Friedrich Merz steht vor dem Fall der Reformen

Großes angekündigt, Kleines geliefert. Die Regierung Friedrich Merz befindet sich im Fall der Reformen. Der Abbau der Bürokratie ist der nächste Punkt, der zeigt, dass es besser wäre, der Kanzler würde sein Experiment mit der SPD beenden.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Ebrahim Noroozi

Der “Herbst der Reformen” heißt auf Englisch “Fall of reforms” und plötzlich ergibt das Versprechen der Regierung Friedrich Merz (CDU) Sinn. Denn was angetreten ist, um einen “Politikwechsel” in Deutschland umzusetzen, kann bestenfalls Minimales zu Maximalem aufpumpen – wie jetzt beim versprochenen radikalen Abbau der Bürokratie.

Statt vor echten Reformen steht der Kanzler jetzt vor seinem Fall. Entweder kann er sich und das Land dreieinhalb weitere Jahre mit sich und der SPD quälen – oder er macht einen ehrlichen Schnitt und beendet das bereits jetzt gescheiterte Experiment vorzeitig.

Zwei Tage lang haben CDU, CSU und SPD befreundete Journalisten damit gefüttert, dass Merz’ Kabinett an diesem Mittwoch ein Paket zum Abbau der Bürokratie verabschieden würde. Zwei Tage lang haben besagte Journalisten diese Ankündigung wiedergekäut, um jetzt vor dem Ergebnis zu stehen: Auf die Ankündigung von Reformen folgt die Ankündigung von Reformen. Die Regierung Friedrich Merz in einer Nussschale.

Groß daran ist – wie gehabt – nur die Wortwahl. Ein Paket, “wie es Deutschland seit Jahren nicht erlebt hat”, verspricht der Minister für Staatserneuerung, Karsten Wildberger (CDU). Es werde den Unternehmen eine Entlastung von rund 100 Millionen Euro bringen. Das entspricht gut einem Promille des Schuldenpakets, das CDU, CSU und SPD dem Land aufgedrückt haben. Und selbst diese Ankündigung ist noch mit Vorsicht zu genießen: Im Wahlkampf versprach die CDU noch, die Kosten für das Bürgergeld um 30 Milliarden Euro zu senken, dann 10 Milliarden Euro, dann fünf Milliarden Euro – Stand jetzt spart die schwarz-rote Regierung nicht einmal 100 Millionen Euro ein. Und selbst da schulden Merz und Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) noch eine reale Umsetzung ihres Versprechens.

Zum Paket Wildbergers gehören der Verzicht auf verschiedene Berichtspflichten, eine Vereinfachung der Gewerbeordnung und die Möglichkeit, Grundstücksverträge künftig digital abschließen zu können. Das wäre eine echte Sensation gewesen. Im Jahr 2000. Im Jahr 2005 vielleicht noch eine Nachricht in der Kolumne der Zeitung.

Im Jahr 2025 ist es ein Beleg dafür, wie weit die Regierungen Angela Merkel (CDU) und Olaf Scholz (SPD) Deutschland hinter den Stand der weltweiten Digitalisierung geführt haben – und wie schneckenartig der Minister für Staatsmodernisierung diesen Rückstand aufholt. Oder auch noch vergrößern lässt.

Bald kämen noch weitere Schritte. 50 weitere Eckpunkte folgen – kündigt Wildberger an. Damit würden die Unternehmen 16 Milliarden Euro einsparen – kündigt Wildberger an. Er sollte eine Einsparung von 16 Billionen Euro versprechen. Wenn diese Regierung ihre Ziele eh nicht einhält, sollten die wenigstens pompös klingen.

Aber nicht einmal im Scheitern ist die Regierung Merz groß. Es ist eine Truppe von Karrieristen, die nach oben gekommen sind, indem sie keine eigene Meinung hatten und die der Partei bedingungslos mitgetragen haben. Das ist nicht die Förderung, aus der geeigneter Nachwuchs hervorkommt.

Sondern jemand wie Johannes Wadephul (CDU). Einer, der sich als Außenminister den verheerten Stand eines Landes vorgaukeln lässt und darauf in einen ungebremsten Laberrausch gerät wie sonst nur ein 15-Jähriger in seinem ersten Suff.

Der sein Versagen nicht einsieht, weil in seinem Selbstbild Versagen nicht vorgesehen ist, und der deswegen mit der nächsten Verbalpanne nachlegt. Um dann sein Online-Team im Internet mit Forderungen zum Klimaschutz nachlegen zu lassen. Mit einem Ritt auf einem toten Pferd, um von einem Sturz abzulenken.

Seine Anzüge sind Wadephul oft zu klein – das Amt ist für ihn zu groß. Nur findet sich im Kabinett Merz fast kaum einer oder eine, die dem jeweiligen Amt gewachsen ist.

Ankündigungen, die nur zu einem verschwindend geringen Bruchteil umgesetzt werden. Bestenfalls. Eine permanent überforderte Mannschaft. Unüberbrückbare Positionen in allen Feldern zwischen den Koalitionspartnern. Daraus resultierend Dauerstreit. Einer, der so weit geht, dass der Fraktionsvorstand der SPD abwechselnd gegen den eigenen Kanzler demonstrieren geht – oder ihm sogar Nähe zu den Mördern der NSU unterstellt.

So wie Matthias Miersch. Subtil und in letzter Konsequenz unausgesprochen, weil es einem solchen Produkt der Berliner Blase wie ihm klar ist, wie unangemessen und schäbig es ist, was er da macht.

Streit in Koalitionen hat es immer gegeben, wird es immer geben. Das ist nicht der Punkt. Koalitionen brauchen eine ausreichend große Schnittmenge an Projekten, die sie umsetzen können. Dann ist es ok, dass es Projekte gibt, die sie nicht umsetzen können. Doch im Fall der schwarz-roten Koalition besteht diese Schnittmenge nur aus “sehr kleinen Beträgen” im Bürgergeld und der Möglichkeit, Geschäfte digital abschließen zu können – im Jahr 2025. Es wäre ehrlicher und besser für Deutschland, wenn Merz den Fall seiner Regierung rechtzeitig stoppt und den Schrecken beendet.

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Kommentare ( 51 )

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Dreiklang
22 Stunden her

„Tichys Einblick“ hat den spektakulären Kollaps der Union in den vergangenen Monaten treu begleitet. Kritiker könnten einwenden, dass die CDU schon lange, unter Merkel, „gefallen“ war. Aber bleiben wir in der Gegenwart: Die Personalie Merz hat ihre Überflüssigkeit glaubhaft nachgewiesen. Merzens Sprüche klingen nach „alter CDU“, sind aber hohl, bedeuten nichts und alle wissen das. Es wäre schön, wenn sich TE auf Spurensuche nach den Resten der alten CDU machen würde. Irgendwo muss doch noch etwas vorhanden sein – auch wenn sich diese Suche mühsam, also mikroskopisch genau, gestalten wird.

1faltspinsel
20 Stunden her
Antworten an  Dreiklang

Vergebliche Liebesmüh. Vermutlich wird nichts mehr zu finden sein. Alles grün schwarz. Am ehesten findet sich Gedankengut der CDU bei denjenigen, mit denen die CDU keine Gemeinsamkeiten haben will.

P. Pauquet
22 Stunden her

Da fällt mir noch ein Zitat aus „Struwwelpeter“ ein. ‚Der Friederich, der Friederich ist ein arger Wüterich‘.

Das trifft auf Merz nun gar nicht zu. Ferner könnte ein Spruch nicht sein.

Dr. Thomas Schimpff
21 Stunden her
Antworten an  P. Pauquet

Immerhin hat es der Fritze geschafft, noch peinlicher als der Olaf aufzutreten. Getoppt wird er nur von dem Damaskus-Funktionär namens Wadephul, wohl tatsächlich Aussenminister. Anna-Lenchen war ein Lichtblick, wenn auch ein Teurer… .

Siggi
20 Stunden her
Antworten an  P. Pauquet

Eine Unterhose kann kein Wüterich sein. Merz ist ein gesicherter Wahlbetrüger, und die gleichgeschaltete Justiz schaut grinsend zu.

P. Pauquet
22 Stunden her

‚Friedrich Merz steht vor dem Fall der Reformen‘.

Dass Reformen fallen können, müssten sie erst mal erfolgen, durchgeführt werden. Und das wurden sie nicht nicht. Allenfalls Reförmchen. Oder gar keine.

Also kein Fall!

1faltspinsel
1 Tag her

Merz wollte nur Kanzler werden, ist’s geworden und will’s nun bleiben.
Mit ihm ändert sich nichts.
Planlos, Rückgratlos.

Endlich Frei
1 Tag her

Die erste Reform sollte der Beendigung des Gratis-Rechtschutz für illegale Migranten gelten, die praktisch jede Rückführung verunmöglichen.
Doch Pinnochio hat nicht mal das in die Reihe gebracht…

Siggi
21 Stunden her
Antworten an  Endlich Frei

Und wovon sollen dann die Anwälte weiterhin ihre Vilen bauen. Die sind doch die größten Abgreifer.

Schwermetaller
1 Tag her

„Nach Merkel und Scholz hat Merz das wohl kritischste Jahr für Deutschland, in dem noch eine Wende möglich war, vollständig versaut,…“ Es ist das Ziel, die Dinge umumkehrbar zu machen. Nach der schwachsinnigen Idiotenlogik der „Macher & Entscheider“ werden sich dann Wolken teilen, ein alter Mann mit weißem Bart wird herausgucken und dafür sorgen, daß die Welt zum Paradies wird*. Und nach der schwachsinningen Idiotenlogik der Wähler werden die „Macher & Entscheider“ auch dafür sorgen, daß genau das passieren wird, solange sie den Haufen nur immer und immer wieder wiederwählen. *Das ist metaphorisch gemeint. Es wird sich ernsthaft eingebildet, daß… Mehr

AlexR
1 Tag her

Der Lügenbaron ist eine negative, unsagbare Steigerung von Merkel und Scholz. Anstatt die offensichtlichen Probleme anzugehen und zu beseitigen, stürzt er dieses Land weiter und tiefer in den Abgrund. Aber Hauptsache, die Brandmauer steht und der Feind kann beim Namen genannt werden.

K.Behrens
1 Tag her

Man tastet sich in kleinen Schritten vor, die Muslim Bruderschaft wurde nun tatsächlich in Deutschland verboten? Merkwürdig, Herr Merz pflegt dennoch offensichtlich Kontakte zu Ahmed al-Scharaa (wurde per Kopfgeld gesucht), um die ganzen ausreisepflichtigen Syrer los zu werden. Im gleichen Atemzug landen Afghanen auf Einladung als weitere Belastung der leeren sozialen Kassen. Schon weitere Hotels in Garmisch-Patenkirchen angemietet? Immer wieder lustig, einem islamischen ehemaligen Terrostristen Ahmed al-Scharaa das Händchen zu schütteln, während in Deutschand ein modernes Kraftwerk nach dem anderen gesprengt wird, als seien irgendwelche Türken, Syrer, Somalier, Afghanen an Deutschland interessiert. Herr Merz, ich würde an Ihrer Stelle nicht… Mehr

Apfelmann
1 Tag her

Ich bin gespannt wen die CDU als nächsten Kanzlerkandidaten präsentiert. Größte Chancen hat wohl Herr Wüst. Man stelle sich vor, die Brandmauer fällt, der nächste Kanzler heißt Wüst und unser Außenminister Chrupalla.

Siggi
21 Stunden her
Antworten an  Apfelmann

Wüst ist ein Merkellecker vor dem Herrn. Mit dem wird es genauso weitergehen, wie bisher. Dazu reicht ein Blick auf das Kalifat NRW.

Europafriend
1 Tag her

„Ein Paket, “wie es Deutschland seit Jahren nicht erlebt hat”
Richtig müßte es heißen: Eine Mogelpackung, wie sie Deutschland seit 1949 noch nie erlebt hat.
Ein „Ministerium f. Digitalisierung und Staatsmodernisierung“ – das gibt es wirklich, eines von ca. 20 ministergeführten Institutionen … .Welche Telefon-Nummer hat Herr Milei?