Das Renommee von Elite-Universitäten ist zerstört

Nach dem Angriff und bestialischen Morden der Hamas auf und an israelischen Zivilisten, explodierte der Judenhass von Studenten an US-Elite-Universitäten. Deren Präsidentinnen mussten dem Kongress nun Rede und Antwort stehen – und lieferten ein Bild des moralischen Abgrunds und Bankrotts. Das Renommee der Elite-Universitäten ist für lange Zeit zerstört.

IMAGO - Collage: TE
Es ist zum Fremdschämen. Wie sie sich winden, die Präsidentinnen dreier amerikanischer Eliteuniversitäten, Harvard, Penn und MIT, als sie von Elise Stefanik (Republikaner) vor dem Kongress gefragt werden, ob sich der Aufruf zum Genozid an Juden mit dem universitären „Code of Conduct“ vertrage, ja oder nein. Zu einem umstandslosen „nein“ ist weder Elizabeth Magill (Penn) noch  Claudine Gay (Harvard) noch Sally Kornbluth (MIT) bereit, das sei „vom Kontext abhängig“. Kontext: das neue Wieselwort.

Ob sie das auch sagen würden, wenn es um einen Aufruf zum Genozid an allen schwarzen Amerikanern ginge? Oder ist das Opportunismus – angesichts der vielen pro-palästinensischen und Hamas-freundlichen Demonstrationen an amerikanischen Universitäten, an denen üblicherweise eine übergroße Empfindlichkeit der Woken gegenüber „Mikroaggressionen“ herrscht? Eine pro-palästinensische Studentengruppe macht das Recht auf freie Meinungsäußerung geltend: den offenen Aufruf zum Völkermord, nichts anderes sind skandierte Slogans wie „From the river to the sea“ – wird man doch wohl noch sagen dürfen.

Dass Studenten zu radikalen Ansichten neigen, ist gewiss nicht neu. Jahr für Jahr gibt es neue schicke Theorien, die erklären, wie man die Welt verbessern könnte, gäbe es die eine oder andere Institution oder den einen oder anderen Menschenschlag nicht mehr (wie etwa den toxischen weißen Mann). In Deutschland erlebte selbst der Marxismus ab 1968 ein verblüffendes Comeback. Und bis zum Sechstagekrieg 1967 war Israel bei linken Studenten beliebt, schon wegen der irgendwie sozialistischen Kibbuzim. Doch seit dem Krieg, in dem sich Israel als stark und wehrhaft erwies, wurde es zum neuen Feindbild. Man hatte gefälligst auf der Seite der Unterlegenen zu sein.

Heute unterfüttern die „Postcolonial Studies“ und die „Critical White Theory“ die Unterstellung, Israel sei ein kolonialistisches Land, in dem Apartheid herrsche. Universitäten sind nicht erst heute Brutstätten noch der absurdesten Theorien, die das umstandslos Gute und allgemeine Gerechtigkeit versprechen, in gewisser Weise gehört das Ausprobieren zum Lernen dazu, es sei denn, es wird ausschließend und gewalttätig,

Ich hatte ab 1976 einen Lehrauftrag an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität im Frankfurt am Main inne und erinnere mich gut an die Jungs in schweren Ledermänteln, die wegen der einen oder anderen weltpolitisch bedeutenden Angelegenheit mein Seminar besuchten, um es zu „sprengen“. Und ich entsinne mich gut an die Appeasement-Strategien vieler Professoren, die wussten, wie aggressive Ideologen einem das Leben versauern können. Beispiele für Mobbing gibt es in Deutschland immer noch und immer wieder, ebenso der feige Rückzug von Kollegen und Vorgesetzten. Auch das lernt man an den Universitäten: mit der Angst der „Autoritäten“ zu kalkulieren.

Dass die Frauen an der Spitze amerikanischer Eliteuniversitäten jeden Bezug zum normalen Anstand verloren haben, ist mehr als beschämend, peinlich, verstörend, alarmierend. Welcher Kontext bitte könnte rechtfertigen, zur Vernichtung einer Gruppe von Menschen aufzurufen?

Welche Rolle spielt, dass die Elite-Universitäten Förderungen in Millionenhöhe unter anderem aus dem die Hamas fördernden Land Katar erhalten haben?

Elizabeth Magill ist mittlerweile von ihrem Amt zurückgetreten. Ob es Einsicht war, mag man bezweifeln. Doch Geld oder vielmehr der Mangel daran zwingt manch einem eine Einsicht auf: Die amerikanischen Universitäten sind abhängig von den Spenden reicher Gönner, und die machen seit einigen Wochen das Portemonnaie zu. Zuletzt zog ein Fondsmanager namens Ross Stevens die der University of Pennsylvania zugesagte Förderung von etwa 93 Millionen zurück. Weitere Gönner hatten ihre Unterstützungen bereits zuvor eingestellt.

Das ist ein Druckmittel, über das wir in Deutschland eher weniger verfügen. Auch hierzulande dürfte sich manch einer der unkündbaren Lehrkräfte vor dem Furor radikalisierter Studenten fürchten und sich deshalb still und leise verhalten. Und nicht nur Professoren. Die politmediale Klasse samt den rechtsprechenden Institutionen sind seltsam zurückhaltend, wenn es um das geht, was man sich ins Land geholt hat: rohe Gewalt, vor allem gegen Frauen und muslimischen Antisemitismus.

Alles von der Meinungsfreiheit gedeckt, wenn Horden durch die Straßen marschieren und zum Töten von Juden aufrufen? Oder zum Töten aller Weißen? Aller Westler? Aller Deutschen?

Appeasement hilft nicht immer. Schon vergessen?

Journalisten und Plagiatsjäger haben angefangen, sich durch die früheren Arbeiten von Claudine Gay (Harvard) zu arbeiten und dabei Erstaunliches zutage befördert.

— Hillel Neuer (@HillelNeuer) December 11, 2023

„Die National Association of Scholars fordert Harvard auf, Claudine Gay als Präsidentin der Universität zu entlassen. Die angesehene Gruppe weist auf Gays ‚schlechte berufliche Arbeit‘, ‚Plagiate‘ und ‚Förderung rassistischer Politik‘ hin“, kommentiert Journalist Chris Rufo auf X.

Während 2021 noch 27 Studenten wegen Plagiats-Fällen ausgeschlossen wurden, scheinen diese Maßstäbe für die Präsidentin der ehemaligen Elite-Universität nicht mehr zu gelten. Harvard erklärte, zusammen mit seiner Präsidenten untergehen zu wollen.


Das neue Buch von Cora Stephan, „Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“ ist am 8. Februar bei Kiepenheuer & Witsch erschienen:

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