Das Politbarometer offenbart Frust und Verwirrung – Deutschland fehlt ein Oppositionsführer

Die Befragten des ZDF-Politbarometers bewerten die Politiker deutlich schlechter als noch vor zwei Wochen. In Summe zeigen die einzelnen Ergebnisse vor allem eins: Die Bevölkerung scheint ratlos.

Reichstagsgebäude in Berlin

Im Winter droht der Energienotstand. Bilder gehen durch die Republik, die Turnhallen zeigen, in denen sich Alte und Arme dann aufwärmen sollen. Gleichzeitig steigt die Zahl der Corona-Infektionen. Aber in den Krankenhäusern müssen Patienten abgewiesen werden, weil es an Pflegern fehlt – und unsere bisherigen Maßnahmen gegen die Pandemie können wir in ihrer Wirksamkeit nicht bewerten, weil wir es schlicht unterlassen haben, Daten zu dieser Katastrophe zu erheben.

Vor diesem Hintergrund verwundern die Ergebnisse des ZDF-Politbarometers wenig: Das politische Spitzenpersonal hat in den zurückliegenden zwei Wochen deutlich an Ansehen verloren. Zwar ist Medienliebling Robert Habeck (Grüne) immer noch an der Spitze – aber auch er ist in seinem Wert von 2,0 auf 1,6 gefallen. Ähnliche Verluste erleben Annalena Baerbock (Grüne, minus 0,4 Prozent), Olaf Scholz (SPD, minus 0,4), Christian Lindner (FDP, minus 0,5) oder Karl Lauterbach (SPD, minus 0,3 Prozent).

Woher der Frust kommt, ist erklärbar. Deutlich schwieriger wird die Frage: Wohin führt der Frust? Zu nichts. Denn zumindest aus den vom ZDF bestellten Daten ergibt sich: Es fehlt ein Oppositionsführer. Potenzielle Kandidaten kommen auf schlechte Werte: Friedrich Merz (CDU) kommt auf minus 0,4 und Sahra Wagenknecht (Linke?) auf minus 0,6. Von der AfD befindet sich kein Politiker im Vergleich.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Auch in der „Sonntagsfrage“ gibt es so gut wie keine Bewegung: Union leicht vor den Grünen, dahinter die SPD und mit Abstand die AfD – FDP und Linke stolpern in Richtung Fünf-Prozent-Hürde. Die Unmuts-Welle schlägt sich in der Wahlprognose also nicht nieder. Die Ergebnisse zu den einzelnen Themen zeigen die Ratlosigkeit der Befragten auf: Einerseits fürchten derzeit 40 Prozent um ihre persönliche Gefährdung wegen Corona. Zehn Prozentpunkte mehr als vor zwei Wochen. Andererseits findet es eine Mehrheit von 51 Prozent gut, dass es derzeit nur wenige Beschränkungen gibt.

Andere Baustelle: 67 Prozent der Befragten sehen im Klimawandel den Verursacher für Extremwetter. Aber gleichzeitig finden es 68 Prozent genauso richtig, dass wieder Kohlekraftwerke hochgefahren werden, um die drohende Energie-Katastrophe im Herbst abzuwenden. 76 Prozent wünschen sich mehr Entlastung bei den Energiepreisen. Gleichzeitig ist Robert Habeck der beliebteste Politiker, obwohl er den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken verhindert. Ein Widerspruch. Aber einer, der sich auflösen lässt: Die Deutschen – oder zumindest die Befragten – wissen nicht, wie es weitergehen soll. Sie wissen noch nicht mal, was sie eigentlich wollen. Dazu passt, dass keine Opposition auf Werte kommt, die eine Perspektive zulassen. Weder personell noch inhaltlich.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 122 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

122 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Ben Goldstein
1 Jahr her

Eigentlich sind das alles keine Widersprüche. Ich glaub, dass wir auch in der Krise stecken, weil im öffentlichen Raum keine Logik waltet.
Man kann z.B. statistische Häufungen von Extremwetter meinetwegen dem Klimawandel zuordnen und das trotzdem für ein marginales Problem im Vergleich zum Energiemangel im Winter sehen. Alle anderen ihrer „Widersprüche“ sind auch keine.

F. Hoffmann
1 Jahr her

Es fehlt schlicht und einfach eine liberal-konservative Partei. Die FDP kann man wieder mal abschreiben, die CDU ist durchgegrünt, die Ansagen eines F. Merz wachsweich mit 17 Hintertüren. War gestern auf dem Treffen einer FWG (nicht zu verwechseln mit der grünen Partei Freie Wähler, die mit dem Windradl-Hubsi). Bodenständige Leute. Jeder war für die Verlängerung der Nutzung der Kernkraft und Nutzung der eigenen Ressourcen, praktisches Denken eben. Nur, da ist keiner, der das wirklich! durchsetzen will, also nicht nur kurzes KKW-Schaulaufen wie bei der CDU, die auch heimisches Gas weiterhin ignoriert.

Juergen P. Schneider
1 Jahr her

Das politische Bewusstsein der Mehrheit unserer Landsleute ist mit dem Wort naiv sehr wohlwollend umschrieben. Die meisten Deutschen machen sich eben nicht die Mühe, sich unabhängig zu informieren. Dies ist insoweit verständlich, als viele Menschen im Lande den ganzen Tag zu kämpfen haben, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Ob Lagerarbeiter, Putzfrau, Handwerker oder Versicherungsangestellter viele sind in einem aufreibenden Berufsalltag gefangen. Manche müssen in mehreren Jobs schuften, um über die Runden zu kommen. Die wenigen Informationen, die zur arbeitenden Bevölkerung durchdringen, kommen vom öffentlich-rechtlichen Links-Grün-Funk oder freiwillig regierungskonform gleichgeschalteten Privatmedien. Dort wird den Menschen ein links-grüner Einheitsbrei aus Energiewende-Geschwafel, Corona-Impf-Propaganda,… Mehr

Hummi
1 Jahr her

Entweder sind diese Werte des ZDF Politbarometer gefälscht , was mich nicht wundern würde , oder aber, es zeigt einmal mehr sehr realistch wie saudumm das deustche Volk in Wirklichkeit ist ….. aber auch das würde mich als Ergebnis nicht wundern

Dieses Land hat fertig und die Talfahrt nimmt rasant fahrt auf , das meksne eben die meisten immer noch nicht ….. Wünsche somit im Sozial -Gesellschaftlichen und Wirtschaftlichen zertrümmerten Deutschland schönes aufwachen . Mal sehen wer uns dann hilft

Siggi
1 Jahr her

Das zaghafte Verhalten der CDU/CSU, kann nur darauf zurückzuführen sein, dass Merkel nach wie vor die Drähte in Händen hält. Ihre einzige Intension liegt wohl darin, ihre grottenschlechte Politik und vor allem ihre verheerenden Fehlentscheidungen zu decken. Schon die Einsetzung des Harbarth und des Haldenwangs dienten ausschliesslich dieser Aufgabe. Auch v.d.L. ist Teil dieser Maßnahmen. Um die Medien muss sie sich keine Sorgen machen, das kann man mit Steuergeldern regeln. Um dues wiederum sicherzustellen, hat sie sogar die eigene Partei in die Opposition wählen lassen. Nur ihr Mittäter Scholz, den sie durch ihren Giftschrank voll im Griff hat, war das… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Siggi
Astrid
1 Jahr her

In diesem Land wird sich erst dann politsch etwas verändern, wenn der Job weg ist, der Kühlschrank leer und die Gasrechnung nicht mehr bezahlt werden kann. Wir sehen es doch seit Jahren, wie die Euro- und Migrationskrise, schlechtes Bildungs- und Gesundheitssystem, der Verfall der Infrastruktur etc. nicht dazu führen und geführt haben, dass die Leute aufwachen und diese Parteien vom Hof jagen. Langsam kommen wir an einem Punkt, wo die Leute, die sich über Jahre alles schöngeredet haben, nicht mehr wegschauen können und wo es bei den meisten an die eigene Substanz geht. Nur hier liegt die Chance, dass sich… Mehr

Sonny
1 Jahr her

Ich wiederhole es gerne immer wieder: 90% der Menschen in Deutschland sind aufgrund eines erheblichen, politischen und auch sonstigen, wirtschaftlichen Bildungsmangels strohdoof. Und wenn man so doof ist, erkennt man ja auch nicht, was man mit seinen Widersprüchen zu Meinung und Wahlverhalten anrichtet. Wer dann auch noch zusätzlich die schulischen Anforderungen -wie bei uns seit vielen Jahren- immer weiter absenkt, sollte sich nicht wundern, dass die Menschen Stück für Stück weiter verblöden und als Erwachsene nichts mehr zu bieten haben als träumende, selbstgefällige Untertanen, die jeglichen Untergang mittragen ohne aufzumucken. Da bleiben nur noch Genderstudien übrig und „irgntws mt Medien“… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Sonny
Siggi
1 Jahr her
Antworten an  Sonny

Sie sind zwar doof, wurden aber in ihrer Armseligkeit auch noch durch die staatsabhängigen Medien belogen und verführt. So richtig fing es mit einem Satz an. „Wir schaffen das“.

Melusine
1 Jahr her

Als Aussenstehender liest man solche Bewertungen, die trotz Rückgang ja immer noch positiv sind, fassungslos. Entweder ist die Umfrage getürkt oder die Befragten sind von unglaublicher Ahnungslosigkeit.
Oder beides.
TE braucht mehr Leser.

Je me souviens
1 Jahr her

Das ZDF-Politbarometer ist an Kagotismus – Hypocrisis kaum zu übertreffen. Zugrunde liegt ihm der Mechanismus der ‚Self-fulfillung Prophecy‘: die politischen Formate der Mainzer allesamt infiltrieren gestaltete(!) Informationen, die beabsichtigte Reaktionen beim Zuschauer provozieren sollen – geschürt werden sollen Sympathien für Politiker und Parteien, um so unter dem Deckmantel der „Demokratie“ ganz konkret das pol. Geschehen in unserem Land  maßgeblich mitgestalten zu können.
Insofern ist das Politbarometer einzig und allein für den Sender selbst ein tool, mit dem sich die Wirksamkeit seines manipulativen Tuns in der pol. „Berichterstattung“ überprüfen lässt.

Innere Unruhe
1 Jahr her

„Aber einer, der sich auflösen lässt: Die Deutschen – oder zumindest die Befragten – wissen nicht, wie es weitergehen soll. Sie wissen noch nicht mal, was sie eigentlich wollen.“ Absolut richtig. Die Deutschen haben verlernt, Prioritäten zu setzen. Sie haben sich daran gewohnt, alles zu haben – Urlaub, Fussbodenheizung, Internet, billige immer verfügbare Kleidung, Mobilität, Medizin. Die Generation an der Macht weiß nicht, was Mangel ist, und dass man in der Mangelwirtschaft stets abwägen muss, wer oder was wichtiger ist, was soll man vernachlässigen. Das ist traurig. Die Deutschen haben Angst zuzugeben, dass, um den Wohlstand zu erhalten, soziale Leitung… Mehr