Politik als Comic, wenn Baerbock W. Putin besucht und Kretschmann muss helfen!

Kein deutscher Politiker, männlich oder weiblich, altert derart schnell wie Annalena Baerbock, die Kanzlerkandidatin der Grünen. Jedenfalls in der Bildauswahl deutscher Medien. Der Parteitag, davor Lebenslauflücken und versteckte Gelder haben einen Höllensturz ausgelöst – und die mediale Verklärung verdüstert.

IMAGO / photothek

Allmählich beginnt man Mitleid zu haben mit Annalena Baerbock: Ihre Parteitagsrede verdruckst und verstockt vorgetragen; der Text war ihr fremd, die Wörter sperrig, der Sinn erkennbar fremd. Reden ablesen ist nicht leicht: Wer vom Gegenstand keine Ahnung hat, kann auch nicht gut vortragen. Wer nur einen Erste Hilfe-Kurs hinter sich gebracht hat, wäre ein schlechter Redner auf der wissenschaftlichen Jahrestagung der Hirnchirurgen – weil er das Manuskript so hilflos stammelnd vortragen würde und die Fachwörter verschludern wie Annalena Baerbock eine Agenda vorliest, die erkennbar nicht ihre ist. Sie selbst hat keine, außer dieser: „Annalena“. Jeder Zuschauer konnte es sehen, spüren, fühlen.

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Angesichts dieser Realität hat auch der Journalismus nachgezogen und nicht ausschließlich jubelnd berichtet, wie es sich doch nach Ansicht der Grünen gehört. Die Reaktion der Partei machte das nur noch schlimmer: Sie wurde in Schutz genommen wie eine Schülerin vor einem strengen Lehrer. Winfried Kretschmann, eine Art Alterspräsident der Partei und einziger grüner Ministerpräsident stellte sich schützend vor sie; tadelte die Kritiker, die sich ihres getürkten Lebenslaufs und vergessener Weihnachts- und Coronagelder gewidmet hatten. Das war gut gedacht von ihm. Aber vor dem inneren Auge taucht auf, wie eine Bundeskanzlerin Annalena Baerbock bei Wladimir Putin ist und von dem so richtig zum Mädchen gemacht wird. So ganz klein. Da Wrrroooom! kommt Kretschi in den Kreml, Wummmmms tritt er die Türen ein, packt Putin an der Krawatte und brüllt ihn an: „So nicht mit unserer Annalena, Wladimir, so nicht!“

So geht Comic.

So geht Politik nicht.

Und jetzt noch diese Bilder

Journalismus funktioniert nach dem Prinzip des Schwarms, wie man ihn von Vögeln und Fischen kennt: Möglichst nah beieinanderbleiben; alle zusammen können sich nicht irren. Weil das so ist, liegen vor der Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, schwere Zeiten. Verfolgt man in den tagesaktuellen Archiven der großen Fotoagenturen die aus dem breiten Angebot ausgewählten Baerbock-Motive, dann dominierten zunächst wunderbare Fotos: Sie zeigten eine strahlende junge Frau, lächelnd, sympathisch, einnehmend. Neuerdings wird die Auswahl dominiert von Bildern, die sie eher an Angela Merkel heranrücken lassen: mürrisch, etwas füllig, zerzaust, unvorteilhaft von der Seite aufgenommen. Man beginnt zu ahnen, wie Politik zerstört – oder die innere Merkel nach außen bringt und die Mundwinkel nach unten zieht.

Journalismus sagt meist recht wenig über Wirklichkeit; er sagt mehr aus darüber, wie Journalisten wollen, dass das Publikum die Wirklichkeit wahrnimmt. Und derzeit altert kein deutscher Politiker, männlich oder weiblich, derart schnell wie Annalena Baerbock. Jedenfalls in der Bildauswahl deutscher Medien.

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Was ist geschehen? Ein Schwarm Krähen verteilt sich nie gleichmäßig über ein Feld; alle Krähen stürzen sich auf einen Beutepunkt. Das darf man den Journalisten nicht übel nehmen; es ist ihre Aufgabe, herausragende Politiker und Personen zu beobachten. Wahlkampf ist ein Härtetest, die Tauglichkeitsprüfung der Demokratie, die politische Fitnesskontrolle.

Dieser Test macht die Demokratie so leistungsfähig: Nur die Besten bewältigen ihn unbeschädigt. Auf Baerbock haben sich zunächst Blogger gestürzt; vom Typus her eher einzelgängerischen Habichten gleich als Schwarmvögeln. Aber sie haben das Ziel markiert. Die Grünen finden das schäbig. Sie sind gewohnt, kritiklos von Haltungsjournalisten gefeiert zu werden. Kritik an der Vorsitzenden scheint geradezu unanständig, denn sie ist doch noch dazu eine Frau. Ritterlichkeit, einst von Feministinnen abgelehnt als Betonung weiblicher Schwäche, wird wieder eingefordert in Form von Kritikverzicht, denn sie ist eine Frau, lesen wir allenthalben. Da darf man doch nicht so streng sein. Ein dialektischer Treppenwitz, dass mangelnde Kompetenz mit Geschlecht kompensiert wird – was fühlen wohl die vielen Frauen, die sich ihre Positionen mit Kompetenz erkämpft haben und täglich mit Leistung ausfüllen müssen? Bei Baerbock wird geschlechtsbedingt Rücksichtnahme eingefordert, so wie der kompetentere Robert Habeck zurückstecken musste; für ihre Fehler wird Verständnis eingeklagt; kindlicher Unernst soll falsche Fakten erträglicher machen und nachsichtig in kleine Notlügen umdeuten.

Baerbock hat sich selbst als Völkerrechtlerin gerühmt; das klingt beeindruckend: Man sieht sie vor sich im Kampf für die Schwächsten des Globus. Sie gab sich zudem als Juristin aus, kurz vor der Vollendung ihrer Doktorarbeit, die sie nur wegen ihres Einsatzes für die Allgemeinheit noch nicht Korrektur lesen konnte.

Promotion und Juristerei machen sich gut bei konservativen, statusorientierten Wählern. Mittlerweile kam heraus, dass Baerbock weder ein Promotionsvorhaben noch einen Universitätsabschluss vorweisen kann; allenfalls ein sehr aussageloses britisches Zeugnis, das die London School of Economics gern zahlungswilligen Ausländern ausstellt; die Abschlussarbeit weigert sie sich vorzulegen. Es wäre kein großer Kopieraufwand dafür nötig. Fünfmal diese Kolumne reicht für das geforderte Volumen.

Lügen werden der „Realität angepasst“

Noch hat sie Freunde. Noch am Sonntag nannte Bild Am Sonntag die Korrektur eines Dutzend falscher Angaben, sie habe ihren „Lebenslauf der Realität angepasst“. Das hat das Zeug zum geflügelten Wort: Lügen werden zukünftig der „Realität angepasst“. Für den Spiegel war es nur ein „Aufhübschen“, falsche Tatsachen zu melden. In bewährter Manier versuchte die Zeit recherchierende Blogger als „Rechte“ zu diffamieren, dichtete ein Vordiplom zur Bachelorarbeit um. Aber da kam schon ans Licht, dass Baerbock sich als Parteivorsitzende Honorare genehmigt und obendrein vergessen hatte, diese wie vorgeschrieben dem Parlamentspräsidium anzuzeigen: Und weiter geht’s auf der Treppe in den Umfragekeller. Die Parteitagsrede war der Gipfel.

Kaum große Redner

Nun ist Deutschland nicht verwöhnt mit grandioser Rede, der man nach historischer Erfahrung eher misstraut. Helmut Schmidt war einer, und Franz-Josef Strauß; mit Helmut Kohl war es schon so eine Sache und Gerhard Schröder nur vorübergehend ein Lichtblick. Angela Merkels Rede ist bräsig, sie zermümmelt jeden Sachverhalt zu einer Flut einschläfernder Sprachfloskeln. Merkels Rede ist ein geniales Täuschungsmanöver: Bauernschlau flicht sie dabei Begriffe ein, die die Medien dann als Wahrheiten aufnehmen und als Staatsraison dem Publikum einhämmern. Die Zahlung von Hunderten Milliarden Euro für die so beschönigte „Eurorettung“ – „alternativlos“. Das katastrophale Versagen in der Migrationspolitik wird zu „Wir schaffen das“. Es wirkt.

Machtverfall
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Gemessen daran konnte man bisher Baerbocks Rhetorik in Talkshows vorgeführt nur als „Plappern“ bezeichnen, das aber in so rasendem Tempo, dass sie selbst Zusammenhänge überfährt, bei Fakten schleudert wie auf Glatteis und mit selbst produzierten Widersprüchen kollidiert. Nur darf dies so nicht gesagt werden; im heutigen Diskurs dürfen Männer Frauen weder widersprechen noch sie belächeln – das wäre frauenverachtender Machismo. Außer bei AfDler*innen. Da ist die freigelassene Sau Pflicht.

So schnatterte sich Baerbock bislang durch und galt als glänzende Erscheinung – zumindest gemessen an Claudia Roth, der es gelang, Blumentapeten mit Motiven der 70er zu Kleiderstoffen zu recyceln. Aber neuerdings sind da diese Krähen. Jede Krähe rupft ein weiteres Federchen aus dem Opfer. Manche zweifeln schon, ob Baerbock bis zum Wahltag durchhält. Das jedenfalls wäre schon mal eine Leistung.

Eine Leistung wäre es gewesen, wenn Baerbock den Sprung vom Talkshow-Geplapper zur Parteitagsrede geschafft hätte. Geholfen hätte eine Parteizentrale, die sich in sie hineinversetzen kann, ihre Rede aufhübscht, ihren Wasserfallvortrag einstürzender Fakten der Realität anpasst. Stattdessen hat man ihr Begriffe hingelegt, über die sie stolpern musste, weil sie diese noch nie verwandt hat. Sie musste Schachtelsätze sprechen, die ihr zu komplex waren und die sie aber mangels Sachkompetenz nicht kürzen konnte, und wenn sie authentisch sein sollte und sich „tierisch ärgert“ dann war sie genau das: Annalena Baerbock, allein in einem viel zu großen Kinderzimmer. Und kein Kretschmann da, der ihr zeigt, wo der Ausgang ist.

Und so ist Kretschmann wie andere Grüne in der Sackgasse gelandet. Bürger wollen keine Politiker, die beschützt werden müssen für ihre erkennbare Unfähigkeit. Sie erwarten ein Gefühl der Sicherheit; das zu vermitteln ist Aufgabe der Politik: Die Politik für das Große, damit die Bürger sich ihrem Alltag widmen können.

Annalena bei Xi Jinping?

Ein Comic.

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Kommentare ( 206 )

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moorwald
2 Jahre her

Der neue Sport: Haust du meinen Plagiator, hau‘ ich deinen Plagiator.
Laschet hat auch ein Zitat nicht kenntlich gemacht, wie man liest. Und entschuldigt sich. Aber bei wem? Bei mir, der ich sein Buch ganz bestimmt nicht lesen werde, jedenfalls nicht.
Ich würde sowieso eher Baerbock den Vorzug geben: das weiß man, was man hat.

Jan Frisch
2 Jahre her

Lieber Herr Tichy, ich kann Ihnen zwar größtenteils beipflichten, nur nicht bei diesem Satz:
„Dieser Test macht die Demokratie so leistungsfähig: Nur die Besten bewältigen ihn unbeschädigt.“ Die Wirklichkeit der letzten 20 Jahre sollte uns doch gelehrt haben, dass Politik die Auswahl der Schlechtesten ist, und Baerbock ist nur das neue Extrem.

Karamba
2 Jahre her

Der Maßstab der an führende Politiker anzulegen ist, hat naturgemäß ein ganz kleinteiliger, ja äußerst genauer zu sein. Da führt kein Weg rum. Wer das höchste politische Amt anstrebt muss sich gefallen lassen auf Herz und Nieren geprüft zu werden.

Spoekenkieker
2 Jahre her

„Annabock Lenabär“ wird in Studentenkreisen gejodelt ( wirklich, die App heißt Jodel :))

andreashofer
2 Jahre her

Die Grünen wurden lange hochgeschrieben, damit sie einen um so zuverlässigeren Juniorpartner geben. Schwarz-Grün ist das Ziel, nicht Grün-Schwarz. Und auf keinen Fall Jamaika oder nochmal Groko.
Schwarz steht für Konzerninteressen und einen mittlerweile sehr effektiven Kampf gegen die Mittelschicht und Mittelstand. Grün steht für …. naja, die müssen diese Selbstentleibung als Weltrettung verkaufen.

elly
2 Jahre her

Realsatire – das kannste Dir alles gar nicht ausdenken: „Skurriler AuftrittDie frisch gekürte Grünen-Bundestagskandidatin kann keine Frage beantworten“ https://www.focus.de/politik/deutschland/skurriler-auftritt-habe-ich-zeit-zu-ueberlegen-saar-gruene-kann-auf-parteitag-keine-fragen-beantworten_id_13434459.html
wenn die Quote bestimmt ….

Sabine M
2 Jahre her

„Claudia Roth, der es gelang, Blumentapeten mit Motiven der 70er zu Kleiderstoffen zu recyceln.“

Lieber Herr Tichy, you made my day!!!!!

Jan Frisch
2 Jahre her
Antworten an  Sabine M

Ach? Ich dachte sie müsste diese umgenähten Duschvorhänge als Strafe tragen?!

Ostfale
2 Jahre her

Zitat: „Bei Baerbock wird geschlechtsbedingt Rücksichtnahme eingefordert, so wie der kompetentere Robert Habeck zurückstecken musste; für ihre Fehler……….“ 
Kompetenter ist die Steigerung von kompetent. Das ist wohl eine Vokabel, die für keine der beiden Genannten – auch nur im Entferntesten – Anwendung finden kann. Alle möglichen, nur eben diese eine sicherlich nicht.

armin wacker
2 Jahre her

„ich schiesse einen Bärbock“ wird langsam zum geflügelten Wort. Na ja die Deutschen sehen nicht, was Frau Merkel uns eingebrockt hat und sie haben schlicht nichts besseres verdient.Sie haben die Wahrheit mit der Lüge vertauscht und werden mit der Lüge untergehen. Ist erst Deutschland kaputt, dann ist auch Europa am Ende.