Bauern und Bürger

Es ist kurzsichtig, in der AfD die größte Bedrohung der Freiheit zu sehen. Es ist der Staat selbst, der seine Bürger an der Gurgel hat. Noch abwegiger ist es deshalb, ausgerechnet dem Staat die Bekämpfung dieser Gefahr anzuvertrauen. Der Glaube, mit Verboten sei alles zu regeln, ist typisch deutsch.

Der Versuch, die massenhaften Anti-AfD-Zusammenrottungen wohlmeinender Bürger als linkradikal unterwandert abzuwerten, ist so untauglich wie die Versuche der Habeckspießer, Bauernsternfahrten als rechte Hetze zu schmähen. Die Proteste unterscheiden sich scheinbar fundamental, haben jedoch manches gemeinsam.

I.

Die Bauern gehen nicht allein wegen der Kürzung von Subventionen auf die Barrikaden, das war nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, sondern weil ihnen die ganze Richtung nicht passt. Deshalb machen all die anderen ja mit: Handwerker, Wirte, Spediteure, die wertschöpfende, bürgerliche Mitte. Weil sie den Staat zunehmend als Bedrohung empfinden. Die Gutbürger dagegen sehen den Staat bedroht. Das ist auf den ersten Blick der wesentliche Unterschied. Ohne die Böse-Bauern-Demos aber hätte es die Brave-Bürger-Demos nicht gegeben. Sie waren unausgesprochen das Vorbild. Ihnen etwas moralisch Wertvolleres entgegen zu setzen, war die heimliche Idee.

II.

Eigentlich dürfte sich die Rebellion der Bauern nicht allein gegen den Staat richten. Das ganze System der Landwirtschaft ist krank. Sie ist eingeklemmt zwischen Düngemittel- und Lebensmittelindustrie und immer mächtigeren Handelsorganisationen. Im Big Business ist der Landmann der Schwächste. Der Staat sollte ihn eigentlich schützen. Er tut de facto aber das Gegenteil. Er erhöht den Zwang. Die Landwirtschaft ist komplett durchreguliert. Zerrieben zwischen Big Business und Behörden fehlt dem Bauer die Luft zum Atmen. Er ist der Leibeigene eines Dilemmas: die Industrie presst ihn aus, die grüne Obrigkeit mag ihn nicht. Zum Raubbau am Land kommt der Raubbau am Bauern. Insofern greifen die Demonstrationen zu kurz. Aber zu wahren Reformen ist der Staat – hier vor allem die EU – nicht in der Lage. Er hält sich am Schwächsten, an den Bauern schadlos. Wenn die Bauern den Staat nicht mehr als Existenzgaranten sondern als Existenzgefährder ansehen müssen, ist etwas grundsätzlich aus dem Lot. Wem sollen sie noch vertrauen?

III.

Der Staat ist mittlerweile aber nicht nur für die Bauern ein gewaltiges Problem, sondern für alle im Land. Er kriegt nichts mehr auf die Reihe, außer immer neue Zumutungen für die Bürger. Der Staat lenkt davon ab. Mal erklärt er das Klima zur größten Bedrohung, wenn das nicht hilft, die AfD. Es ist kurzsichtig, in der AfD die größte Bedrohung der Freiheit zu sehen. Es ist der Staat selbst, der seine Bürger an der Gurgel hat. Noch abwegiger ist es deshalb, ausgerechnet dem Staat die Bekämpfung dieser Gefahr anzuvertrauen. Der Glaube, mit Verboten sei alles zu regeln, ist typisch deutsch.

IV.

Die Anti-AfD-Demos waren für die meisten Teilnehmer ein wärmendes Gemeinschaftserlebnis. Dass so viele kamen, dass mancher Orts die Events sogar wegen Überfüllung abgebrochen werden musste, zeigt, dass keine Verschwörung, auch keine Kampagne dahinter steht. Es reicht leider nur zu selbstgefälligen Moralaktionen mit idiotischen, die Nazis verharmlosenden Vergleichen. Als „Weiße Rose“ fühlen sich gar manche. Das ist zum Fremdschämen. Die Feldgottesdienste der sich an sich selbst ergötzenden Musterbürger bewirken politisch nichts. Die Teilnehmer feiern sich selbst, ihren kostenlosen Mut, ihre aufrechte Gesinnung. Sie halten sich an dem Zeichen fest, das sie selbst setzen. Dafür gibt Anerkennung von denen, die das Problem, gegen das demonstriert wird, erst selbst geschaffen haben. Es sind jene Parteien, die diesem Land mit den schlechtesten Kanzlern in der Geschichte der Bundesrepublik Schaden zugefügt haben.

V.

Das hat etwas enorm Pharisäerhaftes. Dass Olaf Scholz, nicht zu den Bauern gegangen ist, sondern nur zu den Gutbürgern, ist bezeichnend. Und es ist ein Witz. Im Grunde hat er in Potsdam, Arm in Arm mit Annalena Baerbock gegen sich selbst demonstriert, nämlich gegen eine Politik, die die AfD täglich stärker macht. Nach dem Motto: Haltet den Dieb!

VI.

Um auf die Bauern zurückzukommen: Sie tun mehr gegen die AfD als die Verbotsdemonstranten auf der anderen Seite. Denn sie attackieren die wahren Ursachen der Misere, deren Ergebnis die AfD ist. Die Bauern und ihre Unterstützer sind nicht nur gegen etwas, sondern für etwas. Für ein funktionierendes Land. Die Gutbürger sollten nicht nur gegen die AfD protestieren, sondern für bessere Alternativen, für bessere Schulen, ausreichend Kita-Plätze, genügend Wohnraum für sozial Schwache, für eine gesunde Infrastruktur und und und. Die Straßen müssten Tag für Tag voll sein von empörten Bürgern, so viele Gründe dazu liefert der Staat.

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Kommentare ( 88 )

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Silverager
10 Monate her

Ich bewundere seit langen die brillant geschriebenen Artikel von Herrn Herles.
Nun lese ich mit Erstaunen, dass Herr Herles in diesem Artikel das Wort „AfD“ tatsächlich acht Mal verwendet hat. Dieses Wort wurde bisher meist vermieden.
Bravo, lieber Herr Herles !!!

WandererX
10 Monate her

Der Gutbürger sieht sich ja als staatsnah, der macht nur gegen „Falschdenker“ einen Aufmarsch! Die Bauern, Arbeiter und Handwerker sind die einzigen, die der Regierung gefährlich werden können, weil sich da die reale Kraft im Land querlegt und nicht nur weltfremde Schüler:innen! Die Zeit der verschnarchten und immer über den zahlenmäßigen Überstand eingeschüchterten Boomer – untertanen 1985- 2022 ist nun vorbei, auch weil Volbeschäftigung herrscht und Angstmache über die AG nicht mehr zieht. Auch die teils extrem arroganten und selbstherrlichen Minister werden das zu spüren bekommen.Wir haben nun eine Ära, die so unruhig ist wie die 1970er Jahre: diesmal machen… Mehr

Kappes
10 Monate her

Ich sehe nur Linke, die gegen die Alternative kämpfen, keine Konservativen.

hassoxyz
10 Monate her

Leider muß ich sagen, Herr Herles, daß ich von Ihrem Bericht diesmal etwas enttäuscht bin. Die Teilnehmer bei den Anti-AfD Demos kamen mit Sicherheit nicht aus der Mitte der Gesellschaft, sondern mehrheitlich vom linken Rand. Haben Sie nicht die vielen Flaggen der kommunistischen Antifa, der linksextremen Ende-Gelände und Extinction Rebellion Bewegung gesehen? Haben Sie nicht die vielen islamistischen Palästinenser-Flaggen nachdenklich gemacht? Oder die vielen Fahnen von Flüchtlings- und Seenotretter-Vereinen? Nach meinem Eindruck waren das überwiegend Wähler und Parteimitglieder von Rot-Grün, vor allem Grün, die noch mehr Massenmigration fordern und Migrationskritiker wie die AfD pauschal als Rechtsextreme und Faschisten diffamieren. Diesen… Mehr

Michael Palusch
10 Monate her

„Die Gutbürger sollten nicht nur gegen die AfD protestieren, sondern für bessere Alternativen, für bessere Schulen, ausreichend Kita-Plätze, genügend Wohnraum für sozial Schwache, für eine gesunde Infrastruktur und und und.“
Abgesehen davon, dass Herr Herles die Demos gegen die AfD irgendwie doch in Ordnung zu finden scheint, kann ich der Logik des Autors nicht ganz folgen.
Man schwächt die AfD, wenn man die Politik machte, die die AfD fordert?!
Wenn die Gutbürger dieses forderten, wäre es dann aber nicht eine Pro-AfD Demo?

Manfred_Hbg
10 Monate her

Moin TE-Redaktion Ich habe diesen Kommentar nun zum 4. Mal reingestellt nach dieser scheinbar 3 Mal gelöscht wurde. Könnt ihr mit bitte sagen, was hier das Problem ist? ? Denn ich äußere hier doch nix, was ich nicht auch sonst schon geäußert habe. Danke – – – – – Zitat: „Hier können die Nutzer zwar keine Banküberweisungen vornehmen, sich aber Bargeld auszahlen lassen.“ > Das ist doch, so wie auch die Hamburger AfD andeutet, Bullshitk: „können sich zwar Bargeld auszahlen lassen, aber keine Banküberweisungen tätigen“. Als wenn es nur die Möglichkeit geben würde, Überweisungen nur über das eigene Bank-Kto tätigen… Mehr

November Man
10 Monate her

Selbstverständlich sind das Demos der Linksextremisten die unsere Demokratie und unsrer FDGO genau so verachten wie die Leute die sie in Schutz nehmen. Daran gibt es nichts rütteln, nichts umzudeuten und nichts zu beschönigen.

The Wombel
10 Monate her

Die AfD ist die Bürgerbewegung, von verantwortungsvollen und vor allem, arbeitenden Bürgern mit Intellekt und Weitsicht, die sie immer war. Diese Leute haben sich zusammen geschlossen und sich organisiert, weil wir gesehen haben, was fûr negative Konsequenzen aus den fatalen Entscheidungen der „roten Hexe aus der der Uckermark“ für das Land resultieren. Die AfD wirkt, da sie mit ihren Anfragen wichtige Information aus der Regierung heraus bringen und dann auch das Volk informieren. Da die staatlichen Massenmedien , die von dem Altparteien Kartell kontrolliert werden, das ja nicht mehr tun. Im Gegenteil, diese haben jedes unsinnige Kanzler Geschwurbel als geistigen… Mehr

Walter Knoch
10 Monate her

Dem Staat obliegt es nicht, diese ganzen Probleme, die auf unseren Nägeln brennen, zu bekämpfen. Mit einer Ordnungspolitik, die Rahmen setzt, käme dieser Staat auch wieder in die Lage, seine Infrastruktur in Ordnung zu bringen. Vielleicht, nein gewiss, bräuchten wir auch einen Staat, der nicht übergriffig wird, nicht in unsere Konstituenten top-down mit Mehr-Eltern-Gesetz, mit drakonischen Strafgeldandrohung eingreift.

Peter Triller
10 Monate her

Die Lösung unserer Probleme, ist nicht nur eine andere Politik, die bekommt man vielleicht von der AfD oder BSW oder der WerteUnion. Aber nach kurzer Zeit verkrusten diese genauso, wie das heute herrschende Parteikartell. Wir benötigen weniger Politik und bei wichtigen Fragen das Referendum sowie die Abwahlmöglichkeit der Regierung durch qualifizierten Volksentscheid auch während einer Legislaturperiode. Grundrechte sind nur durch das Volk selbst temporär einzuschränken und nicht mehr durch die Polititaristokratie. Die Amtszeit von Ministern und Kanzlern ist auf 2 Perioden zu begrenzen. Abgeordnete erhalten ihr bisheriges Gehalt weiterbezahlt und fertig ist die Volksherrschaft, die ihren Namen verdient.