Die Anti-Atomkraft-Ideologie der Grünen nützt auch Putin

Allen Treueschwüren zur Ukraine zum Trotz zeigen die Grünen, dass ihre Treue zum Anti-Atom-Dogma ihnen wichtiger ist. Sie verstärken damit die Energieknappheit, Inflation und ökonomische Destabilisierung in Deutschland. Putin kann zufrieden sein.

IMAGO / Manfred Segerer
Fahne der Anti-Atomkraft-Bewegung

Führen bedeutet immer auch, das Wichtige vom weniger Wichtigen zu unterscheiden. Für wichtige Ziele müssen weniger wichtige Vorhaben hintangestellt, oft auch ganz geopfert werden. Spätestens seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ist zumindest in der politischen Kommunikation der deutschen Regierenden der Eindruck vermittelt worden, dass die Unterstützung der Ukraine und die Eindämmung des putinistischen Russland durch dessen ökonomische Schwächung höchste Priorität habe. Innerhalb der Ampel-Koalition sind ausgerechnet die bis dahin vermeintlich radikalpazifistischen Grünen hierbei besonders hervorgetreten. 

Aber wo die wirklich höchste Priorität der Grünen liegt, wird gerade in den letzten Tagen überdeutlich. Wichtiger als die Ukraine und der Kampf gegen Putin ist den den Grünen ein altes Dogma, nämlich das von der Kernkraft als Inbegriff des politisch Bösen. Während der frühere grüne Schein-Glaubenssatz der Ablehnung von Waffenexporten in Kriegs- und Krisengebiete im Handumdrehen auf dem Kehrichthaufen grüner Politikpositionen landete, wird dieses Dogma mit fadenscheinigen Argumenten und Tricksereien verteidigt.

Die Diabolisierung der Kernenergie, die mit dem Feindbild vom vermeintlichen „Atomstaat“ auch eine kulturrevolutionäre Seite hatte, scheint den Grünen eine Art politischer Nibelungenschatz zu sein, den man auf keinen Fall aufgeben darf – koste es (die Deutschen) was es wolle. Die Anti-Atom-Bewegung der 1970er Jahre war schließlich der Gründungsmythos der Partei. Und noch immer lassen sich unter der „Atomkraft-Nein-Danke“-Flagge die aktivistischen Fußtruppen mobilisieren.

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Nachdem in den ersten Wochen des Krieges auch aus manchem Grünen-Mund noch der Ruf nach einem Gas-Embargo gegen Russland erschallte, hat Putin die Entscheidung darüber nun in die eigene Hand genommen. Und es zeigt sich, dass die gesamte Fehlkonstruktion der von Merkels Regierungen exekutierten, aber von den Grünen ideologisch voran- und nun auf die Spitze getriebenen Energiewende auf der günstigen Verfügbarkeit russischen Erdgases beruht. Es zeigt sich auch etwa im direkten Vergleich mit Frankreich, einem ähnlich großen und wirtschaftlich entwickelten Land, welchen Unterschied die Kernkraft macht. In Frankreich muss die Angst vor dem kommenden Winter längst nicht so ausgeprägt sein wie hierzulande. 

Nicht nur der Opposition (und wenigstens Teilen des Koalitionspartners FDP) ist natürlich klar, dass das Ausschalten der noch laufenden und das Nichtwiederhochfahren der noch betriebsfähigen abgeschalteten Kernkraftwerke die ökonomisch zerstörerische Wirkung der ausbleibenden Gaslieferungen aus Putins Reich noch verschärfen wird. Habeck und seine Parteifreunde wissen das selbstverständlich auch – und machen sich durch ihre halsstarrige Ablehnung der Atomkraft letztlich zu Helfern Putins, indem sie die von ihm beabsichtigte ökonomische Schwächung Deutschlands und damit Spaltung und Destabilisierung Europas und des Westens noch verstärken. Die grüne Anti-Atom-Ideologie treibt übrigens auch über die weitere Energieverknappung und -verteuerung die grassierende Inflation. Sie schadet damit unmittelbar vor allem der jungen Generation, als deren Stimme die Grünen sich sonst gerne verstehen und von der sie überproportional gewählt werden. Vom Widerspruch zwischen der Ablehnung der emissionsfreien Kernenergie und dem sonst so forcierten Klimaschutz nicht zu reden. 

Dasselbe gilt übrigens auch für die ebenso verbockte grüne Ablehnung des Frackings im eigenen Land, also des Abbaus heimischer Schiefergas-Vorkommen. Auch hier hatte die Merkel-Regierung in fataler Weise die Agenda der Grünen umgesetzt. Nun aber importiert man bereitwillig kanadisches und US-amerikanisches Fracking-Gas.

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Bislang scheinen die Grünen – blickt man auf Umfragen – mit diesen eigentlich offenkundigen Widersprüchen zwischen dem Anti-Atom-Dogma und seinen Auswirkungen auf Putin, Inflation und Klima in einer weitgehend verwirrten und politisch desorientierten Öffentlichkeit  durchzukommen. 76 Prozent der im Politbarometer Befragten wünschen sich mehr Entlastung bei den Energiepreisen. Gleichzeitig ist Robert Habeck der beliebteste Politiker, obwohl er den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken verhindert.

Ob Habeck, die grüne Partei und ihr weit über die Partei hinausgehendes meinungsmachendes Umfeld die seit den 1970er Jahren gepflegte irrationale Atomkraft-Phobie über den Winter retten können, wenn der von ungeheizten Wohnungen, Produktionseinschränkungen und extremer Verteuerung grundlegender Versorgungsgüter bestimmt sein wird, ist allerdings fraglich. Es wäre nicht das erste mal in der Bundesrepublik, dass eine regierende Partei eine Politik gegen ihre eigene Herkunftsgeschichte macht. 

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Kommentare ( 35 )

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ketzerlehrling
1 Jahr her

Führen ist ein wenig mehr als nur das Wesentliche sehen und danach handeln. Aber wie dem auch sei.

H. Priess
1 Jahr her

Kernkraftwerke produzieren Strom und mit Strom kann man nicht heizen. Soviel zum Bildungsstand unseres Klimaministers. Polen will weg von der Kohle und baut bis 2044 sechs neue Kernkraftwerke. Momantan sind weltweit dutzende KKWs im bau und der bedarf wächst. Neue Reaktoren mit neuen Technologien verbreiten sich überall aber wir haben Angst, daß ein Tsunami unsere KKWs zerstört. Das war ja wohl die Begründung damals. Wer das eine will muß das andere mögen! Ein altes Sprichwort, kennen die, von ihrer Ideologiezerfressenen Grünen, nicht. Was solls, die meißten denken doch, das wird alles gar nicht so schlimm. Ein bischen Verzicht hier, ein… Mehr

abel
1 Jahr her

Am Ende geht es nur um die Teilhabe an der Macht. Die Grünen haben jetzt von dem Zucker essen dürfen. Die paar GründungsGrünen kann man locker verschmerzen wenn man plötzlich in den sauren Apfel Atomkraft beißt. Nein, Atomkraft ist und war nie billig, aber keine Energie oder LNG teuer aus dem Ausland zu beziehen ist auch nicht gerade billig, geschweige denn Umweltschonender. Die Grünen werden auch bei diesem Thema umfallen und der ÖR wird das schon richtig erklären. Habeck wird wohl bald der neue Kanzler sein! Medial könnte man meinen Habeck ist schon der Bundeskanzler.

Britsch
1 Jahr her

Ich finde man sollte viel mehr dazu schreiben / berichten was bezüglich der Atomkraft technischer Stand der Dinge ist, daß z.B. Material das derzeit als Atommüll gelagert ist weiter genutzt und dadurch auch reduziert würde.
Ebenso daß es im Störfall keine Kettenreaktion mehr gibt.

Lehrer sind auch nur Menschen
1 Jahr her
Antworten an  Britsch

Das ist natürlich sehr umfangreich und schwer in einem kleinen Artikel zu verfassen…interessant finde ich einige Anmerkungen, dass man den radioaktiven Abfall aus der Energieerzeugung nicht als Abfall sehen sollte, sondern als Energie (mit dieser Strahlung Batterien bauen könnte). Hierzu kann ich nur auf die Aktionsgemeinschaft Energiesicherung und Kerntechnik – AEK – aufmerksam machen…deren Vorsitzender hat einiges dazu geschrieben.

Britsch
1 Jahr her

An den Bau von Batterien hatte ich beim Schreiben nun nicht gedacht,
Sonderen an Stromerzeugung mit AKWs die aus heutigem „Atommüll“ aus derzeitigen AKWs noch ca. 8 mal so viel Strom produzieren können wie in Derzeitigen AKWs entnommen / erzeugt werden konnte.
Der wesentlich dezimierte „Abfall“ soll dann eine wesentlich kürzere Zeit seine Strahlung (nur mehrere 100Jahre) behalten als derzeitiger „Atommüll“m It einem Zusätzlichen Behandlungsverfahren soll diese Zeit noch weiter verkürzt werden können.
Optimal fände ich selbst, wenn dieses Matetrial dann für Batterien verwendet werden könnte

Deutscher
1 Jahr her
Antworten an  Britsch

In ein paar Jahrzehnten wird der problemlose Flüssigsalzreaktor Standard sein, nur nicht in Deutschland; hier wird man dann damit beschäftigt sein, die ökologisch katastrophalen Hinterlassenschaften der „Energiewende“ abzuarbeiten, während man den guten Strom aus dem Ausland einkauft.

Last edited 1 Jahr her by Deutscher
ersieesmussweg
1 Jahr her

Die nackte Realität zieht den Grünen ihre Daseinsberechtigung unter den Füßen weg. Das ist gut so.
Viele erkennen, dass grüne Ideologie das Produkt einer dekadenten Gesellschaft ist und man sich diese nicht mehr leisten kann.
Grüne zurück an den Katzentisch!

Britsch
1 Jahr her

Als erstes einmal und für mich als in Deutschland lebend, schadet die Anti – Atomkraft – Ideologie Deutschland und den in Deutschland lebenden Menschen! Wo z.B. Gas und Öl her kommt ist wioederum eine andere Sache, aber auch diesbezüglich es gibt genügend Öl-und Gas-Vorkommen in Deutschland nur wird dieses wiederum ebenfalls von „den Grünen“ nicht genutzt / gefördet, weil man sich an den methoden mit denen dies möglich wäre stört! Gas und Öl aus dem Ausland das dort genau nach diesen Methoden gefördert wird, nach Umwelt Ideologien eventuell sogar noch umweltschädlicher wie es in Deutschland Vertpönt / verboten ist wird… Mehr

K.Behrens
1 Jahr her

Heute 60-Jährige und darüber erlebten Öl-Krise mit autofreien Sonntagen, einen harten Winter. Kriminelle töteten getarnt als RAF, Araber töteten israelische Sportler 1972 anlässlich der olympischen Spiele, Anwerbestopp türkischer Arbeiter, DDR am Ende ihrer korrupten Mangelwirtschaft, etc. Es scheint eine tief verwurzelte deutsche Eigenschaft zu sein, brachialen Rattenfängern wie Habeck, Lauterbach und Konsorten bedingungslos zu folgen. Das Volk braucht eben „Führer“ welcher Ideologie auch immer. -Tankstellen werden ab sofort gesetzlich verpflichtet, ihr Warenangebot ala Discounter zu streichen, nur tanken ist erlaubt. -Discounter schließen ab sofort um 18:00 Uhr, Klopapier sollte nicht das Problem sein, das bedarf keiner aufwendigen Kühlung. Andererseits, je… Mehr

Eberhard
1 Jahr her

Der Grüne Wahlerfolg wurde schon immer nur durch erzeugte Risikoängste erkauft. Die kommen umso besser an, je weniger naturwissenschaftliche Bildung und Kenntnisse in einer denkfaulen und Wohlstands müden Masse noch vorhanden. Es werden aber immer neue und zusätzliche Felder erforderlich, um genügend Zustimmung zu erhalten. Unfähig, mit der Suche nach Alternativen, neuen Wegen und Technologien entstehende Probleme zu relativieren oder etwa zu beheben, wird dann Einsicht von allen gefordert. Um dann mit Geboten, Verboten, massive Einschränkungen von Wohlstand und Lebensstil durchzusetzen. Noch glauben sie in Deutschland, mit der ehemals erzeugten Angst vor Kernenergienutzung, politisches Kapital zu gewinnen. Um aber die… Mehr

Manfred_Hbg
1 Jahr her
Antworten an  Eberhard

Zitat: „Der Grüne Wahlerfolg wurde schon immer nur durch erzeugte Risikoängste erkauft.“

> Jo, wenn ich mich recht erinnere began das schon in den 1970ern. Da wurde uns zum Beispiel vorausgesagt das unser gesamter Wald absterben würde und das die Ostsee durch Verschmutzung kippen würde und heute fischfrei wäre.
Wobei ich hier dann nicht auch noch mit den ganzen „Schmu“ anfangen will wie z.Bsp. bei der Altkleidersammlung usw.

Peter Silie
1 Jahr her

Man kann es auch so sehen: letztendlich tun uns die Grünen (und das gesamte Kartell aus Altparteien und MSM) doch einen Gefallen. Nämlich den, daß sie den Kollaps herbeiführen werden. So oder so: wir werden für die verheerenden Fehler der Politik seit 2008 und der woken Regenbogenideologie einen Preis bezahlen müssen. Und dieser fällt umso geringer aus, je schneller der Kollaps kommt, da sie sonst noch mehr verhängnisvolle Fehler anhäufen würden. Die allg. Stimmung ist doch mittlerweile so, daß viele einen Kollaps für unausweichlich halten. Wenn dem ohnehin so ist, dann doch bitte möglichst bald, damit man die Zeit der… Mehr

Stuttgarterin
1 Jahr her

Wenn die Grünen jetzt auch noch pro Atomkraft sind, haben sie ihren politischen Kern restlich aufgegeben, genau das wird Habeck bewusst sein. So versucht er zu lavieren, in der Hoffnung, dass doch wieder irgendwoher Gas fließt. Dummerweise aber hat mit trotziger Kindermine die Außenministerin den Gesprächsfaden für Deutschland abgeschnitten. Dass es momentan sinnvoll wäre, die Atomanlagen noch ein Jahr laufen zu lassen, steht außer Frage und dürfte auch von den Wählern der Grünen unterstützt werden. Denn mehr Alternativen gibt mehr Verhandlungsspiel. Was beim Gasgeschäft auffällt, ist, dass bereits letztes Jahr die Speicher vergleichsweise leer waren (wollte man in Deutschland damit… Mehr