Die Kirche wirkt noch durch ihre Zeremonien und Rituale. Auch das Ritual gibt Halt in einer säkularen, komplett banalisierten Kultur. So ist der Mythos um den Papst samt Inszenierung und Symbolik die letzte Kraft einer mehr als zweitausendjährigen, ansonsten ziemlich ohnmächtig gewordenen Kirche.

Ausgerechnet zu Ostern fährt der Papst auf ins Haus seines Herrn. Das ist eine Pointe, auf die kein sterbliches Regie-Genie kommen würde. Das Geschehen gibt Anlass, über eine Institution nachzudenken, die selbst die in ihren Bann zieht, die ihr nicht angehören oder mit ihr gebrochen haben, weil Doppelmoral und Politisierung der Kirche sie abstoßen.
I.
Zunächst eine Lüge, die auch von sämtlichen gottlosen Medien unreflektiert übernommen wird: Der Papst sei „Oberhaupt“ von 1,4 Milliarden Katholiken. So wie es aussieht, wird er nicht einmal mehr von allen deutschen Klerikern als Oberhaupt ernst genommen. Er ist – gottlob – weder „unfehlbar“ noch kann er durchregieren. Es bleibt aber die Magie seines Amtes, das nicht weniger zu sein behauptet als „Stellvertreter Gottes auf Erden“. Dieser Mythos entfaltet eine Kraft, die sich heute ausschließlich aus der Symbolik speist.
II.
Ganz an der Spitze dieses hochtheatralischen Kults steht – wie könnte es anders sein – der Tod des Stellvertreters. Im Grunde darf dieser Mensch nicht einfach sterben. Sein Abtreten wird zur Abberufung, wenn nicht gar zur Erhöhung. Nichts ist für gläubige Normalsterbliche tröstlicher. Die Kirche ist tatsächlich in diesem speziellen Fall noch in der Lage, den Tod zu transzendieren. Nicht wirklich – aber symbolisch. Es ist das, was vom Glauben an den Himmel auf Erden noch übrig ist.
III.
Überstrahlt wird dieser Zauber nur noch von der Wahl des Nachfolgers. Das Konklave ist der Gipfel der Mystifizierung einer zutiefst menschlichen Prozedur. Einerseits: perfekte demokratische Regeln, wenn man davon absieht, dass es nur die „jüngeren“ Kardinäle sind, die abstimmen dürfen. Keiner kandidiert, keiner hat ein Wahlprogramm, keiner hält Reden über seine Absichten, alles ist streng geheim, und niemand weiß am Ende, wer wie abgestimmt hat. Die totale Demokratie mündet in totale Herrschaft, Wahlfreiheit in Unterwerfung. Wen es trifft, den trifft nicht das Vertrauen der Zweidrittelmehrheit der Eminenzen, sondern der Strahl des Heiligen Geistes. Papst wird man nur von Gottes Gnaden. Die alten Kaiser haben das nur behauptet – und sich vom Papst die Krone aufsetzen lassen.
IV.
Alles Geistliche leitet sich vom Glauben ab. Kurioser Weise schwindet der Glaube, aber nicht die Wertschätzung für das Geistliche. Die meisten glauben nicht mehr an Gott, oder – falls es ihn gibt, man kann es ja nicht wissen – sie glauben nicht daran, dass Gott katholisch ist und in Rom eine Kirche betreibt. Das spielt aber keine Rolle: Je geringer die faktische Macht dieser Kirche über das Leben der Menschen, desto beeindruckender das Gepränge der kostümierten alten Herren, die Grandiosität der aus der Antike heraus gewachsenen Architektur (nur die Musik lässt in dieser Hinsicht zu wünschen übrig). Alles ist äußerst theatralisch – der Phantasie von Menschen entsprungen. Und das alles hat seinen unschätzbaren Wert. Es beweist: Auch das Überirdische ist irdischen Ursprungs. Der Mensch hat die Religion aus dem Bewusstsein der Endlichkeit geschaffen. Der Ritus ahmt die Ewigkeit nach. Es ist, als könne er symbolisch die Zeit anhalten.
V.
Abgesehen vom wirklichen Ende eines wirklichen Menschen: Es ist eine grandiose Schau. Das festzustellen, ist nicht Blasphemie, sondern Bewunderung. Der Film „Konklave“ füllte kürzlich erst Kinosäle. Auch Dan Brown und andere benutzten das Konklave als Drehbuch. Was von Kirche wirksam ist, ist Populärkultur. Es ist die ungeheure Attraktivität ihrer Zeremonien und Rituale. Ganz so simpel ist es nicht: Auch das Ritual gibt Halt in einer säkularen, komplett banalisierten Kultur. Und so ist der Mythos die letzte Kraft einer mehr als zweitausendjährigen, ansonsten ziemlich ohnmächtig gewordenen Kirche.
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Wenn die gesamte Linke dieser Welt dem verstorbenen Papst huldigt, hat man die beste Gewähr, daß im Vatikan was falsch gelaufen ist, denn sie haben sich nun mit den Atheisten verbunden um selbst zu überleben, zum Preis der Selbstaufgabe und das ist für alle die es anders sehen eine einzige Katastrophe, wenn man in dieser Art und Weise sogar noch durch die Kurie hintergangen wird, obwohl schon der Herr der Aufforderung des Teufels nicht gefolgt ist, sich vom Felsen zu stürzen und es nun über seine Stellvertreter vollzogen wurde.
Die Kraft des Ritus wirkt nicht bei jeden. Manch eine Politikerfrohnatur nutzt die Trauerfeierlichkeitsinszenierung auch einfachfür einen geselligen Trip mit Freunden nach Rom.
https://x.com/Markus_Soeder/status/1916023811171877228
unfehlbar ist der Papst nur unter ganz genau definierten Bedingungen: Wenn er in seinem Amt als „Lehrer aller Christen“ (ex cathedra) eine Glaubens- oder Sittenfrage als endgültig entschieden verkündet. Persönliche Meinungen des Pontifex, Interviews zu Themen wie Umwelt, Klima etc. zählen also nicht dazu. 2.wenn man als Gläubiger daran glaubt, dass es ein Ewiges Leben bei Gott gibt, so erscheinen diese Zeremonien nicht seltsam, sondern logisch. Und gerade diese feierlichen, würdigen Zeremonien sind wie ein Fenster zum Himmel. Wahrscheinlich auch deswegen gibt es viele junge Menschen, die sich von der zeitlosen Schönheit der Alten Messe angezogen fühlen und nicht von… Mehr
Wenn dann noch vom Papst verkündet wird, daß kein Prinzip der Kirche so heilig ist, daß man nicht auf die Lebensumstände der Menschen mehr Rücksicht nimmt, dann hat er den Auftrag des Herrn nicht verstanden, dessen Stellvertreter er war und hat die Prinzipien bzw. die Begehrlichkeiten der Menschen über den Allmächtigen gestellt und das trägt schon blasphemische Züge in sich, weil es in der Beziehung zwischen Gott und dem Sterblichen keine Gleichheit geben kann und deshalb sind solche Gedanken nicht nur anmaßend, sonder offnen auch Tür und Tor für alle Tollereien, die wir ja schon zuhauf haben und das mit… Mehr
Auch dies sind nur Zurechtlegungen, der großen Kultur der Irrwege geschuldet. Man betrachtet halt nur die Verpackung. Das darauf beruhende Urteil kommt folglich aus der Oberflächlichkeit.
in Bezug auf Glaube und Kirche muss man aus meiner Sicht unterscheiden. Während die Bedeutung in Europa stark rückläufig ist, ist das zb in anderen Weltgegenden auf einem ganz anderen Niveau. In Lateinamerika ist zb in Peru gefühlt jeden Abend Gottesdienst und auch tagsüber werden die Kirchen zum kurzen Gebet aufgesucht. In anderen südamerikanischen Ländern ist das ähnlich. In Singapur werden Gottesdienste in den bestuhlten Aussenbereich übertragen und selbst da bekommen sie keinen Sitzplatz mehr, aber sie sind herzlich eingeladen. Auf Samoa bekommen sie sonntags zwar kein Bier, aber sie könnten den lieben langen Tag in den Gottesdienst gehen; die… Mehr
Eine weltliche Person, die ich bei dieser Zeremonie vermutet haette, fuehrt den Namen Merkel. Dem Jesuiten, dem man eine gewisse Naehe zur marxistischen Ideologie nachsagt, ein sogen Befreiungsstheologe, nicht wörtlich zu nehmen, duerfte sie jedenfalls deutlich naeher gestanden haben als seinem fest im Katholizismus verankerten, eigentlich eine Selbstverstaendlichkeit, Vorgaenger, mit dem sie bekanntlich so rein gar nicht konnte und wollte. Verständlicherweise. Selbst als Agnostiker faellt mir hier die Wahl außerordentlich leicht. Offensichtlich war es auch beim Herrn aus Argentinien mit der Liebe seiner Naechsten nicht allzuweit her. Jedenfalls wird ihm ein Umgang nachgesagt, wie ueblich mit einer interessanten Affinität zu… Mehr
Soso. Und nu?
Erstaunlich, wo dieses, sein Reich doch nicht von dieser Welt ist. Viel weltlicher und aeusserlicher geht es kaum, aber das begann ja bereits mit der Kirche, wohl keine Idee des Juden Jesu, und dem, was die Kleriker daraus machten. Man darf vermuten, wie Jesus und seine Urgemeinde auf das Alles reagiert haetten. Aber ( vermutlich) Paulus hat das Potential erkannt und mit seinen auf ihn Folgenden genial genutzt. Die Sache mit Petrus ist wohl historisch, gelinde gesagt, etwas umstritten. Egal.
Es ist nur noch lachhaft, diese Herren in Rom in ihren bodenlangen farbigen Abendkleidern, garniert mit weißer Spitze, mit gefalteten Händen, aus dem Petersdom schreiten zu sehen.
Es strahlt Tradition und Würde aus. Im Gegensatz zu unseren Abgeordneten, die die Wortbedeutung nicht mehr kennen. Lachhaft sind grüne Abgeordnete, die bei der Wahl Party zu frauenfeindlicher Rap Musik herumhopsen.
Es ist auch die „ungeheure Attraktivität“ der über tausend Jahre alten Einheit von Katholizismus und Kunst von Weltrang, die „Halt“ gibt.