Der Bundespräsident freut sich über „Gesinnungstage“ an Schulen

Weiß Frank-Walter Steinmeier immer, was er sagt?

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Manchmal zeigt ein einziges ausgesprochenes Wort, wes Geistes Kind einer ist. Mit Verlaub: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist so einer. Wenn es noch eines oder eines weiteren Beweises bedurfte, so hat er ihn soeben geliefert. Vor wenigen Tagen, am 1. November, hat er eine Schulklasse bei deren Besuch im Dresdner Hygienemuseum begleitet. Es gibt dort eine Ausstellung zum Thema Rassismus. Dort auch fiel das Wort „Gesinnungstag“. Steinmeier lobte die 12. Klasse des katholischen Peter-Breuer-Gymnasiums Zwickau dafür, dass sie den Allerheiligentag in der Ausstellung verbringe, weil ein solcher „Gesinnungstag“ der ganzen Gesellschaft guttue.

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So weit, so gut. So weit, so schlecht? Damit kein falscher Zungenschlag aufkommt: Ich bin derjenige, der seit Jahr und Tag einen um sich greifenden historischen Analphabetismus anprangert. Schlimm genug, dass immer weniger junge – und ältere – Bürger mit Daten wie dem 9. November 1918/1938/1989, dem 1. September 1939, dem 8. Mai 1945, dem 17. Juni 1953, dem 13. August 1961 etwas anzufangen wissen. Von den Jahren 1789 oder 1848 ganz zu schweigen.

Aber es geht um wissensbasiertes Urteilen, denn wer nichts weiß, muss alles glauben. Gesinnung ist etwas anderes; Gesinnung kommt ohne rationales Urteilen aus, sie kommt aus dem Bauch, sie kommt im besten Fall aus einem wohligen Fühlen.

"Fakt oder Fake"
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Steinmeier sollte mal ein großartiges Buch eines großartigen zeitgenössischen Philosophen lesen, den ich übrigens soeben bei einem Seminar an Adenauers früherem Urlaubsort Cadenabbia erleben durfte. Es ist Hermann Lübbe. Der heute 91-Jährige, nach wie vor höchst vigilant sowie messerscharf denkend und formulierend, hatte 1989 ein Buch mit einem bezeichnenden Titel und einem noch markanteren Untertitel geschrieben: „Politischer Moralismus – Der Triumph der Gesinnung über die Urteilskraft“. Der Untertitel bringt es auf den Punkt: Gesinnung ist Anti-Aufklärung, ist Unterwerfung unter Vormünder im Sinne Immanuel Kants, der 1784 gemahnt hatte: „Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen gerne zeitlebens unmündig bleibt; und warum es andern so leichtfällt, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein.“

Politisch gewolltes Staatsversagen
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Wir haben noch eine zweite Lektüreempfehlung an den Bundespräsidenten: George Orwells „1984“. Dort bastelt der Sprachwissenschaftler Syme an einem Wörterbuch der Neusprache“. Er sagt zur Hauptfigur des Romans, zu Winston Smith: „Wir geben der Neusprache ihren letzten Schliff … Wir merzen jeden Tag Worte aus … Siehst du denn nicht, dass die Neusprache kein anderes Ziel hat, als die Reichweite der Gedanken zu verkürzen? … Es ist lediglich eine Frage der Wirklichkeitskontrolle. … Die Revolution ist vollzogen, wenn die Sprache geschaffen ist …“ Und dann die verräterische Passage: „Es wird überhaupt kein Denken mehr geben … Strenggläubigkeit bedeutet: nicht mehr denken – nicht mehr zu denken brauchen. Strenggläubigkeit ist Unkenntnis.“ An anderer Stelle wird Winston Smith, in der Nähe des allgegenwärtigen „big-brother-Televisors“ stehend, beschrieben: „Er hatte die ruhige optimistische Miene aufgesetzt, die zur Schau zu tragen ratsam war.“ Demonstration von Gesinnung eben!

Wir nehmen nicht an, dass Steinmeier so etwas will. Dann sollte er aber auch aufpassen mit seiner Wortwahl oder zumindest Max Webers Unterscheidung von Gesinnungsethik und Verantwortungsethik zu Kenntnis nehmen. Siehe Webers Vortrag „Politik als Beruf“ (1919): Weber hält dem Gesinnungsethiker dort vor, dass er sich nur zuständig für den Erhalt der Flamme der reinen Gesinnung fühle. Angefügt sei: Nichts gegen eine solche Flamme, wenn sie denn faktengesättigt ist und eine rationale Basis hat!

Ist Steinmeiers empfohlenes Konzert auch ein Gesinnungstag?

Mehr Demo als Besuch
Bundespräsident Steinmeier auf Besuch in Chemnitz
Aber ist Steinmeiers aktuelle Wortwahl nur ein kleiner Ausrutscher? Wohl kaum, wenn man sich etwa Steinmeiers instinktloses Werben für die Auftritte unter anderem der sogenannten Musik-Bands „K.I.Z.“ und „Feine Fahne Fischfilet“ Anfang September 2018 in Chemnitz anschaut. Dort gab es „Texte“ wie die folgenden: „Ich ramm die Messerklinge in die Journalisten-Fresse“. Oder über die Ex-„Tagesschau“-Sprecherin Eva Herman: „Eva Herman sieht mich, denkt sich: ‚Was‘n Deutscher!‘/Und ich gebe ihr von hinten wie ein Staffelläufer/Ich fick sie grün und blau, wie mein kunterbuntes Haus/Nich alles was man oben reinsteckt, kommt unten wieder raus.“

Gehören solche „Konzerte“ auch zu dem, was der Bundespräsident mit „Gesinnungstag“ meint? Übrigens: Ich weiß von zahlreichen Bürgern, die Steinmeier in höflichen (!) Briefen dazu aufgefordert haben, sich wenigstens im Nachhinein von diesen Texten zu distanzieren. Ergebnis: Es folgte weder eine Distanzierung, noch bekamen die Verfasser der Briefe eine Antwort. Wahrscheinlich haben diese besorgten Bürger eine „falsche“ Gesinnung.

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Kommentare ( 116 )

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Andokides
5 Jahre her

Gesinnung’stage?? Nachtigall!! Besinnung wäre wohl besser gewesen um wissensbasiert besser oder besonnen urteilen zu können!

jorgos48
5 Jahre her

“ Sieg Heil, ich komme von der Partei die Gesinnung prüfen!” Spruch meines Vaters über die Nazizeit. Irgendwie erlebt Gesinnung, welche auch immer, gerade eine Renaissance.

luther
6 Jahre her

ein würdiger Nachfolger von Gauck, zumindest genauso jämmerlich. Diese verbohrten, verblendeten Ideologen wider mich an. Ein Alptraum, daß die auch von meinen Steuern leben wie die Maden im Speck.

Sani58
6 Jahre her

Es gibt wohl keine größere und sinnlosere Steuerverschwendung – als diese Bundespräsidenteneinrichtung und seine Protagonisten.

Demokratius
6 Jahre her

Wen hatte Maaßen eigentlich gemeint mit “linksradikalen in der SPD“?

gmccar
5 Jahre her
Antworten an  Demokratius

Den ganzen Laden. Bei uns im Kreistag gibt es bei den Sozen absolut keinen mehr, der sich auf eine rationale Diskussion mit sachlichen Abwägungen einlassen würde. Schiere Ideologie. 16 Elektromobile für fast 600 000 € und per Vetternwirtschaft einen Sozenkumpan auf den Leitungsposten der VHS gehievt. damit ist im Kreis die Gewähr geschaffen, eine Zweigstelle der Amadeu Antonio Stiftung von Stasikahane oder Inhaltsgleich die passende SPD-Stiftung zu installieren.
Linksextreme Gesinnung als Lehrauftrag. Erkennungsmerkmale von Nazis sind artige Kinder. Mädchen mit Zöpfen und sportliche Buben.

Boadicea
6 Jahre her

Gott sei dank können wir Tichys Einblick in Melbeck LG Heide kaufen ohne von der Antifa zusammengeschlagen zu werden.

Sonny
6 Jahre her

Es reicht, aber so was von!!!
Ich plädiere für Thomas Gottschalk for Bundespräsident!

Sani58
6 Jahre her
Antworten an  Sonny

Das ganze Amt ist vakant. Rein zum repräsentieren reicht ein Bundeskanzler, zum Regieren das Parlament. Für Recht und Ordnung sollte eigentlich die Judikative und Exekutive zuständig sein. Zum erklären was Gut und Böse ist hat sich die etablierte Mainstream – Presse entwickelt.
Das Bundespräsidentenamt hat keine Befugnisse, keine Veränderungs-oder Einflussnahmegewalt, ist eine reine Laberanstalt. Die (meisten) Politiker machen ja doch, was sie wollen und die (meisten) Bürger hören erst gar nicht hin, was von dort kommt.

gmccar
5 Jahre her
Antworten an  Sani58

Die AfD hat im Bundestag einen Antrag gestellt, diese voluminösen Bezüge der Alterspräsidenten nach Dienstende von 20 000 €/Monat zu halbieren, Fahrzeug und Büroräume wurden m.W. garnicht angesprochen.

Mortgelas
6 Jahre her

Wie schrieb neulich ein Forist auf einer anderen Seite: Ich will einen neuen Bundespräsidenten, der alte ist kaputt!

P.Reinike
6 Jahre her
Antworten an  Mortgelas

Einfach, aber überzeugend… Akkuaustausch reicht absehbar nicht.

Talleyrand
6 Jahre her

Und wer noch einen weiteres Anschauungsmaterial braucht dafür, wie es kommen muß, lese die noch ältere Dystopie von Jewgenij Samjatin mit dem Titel „Wir“ aus dem Jahre 1920. Ich könnte mir vorstellen, Herr Maas hat das auch gelesen und auch falsch verstanden. Zum Beispiel: “ …Eure Aufgabe ist es, jene unbekannten Wesen, die auf anderen Planeten — vielleicht noch in dem unzivilisierten Zustand der Freiheit — leben, unter das segensreiche Joch der Vernunft zu beugen. Sollten sie nicht begreifen, dass wir ihnen ein mathematisch-fehlerfreies Glück bringen, haben wir die Pflicht, sie zu einem glücklichen Leben zu zwingen. Doch bevor wir… Mehr

gmccar
5 Jahre her
Antworten an  Talleyrand

Wobei ich Herrn Maas für eine der grüßten, gemeingefährlichsten Luftnummern dieser Regierung halte.

Ulrich
6 Jahre her

Wir sind eben Optimisten! Der Pessimist ist der Meinung, dass es nicht schlimmer werden kann. Der Optimist sagt:“Oh, doch!“