Die Bundesregierung versagt bei der Lösung der Strompreiskrise für die Industrie

Nun will die Bundesregierung den Strompreis für die Industrie durch den Bundeshaushalt heruntersubventionieren an drei Stellen: Die Stromsteuer, der Industriestrompreis und die Netzentgelte sollen gesenkt werden. In allen drei Fällen versagt die Regierung.

picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Die Jahr für Jahr steigenden Strompreise sind eine maßgebliche Ursache für das Industriesterben in Deutschland. Das hat sich bis zur Bundesregierung herumgesprochen. Doch anstatt sich gegen die ausufernde Verteuerung der Strompreise durch die hohe CO2-Abgabe für Kraftwerke zu wehren, wurden Kapazitäten von Braunkohle-, Steinkohle- und sogar CO2-freien Kernkraftwerken abgeschaltet. Das Wort Kernenergie kommt in der Koalitionsvereinbarung von CDU und SPD an keiner Stelle mehr vor. Um das Schlimmste zu verhindern, soll nun der Strompreis für die Industrie durch den Bundeshaushalt heruntersubventioniert werden.

Das soll an drei Stellen passieren: Die Stromsteuer, der Industriestrompreis und die Netzentgelte sollen gesenkt werden. Und in allen drei Fällen versagt die Bundesregierung.

Die Stromsteuersenkung bringt nichts

Die Stromsteuer soll von 2,05 €ct/kWh auf 0,05 €ct/kWh gesenkt werden. Diese Entlastung soll der Industrie und dem Gewerbe zugute kommen. Die privaten Haushalte sollen nun, anders als in der Koalitionsvereinbarung erklärt, davon nicht profitieren. Die Steuersenkung soll 3 Milliarden Euro ausmachen. Für die energieintensive Industrie ist das aber ein alter Hut. Denn die Ampelregierung hatte bereits im November 2023 beschlossen, dass bis Ende 2025 die Stromsteuer für die energieintensive Industrie auf 0,05 €ct/kWh gesenkt wird, und hatte bereits damals schon angekündigt, dass diese Senkung weiter fortgesetzt werden sollte. Der jährliche Aufwand betrug bislang zwei Milliarden Euro und erhöht sich nun um eine Milliarde durch die Einbeziehung weiterer gewerblicher Unternehmen. Die Maßnahme ist für die energieintensive Industrie also bestenfalls ein Erhalt des Status quo.

Offenbar hat aber die Regierung Merz die Konditionen für die energieintensive Industrie sogar noch verschlechtert. Nach der nun ab 1. Januar 2026 geltenden Regelung muss nämlich die Industrie – teilweise anders als früher – die Stromsteuer in voller Höhe von 2,05 €ct/kWh erstmal bezahlen und kann diese erst viele Monate später in einem bürokratischen Antragsverfahren zurückbekommen. Diese Bundesregierung ist richtig industriefreundlich und ganz groß im Bürokratieabbau. Die Liquiditätsverluste für die energieintensive Industrie machen für große Unternehmen Millionenbeträge aus, vom bürokratischen Aufwand ganz zu schweigen.

Die Senkung des Strompreises gilt nicht für die energieintensive Industrie

Schon im Juli kündigte Bundeskanzler Merz an: „Wir wollen die Stromkosten weiter senken“, so der Kanzler. „Diese Bundesregierung wird mit Ehrlichkeit handeln.“ Im November 2025 sprach er von einem Zielpreis von 5 €ct/kWh für die stromintensive Industrie, die im internationalen Wettbewerb stehe. Fünf Milliarden Euro sollten dafür bereitgestellt werden. Doch mittlerweile ist große Ernüchterung in den Chefetagen der stromintensiven Industrie eingetreten. Im Zentrum der Kritik steht dabei, dass ein Nachlass von 50 Prozent auf den Strompreis nur für die Hälfte des bezogenen Stroms gewährt wird. (siehe Textziffer 120 der EU-Regelung CISAF). Bei einem heute üblichen Börsenstrompreis von etwa 10 €ct/kWh wird also ein Strompreis von 7,5 €ct/kWh erreicht. Aber zusätzlich muss die Hälfte des Rabatts durch das Unternehmen in Investitionen zur Dekarbonisierung gesteckt werden, die nicht wirtschaftlich sind. Bringt man diesen „Einbehalt“ zum Abzug, werden aus den proklamierten 5 €ct/kWh 8,25 €ct/kWh. So wird aus ehrlichem Handeln (Merz) eine Mogelpackung.

Doch die größte Mogelei kommt noch. In den Veröffentlichungen der Bundesregierung wird vermieden, darauf hinzuweisen, dass die EU-Kommission eine Strompreissenkung nicht für die Industriebetriebe zulässt, die bereits eine Strompreiskompensation bekommen. Das ist aber die überwältigende Mehrzahl der deutschen energieintensiven Unternehmen. Das sind 350 Industriebetriebe der Metall-, Papier-, Glas- und chemischen Industrie, die einen hohen Anteil an Energiekosten aufweisen und gleichzeitig im internationalen Wettbewerb stehen.

Um diese nicht aus dem internationalen Wettbewerb zu werfen, hatte die EU-Kommission bereits im Jahre 2013 erlaubt, dass diesen Unternehmen bis zu 75 Prozent der im Strompreis versteckten CO2-Kosten erstattet werden können. (Da hiervon nicht alle Strommengen umfasst sind, kommen viele Unternehmen im Ergebnis jedoch nur auf eine Erstattung der tatsächlich angefallenen Kosten von 50 Prozent und weniger). Und diese energieintensiven Betriebe dürfen nach Willen der EU-Kommission nicht noch einmal durch eine Strompreissenkung unterstützt werden. Wenn das so bleibt, bekommt die deutsche energieintensive Grundstoffindustrie keinen Pfennig von der großangekündigten Strompreissenkung. Wie gesagt: Mogelpackung.

Netzgebühren werden unbezahlbar

Die Bundesregierung wird 2026 aus dem Klima- und Transformationsfonds, der ja von den CO2-Abgaben der Bürger und den Unternehmen gespeist wird, 6,5 Milliarden Euro zur Senkung der Netzgebühren zur Verfügung stellen. Dieser Betrag wird den vier Übertragungsnetzbetreibern Amprion, Tennet, 50Hertz und Transnet BW zur Verfügung gestellt, die das überregionale Hochspannungsnetz betreiben. Ziel ist es, die durch den Netzausbau für die Energiewende steigenden Netzkosten zu dämpfen. Die Senkung ist zunächst nur für 2026 beschlossen. Doch die Jahr für Jahr überbordenden Kosten des Netzausbaus werden entweder die privaten Haushalte und die Unternehmen massiv beeinträchtigen oder den Bundeshaushalt. Nach einer Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts in Köln werden die Kosten des Netzausbaus bis 2045 732 Milliarden Euro betragen, 302 Milliarden Euro für das Hochspannungsnetz und 430 Milliarden Euro für die regionalen Niederspannungsnetze.

Der Anstieg der Netzkosten würde der Studie zufolge für Haushalte etwa 18 €ct/kWh betragen, für das Gewerbe 15 €ct/kWh und für die Industrie 7 €ct/kWh. Diese Beträge addieren sich auf die heutigen Netzkosten von etwa 11 €ct/kWh für Haushalte, 9 €ct/kWh für das Gewerbe und etwa 5 €ct/kWh für die Industrie. Sollten die zusätzlichen 7 €ct/kWh für die Industrie an die deutschen Industrieunternehmen durchgereicht werden, ist eine Grundstoffindustrie in Deutschland ausgeschlossen.

Sollte es der Bundeshaushalt übernehmen, so steht die Finanzierung in Frage. Denn schon heute werden über die Förderung der erneuerbaren Energien jährlich etwa 20 Milliarden Euro ausgegeben, sodass mit den Netzkosten ein höherer zweistelliger Milliardenbetrag Jahr für Jahr für die Energiewende aufzubringen ist. Denn die Ursache für die maßlose Netzkostensteigerung ist der Ausbau der volatilen erneuerbaren Energien. Um deren Schwankungen aufzufangen, müssen die Netze überdimensioniert werden, um Überproduktionen (Hellbrise) aufzunehmen. Bei Unterproduktionen (Dunkelflaute) sind dann die Netze nicht mehr wirtschaftlich ausgelastet. Daher sind die ausufernden Kosten eine Folge des Ziels Deutschlands, die deutsche Energieversorgung mit 100 Prozent volatiler Wind- und Sonnenenergie zu bewerkstelligen.

Wirtschaftsministerin Katherina Reiche ist zu bedauern. Sie hat die Fehlkonstruktion der Energiewende erkannt („Die Energiewende muss bezahlbar werden“), aber die SPD lässt eine Kurskorrektur nicht zu. Der E.ON Chef Leo Birnbaum hat die Forderung nach einem Moratorium und der Abschaffung des EEG in einem Satz zusammengefasst: „Wir bauen Erneuerbare, die wir nicht brauchen, in ein Netz, das es nicht verträgt“ (Minute 16:00 des Podcast).

Vor diesem Hintergrund lohnt es sich, in den im November veröffentlichten und in Deutschland viel geschmähten Bericht der Nationalen Sicherheitsstrategie der USA hineinzuschauen. Darin macht man sich Sorgen um die Zukunft Europas. Dort findet man auch die einfache Wahrheit, dass preiswerte Energie auf Basis Öl, Gas, Kohle und Kernenergie „gutbezahlte Arbeitsplätze schafft, die Kosten der Verbraucher und Unternehmen reduziert, die Reindustrialisierung vorantreibt und den Vorsprung in Zukunftstechnologien wie KI sichern hilft“. Schaut man in den deutschen Koalitionsvertrag, so werden dort als einzig neue Energietechnologie „Höhenwindkraftwerke“ erwähnt. Unsere Energiepolitik ist wirklich lächerlich geworden.


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Kommentare ( 32 )

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Or
1 Tag her

Eigentlich könnte man so ziemlich jeden Artikel, in dem die Probleme dieses Landes beschrieben werden, mit „Die Bundesregierung versagt …“ beginnen.

Last edited 1 Tag her by Or
Mausi
1 Tag her
Antworten an  Or

Bitte nicht so negativ. Wir alle hier informieren uns falsch. Ich bin mir sicher, die KI – vielleicht nicht gerade Grok – wird auch Ihnen auflisten können, welche positiven Entwicklungen es im Land gibt seit Herrn Merz.

Or
18 Stunden her
Antworten an  Mausi

Nun ja. Eine Hand voll Dinge fiele mir schon spontan ein, die sich sehr positiv entwickeln. 🤔

Die Arbeitslosenquote, die Firmenpleiten, die Zahlen der polizeilichen Kriminalitätsstatistik, die Staatsverschuldung, die Energiepreise, demnächst die Krankenkassenbeiträge, Steuern … .

Ich muss Ihnen Recht geben. Nicht alles entwickelt sich negativ, was unsere Regierung anpackt.

Zhenmei Zutun
18 Stunden her

Unterlassen Sie doch bitte die Worte „Erneuerbare Energie“

Nibelung
19 Stunden her

Es ist ja nicht nur der Verlust des ehemals günstigeren Strompreises, sondern auch der Verlust verläßlicher Energieanlagen, die man aus linken Idiologien heraus geschreddert hat und nun auf den völlig unzuverlässigen Strom aus Windmühlen und Solarpanells setzt, wo man dann gleich regelmäßige Arbeitszeiten abschaffen kann um dadurch noch mehr Produktionspower zu verlieren oder sich auf andere Lieferanten verlassen muß, die nicht so blöd waren, wie die unsrigen kommunistischen Zersetzer. Deren Ansinnen besteht nicht in einer funktionierenden Wirtschaft, sondern zurück zum Agrar -oder Museumsstaat, wo alle eine Beschäftigung finden, auch die Dümmsten dieser Welt, wenn man sie noch massenweise als Ergänzung… Mehr

Endlich Frei
23 Stunden her

Wind- und Solarstrom wird konkurrenzlos teuer werden – das ist schon mal voraussagbar und schon heute der Fall.

humerd
1 Tag her

Ford verlagert jetzt auch die e-Auto Produktion – nach Frankreich.
Die Grünen, Luisa Neubauer und ihre FFF Jünger wird es freuen.

Siggi
1 Tag her

Die versagen in allen Bereichen, nur nicht bei der Eigenversorgung.

Mausi
1 Tag her

„Wir wollen die Stromkosten weiter senken“ Planwirtschaft pur. Damit der Baum Niedrige Stromkosten gedeiht, müssten unsere Politiker die Umwelt verändern. Unsere Regierenden kippen nur einen Eimer Wasser auf den Baum und wundern sich über die Dürre. Die liegt in diesem Fall tatsächlich am Klima.

Rainer Schweitzer
1 Tag her

„Die Stromsteuer soll von 2,05 €ct/kWh auf 0,05 €ct/kWh gesenkt werden. Diese Entlastung soll der Industrie und dem Gewerbe zugute kommen.“ Statt die Produktion von Strom billiger zu machen, sollen also die Bürger einen erheblichen Teil der Stromkosten der Industrie bezahlen. Und zwar gerade auch die kleineren und mittleren Einkommen sowie die Geringverdiener. Diese sollen natürlich auch die E-Auto-Subvention für diejenigen bezahlen, die sich ein E-Auto leisten können und meist auch noch die Photovoltaikanlage auf dem eigenen Haus. Wenn diese Politik nicht asozial ist, was dann? Die Grünen: Asoziale Politik einer inhärent asozialen Partei. SPD: Asoziale Politik einer inhärent asozialen… Mehr

alter weisser Mann
1 Tag her

Die Industrie hat dem Schwachsinn der Politik stets applaudiert. Jetzt muss sie vor den Folgen gerettet werden.
Der Verbraucher allerdings fragt sich: Wo bleibt denn unser Klimageld? Die Belastungen, die teilkompensiert werden sollten tragen wir ja und letztlich werden wir auch die Energiekostensubventionen für die Industrie tragen.

LiKoDe
1 Tag her

Auch diese Bundesregierung versagt bei der Lösung der Strompreiskrise, die durch Entscheidungen der letzten neun Bundesregierungen [Kohl III+IV, Schröder I+II, Merkel I-IV, Scholz] sowie den Kreisen, die die EU-Energie-Politik machen und davon profitieren, erst erzeugt wurde.

Joe4
1 Tag her

Bedauerlich, dass Herr Vahrenholt nicht iin der Regierung sitzt.