzt vor einer „Gesellschaft von strukturellen Analphabeten“. Die Jura-Professorin Zümrit Gülbay-Peischard schrieb den Bestseller „Akadämlich“. Immer mehr Studenten gehören nicht an die Hochschule, nicht einmal an die 160 Lehrstühle für Genderwissenaschaften. Leistungsfeindlichkeit verbündet sich mit antrainierten kognitiven Schwächen. Da hilft es auch nicht, dass Pauken vor Prüfungen Verstehen ersetzt.

III.

Und nun steht die KI vor der offenen Tür. Sie wird Menschen einfache geistige Leistungen abnehmen. Niemand muss mehr einen Satz lesen müssen, weil ihm die Maschine vorliest. Niemand wird mehr eine Zeile schreiben, weil es genügt, sich dem Computer mündlich mitzuteilen. Wozu noch Wissen erwerben, wenn auch dies Apparate übernehmen. Die Zeit, sich besinnungslos zu „unterhalten“ nimmt zu. Der Mensch, wenn er denn zu nichts anderem mehr erzogen wird, hängt völlig am Tropf der Maschine.

IV.

Technologischer Fortschritt, der – neben seinen großen Vorteilen, die niemand bestreiten kann – dem Menschen das Denken abgewöhnt, nimmt ihm klammheimlich die Eigenverantwortung. Er macht das Individuum zum Spielball ideologischer und ökonomischer Interessen. Der verblödete Konsument merkt nicht einmal, was mit ihm geschieht. Es geht der Freiheit an den Kragen – und niemand kriegt es mit. Es profitieren diejenigen, die Macht über den Bürger ausüben: vor allem der Staat. Diese Gefahr ist von enormer gesellschaftlicher und politischer Bedeutung – aber genau deshalb findet der notwendige Diskurs darüber kaum statt. Die Profiteure haben daran kein Interesse. Der Niedergang der Bildung wie die durch die neuen Technologien verursachten kognitiven Schäden gehören zusammen. Dümmere und ungebildete Bürger sind die besten Untertanen. Der Staat will den betreuten und dirigierten Bürger. Am Streben nach Freiheit, am Nutzen des eigenen Verstandes ohne Anleitung – laut Kant das Wesen der Aufklärung – ist der postdemokratische Staat nicht interessiert. Deshalb setzt er der allgemeinen Verblödung nichts entgegen.

V.

Der so verbildete Bürger verbindet seine Ahnungslosigkeit mit Anspruchsdenken und seine Kleingeistigkeit mit Großkotzigkeit. Kein Wunder, dass eine Figur wie Annalena Baerbock zu den neuen Role Models zählt. Demnächst darf sie der Generalversammlung der Vereinten Nationen vorsitzen und sie mit vermeintlich englischen Sätzen wie „We have a nude government“ traktieren. Ja, die Regierung ist nackt. Und die Wahrheit ist manchmal ein Schalk. Sie schleicht sich unbemerkt ein und lässt die Dummheit in vollem Glanz erblühen.


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Kommentare ( 119 )

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119 Comments
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Oscar Hauptmann
1 Monat her

Einspruch, denn Denken musste man auch früher selber, wenn man es konnte.
Nichts was von Journalisten veröffentlicht wurde und wird ist nicht gefärbt.
Auch die Bilder sind so gewählt, damit sie eine Botschaft transportieren.
Das gilt für alle Medien, logischer Weise auch für KI.
KI bedeutet nicht Kein Irrtum.
Es unterstützt, vorallem bei der Recherche und Formulierung.
Aber trau, schau, wem.
Und wenn studenten nicht mehr Lesen bzw. Gelesenes nicht mehr aufnehmen können, sollen Sie es wegen mir inhalieren,
Nur verstehen, wiedergeben und anwenden müssen sie es können.
Ansonsten Tschüß.

WandererX
1 Monat her

Bereits 1978 lasen mache Psychologiestudenten keine Bücher, und dies erst recht bei Architekten und Ingenieuren. Das ist nichts Neues. Und wer viel TV klotz, hat zuvor auch nie viel gelesen! Also ist der Schaden begrenzt. An Bildung wirklich interessiert (was mehr ist als Romane zu lesen) sind maximal 5 – 10%. So ist das nunmal.So war es gestern und wird es morgen sein.Warum? Für Bildung braucht man einen kreativen Frontlappen, der im Alter von 1 bis 12 Jahren auch noch händisch- zeichnerisch animiert werden muß. Den hat nicht jeder und die meisten erhalten nicht Stift und Papier und die MUSE… Mehr

Simplex
1 Monat her

Man muss diese Entwicklungen nur in direkten Zusammenhang mit den Themen bringen, die offiziell keines Diskurses wegen des hohen Prozeßrisikos mehr zugänglich sind.

Peter Gramm
1 Monat her

Mich würde mal der Erkenntnisgewinn für die Wissenschaft aus vielen Dissertationen interessieren. Da ist wahrscheinlich nicht viel. Da ging es bei vielen eher um den Titel als um das Wissen. Die Funktion des Kopiergerätes war wahrscheinlich die höchste Erkenntnis.

elly
1 Monat her

An den Hochschulen beklagen sich zunehmend Professoren darüber, dass immer mehr Studenten nicht in der Lage sind, einfache Texte zu verstehen, geschweige denn komplexe Bücher zu lesen.
das begann lange vor KI. Die copy & paste Generation halt.

Haba Orwell
1 Monat her

Dazu passt dieser Artikel – westliche Bildungssysteme vermitteln das Vorbeten staatlicher Narrative anstelle des eigenen Denkens: https://tkp.at/2025/06/01/glauben-oder-selbst-denken/

> „… Die ideologisch-dogmatischen Bildungseinrichtungen Europas waren und sind der Tod des freien und logischen Denkens. … Wer in seiner Ausbildung vorwiegend geglaubt und wenig analysiert hat, der verinnerlicht leichter einen abrupten Klimawandel, unvorhersehbare Pandemien und unvermeidbare Kriege als Fakten. …“

H.H.
1 Monat her

Für manche Leute sind Rheinmetall-Aktien (gewinne) unmoralisch. Auch, oder erst recht, für Nvidia-Aktien?

Th.F.Brommelcamp
1 Monat her

Mit 75 Jahren habe ich die meisten TV Serien schon zum dritten mal gesehen. Die meisten in der Familie haben sich die Propaganda durch die Öffis schon verinnerlicht. Ein Zoon Politicon halten die Nachbarn für so was wie einen tasmanischen Teufel. Ich komme mir so unendlich alt vor! Ich kenne noch die Demokratie und die Liberalität aus alten Zeiten. Bevor Sie „unseren Demokratie“ und das Wort „LinksLiberal“ als contradictio in adiecto geläufig war. Ist es die Vorbereitung auf den Sozialismus?

November Man
1 Monat her

„Wir verblöden uns zu zu Tode“
Wer heutzutage die Lügenpresse liest oder den Fernseher einschaltet ist hochgradig gefährdet. Im Zweiten sieht man nicht besser, sondern wird wie im Ersten für blöd und dumm verkauft. Wer dem Kartell im Bundestag zuhört, wird nicht nur angelogen, sondern verblödet auch.
Also, klarer Warnhinweis!

Alf
1 Monat her

Verblödung ist Trumpf.
Hier zwei Beispiele
Wir beklagen die neuen Steuern von Trump auf Stahl und Aluminum. Wir beklagen uns über Exporte von Metallen nach USA?. Dabei brauchen wir diese selber. Wir sollten froh sein, diese Metalle bei uns verwenden zu können. Oder werden unsere Waffen aus China-Stahl gebaut? Die gleichen Argumente, die Trump vorträgt, gelten auch für uns.
Wir wollen Waffenexporte nach Israel beschränken? Aber Israel soll unsere Armee mit israelischem know how und Waffen ertüchtigen?
Hier ein paar Beispiele

Israels Drohnen für die Bundeswehr

https://www.israelheute.com/erfahren/israels-hightech-drohnen-fuer-die-bundeswehr-ein-strategischer-schulterschluss/

oder

Bundeswehr erhält von Israel erste Teile für neue Raketenabwehr

https://www.tagesspiegel.de/politik/system-arrow-3-liegt-im-zeitplan-bundeswehr-erhalt-von-israel-erste-teile-fur-neue-raketenabwehr-13634452.html

Wird werden verars…

Last edited 1 Monat her by Alf
Haba Orwell
1 Monat her
Antworten an  Alf

> Wir sollten froh sein, diese Metalle bei uns verwenden zu können. Oder werden unsere Waffen aus China-Stahl gebaut?

Ich bin überhaupt nicht bereit, 5% des Einkommens für Waffen auszugeben – nur weil Trump es befohlen hat und gerade das eifrige Vasallen übernehmen. Was übrigens Zölle betrifft – die USA sind mitten in komplexen Verhandlungen, dennoch wartet Trump diese Verhandlungen nicht ab, sondern verdoppelt ab nächster Woche die Stahlzölle? Was glaubt er übrigens – wie viele Stahlwerke die USA bis dahin bauen können?

Alf
1 Monat her
Antworten an  Haba Orwell

Wir brauchen keinen Trump und sein Zolltheater. Unser Land hat einen unvorstellbaren Nachholbedarf. Nicht nur Panzer, dies ist das Beispiel von Trump. wir können unseren Stahl auch für unsere marode Infrastruktur, Brücken, Bahngleise u.a. verwenden. Wer hier Stahl exportiert und sich über höhe Zölle beklagt, sitzt im falschen Firm. Wir müssen nicht exportieren, was wir selber benötigen. Soll doch Amerika den eigenen Stahl verwenden. Ja unsere Politdarsteller halten das Volk für blöd.