„Klimaschutz“: Nutella ist alle, Papa ist schuld. Oder Mama?

Umweltschutz ist durch das Thema ›Klima‹ und seiner ›Rettung‹ außer Kontrolle geraten. Erst unterwarfen sich die Staaten, nun sind die Bürger dran. Was dabei aus dem Blick gerät, ist die Eigengesetzlichkeit der Natur ebenso wie jene des Marktes.

© Valery Hache/AFP/Getty Images)

Es geht gar nicht um „Klimaschutz“. Denn das Klima kann man nicht schützen. Man kann es auch nicht „retten“. Vielleicht kann man es ein klein wenig „beeinflussen“; das wird schwer, wenn überhaupt. Allerdings sicherlich nicht mit dem Verbot von Ölheizungen und dem Drehen an der Pendlerpauschale. Das Klima ist zunächst eine Gegebenheit, die sich in verschiedenen, miteinander interagierenden Zonen um den Erdball zieht, im übrigen eine im Verlauf der Erdgeschichte äußerst volatile und ungerechte Angelegenheit. Die Sahara war einst bekanntlich grün, die Römer profitierten von einer relativen Warmzeit. Die ›kleine Eiszeit‹ des 15. bis 19. Jahrhunderts hat vermutlich Not und Tod gebracht, den Dreißigjährigen Krieg und die Französische Revolution mit ausgelöst.

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Wenn heute 16-Jährige auf die Straßen gehen und die Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens fordern, dann wissen sie nichts von dieser Vergangenheit, auch nichts von den komplexen Zusammenhängen zwischen menschlichem Verhalten, Natur und Wetter. Das einzige, das sie sicher in sich zu tragen scheinen, ist der durchaus kindliche Gedanke, dass die Erwachsenen verantwortlich sind, für das globale Klima wie für das Raumklima: Papi ist schuld, weil er den Heizkörper nicht angeschaltet hat!  Der derzeitige Gretismus ist eine ständige petitio principii – eine Gesinnung, die kindliche Erfahrungen auf globale Zusammenhänge projiziert. Da wird eine Generation verantwortlich gemacht wie Papa oder Mama am Frühstückstisch dafür, dass die Nutella ausgegangen ist beim Frühstück. Bei der Versorgung mit Nutella mag es stimmen – aber die kindliche Vorstellungswelt der elterlichen Allmacht ist nicht erweiterbar auf komplexe, globale, den Planeten übersteigende Zusammenhänge wie das Klima. Wild wird da alles, was der Mensch der Natur an Schäden aufgebürdet hätte, zusammenaddiert und auf die Minus-Seite einer Rechnung gesetzt, bei der die Menschheit nur verlieren kann. Denn, in der Tat, seit es uns auf diesem Planeten gibt, haben wir der Natur zugesetzt. Als einige Asiaten nach Amerika vorstießen, starb gemäß einer populären Theorie die Megafauna der Neuen Welt aus. Der fruchtbare Halbmond ebenso wie Süd- und Mitteleuropa sind nun seit tausenden und hunderten von Jahren entwaldet, die Libanon-Zeder gibt es noch auf der Flagge des Landes, aber tatsächlich ist sie mit den Römischen Galeeren untergegangen. Die Landschaften, in denen wir heute leben, sind das Ergebnis vieltausendjähriger Bewirtschaftung, die Tiere, die wir halten, ebenso wie die Pflanzen, die wir anbauen, das Resultat unserer Züchtungsbemühungen – im Guten wie im Schlechten.

Der Westen graust sich vor seinem eigenen Wirtschaftsmodell

Das Argument lautet nun meist, dass wir Heutigen mehr Wissen, mehr Macht und folglich auch mehr Verantwortung für die Dinge haben. Diese Ansicht ist beliebt unter den Aufgeklärten, verkennt aber, dass menschliches Verhalten auch unter dem Einfluss der Aufklärung stets interessengeleitetes Handeln blieb. Wenn also die Brasilianer heute den Regenwald abholzen, um so Acker- und Plantagenland zu gewinnen, dann tun sie nur dasselbe wie die Menschen des Mittelalters, die die Wälder Europas rodeten, um selbst besser zu leben. (Präsident Jair Bolsonaro wies erst jüngst die in Biarritz tagenden G7 auf diese Parallele hin, als er in einem wirklichen Geistesblitz die Aufforstung Europas von ihnen forderte.)

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Im Hintergrund steht auch ein alt-neu-koloniales Denken, in dem wir, von westlicher Warte aus schauend, dem Rest der Welt vorschreiben wollen, wie er zu wirtschaften hat. Wir sehen natürlich unseren enormen Lebensstandard, der sich auch auf die Nutzung von Ressourcen gründet und gründen muss. Als nächstes fallen uns die Zahlen von je 1,4 Milliarden Indern und Chinesen, 418 Millionen Südamerikanern und 1,3 Milliarden Afrikanern ein – und uns wird für einen Moment etwas schwarz vor Augen. Denn ihnen müssten wir – aus Gründen der Gerechtigkeit – ja den gleichen Ressourcenverbrauch zugestehen wie uns. Das scheint uns aber nicht möglich und muss folglich durch global-administrative Akte verhindert werden. Dieses Denken ist aber durchaus begrenzt, da die Wirkungen von Kreativität und Erfindergeist in der Menschheitsgeschichte überhaupt nicht gesehen werden. Sie sind aber der eigentliche Ursprung unserer Fortschritte.

Der Markt als ökologisches Regulativ

Daneben scheint auch von der revolutionären Aura des Klimastreiks eine Wirkung auf gewisse Gemüter auszugehen, die sich ohnehin vieles anders wünschen in dieser Gesellschaft und dabei auch gerne nach staatlichen Eingriffen rufen – in Verkennung der verhängnisvollen Rolle des Staates bei der Erhaltung wettbewerbsfähiger Strukturen, ob in der freien Wirtschaft oder staatlichen Haushalten. Der „Klimaschutz“ ist ja auch gesetzgeberisch ein Grund geworden, wieder einige Stellschrauben anzuziehen, ohne andere dabei zu lockern. Dem Bürger wird also erneut die Kontrolle über einen Teil seines Lebens entzogen. Dabei gibt es doch durchaus ein marktwirtschaftliches Modell zum Umgang mit knappen Gütern. Ja, man könnte sagen, die ganze Ökonomik handelt nur von diesem Thema.

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Ein knappes Gut wird gemeinhin teuer. So sollte sich doch mit zur Neige gehenden Ressourcen sinnvoll umgehen lassen. Was nützen da eigentlich die staatlichen Eingriffe? Argumentiert wird hier natürlich mit Systemteilen, die sich – wie Wetter, Klima und Natur – nicht ›wehren‹ könnten und also von uns geschützt werden müssten. Das könnte so sein, bezieht sich aber, wie bewusst sein dürfte, auf die schon genannte petitio principii, gemäß der das globale Klima gefährdet sei. Wenn dem aber so ist, dann wäre eine einheitliche Lösung für den CO2-Verbrauch anzumahnen, die sich nicht im Kleinklein der Zuschüsse, Abzüge und Pauschalen verirrt, wie jetzt die Vorschläge der Großen Koalition.

Alle in der derzeitigen Diskussion gezogenen Schlüsse werden irgendwann zirkulär. Das einzig Sichere ist die Unsicherheit, die der Mensch stets zu vermeiden sucht. Vor allem in seinem Denken, und dafür braucht es eben Glaubenssysteme, entweder offene, die die Begrenztheit des menschlichen Handelns deutlich machen (Religionen, Kirchen und Kulte), oder versteckte, die in schlecht-aufklärerischer Tradition von einer Allmacht der globalen Gemeinschaft im Kampf mit den Naturgewalten ausgehen (Klima-, Umwelt- und Öko-Wahn). Doch dürfte sich die Natur in jeder Hinsicht als stärker herausstellen, als wir Menschen es glauben oder sind.

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Kommentare ( 66 )

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Leroy
4 Jahre her

Wenn doch die Pegel der Weltmeere unaufhaltsam steigen, warum kauft dann Barack Obama ein Anwesen für 13 Mio US$ auf einer Insel?

Alexis de Tocqueville
4 Jahre her

Sie haben doch auch ein Weltbild. Das ist ein Glaubenssystem. Glaubenssysteme fußen ja nicht nur im Bewusstsein. „Begrenztheit der Erkenntnis, also Unsicherheit („ich weiß, dass ich nichts weiß“) und des Handelns (Ikaros, Prometheus/Epimetheus) ziehen sich durch die gesamte altgriechische Mythologie und Naturphilosophie.“ Und genau deshalb funktioniert der menschliche Verstand letztlich nur mit Glauben. Wissen ist wie ein Netz. Daten werden erst zu Wissen, wenn sie mit vorhandenem Wissen in Beziehung gesetzt werden. 2019 ist eine Zahl. Sie hat für sich keine Bedeutung. 2019 n.C. oder 2019 Meter oder Kilogramm, das ergibt einen Sinn. So man weiß, was ein Meter oder… Mehr

Jasmin
4 Jahre her

Alexis de Tocqueville Eine Freundin beendete Diskussionen öfter mit dem Satz:“ Am Ende ist es eben immer das Glauben, weil man eben Vieles einfach nicht weiß.“ Keiner weiß, ob es den Urknall gab, aber viele glauben es. Ich finde das auch okay, denn wenn ich alles, was ich nicht explizit durch eigene Erfahrung weiß, ablehnen würde, dann würde ich viel innere Sicherheit verlieren, mir niemals eine Meinung bilden können. Was mich schon seit Jahren stört, dass ist, egal welche politische, gesellschaftliche, religiöse/ spirituelle etc. Einstellung jemand hat, er niedergemacht wird, wenn er eine andere Meinung hat, die sich nicht auf… Mehr

Alexis de Tocqueville
4 Jahre her

Liebe Jasmin Gucken Sie einmal bei YouTube nach Vera Birkenbiehl – Memetik. https://www.youtube.com/watch?v=bBUVXHArKdg Kurz: Der memetischen Theorie nach sind bestimmte Ideen (Meme) Viren des Geistes. Sie pflanzen sich fort. Sie können den Verstand erweitern oder verengen. Und sie sind Kulturgene, die uns Menschen befähigen, mehr Leute zu den unserigen zu zählen, als wir von Angesicht kennen. Die Halsringe, Tätowierungen etc., die es in primitiven Kulturen so gibt, sind z.B. solche Meme. Auch unsere Grundüberzeugungen sind Meme. Da Wissen nur im Kontext mit anderem Wissen zu Wissen wird, erweitern Meme den Geist. Da hängen wir das Netz auf. Solche erweiternden Meme… Mehr

GermanMichel
4 Jahre her

Man muss das Ganze nüchtern betrachten. Wilhelm und Adolf haben Deutsche Herrschaftsansprüche unverblümt und auftrumpfend in die Welt hinausposaunt, es ist in der Welt nicht gut angekommen.

Der schon immer gerissenere Angelsachse lasst sich statt dessen von niedlichen Kindern dazu zwingen, die Weltherrschaft zu übernehmen, wer könnte Kindern schon was abschlagen.

Im Ergebnis das Gleiche, als Strategie aber unvergleichlich geschickter.

Andreas aus E.
4 Jahre her

Will ja nicht meckern, aber…

„Wenn dem aber so ist, dann wäre eine einheitliche Lösung für den CO2-Verbrauch anzumahnen, (…)“
Kann man den „CO2-Verbrauch“ bitte in Tüddelchen setzen oder kursiv? Das ist so typische Annalena-Kobold-Sprache. So, und gehe ich mal Joggen und treib damit meinen CO2-Verbrauch in die Höhe 😉

GermanMichel
4 Jahre her
Antworten an  Andreas aus E.

Ich dachte immer man verbraucht O2, und produziert CO2? Also ich veratme Sauerstoff, auch wenn das irgendwie rechtsnational sein sollte …. CO2 wird ausgeatmet.

Den Grünen und Anderen CO2 Verbrauchern kann ich nur raten erstmal klein anzufangen, also mit CO. Da wird dann nach kurzer Zeit Umwelt und Nerven der Umwelt radikal geschont. Später kann man dann immer noch auf CO2 upgraden, das ist wie beim Handyvertrag.

Danton
4 Jahre her

Wieder ein Statement der Vernunft, wieder wird es verpuffen an den erhitzten Gemütern der Narsissten und Egoisten die die Welt noch nicht entdeckt haben, aber wissen wollen wie man sie rettet. Ich warte auf den Moment an dem die Kinder ihren Feldzug gegen den Iter in Frankreich richten. Für Menschen denen die Komplexität von Energieversorgung und Energiewirtschaft einleuchtet, also Menschen die ohne Alternative kein Atomkraftwerk in Deutschland stillegen würden, für diese Menschen bedeutet die Kernfusion der Weg der wahrscheinlich Kriege, Mord und Todschlag verhindern könnte. Es fällt ein ganz geringer Anteil an strahlendem Müll an, aber nichts zum Vergleich zu… Mehr

IJ
4 Jahre her

„… dann wäre eine einheitliche Lösung für den CO2-Verbrauch anzumahnen, die sich nicht im Kleinklein der Zuschüsse, Abzüge und Pauschalen verirrt …“
Ich gebe Ihnen völlig recht, lieber Herr Nikolaidis. Und diese einfache Formel, die auch schon in den letzten 2.000 Jahren funktioniert hat (insb. z.B. in Japan) heißt ganz einfach: WENIGER MENSCHEN – MEHR BÄUME oder übersetzt in die notwendigen politischen Initiativen: Weltweite Übereinkunft zur Begrenzung des Bevölkerungswachstums und zur großflächigen Wiederaufforstung.

Sabine W.
4 Jahre her
Antworten an  IJ

Ja, und darin liegt die Krux: Dieses scheinbar nicht einzudämmende Bevölkerungswachstum. Niemand traut sich an dieses Thema heran, dabei ist es essenziell. WIR müssen weniger werden, denn die Erde kann nur einen bestimmten Teil Menschen vertragen. In der westlichen Welt hat man das kapiert (oder aus anderen Gründen die Fortpflanzung reduziert).. Jetzt muss man es auch in anderen Teilen der Welt kapieren, sonst kriegen wir ein Riesenproblem – zuerst mit dem Export männlicher Geburtenüberschüsse nach Deutschland/Europa, und knapp danach mit der Frage, wie man dieses wachsende Menschenpotenzial noch ernähren kann. Nur rührt fast niemand an diesem Thema, wo es doch… Mehr

Alf
4 Jahre her

Es grenzt an ein Wunder, daß das Klima auf dieser Erde ohne Groko überhaupt entstanden ist. Die Groko und alle klimapoltischen Gaukler maßen sich an, zu verstehen, wie Klima entsteht und welche Gesetzmäßigkeiten hier gelten. Hätten Ihr illuminati im Physikunterricht aufgepaßt, wäre die Erkenntnis gereift, daß bereits ein Doppelpendel nicht konditioniert werden kann. Und das Weltklima hat mehr Einflußgrößen als ein Doppelpendel. Geht noch mal auf die Schule und beginnt bei den basics, bevor ihr weiter das geistige Klima auf diesem Planeten mit Eurem unsinnigen Gequatsche vergiftet. Nicht daß uns am Ende die grünen Kobolde (auch die soll es geben)… Mehr

Udo Kemmerling
4 Jahre her

“ Denn ihnen müssten wir – aus Gründen der Gerechtigkeit – ja den gleichen Ressourcenverbrauch zugestehen wie uns.“ Falsch, wir sollen denen nicht den gleichen Ressourcenverbrauch zugestehen, sondern finanzieren. Denen, die sich unverantwortlich hemmungslos vermehren, durch unseren Verzicht! ABGELEHNT!!!

Andreas aus E.
4 Jahre her

Die kommen doch nur hierher um zu lernen, wie sie ihre Heimat nachhaltig, ökologisch und klimaneutral bewirtschaften können…

Ich
4 Jahre her

Vergangene Woche hatte ich meine 16jährige Nichte bei mir wohnen . Zum ersten Mal wurde ich hautnah mit diesem verblendeten Klientel konfrontiert: Mein Auto ist zu groß, in der Garage Licht zu machen ist nicht notwendig, mein Hund ist ein Klimakiller, ob ich mich nicht schäme jeden Abend eine Zigarette zu rauchen. Ehrlich, mir ging dieses Kind dermaßen auf den Wecker. Zum Abschied wünschte sich meine Nichte ein feines Essen mit mir. Und das hat sie bekommen- 20 Halme Getreide vom Feld des Nachbarn. Mein Bruder, der Vater des Kindes, fand meine Reaktion köstlich und wird ebenso auf sein Kind… Mehr

Joerg Baumann
4 Jahre her
Antworten an  Ich

16 ist auch ein schönes Alter um mit den Kindern mal über ihre Zukunft zu sprechen. Mädchen wie ihre Nichte sind da sofort Feuer und Flamme, bevor man sie dann auf den Boden der Tatsachen zurückbringt. Zukunft heißt dann nämlich „du wirst bald 18, wie stellst du dir dann dein ganz persönliches Leben vor?“. Und dann macht man dem jungen fast Erwachsenen klar, dass man ihm zwar eine Ausbildung finanzieren wird, aber nicht die Besuche auf ihren Demos. Und dass sie sich gerne eine eigene Wohnung suchen können, wenn sie weniger Strom verbrauchen möchten usw. Sicher sollte keiner sein Kind… Mehr