Kramp-Karrenbauer: Seenotrettung im Mittelmeer organisierte Kriminalität?

Nun gilt es für die politischen Kräfte innerhalb der CDU die Parteichefin beim Wort zu nehmen und sie dazu zu zwingen, noch konkreter zu werden oder eben abzuschwören, will sie nicht den Eindruck erwecken, hier so kurz vor den EU-Wahlen noch ein paar Stimmen zu ködern.

JOHN MACDOUGALL/AFP/Getty Images

Die Zeitung Die Welt hat sich einmal umgeschaut, was die CDU Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) mit europäischen Zeitungen wie „Le Figaro“ (Frankreich), „La Repubblica“ (Italien), „El País“ (Spanien), „Ta Nea“ (Griechenland) und „De Telegraaf“ (Niederlande) zu besprechen hat und beispielsweise in Sachen Zuwanderung über das Mittelmeer Erstaunliches zu Tage befördert: Kommentare, die den Schluss zulassen, dass AKK in den so genannten Werkstattgesprächen zur Migration der CDU hinter verschlossenen Türen Tacheles geredet hat.

Danach plädiert die CDU-Chefin für eine grundlegende Reform der europäischen Flüchtlingspolitik: „Die Flüchtlingskrise insbesondere seit dem Jahr 2015 ist entstanden, weil gerade Europa nicht funktioniert hat.“ Nun folgt das zunächst nur der These der misslungenen Umverteilung, aber AKK hat noch mehr zu bieten, wenn sie eines dieser vielen Tabus der etablierten Politik bricht und die NGO und damit auch die diese unterstützenden deutschen Kirchen und die sich zu „sicheren Häfen“ erklärenden deutschen Städte angreift, wenn sie sich – so muss man es interpretieren – gegen die so genannte „Seenotrettung“ vor der Küste Nordafrikas ausspricht.

Konkret heißt es da bei AKK über die zu Wasser gelassenen Schlauchboote: „Das ist aus meiner Sicht organisierte Kriminalität.“ Kramp-Karrenbauer beschreibt diese „Seenotrettungen“ als Teil eines Geschäftmodells, wenn sie sagt: „Man muss trotzdem sehr klar sagen, dass natürlich ein Teil des Geschäftsmodells, ich sage das so hart, von organisierter Kriminalität von Schleppern genau darauf beruht, dass sie die Menschen ganz bewusst in lebensgefährliche Situationen bringen, weil sie darauf setzen, dass sie entsprechend aufgefangen werden.“ Letzteres ist nun die klare Positionierung und der politische Spurwechsel, wenn hier unmissverständlich der direkt Bezug von den Schleppern zu den NGO-Schiffen hergestellt und diese Zusammenarbeit bzw. dieses Zusammenspiel verurteilt wird.

Zwar ist diese – ob nun freiwillige oder unfreiwillige – Kooperation für AKK eine „humanitäre und ethisch sehr schwierige Frage, weil es richtig ist, dass man Menschen, die in Seenot sind, nicht ertrinken lässt.“ Aber das hat überall auf den Weltmeeren für ehrenhafte Seeleute seine Gültigkeit und wird von niemandem ernsthaft bestritten. Für AKK ist auch klar, dass es sich hier oft eben nicht um Flüchtlinge handelt, sondern um Wirtschaftsmigranten, wenn sie sagt, hinter der Migration aus Afrika stecke „oft der Impuls von Menschen, woanders ein besseres Leben zu finden. Aber es gibt mittlerweile eine hohe Zahl an Menschen, die mit diesem Elend Geld verdienen.“

„Wenn man die austrocknen will“, so Kramp-Karrenbauer, „dann muss man im Grunde genommen dort ansetzen, wo das Geschäftsmodell beginnt, das heißt verhindern, dass Schlauchboote oder was auch immer überhaupt zu Wasser kommen.“ Und wie kann man das am wirksamsten verhindern? Eben indem man NGOs daran hindert, ihre Schiffe überhaupt zu Wasser und vor die nordafrikanischen Küsten zu bringen. Indem man diese Transportkette unterbricht. Eben das scheint die Idee von Kramp-Karrenbauer zu sein, basierend auf den Erkenntnissen aus den Werkstattgesprächen der CDU zu diesem Thema.

Eine erstaunliche Willensbekundung, wenn man gleichzeitig mitdenkt, welche Anstrengungen die Bundeskanzlerin weiterhin ungebremst unternimmt, Zuwanderung u.a. mit der stringenten Umsetzung ihrer UN-Flüchtlings- und Migrationspakte für Deutschland noch zu befördern. Wenn das alles vom Schauspiel der individuellen Profiliierung tatsächlich einmal in die offene Konfrontation, wenn es zum Showdown der beiden Damen kommen sollte, dann wäre das sicher gut für die weiteren Geschicke des Landes. Aber weil Kramp-Karrenbauer geahnt hat, wie ihre Worte ankommen könnten, hat sie die Beschwichtigung gleich mit eingebaut, wenn sie betont, sie sei nicht gekommen, um an Angela Merkels Stuhl zu sägen.

Sagt sie, während die Geräusche doch klar vernehmbar sind. Beispielsweise dann, wenn AKK die Schuld der CDU in der Flüchtlingskrise im Gegensatz zur Verursacherin Merkel benennt: „Wir haben mit zu wenig Aufmerksamkeit und zu wenig Unterstützung zu lange zugeschaut, und die Länder, die eine Außengrenze haben und die sehr stark mit den steigenden Flüchtlingszahlen konfrontiert waren, alleine gelassen. Auch wir als CDU, das sage ich sehr offen.“

Nein, ernst kann man es dann nicht mehr nehmen, wenn sich AKK auch hier einen Notausgang offen lässt, wenn sei fast widersinnig anfügt, sie halte „die Politik, die Angela Merkel in den letzten Jahren in Sachen Migration gemacht hat, für absolut richtig“. Denn auch hier folgt sofort ein dickes „Aber“: „Aber mit Blick auf die Frage, was haben wir seitdem gelernt, haben wir in unserem Werkstattgespräch Konsequenzen gezogen.“ Nun gilt es für die politischen Kräfte innerhalb der CDU die Parteichefin beim Wort zu nehmen und sie dazu zu zwingen, noch konkreter zu werden oder eben abzuschwören, will sie nicht den Eindruck erwecken, hier so kurz vor den EU-Wahlen noch ein paar Stimmen zu ködern.

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Kommentare ( 81 )

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armin wacker
4 Jahre her

Wir brauchen die CDU nicht mehr.Die klugen Köpfe sind eh schon abgewandert. Der Rest ist nur unnötiger Balast.

Del. Delos
4 Jahre her

Kramp-Karrenbauer bewegt sich doch komplett innerhalb der neuen politischen Tradition, in der EU etwas Anderes zu sagen als zuhause. Sie wird sicher ihre Gründe haben, sich außerhalb Deutschlands so ganz anders zu äußern als innerhalb Deutschlands. Vermutlich verspricht sie sich mehr Zustimmung von den Ländern, die sonst gegen so manche deutsche Idee agieren würden. Und auch zuhause versucht sie nur, verlorene Wähler zurück in’s (sinkende) Boot zu holen.
WÄHLEN darf man solche Leute natürlich NICHT.
Nicht Fleisch, nicht Fisch. Gruselig.

Konservativ_DasGuteBewahren
4 Jahre her

Es geht darum eine totalitäre Weltmacht China zu verhindern !! Wenn China die Nummer-1 werden sollten, bedeutet das das Ende des Westens. ** Sehr gutes Interview in der FAZ mit Steve Bannon: „… Macron hat die Gelbwesten selbst erschaffen. Er hat das betrügerische, verlogene Pariser Klimaabkommen auf den Weg gebracht, zusammen mit Angela Merkel. Dieser Vertrag erlaubt den Chinesen, so viele Abgase in die Atmosphäre zu pumpen, wie sie wollen, und die westlichen Demokratien sollen dafür bezahlen. Was hat Macron gemacht? Er hat die Leute, die am stärksten von der Abwanderung der Arbeitsplätze in Frankreich betroffen waren, steuerlich belastet. Deshalb… Mehr

Melli
4 Jahre her

Für mich ist das nur eine Nebelkerze, um noch ein paar Stimmen einzufangen. Mein Vertrauen in diesen Altparteien ist gleich 0. Und das wird sich auch so schnell nicht mehr ändern.

ioeides
4 Jahre her

Weiß AKK nicht, dass letztes Jahr mehr als 50.000 Migranten per Flugzeug in unser Land gekommen sind? Ohne Landweg und Ertrinkungsgefahr vom Flughafen direkt in die staatsfinanzierte Wohnung

FionaMUC
4 Jahre her

Na, sehr wohlmeinend berichtet. Ich frage mich, ob diese AKK begriffstutzig ist, dass sie erst jetzt auf den Trichter kommt? Vermutlich ist das reiner EU-Wahl-Opportunismus. Die CDU (sowie auch die CSU) muss noch sehr viel arbeiten an ihrem intellektuellen Niveau, ehe ich sie wieder wähle.

Klaus Mueller
4 Jahre her

Wenn sich die Bundesregierung und die Verwaltung an das geltende Recht nicht nur gehalten, sondern es auch durchgesetzt hätte, wäre es nicht zum massenhaften und fortgesetzten Rechtsbruch gekommen. Die Negierung rechtsstaatlicher Prinzipien hat einen Dammbruch ausgelöst, der historisch seines Gleichen sucht. Daher ist die Argumentation von AKK pure Augenwischerei. Aber das macht das kommende Desaster für manche vielleicht erträglicher.

Rolfo
4 Jahre her

Ich nehme Frau Kramp-Karrenbauer ab, dass Sie diese etwas stringentere Position beim Thema Flüchtlingspolitik vertritt. Aber die Hälfte der CDU und irgendein linksgrüner Koalitionspartner werden diese Meinung mit Sicherheit eine Einzelmeinung werden lassen.
Ganz nebenbei gibt es noch die „Landesfürsten“, die die Sache sehr individuell handhaben können, siehe Berlin.

Frank M.
4 Jahre her

„Das ist aus meiner Sicht organisierte Kriminalität.“ Kramp-Karrenbauer beschreibt diese „Seenotrettungen“ als Teil eines Geschäftmodells, wenn sie sagt: „Man muss trotzdem sehr klar sagen, dass natürlich ein Teil des Geschäftsmodells, ich sage das so hart, von organisierter Kriminalität von Schleppern genau darauf beruht, dass sie die Menschen ganz bewusst in lebensgefährliche Situationen bringen, weil sie darauf setzen, dass sie entsprechend aufgefangen werden.“

Solche Aussagen von Frau Kramp-Karrenbauer? Das kann eigentlich nicht sein. Denn wer solche Sätze – auch heute noch – in Foren zum Besten gibt, wird geächtet, ggf. gesperrt und in unappetitliche Ecken gestellt.

ShaundasSchaf
4 Jahre her

Die CDU hatte die Chance, der Unsäglichen in den Arm zu fallen und danach mehr als eine Chance, das Ruder herumzureißen. Hat sie nicht gemacht.
Auf die Truppe soll noch hereinfallen, wer will. Mein Kreuz kriegen die schon seit der ersten Amtszeit der Unsäglichen nicht mehr und daran wird sich mit diesem Personal, wenn überhaupt, auch nichts mehr ändern.