Döpfner erklärt Maischberger, was Journalismus ist

Diesmal wird schwer dazugelernt bei Maischberger. Eine Journalistin erfährt, dass der Verfassungsschutz politisch handelt. Ricarda Lang lernt, dass Menschen nur aus Jux zwei Jobs haben. Und die Moderatorin selbst bekommt Nachhilfe in Sachen Journalismus. Von Brunhilde Plog

Screenprint: ARD / Maischberger

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ist mit seinem Rentner-Bashing noch nicht aus den Schlagzeilen heraus, da landet schon der nächste CDU-Mann einen respektablen Kommunikations-Gau: Kanzleramtsminister Thorsten Frei, sonst eher ein Mann der flauschig-weichen Watteworte, lässt sich bei Maischberger zu einer bemerkenswerten Aussage hinreißen. Im Doppelinterview mit der ehemaligen Grünen-Chefin Ricarda Lang sagt er: „Jeder der Vollzeit arbeitet, hat soviel Geld, dass er davon leben kann.“

Bäm! Nimm dass, deutscher Steuerzahler, der Du jedes Jahr bis Juli nur für den Fiskus schuftest. Um Dir danach mit versteuertem Geld Dinge zu kaufen, die dann wieder ständig besteuert werden. Dir geht’s doch töfte!

„Flüchtlinge zahlen unsere Renten“
Carsten Linnemann (CDU) bei Miosga: Rentner müssen mehr arbeiten
Lang hat gerade davor gewarnt, das Land „faul zu reden“, wie es Linnemann getan habe. Sie mache sich „Sorgen, dass er morgen sagt, die Kinder im Land müssen mehr arbeiten“. Sie geht gut vorbereitet in das Gespräch und treibt Frei mit allerlei Zahlen in die Enge. „Vier von fünf Menschen die arbeiten können, tun das“, sagt sie. „Damit sind wir führend bei Industrienationen. Wir sind auch europaweit trauriger Spitzenreiter bei unbezahlten Überstunden, und zwar 683 Millionen allein im letzten Jahr. 15 Prozent aller Frauen würden gern mehr arbeiten, als sie es im Moment können.“ Und bei der angeblich faulen Jugend sei „es so, dass zwischen den 20- und 24-Jährigen das letzte Mal vor 30 Jahren so viel gearbeitet wurde wie jetzt.“ Die Regierung solle lieber die Arbeitnehmer unterstützen, mit mehr Kita-Plätzen und bezahlbaren Mieten, statt Rentner zur Weiterarbeit zu nötigen.

Frei kontert dünn. Auf Linnemanns Flop geht er gar nicht ein. Viele hätten nur deshalb einen Minijob, weil die Überstunden so stark besteuert werden. Das wolle die CDU nun ändern, indem der Zuschlag (wohlbemerkt: nur der Zuschlag, also ein ohnehin sehr geringer Teil) ab 2026 steuerfrei gestellt werde. „Ist jetzt ihr Ziel, dass Leute Vollzeit arbeiten und dann nebenbei noch dauerhaft Überstunden machen müssen?“, fragt Lang. Frei wirkt überfahren: „Entschuldigung, Entschuldigung“, stöhnt er und feuert dann in seiner Not den besagten Satz ab. „Jeder, der Vollzeit arbeitet, hat soviel Geld, dass er davon leben kann.“ Frei setzt sogar noch nach: „Es gibt nicht nur Menschen die ‘nen zweiten Job haben, weil sie ansonsten nicht über die Runden kämen. Es gibt auch Leute, die machen das, weil sie gerne mehr arbeiten und weil sie sich gerne einen weiteren Urlaub gönnen, weil sie sich ein größeres Auto gönnen möchten.“

Schöne heile CDU-Welt. Und Frei geht noch weiter: „Jeder entscheidet, was er in seinem Leben möchte. Und diejenigen, die gerne mehr machen möchten, die sollen auch mehr davon haben.“

Schon in der Runde der „einordnenden Journalisten“ gab es eine kleine Nachhilfestunde. Für Helene Bubrowski ist es offenbar völlig neu, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz nicht politisch neutral arbeitet. Das inhaltlich dünne Gutachten der Behörde zur AfD hat für sie das Gewicht einer Steintafel. „Wir haben jetzt einen tausendseitigen Bericht, der verschiedene Dinge aufgelistet hat, die zeigen, dass die AfD mit dem Demokratie, mit der Menschenwürde und so weiter da systematisch gegen verstößt.“ Wir zitieren hier wörtlich mit allen Fehlern, weil nicht ganz klar ist, was genau sie meint.

Jan Fleischhauer, Kolumnist bei der darbenden Illustrierten „Focus“, klärt die Kollegin auf: „Ich störe mich schon an dem Wort ‚gesichert rechtsextrem‘.“ Nur weil der Verfassungsschutz das behaupte, solle man nicht so tun, als ob „da jetzt so ein TÜV-Siegel drauf sei“. Fleischhauer: „Der Verfassungsschutz ist eine weisungsgebundene Behörde, die direkt dem Innenminister untersteht.“

AfD-Gutachten oder ein Blick in den Spiegel 
Das AfD-Gutachten ist ein Blick in den Spiegel – man sieht die Demokratiefeindlichkeit der Verfasser
Bubroswki ist auf der Palme: „Also, das kann man so wirklich nicht sagen!“. Fleischhauer: „Natürlich, genau so isses.“ Er kritisiert das Papier, das längst als inhaltsleeres Sammelsurium öffentlicher Meinungsäußerungen ohne geheimdienstliche Erkenntnisse zerpflückt worden ist: „Ich hab’ mir die 1100 Seiten angeguckt. Im wesentlichen betreibt man Zeitungslektüre beim Verfassungsschutz. Das Entscheidende ist: Arbeitet diese Partei im Kern daran, dieses System zu überwinden. Und dazu liefern diese 1100 Seiten keinen Beleg.“

Bubrowski sitzt noch immer auf der Palme, jetzt sogar ein paar Wedel weiter oben. Von dort hebt sie zu einer regelrechten Lobpreisung an: „Ich würde davor warnen, den Verfassungsschutz, der sicherlich in dieser AfD-Frage bisher nicht viel bewirkt hat, öffentlich zu diskreditieren. So zu tun, als würde diese Behörde politisch arbeiten, und das genau ist das Narrativ der AfD, das stimmt einfach nicht. Wenn man sich anschaut, wie die Leute da arbeiten, würde ich sagen, es ist wichtig. Wir müssen schon auch Vertrauen darin haben, denn die machen gute Arbeit und haben tausend Seiten zusammengeschrieben und die Sachen zusammengesammelt.“

Journalismus im Jahr 2025. Ein Hanns Joachim Friedrichs würde sich im Grabe umdrehen, wenn er nicht eingeäschert worden wäre.

Auch die Moderatorin selbst entlarvt sich und ihr Verständnis von Journalismus an diesem Abend auf bemerkenswerte Weise. Sie möchte von Mathias Döpfner einen Kniefall für olle Kamelle. Der Vorstandschef des Axel-Springer-Konzerns soll gefälligst Abbitte dafür leisten, dass er Ende vergangenen Jahres in der zu seinem Konzern gehörenden Zeitung „Welt“ einen AfD-Wahlaufruf des Tesla-Chefs habe „publizieren lassen“.

„Ich lasse nicht publizieren“, stellt Döpfner zunächst klar. „Unsere Chefredakteure entscheiden“. Maischberger versucht, ihn sofort zu schurigeln: „Wollen Sie das vertiefen? Gerade jetzt?“ So als sei er sich des Ernstes der Lage nicht bewusst. Doch er bleibt gelassen: „Wir können es gerne vertiefen, Frau Maischberger.“ Und den Kniefall kann sie sich auch abschminken. Obwohl man bei einem Döpfner nie weiß, ob er am Ende nicht doch einknickt.

Heute aber gibt er ihr eine Nachhilfestunde in Journalismus, die sich gewaschen hat.

Was war der Anlass? „Die AfD ist der letzte Funke Hoffnung für dieses Land“, hatte Elon Musk in dem besagten Welt-Beitrag geschrieben. „Würden Sie meinen, das ist ‘ne gute Idee gewesen“, fragt Maischberger. „Das haben die Chefredakteure entschieden“, antwortet Döpfner. Maischberger: „Gegen Widerstand aus der Redaktion.“ Döpfner: „Ja, das ist ja gut, wenn lebendig diskutiert wird. Ich halte die Entscheidung für absolut richtig und auch sehr unspektakulär.“ Maischberger ist empört: „Ein Wahlaufruf!“

Döpfner erklärt es ihr ganz langsam: „Journalismus ist doch nicht, dass man nur Positionen publiziert, die man sich selbst zu eigen macht. Sondern Journalismus ist, Positionen zur Diskussion zu stellen. Ich finde diese Haltung, zu sagen, wenn es nur nicht besprochen wird, wenn es nur nicht das Licht der Öffentlichkeit erblickt, dann findet es nicht statt, das ist so ‘ne Vogelstrauß-Politik.“

Maischberger wirft die Statuten des Springer-Konzerns in den Ring: „Da steht: Wir lehnen politischen Extremismus ab.“ Sie ist gesichert extrem fassungslos: „Also sie finden das immer noch in Ordnung, dass da dieser Wahlaufruf gedruckt wurde?“ Döpfner: „Unser Ressort in der Welt heißt ‚Meinungsfreiheit‘. Es werden Gastkommentare von Vladimir Putin, von Terroristen aus Afghanistan, von irgendwelchen Kommunisten aus dem früheren Ostblock zur Kenntnis gestellt. Warum sollte denn jetzt ausgerechnet in diesem Fall ein Dokument von so hohem zeitgeschichtlichem Wert nicht diskutiert werden?“ Maischberger versucht es nochmal: „Weil es nicht zu den Statuten bei Ihnen passt.“ Döpfner: „Es war ein Gastkommentar. Der Chefredakteur hat es aber eingeordnet und hat erklärt warum es falsch ist.“ In diesem Moment bekennt sich Maischberger endgültig zum Haltungsjournalismus: „Naja, er hat aber auch gesagt: Die Diagnose ist korrekt. Also da wäre ich ja schon – aber egal…“

Döpfner gibt nicht auf. So bewundernswert ruhig redet er auf die Moderatorin ein, dass wohl jedes kranke Pferd neidisch würde: „Könnte es sein, dass viele Menschen sagen: Weil immer mehr tabuisiert wird, weil man vielleicht die Menschen auch für ein bisschen blöd hält – sie können sich doch selber ‘ne Meinung bilden. Wer diesen Beitrag überzeugend fand und sagt: Jetzt wähle ich die AfD – glauben Sie, das war ‘ne reale Gefahr? Ich glaub’, der hat genau den gegenteiligen Effekt gehabt. Und deswegen gehört es in die Diskussion. Das Ausgrenzen, das Totschweigen, das macht die linken und die rechten Extreme erst stark. Das ist doch genau, was wir gerade erleben. Deswegen wenden sich auch viele vom Journalismus ab.“

Eines steht fest: Sollte Maischberger je einen neuen Job suchen – bei Springer kriegt sie keinen.

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Kommentare ( 59 )

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59 Comments
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Dieter Rose
1 Monat her

Dass die CDU-Vertreter noch ohne schamesrote Köpfe (mindestens!) In der Öffentlichkeit auftreten!!!

Dellson
1 Monat her

Rückblick aus einer Talksendung aus der Sicht eines Gastes. Auf die Frage der Moderatorin, „wann haben Sie festgestellt, dass wir ein riesiges Problem mit Rechtsradikalismus haben?“ Antwort: „Das war zu Beginn der Sendung, als wir alle aufgefordert wurden zu klatschen, wenn Sie ins Studio kommen!“ Satire oder Sarkasmus off!

Otto Normal
1 Monat her

Das Phänomen der freiwilligen Selbstgleichschaltung der dt. Medien wäre auf Jahrzehnte ein ergiebiger Forschungsgegenstand (wären nicht auch die Universitäten mittlerweile gleichgeschaltet…)

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  Otto Normal

Ja. Es ließe sich inzwischen einfacher zählen, wer nicht.
Dabei fällt mir über die hinaus nur wenig ein. Leider: https://www.dushanwegner.com/freie-denker/

Suedbuerger
1 Monat her

Es reicht schon, sich das bei Maischberger platzierte „tolle“ Publikum anzuschauen. Auf den unteren, Kamera nahen Plätzen sitzen entweder junge Greenhorns, die offensichtlich den Gehalt der Reden nicht erfassen können oder wollen. Ergänzt durch bärbeissig dreinschauende links-grüne Middleager die dann gemeinsam laut klatschen, wenn der Opferkandidat wieder eine provozierende Frage dieser politisch agierenden Maischberger beantworten muss. Es ist gut, dass man noch aus- oder umschalten oder gleich besser, erst gar nicht einschalten kann.

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  Suedbuerger

Danisch sprach schon vor Zeiten von bezahlten Komparsen, die solche show begleiten dürfen.

UVD
1 Monat her

Gratuliere, Frau Plog! Zu schön, wie sie es den hysterischen Weibern aus der Rot/Grünen „Blase der Unbildung und Dummheit“ zu verstehen gegeben haben. SIE KÖNNEN ES NICHT, weil sie es nicht verstehen WOLLEN. Oder anders: Wenn man weiß, daß Arroganz Dummheit voraussetzt, ist eigentlich alles gesagt!

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  UVD

Und fehlen Infos zum Merkelplan.
Kennten wir den einschließlich zielführender Maßnahmen würden wir wohl staunen, wie geradewegs und unbeirrt die unterwegs sind.

Werner Brunner
1 Monat her

Wie oft denn noch :
Frau Maischberger ist keine Journalistin !
Sie tut nur so !
Denn sie ist , nach Meinung vieler , eine lupenreine Propagandistin .
Nix weiter !
Was sollte sie auch sonst tun ?
Sie kann ja nix !

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  Werner Brunner

Entsprechend der ganze örr samt angeschlossenen msm.
Zahlt halt nicht – zumal sich das Gewissen ja beständig meldet und Warnungen ausstößt. Unüberhörbar!

MartinKienzle
1 Monat her

Diese sogenannte „Talkshow“ zeigte erneut, woran unsere Heimat krankt: An sogenannten „emanzipierten Frauen“ wie Bubrowski, Maischberger und Lang, die hysterisch-emotional Äußerungen ohne jegliche Stringenz tätigen und in diesem Zusammenhang davon überzeugt sind, dass das „Politik“ sei, die die Aufgabe habe, die Welt vor dem sogenannten „Bösen“ zu retten – jene Infantilität muss nach dem bevorstehenden Untergang der BRD dahingehend beendet werden, dass der sogenannte „Feminismus“ vollständig annulliert wird!

Last edited 1 Monat her by MartinKienzle
Chat noir
1 Monat her

Maischberger ist die schlimmste unter den Talkshow-Vertreterinnen. Bei ihr dürfen nur Linke und Grüne ausreden. Alle Anderen bekommen keinen einzigen Satz zu Ende, ohne unterbrochen zu werden. Dass die Politiker das mitmachen, verstehe ich nicht.

Johann Conrad
1 Monat her

Ich finde erschreckend, wie Maischberger und Bubrowski (nur als Beispiel aus dieser Sendung) sich in Sachen Demokratie ziemlich „linksradikalisiert“ haben. Man muss nur mal das interview von ihr mit Helmut Schmidt hören, wo dieser sich mit „AfD-Positionen“ kritisch zur Einwanderung geäussert hat. Da hat sie fast staunend dabei gesessen, Lichtjahre von gestern entfernt, scheinbar.

Markus Gerle
1 Monat her

Döpfner hat Recht. Offensichtlich hält uns der polit-mediale Komplex für blöde. Zum Thema Arbeit: Auch hier wurde dem Herrn Frei nicht vorgehalten, dass es in Deutschland sogar eine Strafsteuer für zu viel Arbeit gibt. Als Selbständiger kann man diese Strafsteuer leicht vermeiden, wenn man einfach weniger macht. Aber solange es diese Strafbesteuerung von zu viel Arbeit, die euphemisch Soli genannt wird, gibt, ist jede Forderung an die wertschöpfend Tätigen, mehr zu arbeiten, absolut lächerlich. Fakt ist, dass der aufgeblähte Staatsapparat die wertschöpfend Tätigen gnadenlos ausbeutet. Eine Gegenleistung dafür ist bald kaum noch messbar. Zur AfD: Inwiefern diese Partei unser System… Mehr

Reinhard Schroeter
1 Monat her
Antworten an  Markus Gerle

Döpfner ist mit seinen Verdummungsmedien Bild und Welt ganz vorne mit dabei , die Leute zu verblöden und ihnen das Selberdenken abzugewöhnen.
Das er damit Erfolg hat, zeigen die Wahlergebnisse.

Ecke
1 Monat her

Andere Parteien sehr wohl.
Das Entscheidende ist: Arbeitet diese Partei im Kern daran, dieses System zu überwinden. Und dazu liefern diese 1100 Seiten keinen Beleg.“