Der Papst entfaltet mit dem ersten Schritt auf den Balkon die volle Wirkung seines Amtes. Merz ist nicht schon mit seiner Ernennung, sondern erst durch sein Handeln Kanzler. Es kommt nicht darauf an, wie viele Polizisten an die Grenzen geschickt werden, sondern ob die illegale Migration tatsächlich eingedämmt wird.

Misstrauen hat jede Regierung verdient. Skepsis ist eine unverzichtbare Tugend des mündigen Bürgers. Staatsgläubige Untertanen sind keine guten Demokraten. Umso mehr lechzt jede Regierung nach der Vertrauensseligkeit der Wähler. Doch die Inbrunst, mit der sich jetzt schon die Enttäuschten an Merz abarbeiten, geht über gesunde Skepsis weit hinaus. Echte Skeptiker schlagen sich nicht einfach auf die „andere“, vermeintlich richtige Seite. Sie zweifeln auch an der eigenen Besserwisserei.
I.
Merz hat sich Skepsis redlich verdient. Sein Zickzack-Kurs auf dem Weg ins Amt hat Zweifel am versprochenen Politikwechsel steigen und den Vertrauensvorschuss schwinden lassen. Merz koaliert mit einer linken Partei, und lässt zu, dass die sich aufführt, als hätte sie bei den Wahlen nicht verloren, sondern gewonnen. Die Alternative dazu hätte allerdings die Unionsparteien zerrissen und den ohnehin bescheidenen Erfolg vernichtet. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Die vernichtende Ablehnung aber, die der neue Kanzler bereits erntet, nachdem ihm 18 Abgeordnete im ersten Wahlgang die Gefolgschaft verweigerten, ist allzu schrill. Beide Ränder im Parlament – beide – stimmten trotzdem einem zweiten Wahlgang noch am selben Tag zu, bei dem sie dann natürlich gegen Friedrich Merz votierten. Insofern ist der Vorwurf, Merz sei mit den Stimmen der Linken ins Amt gekommen, nur die halbe Wahrheit. Doch die Linken frohlocken, und die Rechten sehen das Tor zur Hölle geöffnet. Beides ist Nonsens. Was bleibt, ist die Gewissheit, dass die Koalition auf schwachen Beinen steht. Weil nicht lange zusammenhalten kann, was nicht zusammengehört. Der Denkzettel vom Dienstag zählt am Ende aber so wenig wie die Tatsache, dass einst Adenauer mit der eigenen Stimme zum Kanzler gewählt wurde.
II.
Erst vor ein paar Tagen hat die derzeit beliebteste Politikerin des Landes (so verrückt ist diese Gesellschaft!), die Linke Heidi Reichinnek, den Sturz des Kapitalismus gefordert. Kein CDU-Politiker denkt ernsthaft daran, mit Sozialisten dieser Denkart gemeinsame Sache zu machen. Es ging bei der Wahl des Kanzlers aber nicht um eine Sache, sondern um eine Frage der Geschäftsordnung. Die Einführung des Sozialismus wäre so idiotisch wie menschenfeindlich. Sie zu fordern aber verbietet das Grundgesetz nicht. Gedanken und Worte sind frei. Ich könnte hier zum Beispiel (mit guten Gründen) den Abfall Bayerns aus der Berliner Republik oder den Entzug des passiven Wahlrechts für Pastorentöchter fordern. Nach den Maßstäben des Verfassungsschutzes wäre ich damit gesichert „extrem“. Es geht diese Behörde zwar nichts an, aber das ist ihr egal. Sie urteilt mit unterschiedlichen Maßstäben. Eine Partei, deren Protagonisten die Enteignung propagieren, hat nichts zu befürchten, eine andere Partei, deren Funktionäre Einwanderung ablehnen, dagegen schon. Auch in dieser Frage eiert der Kanzler. Er neigt ja immer zu bequemsten Lösung. Aber die Bekämpfung der AfD mit Hilfe des Verfassungsschutzes oder gar mit einem Verbotsantrag wäre nicht bequem, sondern sinnlos.
III.
Abgesehen vom Aufruf zu Mord und Gewalt muss das Wort frei bleiben. Selbst Hetze und erst recht „Majestätsbeleidigung“ gehören zur Freiheit. Auch die Delegitimierung des Staats ist gutes Recht jedes freien Bürgers. Das Bundesamt für Verfassungsschutz aber lässt sich als Waffe zur Durchsetzung einer bestimmten Haltung missbrauchen. Es schützt nicht die Freiheit, sondern eine staatlich verordnete Moral. Es wäre deshalb am besten, die Schnüffel-Behörde abzuschaffen. Notwendig wäre ausschließlich ein Geheimdienst, der terroristische Bestrebungen aufspürt.
IV.
„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“: Kein Satz von Hermann Hesse wird häufiger zitiert – und missverstanden. Der Zauber findet so gut wie niemals statt, erwartet wird etwas anderes, nämlich Zauberei. Aber kein Kanzler kann zaubern. Während der neue Papst mit dem ersten Schritt auf den Balkon bereits die volle Wirkung seines Amtes entfaltet, ist Merz nicht mit seiner Ernennung, sondern erst durch sein Handeln wirklich Kanzler. Es kommt zum Beispiel nicht darauf an, wie viele Polizisten jetzt an die Grenzen geschickt werden, sondern ob die illegale Migration tatsächlich drastisch eingedämmt wird. Scholz war immer nur ein Kanzlerdarsteller. Merz muss erst noch beweisen, dass er mehr ist.
V.
Diese Chance sollten wir ihm gönnen. Auch ohne Zauber. Ist es nicht wenigstens zauberhaft, dass die Damen und Herren Scholz, Faeser, Baerbock, Habeck, Paus und Roth unter andere definitiv entmachtet sind? Es spricht gegen ein Weiter-so. Die hysterischen Unterschriftenaktionen gegen den neuen Kulturbeauftragten der Regierung sind ein schönes Zeichen. Wir werden auch ihn etwa daran messen, ob Texte aus seinem Amt weiter gegendert werden. Wer aber jetzt auf der Stelle eine konservative Kulturrevolution verlangt, kann nur enttäuscht werden. Denn eine Regierung ist nur eine Regierung. Die höchste Macht ist der Geist einer Gesellschaft. Keine Regierung kann die Mentalität der Bevölkerung ändern. Sie muss mit ihr rechnen, darf ihr aber nicht immer nachgeben. Das ist die Kunst. Staatsverehrung und Konformismus sind die gefährlichsten Feinde der Freiheit, gefährlicher als jede Regierung.
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Die Ära der Mädchenpolitik 2005- 2025 ist zu Ende. Es waren Zeiten, in welcher der Konformismus aufblühte. Zum Glück ist das zu Ende.
„Keine Regierung kann die Mentalität der Bevölkerung ändern“. Diese Erkenntnis wurde von Herrn Herles bei archäologischen Ausgrabungen gefunden, um sie in das Jahr 2025 zu übertragen? Herrn Merz machen lassen? Herr Merz ist in allererster Linie Diener zum Wohle Deutschlands, dafür wird nicht nur diese Personalie aus Steuergeldern finanziert, sondern der gesamte Bundestag samt ausgelagerten und finanzierten Nicht-Regierungs-Organisationen unter dem Deckmantel e.V. oder auch gGmbH als schreiende Truppen auf den Straßen. Herr Merz wird diesem Pöbel wohl kaum die Gemeinnützigkeit entziehen oder den Geldhahn abdrehen, ohne „Kohle“ vom Staat stehen die eben ziemlich dumm da. Nach meiner Einschätzung für Merz… Mehr
Den Mann erst mal machen lassen?
Der ist schon heftig am Zündeln und Kriegsgefahr für Deutschland dürften wir nicht zulassen.
Das Deutsche Politiksystem hat doch etwas Gutes zumindest für die Parteien. Es war nie eine Partei allein Schuld. Eigentlich war nie eine Partei Schuld. Alles nur Gewinner.
Wenn man in der Privatwirtschaft einen Manager wie Hr. Merz hat dann weiß man genau daß die Firma bald zum Verkauf ansteht.
Ganz so erfolglos scheint der Hr. Merz in der Privatwirtschaft nicht gewesen zu sein. Wie sonst könnte der Mann dort bis zu 5.000€ Tagesgage einstreichen?
Merz war ein Blackrock Frühstücksdirektor der vermutlich nur seine politischen Kontakte (vulgo sein Telefonbuch) monetarisiert hat.
Viele Grüsse von der Saar
Es geht nicht nur um Blackrock. Merz saß in zahlreichen Aufsichts-, Bei- und Verwaltungsräten von Banken, Versicherungen und Industriekonzernen. Die Liste ist so lang, dass man sich fragt, ob der Mann jemals geschlafen hat.
Die 5.000€ Tagessalär bezogen sich auch nicht auf seine Blackrocktätigkeit, die kassierte Merz für seine Dienste zum angestrebten Verkauf der WestLB.
So leid es mir tut, Herr Herles, wir haben eine Merkel 16 Jahre ihr Unwesen treiben lassen, folglich verspüre ich nicht die geringste Lust mehr, größenwahnsinnige, machtbesessene CDUler machen zu lassen. Der humorbefreite Wählertäuscher aus dem Sauerland ist nun fünf Tage Kanzler. Höchste Zeit, dass er abtritt …….
Gebe zu, ich hatte mir bisweilen auch einen Konservativen als Kanzlerkandidaten gewünscht, der den Linken alles verspricht und ihnen etwas vormacht, um dann an der Macht, die Maske fallen zu lassen um knallhart konservative Politik zu machen. Und in gewisser Weise ist dieser Wunsch sogar in Erfüllung gegangen, nur leider genau umgekehrt. Aber vielleicht ist ja auch das nur ein taktischer Schachzug in einer ausgeklügelten Strategie zur Rettung unseres Landes. Also: „Lasst den Mann doch erst mal machen.“ Hat das Kohl bei Merkel nicht so ähnlich formuliert. Und wenn ich mich recht erinnere hat es genug solcher Töne auch bei… Mehr
Mich interessiert nicht mehr, wie dieser Kanzler ins Amt gekommen ist, sondern was er daraus macht. Diese Regierung steht wie keine vor ihr vor der Riesenaufgabe, die Fehler und Versäumnisse der Vorgängerinnen aufzuarbeiten und soweit möglich zu korrigieren. Allein daran wird sie zu messen sein. Ich möchte ganz vorsichtig daran erinnern, daß Merz schließlich sein lange angestrebtes Ziel erreicht hat, was doch für eine gewisse Beharrlichkeit spricht. Ob uns seine oft krummen Wege und Winkelzüge dahin gefallen, ändert nichts daran: Nun ist er halt da… Und mit „kritisch begleiten“ meine ich natürlich keine Erziehungsversuche, sondern eine aufmerksame Zeugenschaft – sine… Mehr
Sie glauben, Merz und sein Kabinett halten für Fehler, was Merkel hinterließ?
Wenn – weshalb schloss sich da nicht an Tag 1 wie in den USA die Grenze für all das, was hier illegal beständig weiter aufschlägt?
Genug Zeit das vorzubereiten hat er sich seit der Wahl ja genommen, der Herr Merz.
Der Herr Herles verlangt also, dass wir Bürgen erstmal unseren Mund halten und „den Mann machen“ lassen sollen.
„Der Mann“ ist so verlogen, dass sich die Balken biegen. Kaum haben die eingeseiften Wähler die CDU/CSU zur stärksten Fraktion gemacht, wurden von „dem Mann“ sämtliche Wahlversprechen rücksichtslos gebrochen.
Nun gut, „der Mann“ hat sein Ziel erreicht und ist Kanzler geworden. Und nun „macht“ der Mann so vor sich hin, allerdings, wie die Merkel, immer gegen das Volk, das verdattert und ohnmächtig zusehen muss.
Ich kenne das, bei meiner Mutter ist das ähnlich. Wenn man ihr z.B. in einem orientalischen Restaurant eine aufgebackene Tiefkühlpizza serviert und abrechnet, als wäre sie von vier Drei-Sterne-Sterneköchen gefertigt und direkt aus Neapel eingeflogen worden, dann gibt sie ein großes Trinkgeld, ebenso, wenn zwei aus dem oben erwähnten Kulturraum kommende Servicetechniker ihr für 60 € einen längeren Anschluss für die gerade gelieferte neue Waschmaschine andrehen, weil der dabeiligende angeblich nicht passt, auch da gibt es Trinkgeld. Es ist die Angst, sich eingestehen zu müssen, dass man sich hat belügen und demütigen lassen und dass die Warner, die man heimlich… Mehr
Es scheint vollkommen aus dem Unbewussten gehandelt zu werden – was heißt Reflektionsvermögen wie bei Habeck gleich Null. Aber so schaut er halt auch in die Welt.