Die Grünen, ihre Dogmen und der Unwille, aus Fehlern klüger zu werden

Viel schlimmer, als Fehler zu machen, ist es, aus ihnen nicht zu lernen. Das exerzieren die Grünen in der Causa Baerbock und vor allem in ihrem Saarland-Desaster vor. Das Quoten-Dogma ist ihnen sogar heiliger als der langfristige Erfolg ihrer Partei.

imago images / Noah Wedel

Lernfähigkeit, also die Fähigkeit, nach offensichtlichen Fehlern und berechtigter Kritik das eigene Verhalten zu ändern, sich zu korrigieren – das gehörte einmal zu den großen Stärken westlicher, freier Gesellschaften. Blickt man auf das gegenwärtige Deutschland, muss man wohl leider feststellen, dass diese Fähigkeit schwindet. Wenn die eigenen Dogmen mit der Wirklichkeit kollidieren, ziehen viele Dogmatiker daraus den Schluss, dass die Wirklichkeit nicht wahr sein kann. Als besonders lernresistent zeigen sich gerade die Grünen.

Das Phänomen Annalena Baerbock hätte der Partei eigentlich deutlich machen müssen, dass es keine gute Idee war, pauschal Frauen den Vortritt bei allen Personalentscheidungen zu lassen. Sollte man daraus nicht lernen, dass es für die eigene Partei ratsam wäre, Spitzenpositionen konsequent allein nach Qualifikation und anderen sachlichen Kriterien zu bestimmen? Wieviel besser wäre die Partei jetzt dran, wenn sich Robert Habeck nicht mehr oder weniger kampflos zurückgezogen hätte.

Das Chaos der Saar-Grünen geht weiter
Ex-Grünen-Politiker spricht vom "grünen Kindergarten"
In besonders eklatanter Weise zeigte sich dieser Lernunwillen im zweiten gegenwärtigen Desaster der Grünen: Im Saarland hatten sich die Delegierten über die starre Vorgabe hinweggesetzt, stets eine Frau auf den sicheren Platz Eins der Landesliste für die Bundestagswahl zu setzen. Da war die Empörung in anderen Landesverbänden gewaltig. Was man am gewählten Hubert Ulrich auszusetzen hatte? Nur, dass er ein Mann ist. Dass dagegen die auf Platz Zwei vorgerückte Kandidatin Irina Gaydukova völlig überfordert war, fiel erst Tage nach ihrer Wahl auf, als ein peinliches Video die sozialen Medien eroberte. Diese Blamage vor den Augen der Nation hätten die Grünen der armen Frau wahrlich ersparen können. Aber sie brauchten eben unbedingt eine Frau auf dem Posten.

Nun hätte eine lernfähige Organisation aus dem großen Baerbock-Desaster und dem kleinen Saarland-Desaster sicherlich eine Konsequenz gezogen: Nie wieder soll das Geschlecht ein entscheidendes Wahlkriterium sein, es darf immer nur um die Qualifikation der Kandidatin oder des Kandidaten gehen. Davon war bekanntlich aber keine Rede. Im Gegenteil: Die Bundespartei steht weiter zu der entzauberten Baerbock, fantasiert von einer Intrige politischer Feinde – statt den eigenen Fehler zu erkennen.

Und statt im Saarland Ulrichs Wahl als Chance zu begreifen, sich vom Quoten-Geschlechter-Dogma zu befreien, heizte die Bundespartei die Kritiker gegen ihn auf (wobei es bis heute kein sachpolitilsches Argument gibt). Ein Schiedsgericht entschied schließlich, dass die Liste mit ihm an der Spitze ungültig sei. Ulrich hat seinen Rückzug bekannt gegeben. Nun wird ein neuer Landesparteitag eine neue Liste wählen, an deren Spitze eine Frau stehen wird. Doch die Grünen im Saarland sind nach der wochenlangen Schlammschlacht nur noch ein Trümmerhaufen.
Die Grünen zerstören sich also lieber selbst, als aus den eigenen Fehlern zu lernen, das Ruder herumzureißen, klüger zu werden.

Leider ist das Phänomen des sturen Nichtlernens aus Fehlern, Scheitern, Kritik keineswegs auf die grüne Partei beschränkt. Man kann dafür unzählige Beispiele aufzählen. Um nur eines zu nennen: Heute erfährt man von der Bundesarbeitsagentur erneut, was man seit Jahren wissen kann: Die vor sechs Jahren als Retter der deutschen Wirtschaft angekündigten syrischen Flüchtlinge sind zu über zwei Dritteln Hartz-IV-Bezieher. Das Wirtschaftswunder, das Politiker und Wirtschaftsmagnaten 2015 angekündigt hatten, fällt aus, die Migration ist ein gigantischer Kostenfaktor des deutschen Sozialstaats. Haben die Regierenden daraus gelernt? Haben sie die eigenen Fehlurteile revidiert? Entscheidungen rückgängig gemacht oder andere, bislang versäumte nachgeholt?

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 33 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

33 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
P.Schoeffel
2 Jahre her

Ihrem Ansatz, Kandidaten nach Qualifikation und nicht nach Quote zu bestimmen, kann man selbstverständlich nur zustimmen.
Wo aber Habeck qualifizierter sein soll als Bärbock, ist mir schleierhaft. Philosophie und Kinderbücher sind hier belanglos. Politisch verkaufen beide die gleichen Dogmen. Da ist es mir lieber, wenn man Bärbock ins Schaufenster stellt, dann bewegt sich der grüne Hype hoffentlich umso schneller in Richtung 5%.

wofi
2 Jahre her
Antworten an  P.Schoeffel

„Der Habeck“ ist wenigstens kein Quotenprodukt – auch kein Hochstapler wie „die Kandidatenkatastrophe“ und er radebrecht in seiner Muttersprache auch nicht wie die Baerbock…
Ob das reicht, um kanzlerabel zu sein, ist m.M.n. trotzdem eindeutig mit NEIN zu beantworten…

Moses2
2 Jahre her

Die Grünen sind eben Ideologen. Zu selbständigem Denken nicht in der Lage, nutzen wenig Intelligente (die Grün*Innen in ihrer Mehrheit) eine Ideologie. Im Rahmen der Ideologie hat man für jede Frage eine Antwort. Die Realität wird so umgebogen, dass sie zur Ideologie passt. Da geistig beschränkt-sonst würde man ja die Widersprüche der Ideologie erkennen- ist man kaum oder nicht in der Lage, aus Fehlern zu lernen.

F.Peter
2 Jahre her

Um aus Fehlern lernen zu können, muss man diese erstmal überhaupt erkennen und akzeptieren. Beides jedoch sind keine Fähigkeiten, die bei den Grünen zu erkennen wären – wie übrigens bei allen Ideologien und Ideologen!

eschenbach
2 Jahre her

Gesinnungsethiker sind unbelehrbar! Ich beziehe mich auf einen Soziologen, der noch wirklich einer war: Max Weber.

Last edited 2 Jahre her by eschenbach
thinkSelf
2 Jahre her

Falsch. Menschen lernen ausschließlich aus Fehlern. Wer das nicht versteht ist übrigens nicht intelligent.

thinkSelf
2 Jahre her

Viel schlimmer, als Fehler zu machen, ist es, aus ihnen nicht zu lernen.“
Da die Grünen per Definition keine Fehler machen können, können und müssen sie auch nicht aus solchen lernen.

199 Luftballon
2 Jahre her

Bei Lanz keine Frage zu den 40.000 Euro und ihr Aufenthalt in England.

Peter Gramm
2 Jahre her
Antworten an  199 Luftballon

auch keine Frage zu ihrer bisher geheim gehaltenen Masterarbeit.

Back to the roots
2 Jahre her

Wie sollen denn die Grünen ihre Pöstchen nach Qualifikation besetzen?
Die einzigen, die bei der Sekte noch ein wenig Resthirn haben, stehen vor dem Parteiausschluß. Der Rest taugt nicht einmal als Kerzenhalter im Keller.

Manfred T.
2 Jahre her

Jeder macht Fehler!
Nur wer immer dieselben macht ist einfach nur blöd!

Karl Schmidt
2 Jahre her

Stalingrad war eine Panne. Die Grünen werden den Krieg trotzdem gewinnen. Auch sie siegen, weil sie siegen müssen.