Argentiniens Präsident Javier Milei hat mit seinen marktwirtschaftlichen Reformen weltweit Aufsehen erregt und wird von seinen Befürwortern als kompromissloser Kämpfer gegen den übermächtigen Staat gefeiert. Sein radikaler Kurs zeigt bereits wirtschaftliche Erfolge. Deutschland läuft in die Gegenrichtung.

Friedrich Nietzsche hat einmal geschrieben, Gedanken, die mit Taubenfüßen kommen, lenkten die Welt. Freunde der wirtschaftlichen Freiheit sollten hoffen, dass sich der Meisterdenker an dieser Stelle ausnahmsweise geirrt hat. Denn im Falle des Comebacks des Kapitalismus ist es eher die metaphorische Kettensäge, die den Gedanken führt.
Argentiniens Präsident Javier Milei, der das kraftvolle Kettensägen-Meme im Wahlkampf 2023 in die Welt setzte, kommuniziert eher im Fortissimo. Die leise Fuge ist seine Sache nicht. Eine kleine Kostprobe aus einem Interview mit La Nación im Jahr 2021: „Der Staat ist ein krimineller Mechanismus, durch den eine Mehrheit sich das Geld der anderen aneignet.“ (Im Original: „El Estado es una asociación criminal donde una mayoría se roba el dinero del resto.“)
Das ist Musik in den Ohren der Libertären, die Mut macht, nachdem sie in der Vergangenheit politisch an den Katzentisch verbannt wurden und mit ansehen mussten, wie ihre Lehre vom freien Markt von der links-etatistischen Mehrheit verspottet wurde. Der überzeugte Libertäre Milei hat erkannt, dass es klarer Ansprache bedarf, die in den Köpfen und Medien fest wurzelnden Sozialismen mit Stumpf und Stiel herauszureißen. Sozialismus besitzt die unangenehme Eigenschaft, immer wiederzukehren – wie Herpes, das auf homöopathische Behandlung nicht mit Rückgang reagiert. Es bedarf einer harten Schocktherapie.
Mileis Schocktherapie
Eine solche Therapie stellte Milei seinem vom Peronismus gebeutelten Volk 2023 in Aussicht – und die Argentinier griffen zu. Zu frisch war die Erinnerung an den wiederholten Währungskollaps fünf Jahre zuvor, auf den eine schwere Wirtschaftskrise folgte, die das lähmende Klima der Staatswirtschaft für jedermann spürbar machte. Der Politik gelang es in der Folge nicht mehr, die Kausalität zwischen überbordendem Staatswesen und gesellschaftlicher Krise medial zu zerstreuen, wie es in Deutschland noch immer tägliche Praxis ist.
Sechs Prozent weniger Staatsanteil, die den Unterschied machen: Weniger staatliche Abzocke, mehr Raum für die Realwirtschaft, für Unternehmertum und dezentral gesteuerte Investition. Nur so kann eine Ökonomie gedeihen.
Es ist dieser scheinbar kleine, faktisch aber gewaltige Unterschied, der dem Land einen neuen Charakter verleihen wird. Hat er Erfolg mit seiner Strategie, wird Milei zu einem gefährlichen Antagonisten. Er ist der Kontrapunkt, der plakativ und propagandistisch offenlegt, was im zentralistisch-invasiven EU-Europa falsch läuft.
Mutig auch auf Feindes-Terrain
Wie ein Bildhauer schlägt Milei überflüssigen Stein vom Block – die Vision eines schlanken, funktionalen Staatswesens fest im Blick. Milei versucht, einem über Jahrzehnte verformten und degenerierten Staatsgebilde klare Kontur zu geben. Er will ihn fit machen, um seiner originären Aufgabe als Garant für innere und äußere Sicherheit gerecht zu werden. Diese Politik schafft Raum für Eigenverantwortung, Initiative, Wachstum. Indem er dem Staat Grenzen setzt, öffnet er dem privaten Sektor die Tore.
In seiner famosen Rede vor dem World Economic Forum in Davos 2024, gab Milei eine seiner berüchtigten Kostproben und hielt den Pilgern im Mekka des Etatismus den Spiegel vor:
„Sozialismus ist ein wirtschaftlicher, kultureller und moralischer Fehlschlag.“
Selten hat ein Staatspräsident einer G20-Nation mit klareren Worten vor den Gefahren des Sozialismus und des europäischen Etatismus gewarnt wie Milei in dieser Rede. Man spürt, dass er in der Dissonanz zwischen der Welt der Freiheit und dem zivilisatorisch verformten Zwangsstaat ein stimulierendes Energiereservoir entdeckt hat.
Erste reiche Ernte
Sein Kampf mit offenem Visier zeigt erste Erfolge: Argentiniens Wirtschaft ist im ersten Quartal dieses Jahres mit einem Wachstum von 5,8 Prozent regelrecht explodiert. Der private Konsum schoss um 11,6 Prozent in die Höhe. Und als hätte man den ewigen argentinischen Fluch gebrochen, sank die Inflationsrate im Mai auf 1,5 Prozent. Nichts scheint diesen Zug zu stoppen.
Was für ein Bruch mit der alten Schule: Unter den Sozialisten vom Schlage der Kirchners war die Enteignung der Bürger mit Hilfe der Inflation Staatsräson. Argentinien, einst eine reiche Gesellschaft, zahlte einen hohen Preis für die Stabilisierung zentralisierter Macht, die alles daran setzte, das marode Gebilde liquide zu halten. Milei opfert mit der Inflation eine gut verborgene Einnahmequelle des Staates: Inflation begünstigt den Schuldner nominal festgeschriebenen Kredits. Und der postmoderne Hyperstaat ist der größte Schuldner, der über progressive Steuertarife oder fiskalisch fixierte Einkommensklassen auf Kosten der Bürger kräftig an der Teuerung verdient.
Die Erfolgsbilanz des argentinischen Aufschwungs ließe sich beliebig fortschreiben. Begnügen wir uns an dieser Stelle mit einem weiteren Schlaglicht: Der Kreditmarkt, jenes sensible Barometer des Investorenvertrauens, wird laut Morgan Stanley in diesem Jahr um beeindruckende 50 Prozent wachsen. Auch der Hypothekenmarkt steht unter Dampf. Um sagenhafte 260 Prozent ist das Geschäft mit Baukrediten in einem Jahr gewachsen. Argentinien glaubt wieder an seine Zukunft und wagt den Schritt nach vorn.
Das Glück belohnt den Mutigen
Ein wenig Glück spielt Milei an dieser Stelle in die Karten. Sein Reformwerk fällt in eine Phase, in der sich der regionale Business-Cycle erholt und der US-Dollar deutlich abwertet. Das erleichtert die Refinanzierung des argentinischen Schuldenbergs und nimmt Druck vom Reformkessel. Eine günstige Gelegenheit für Milei, den Umbau des Staatsapparates voranzutreiben.
Kaum vorstellbar, wie Medienprofi und Aphorismenmotor Milei diesen Triumph in den kommenden Wochen mimetisch-medial zelebrieren wird:
„Der Staat ist keine Lösung – der Staat ist das Problem.“
Ein wiederkehrendes, beinhartes Mem, das im staatszentrierten Deutschland naturgemäß auf blankes Entsetzen und Unverständnis trifft. Aber denjenigen, die willens sind, die Problemlage Deutschlands zensur- und ideologiefrei zu analysieren, könnte dieser kleine intellektuelle Peitschenhieb auf die Sprünge helfen: Mit dem Rückbau des Staates würde ein Problemkomplex adressiert, der von der Migration ins Sozialwesen, über den fiskalischen Raubzug bis hin zum erdrückenden deutschen Bürokratismus reicht. Doch erst wenn die Politik letzte Reserven und Kredit beim Wähler verspielt hat, wird sich der politische Wille zeigen, klar Schiff zu machen und der Staatshydra die Köpfe auszubrennen.
Berliner Treibhaus
Für den grünen Fritz, Schulden-Lars und die Berliner Sozialstaatsingenieure sind die Mileischen Erfolgsgeschichten selbstverständlich böhmische Dörfer. In der Hauptstadt versammeln sich Zentralplaner, Neosozialisten und grüne Umverteiler zu einer andauernden Séance der Freunde einer klimaneurotischen Kontrollgesellschaft.
In Berlin treffen sie auf das ideale Biotop: ein politmedial besonnter Südhang, auf dem ihre Ideologie ideal gedeiht. Die Stadt ist längst zum psychodynamischen Treibhaus mutiert, das genau jene Pflanzen emporzieht, die nun die Gesellschaft überwuchern. Noch einmal Milei, frei übersetzt:
„Überlässt man dem Sozialismus die Macht, endet man im Elend – nur gleichmäßiger verteilt.“
Und die Saat des deutschen Sozialismus geht auf. Die Staatsquote steuert ungebremst auf die 50-Prozent-Marke zu – der Staat verzehrt die Hälfte der Wirtschaftskraft. Und die Politik ist fest entschlossen, die Marke zu knacken. Mit einer Billion neuer Schulden in den kommenden Jahren will man den Beweis antreten, dass es gelingen kann, 90 Jahre keynesianischer Fehlwirtschaft vergessen zu machen. Ökonomische Gravitation wird diesen Blindflug durch die Wirtschaftsgeschichte jäh beenden, der Anleihenmarkt eine Mauer errichten, an der die Berliner Politik abprallen wird wie Fliegen an einer Fensterscheibe.
Intellektuell ausgezehrt, geschichtsblind und ideologisch verbohrt läuft das Land in die Gegenrichtung Mileis. Irgendwo auf der Strecke werden sich die Wege kreuzen. Man wird sich zunicken, höflich, doch ohne einander zu verstehen und die Reise fortsetzen. Der eine führt bergauf. Der andere ins Tal.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
mehr Wohlstand durch weniger Staat……das würde in deutschland aber gerade die wohlhabenden hart treffen. Ich kann mich noch gut erinnern als Merz CDU mit der bierdeckelsteuer kam. Reflexartig klatschen die konservativ-liberalen wohlhabenden bürger aber als ihnen klar wurde das das für sie ein großer nachteil ist schlug das in ablehnung um. Bei der bürokratie ist das nicht anders da diese überwiegend auf lobbyismus basiert.
Einerseits bin ich froh, dass ich schon zu alt bin (82), um die vollen Auswirkungen des Sozialismus-Experiments und die darauf folgende Islamisierung Deutschlands noch mitzuerleben. Wenn ich jünger wäre, würde ich Spanisch lernen, was mir nicht schwer fiele, da ich in der Schule Latein hatte und sehr gut italienisch spreche. Dann würde ich nach Mileis Argentinien auswandern. Ich stelle mir das Leben dort vor, wie in den ersten Jahren nach dem Krieg, als mit Ludwig Erhards libertärer Agenda das deutsche „Wirtschaftswunder“ stattfand. Das habe ich – Gott sei Dank – miterlebt. Es war echt eine tolle Zeit. Alle packten an… Mehr
Aus vollem Herzen kann ich (75) unterschreiben.
Ich durfte GUTE Jahre erleben, phantastische Entwicklungen wie in nur beispielsweise Genetik, EDV, Reisen, Medizin … und bin – wem auch immer – dankbar dafür …
Dass ich auf meine alten Tage nun noch miterleben muss, dass dieses Land, das Land von … die Liste ist lang … von Idioten DERMASSEN gegen die Wand gefahren wird … DAS ist „das Elend“ meiner ansonsten guten alten Tage.
So sehr ich es bedauere, dass ich keine Kinder habe,
„irgendwie“ bin ich n u n FAST froh drum!!! –
Man kann nur wünschen, dass Milei Erfolg hat. Einmal für Argentinien und die gebeutelten Argentinier selbst, einmal als Beispiel dafür, dass es auch anders geht. Aber Milei hat eine Menge Gegner. Im eigenen Land und auch bei uns. Von denen wird er wahlweise als Satan, Nazi oder sonst was verleumdet, nicht zuletzt von unserem Überflieger Friedrich Merz. So leicht, und das hat die Geschichte uns gelehrt, gibt der Sozialismus ja nicht auf…
Milei hat gut reden – der sitzt weit ab von Russland und wird von Putin nicht bedroht. 😂🤔 ernsthaft: toller Artikel – auf den Punkt. Leider mit der düsteren, nicht ausgesprochenen Aussicht: sowas ist mit den (west-)deutschen Kleingeistern des politischen Feinripp und den komatösen Tagesschaukonsumenten nicht zu machen. Der erste ernsthafte Versuch auf deutschem Boden wurde 1989 umgehend im Keim erstickt und zur Kolonisierung der neuen Art freigegeben. Der später mit der NATO-Osterweiterung und der EU-Erweiterung in großem Maßstab fortgesetzt wurde. Irgendwann erreicht auch der „Wertewesten“ in seinem Expansionsdrang im Namen „seinerDemokratie“ und „seiner Frieheit“ die Grenzen des letzten Billiglohnlandes… Mehr
Deutschland braucht doch keine Reformen – wer kommt denn auf solche Gedanken ?
Alles richtig gemacht, alles richtig (nicht) geplant – wir sind nun mal die Besten.
Ich verstehe nicht, wieso man daran zweifeln kann.
Im Gegensatz zu Deutschland kennt Argentinien keine Migrationsprobleme, huldigt nicht dem Klimawahn oder der Diversität und muss sich weder mit dem Gaza-Konflikt noch dem Ukraine-Krieg auseinandersetzen. Damit hat man natürlich finanzielle und geistige Kapazitäten frei, die man für den Aufbau des Staates nutzen kann.
Die Günstlinge dieses Systems werden es nie verändern. Sie leben ja bestens versorgt davon. Auch der Verweis auf L. Erhard geht fehl. Die Bedingungen zu Zeiten Erhards waren andere als heute. Die Märkte damals waren leer gefegt im Unterschied zu heute wo wir es mit gesättigten Märkten zu tun haben.
Der Verweis auf Ludwig Erhard geht genau in die richtige Richtung. Die argentinische Wirtschaft wächst mit über 5% p.a., genau wir in den Anfangsjahren der Bundesrepublik unter Erhard, trotz aller, wie Sie meinen, „gesättigter Märkte“.
Sie scheinen der Meinung zu sein, „gesättigte Märkte“ bedeuten wirtschaftlichen Stillstand. Dem ist nicht so. Wirtschaftlicher Stillstand entsteht einzig mit dem Einzug des Sozialismus, wie man in Deutschland gerade sieht.
ich meinte – gesättigte Märkte machen Wirtschaftswachstum schwieriger.Insbesondere die Distributionskosten steigen an. Auch das Gerede von irgendwelchen -ismen trägt nicht. Der Mensch kauft was er benötigt und was er sich leisten kann. Dazu müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Sonst läuft nichts. Wenn aber immer mehr für irgendwelchen bürokratischen Firlefanz weggenommen wird bleibt denklogisch immer weniger für den Konsum. Die Günstlinge von denen ich sprach wollen dies halt nicht wahr haben.
Mit Verlaub: Das ist „wenig durchdacht“.
Es gibt keine „gesättigten Märkte“.
Sozialismus besitzt die unangenehme Eigenschaft, immer wiederzukehren – wie Herpes, das auf homöopathische Behandlung nicht mit Rückgang reagiert. Es bedarf einer harten Schocktherapie. Und: „Der Staat ist keine Lösung – der Staat ist das Problem.“ Diese beiden Zitate sind der Inbegriff für Deutschlands Niedergang. Ich gönne den Argentiniern diese Freiheit und Zuversicht für deren positiv aussehende Zukunft. Viel zu lange mussten sie unter dieser Sozialismus-Diktatur leiden. Wir haben leider in Deutschland das Ende dieser fürchterlichen Epoche noch nicht erreicht, nach wie vor geht es allen anscheinend nicht schlecht genug, um ebenfalls zu rebellieren. Da kann man noch viel mehr kaputt… Mehr
So sehr ich ihre Ansicht teile, so sehr muß ich ihnen widersprechen. Unser Außenkanzler wird einen riesen Bogen um die Probleme unseres Landes machen, dazu hat er seine linksgrünrotwoken Minister und Ministerinnen. Außerdem hat der Kanzler keine wirkliche Macht. Wenn der etwa den Minister/innen „Anweisung“ geben würde 10% aller Mitarbeiter zu entlassen und mindestens 20% in jedem Resort einzusparen würden die einfach sagen: Pöh, du kannst viel erzählen ich mache sowieso was ich will!! Das ist ein Unterscheid zu Milei.
Milei ist eine der wenigen Ausnahmen, der es geschafft hat, sich auf wundersame Weise ohne nachhaltige Gegnerschaft mit seinen wirtschaftsliberalen Gedanken durchzusetzen und auch sichtbaren Erfolg dabei hat und Musk wollte ihm nacheifern, wo er genau auf die Interessen beider Parteien gestoßen ist, die viel erzählen, solange der Tag lang ist, aber im Grunde genommen größten Wert auf ihr eigenes Wohlbefinden legen und da spielt der Staatshaushalt nur eine untergeordnete Rolle, was man ja am Buchwert von 36 Billionen aufgelaufen im Minus sieht und keine Glanzleistung darstellt und damit die Unfähigkeit seit Jahrzehnten aufzeigt, wenn man über die eigenen Verhältnisse… Mehr
> mehr Wohlstand durch weniger Staat
Buntschland hat nicht nur immer mehr Staat, sondern holt sich zusätzlich noch den supranationalen Möchtegerne-Staat: https://tkp.at/2025/07/02/pandemiezentrale-berlin-als-who-knotenpunkt/
> „… Nach dem Rückzug der USA ist Deutschland das unangefochtene Zentrum der WHO im Westen. Eine WHO-Unterorganisation hat seit 2021 ihre Zentrale in Berlin, bisher noch provisorisch. Doch die WHO baut aus. Manche sprechen vom „Geheimdienst“ der WHO. …“
Das bedeutet irgendwie doppelte Bürokratie, die man füttern muss.