Im Schatten des Nahost-Krieges: Putin offen für Gespräche mit Merz und Selenskyj

Wladimir Putin hat erstmals öffentlich ein Gespräch mit dem neuen Bundeskanzler Friedrich Merz in Aussicht gestellt – sofern dieser den Kontakt suche. Gleichzeitig warnte er eindringlich vor Lieferungen der Marschflugkörper Taurus an die Ukraine. Außerdem stellte der russische Präsident Bedingungen für ein Treffen mit Wolodymyr Selenskyj.

picture alliance/dpa/TASS | Alexander Demianchuk
Wladimir Putin, St. Petersburg, 18.06.2025

Beim traditionellen Treffen mit internationalen Nachrichtenagenturen im Rahmen des St. Petersburger Wirtschaftsforums (SPIEF) zeigte sich Putin gesprächsbereit: „Wenn der Kanzler Kontakt sucht, sind wir offen dafür.“ Es ist das erste Mal, dass sich der russische Präsident direkt zum CDU-Politiker äußert, seit dieser im Mai ins Amt gewählt wurde.

Doch das Angebot kam nicht ohne Drohungen. Sollte Berlin Taurus-Marschflugkörper bereitstellen, drohe „sehr schwerer Schaden“ für das Verhältnis zwischen Moskau und Berlin, so Putin. Seine Begründung: „Nur deutsche Offiziere können diese Waffe steuern.“ Damit wäre Deutschland laut Putin „faktisch Kriegspartei“. Tatsächlich würde eine Taurus-Lieferung – bislang von der Bundesregierung nicht beschlossen – aufgrund der nötigen Zielprogrammierung sensible Fragen der Beteiligung aufwerfen.

Keine Rolle für Deutschland als Vermittler

Putin wies zudem erneut die Idee zurück, Deutschland könne eine vermittelnde Rolle im Ukraine-Konflikt einnehmen. Für ihn steht die Bundesrepublik klar auf Seiten der Ukraine – nicht nur durch die Lieferung westlicher Panzer, sondern auch durch „deutsche Technik auf russischem Boden“, wie er mit Verweis auf Einsätze in der Region Kursk behauptete.

Zur Lage an der Front äußerte sich Putin siegessicher: Die russische Armee habe „in allen Richtungen strategische Vorteile“. Zwar erzielt Moskau aktuell Geländegewinne im Osten der Ukraine, doch Experten sprechen von hohen Verlusten auf beiden Seiten.

Bedingungen für ein Treffen mit Selenskyj

Ein Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj schloss Putin theoretisch nicht aus, er stellte aber Bedingungen: Moskau zweifelt weiterhin an der Legitimität Selenskyjs, da dessen Amtszeit im Frühjahr 2024 formal endete. Wegen des Kriegsrechts wurden in der Ukraine allerdings keine Wahlen abgehalten – ein Vorgehen, das international breite Anerkennung findet.

Indirekt ließ Putin erkennen, dass er ein Friedensabkommen nur mit einer neuen ukrainischen Führung für denkbar hält. Eine Haltung, die Kiew als Erpressung interpretiert – und die Chancen auf Verhandlungen weiter sinken lässt.

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Kommentare ( 25 )

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Freigeistiger
19 Tage her

Warum sollte Putin bei einem großen internationalen Wirtschaftsforum in Russland keine Bereitschaft zeigen, auch mit dem deutschen Kanzler zu reden, falls dem danach ist? Erstens gibt es noch andere Themen als Ukrainekrieg, zum Beispiel eben wirtschaftliche, und zweitens schadet es nie, wenn man auch bei unterschiedlicher Meinung miteinander spricht, im Gegenteil. Putin ist auch verhandlungsbereit, sofern bzw. sobald Kiew und seine Unterstützer eine realistische Grund-Position einnehmen: keine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine sowie Verbleib der nunmehr russischen Gebiete (Krim, Donbass) bei Russland. Erst dann können Verhandlungen aus Putins Sicht zu einem Frieden führen. Einen Friedensvertrag müßte dann der Präsident des ukrainischen Parlaments… Mehr

Last edited 19 Tage her by Freigeistiger
Rosalinde
19 Tage her
Antworten an  Freigeistiger

Weil Minister Lawrow den BK Merz als Nazi bezeichnet hatte und die russischen Medien das nicht viel anders sehen.

F. Hoffmann
19 Tage her

Und dann? Wird Putin bei Kaffee und Kuchen seine Bedingungen stellen und die Herren dürfen nach Hause fahren. In Berlin wird unterdessen Putins Moskau-Truppe, v.a. in der SPD scharf gemacht, und versucht Deutschland vom restlichen Westen abzuspalten. Da kann Merz auch in Berlin in ein Café gehen.

Wilhelm Roepke
19 Tage her

Nach meiner Kenntnis bilden wir seit vielen Monaten ukrainische Soldaten in Deutschland an der Panzerhaubitze 2000 aus. Nach meiner dunklen Erinnerung ist das Ausbilden von Soldaten einer aktiven Kriegspartei auf deren Boden oder im eigenen Land ein impliziter Kriegsbeitritt auch ohne formelle Kriegserklärung, aber vielleicht sind die Kenntnisse mancher Mitforisten weniger eingerostet als meine…🫣

Schlussfolgerung: Taurus ändert juristisch auch nichts mehr, aber vermutlich politisch.

F. Hoffmann
19 Tage her
Antworten an  Wilhelm Roepke

In der Ukraine gibt es keinen Krieg sondern einen „Sondereinsatz“ der Russen. Es gibt keine offizielle Kriegserklärung.

BKF
18 Tage her
Antworten an  F. Hoffmann

In der Ukraine gibt es keinen Krieg sondern einen „Sondereinsatz“ der Russen. Es gibt keine offizielle Kriegserklärung“ Interessantes Argument. Dann gab es auch ab 41 keinen Krieg zwischen dem Reich und der SU, da es auch keine offizielle Kriegserklärung gab? War das dann auch nur eine Spezialoperation des Reiches oder eine Präventivmaßnahme wie man es in anderen Weltregionen nennt? Das würde einiges in der Geschichte über den Haufen werfen, wenn man dem Argument mit der offiziellen Kriegerklärung folgen würde.

F. Hoffmann
15 Tage her
Antworten an  BKF

Ich zitiere nur die Russen. Dort heißt der von ihnen angezettelte Krieg in der Ukraine „Spezialeinsatz“. Können Sie gerne googeln.
Richtig, D hatte RUS nicht den Krieg erklärt. Man war offiziell sogar verbündet und hatte gemeinsam Polen massakriert.
P.S. Und warum hat Putin der Ukraine nicht den Krieg erklärt, wenn er dort einen führt? Weil er wie Hitler ist?

Last edited 15 Tage her by F. Hoffmann
AmitO
19 Tage her
Antworten an  Wilhelm Roepke

Ausbildung an der PzH 2000 ist völkerrechtlich gesehen „Grauzone“, sprich nicht wirklich Kriegspartei aber nicht mehr neutral. Bereits hier wird also Russland überlassen, ob sie dies als kriegerischen Akt werten, oder nicht. Sie haben sich für „nicht“ entschieden. Allerdings: Taurus müssen von Deutschen in Deutschland aus mit Zieldaten gefüttert werden (siehe Gesprächs-Leak der Luftwaffen-Offiziere). Wenn damit Ziele im russischen Kernland getroffen werden, entspricht das einem deutschen Angriffskrieg auf Russland. Um es mal zivilrechtlich zu umschreiben. Wenn ich jemanden eine Waffe schenke, diese für ihn halte und ziele, sodass er nur den Abzug betätigen muss, dann muss ich mich vor Gericht… Mehr

Nibelung
19 Tage her

Verluste an der Front sind zwar bedauerlich ändern aber nichts mehr an der Tatsache, wenn der Gegner sich am Ende ergeben muß. Das hat früher schon die wenigsten in der ersten Liga gestört und wird heute nicht anders sein und wenn Trump den fatalen Fehler macht direkt im Nahen Osten einzuschreiten, läutet er somit sein eigenes Ende ein, weil gerade seine Anhänger was gegen eine Militäraktion haben und nun sitzt er mit seiner Entscheidung zwischen den Stühlen, worum er nicht zu beneiden ist. Da ist Putin weit intelligenter indem er seine Widersacher austrocknet und sie dann nach Wasser betteln und… Mehr

Klaus Kabel
19 Tage her

Ähm …was, bei Gott, will Putin von Merz? Da kann der Russe doch gleich Brigitte Haas, die Regierungschefin Liechtensteins, einladen. Da kommt wahrscheinlich mehr und konstruktiveres raus als mit Merz.

Last edited 19 Tage her by Klaus Kabel
Manfred_Hbg
19 Tage her

Zitat 1: „Tatsächlich würde eine Taurus-Lieferung – bislang von der Bundesregierung nicht beschlossen – aufgrund der nötigen Zielprogrammierung sensible Fragen der Beteiligung aufwerfen.“ > Mal abgesehen davon, dass Putin auch selber Marschflugkörper anderer Staaten am einsetzen ist und das auch der Marschlugkörper „Storm Shadow“ vermutlich von franz. und britischen Militärs programiert wird und das es hier bei einer deutschen Programierung des Taurus dann nix anderes wäre, so würde ich dann auch mit Blick auf die mehrfachen Steuerungsmöglichkeiten des Taurus nicht unbedingt darauf wetten wollen das hier bei einer Zieleingabe unbedingt deutsche Militärs notwendig sind. Denn wo mittlerweile selbst jeder trottellige… Mehr

AmitO
19 Tage her
Antworten an  Manfred_Hbg

GPS ist in Russland defacto abgeschaltet.
Die selbst benutzen GLONASS. Insofern wird der Taurus auf Trägheitsnavigation zurückgreifen in Kombination mit Vectormaps. Diese wurden Deutschland von den USA zur Verfügung gestellt.
So billig ist die Programmierung nun auch nicht, wie mit einem Navi auf ein paar Wegpunkte tippen.

Manfred_Hbg
19 Tage her
Antworten an  AmitO

Zitat: „GPS ist in Russland defacto abgeschaltet.“ > Ja, das stimmt – …oder das GPS wird zumindest immer wieder zeitweise arg gestört. Was dann auch der Grund dafür ist, dass sich EUropäische Fluglinien, die sich in der Nähe zu RU befinden, immer wieder über GPS-Störungen beklagen. Und was das russ System GLONASS betrifft, hier habe ich nun doch mal auf die Schnelle ein klein wenig rechechiert und es gibt Hinweise dazu, dass der Taurus auch GLONASS nutzen klnnen soll. Wobei es mich ehrlich gesagt auch ein wenig gewundert hätte, wenn man beim Taurus diese Möglichkeit nicht genutz hätte -…..hinzu wo… Mehr

wackerd
19 Tage her

Warum wohl will Putin mit Merz sprechen, wenn er ihm eine Vermittlerrolle abspricht. Wahrscheinlich wird er Merz eher die Konsequenzen aufzeigen, wenn Deutschland beginnt, Taurus zu liefern (und zu programmieren?).

GefanzerterAloholiker
19 Tage her

Mit Selenski hat er sich nichts zu sagen, weil der nicht das Dokument unterschreiben wird. Das ist ein echter Putin-Witz. Der Mann hat politisch gescheite Witze drauf: er kann üble Ironie. Herr Putin ist ein lockerer Typ. Immer und immer wieder gibt er allen die Chance, sich gesichtswahrend aus der Affäre zu ziehen. Wäre der Betrug der Inder nicht gewesen, die für die 30 Mrd Entwicklungshilfe die Rohstoffe für die Munition lieferten, wäre dem Westen längst die Munition ausgegangen. Daher auch die Frage an den deutschen BK ein wirklicher Witz: „willste Gas,Friederich? Preiswert und gut? Haste ja bezahlt.“ Der Putin… Mehr

Talleyrand
19 Tage her

Es wäre sicher eine gute Sache, spräche Putin mal mit Merz. Der könnte bestimmt eine ganze Menge Nützliches dabei lernen. Zum Beispiel etwas über Politik und rationales Handeln. Aber vermutlich ist der Fritz in dieser Hinsicht wenig lernbegierig.

Last edited 19 Tage her by Talleyrand
Rene Meyer
19 Tage her

Moskau zweifelt weiterhin an der Legitimität Selenskyjs, da dessen Amtszeit im Frühjahr 2024 formal endete. Wegen des Kriegsrechts wurden in der Ukraine allerdings keine Wahlen abgehalten – ein Vorgehen, das international breite Anerkennung findet.

Dass die Opposition in der Ukraine Wahlen fordert, scheint Sie nicht zu interessieren, und der überwiegende Teil der ukrainischen Bevölkerung (sowohl im Osten als auch im Westen) Frieden will, offenbar auch nicht.