Der Fall steht symbolisch für die Verquickung von Politik, Wirtschaft und persönlichen Netzwerken, für Schwierigkeiten, Machtmissbrauch in höchsten Ämtern juristisch aufzuarbeiten. Der jahrelange Kampf mit der Justiz endet mit einer herben Niederlage für Karl-Heinz Grasser. Von Richard Schmitt

Er galt als politischer Shootingstar: Karl-Heinz Grasser, jung, charmant, wirtschaftsliberal – und mit Anfang 30 bereits Finanzminister der Republik Österreich. Mit seinem tollen Auftreten und einer Ehe mit Fiona Swarovski wurde er rasch zum Liebling der Medien, er trat sogar in „Wetten, dass..?“ auf. Doch was als kometenhafter Aufstieg begann, endete in einem der größten Korruptionsfälle Österreichs. Nach Jahren der Strafprozesse urteilte nun der Oberste Gerichtshof in Wien: 4 Jahre muss Grasser – jetzt 56 Jahre alt – ins Gefängnis.
Im Zentrum der Affäre: Der Verkauf von 60.000 Bundeswohnungen der Republik Österreich im Jahr 2004 – die sogenannte Buwog-Privatisierung. Grasser, damals als Finanzminister federführend, soll laut Anklage Informationen an Vertraute weitergegeben haben, damit diese einem bestimmten Bieter – der Immofinanz – zum Zuschlag verhalfen. Der Preis: eine Provision von 9,6 Millionen Euro, die auf verschlungenen Wegen in die Taschen enger Vertrauter floss – und möglicherweise auch in seine.
Die Ermittlungen begannen Jahre später – und zogen sich hin. SMS-Nachrichten, dubiose Liechtenstein-Konten, und ein undurchsichtiges Netzwerk aus Lobbyisten, Ex-Politikern und Beratern rückten in den Fokus. 2017, fast 13 Jahre nach der umstrittenen Privatisierung, begann der Mammutprozess: 161 Verhandlungstage, dutzende Zeugen, tausende Seiten Akten.
Im Oktober 2020 dann das erste Urteil: 8 Jahre Haft für Grasser, nicht rechtskräftig. Der Vorwurf: Untreue, Bestechlichkeit und Geldwäsche. Auch seine Mitangeklagten – darunter Lobbyist Walter Meischberger und PR-Berater Peter Hochegger – wurden verurteilt.
Grasser, der noch immer als Society-Star in Kitzbühel gerne gesehen war, beteuerte stets seine Unschuld, sprach von einer „politisch motivierten Hexenjagd“ – und legte Berufung ein.
Der ganze Fall steht symbolisch für die Verquickung von Politik, Wirtschaft und persönlichen Netzwerken – und für die Schwierigkeiten, Machtmissbrauch in höchsten Ämtern juristisch aufzuarbeiten.
Jetzt endet der jahrelange Kampf mit der Justiz mit einer herben Niederlage für Grasser: Der OGH entschied, dass der Ex-Finanzminister vier Jahre lang in Haft muss – binnen der nächsten 30 Tage wird er seine Aufforderung zum Haftantritt zugestellt bekommen, dann muss der Ex-Politiker ins Gefängnis übersiedeln. Dann wird sich auch zeigen, wie lange die bisher große Loyalität von Fiona Swarovski auch unter diesen extremen Bedingungen hält.
Hier die Timeline der Ereignisse im Fall Grasser:
- Februar 2000: Karl-Heinz Grasser wird mit 31 Jahren Finanzminister in Österreichs ÖVP-FPÖ-Regierung – zunächst parteilos, später formal für die ÖVP.
- 2004: Privatisierung der Buwog – der Bund verkauft über 60.000 Bundeswohnungen. Der Zuschlag geht an die Immofinanz und Partner. Später stellt sich heraus: 9,6 Millionen Euro Provision wurden über Umwege an Lobbyisten wie Walter Meischberger und Peter Hochegger gezahlt.
- 2007: Grasser scheidet aus der Politik aus. Er arbeitet danach als Berater, auch in der Immobilienbranche.
- 2009: Erste Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Buwog-Privatisierung.
- 2010–2014: Intensive Ermittlungen wegen Verdachts auf Bestechung, Untreue und Geldwäsche. Grasser bestreitet sämtliche Vorwürfe. Medien berichten regelmäßig über neue Details zu Konten, Firmenkonstrukten (zum Beispiel „Ferint AG“ in Liechtenstein) und SMS-Kommunikation („Wo woar mei Leistung?“).
- 2016: Die Anklage wird fertiggestellt – sie umfasst mehr als 900 Seiten. 17 Personen werden angeklagt, darunter Grasser, Meischberger, Hochegger u. a.
- 12. Dezember 2017: Start des Buwog-Prozesses am Wiener Straflandesgericht. Wegen der Komplexität wird der Prozess auf mehrere Jahre angesetzt.
- Oktober 2020: Urteil in erster Instanz: Karl-Heinz Grasser wird nicht rechtskräftig zu 8 Jahren Haft verurteilt. Walter Meischberger: 7 Jahre. Peter Hochegger: 6 Jahre. Urteil auch wegen Untreue, Bestechlichkeit und Geldwäsche. Grasser kündigt Berufung an.
- 2021–2023: Die Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Wien laufen. Noch kein rechtskräftiges Urteil – die Verfahren ziehen sich weiter.
- 2024–2025: Die Verfahren laufen weiter. Grasser äußert sich punktuell in Medien und bleibt bis zum heutigen Tag öffentlich präsent.
Aktuell: Der Oberste Gerichtshof verurteilt Grasser zu vier Jahren Gefängnis, in Kürze muss er die Haftstrafe antreten.
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Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es in Deutschland jemals dazu kommen würde, dass Gerichte sich mit den Straftaten von Politikern in höchsten Ämtern befassen. Never ever.
Zumindest scheint das in Österreich noch ein kleines bißchen zu funktionieren, in Deutschland jedoch ist das unvorstellbar. Anlässe gab und gibt es hier wirklich genug, man denke nur an die Corona-Zeit (z.B.ursula von der leyen, jens spahn).
Ansonsten aber ist auch Österreich fest in der Hand von grünlinken Tätern. Alles was ich sonst so höre und lese, bestätigt: Österreich ist politisch gesehen genauso schlimm wie Deutschland.
Ach Herr Schmitt, die Beweislage ist äußerst dürftig. Das Urteil beruht wohl darauf, dass sich das Verfahren sechzehn blamable Jahre lang hingezogen hat. Bei einem Freispruch bzw. einer Einstellung des Verfahrens mangels stichhaltigen Beweisen hätte sich die Wiener Justiz nach so langer Zeit bis auf die Knochen blamiert. Man will das unsinnige Gedöns ja nicht umsonst sechzehn Jahre lang betrieben haben. Man ist ja auch schon so genug blamiert.
hat dem heinzi schon mal wer gesagt, dass er ja als märtyrer in die politik-geschichte eingehen könnte. super wäre es, wenn er vorher noch die 10 millionen-strafe aufs bundeskonto einzahlen würde.
Hahaha… „Februar 2000: Karl-Heinz Grasser wird mit 31 Jahren Finanzminister in Österreichs ÖVP-FPÖ-Regierung – zunächst parteilos, später formal für die ÖVP.“ hahaha… bei n-tv wurde gestern nch behauptet dass es sich bei Grasser um einen Politiker der FPÖ handeln würde :-))
Er war jahrelang in der FPÖ, dann parteilos auf einem Ticket der ÖVP. N-TV liegt näher an der Realität.
Was wäre wohl in Germanistan geschehen… nicht, dass wir ähnliche Fälle hätten… die sich weitaus fataler darstellen…
Mit unseren „Gerichten“ wäre eine Verurteilung niemals zustande gekommen niemals!
Es sei denn es würde gegen einen AfD Politiker gehen!
Wäre Grasser von der Linken gekommen, wäre gar nichts passiert. Wir erinnern uns, wie lange die Linken in Österreich einem 6 fachen Mörder namens Udo Proksch die Mauer machten.
Die jahrelange Tätigkeit in der FPÖ nicht zu nennen, bringt man wohl auch nur hier zustande
Die FPÖ ist eine Partei, die die Interessen österreichischer ArbeiterInnen vertritt. Was man von der ehemaligen Arbeiterpartei SPÖ nicht behaupten kann.
Wichtig ist, dass ein Politiker auch noch nach seinem Karriereende für seine Taten juristisch belangt und verurteilt werden kann. Ein gutes Zeichen. Sollte man in Deutschland auch so handhaben. Fälle gibt es hier mehr als genug. Nur keine unabhängigen Gerichte und Staatsanwaltschaften die das dürfen und sich so was im Sinne des Rechtsstaates trauen.
BUNDESTAG05.02.12 „Anti-Korruptionsregeln finden keine MehrheitEine UN-Konvention gegen Korruption ist in Deutschland immer noch nicht ratifiziert. Der Union gehen die Regelungen für Abgeordnete zu weit.“ „…Tatsächlich hat die Bundesrepublik bereits 2003 die UN-Konvention gegen Korruption unterschrieben, aber nie umgesetzt. Deutschland befindet sich damit in der illustren Gesellschaft von Ländern wie Sudan und Somalia, während alle Industriestaaten das UN-Übereinkommen gegen Korruption (UNCAC) ratifiziert haben.“ Quelle: http://www.welt.de/politik/deutschland/article13851712/Anti-Korruptionsregeln-finden-keine-Mehrheit.html Der Paragraf 108e STGB ( Deutschland ) Bestechlichkeit und Bestechung von MandatsträgernQuelle: Dejure.org https://dejure.org/gesetze/StGB/108e.html „Die Welt“ berichtet weiter, welcher Paragraph internationalem Recht angepasst werden muss. Damit Deutschland, dass bereits 2003 das UN-Übereinkommen gegen Korruption (UNCAC) verpflichtend unterzeichnet hat, den… Mehr
Ich kann nicht verstehen, wie das geschehen konnte. Warum hat Grasser nicht einfach erklärt, er könne sich an nichts mehr erinnern? Damit wären alle Verfahren sofort eingestellt worden. Was einem deutschen Finanzminister (und Kanzler) Recht ist, sollte doch einem örsterreichischen Finanzminister billig sein?
Eine schöne Urlaubsreise ist angenehmer als ins Gefängnis zu gehen, schon klar. Andererseits wird Grasser jetzt zwei oder zweieinhalb Jahre als VIP in einem Gefängnis mit minimaler Sicherheit verbringen, kann das ein oder andere gute Buch lesen oder in aller Ruhe dem lang gehegten Interesse für Philosophie nachgehen. In zwei Jahren geht’s dann weiter mit Bussi Bussi.
Richtig. Die Eliten sorgen schon dafür, dass einer der ihren, der Pech gehabt hat, komfortabel sitzt. Und seine Fiona wird aus ihren Besuchen im Knast ein Medien Ereignis machen.