Wann körperliche Gewalt für Medien gut ist und wann schlecht

Ein Deutscher hilft einem Deutschen gegen zwei Migranten, sagt dabei angeblich Böses: schlecht. Mehrere Migranten halten migrantischen Gewalttäter von weiteren Gewalttaten ab: gut. Pressemaßstäbe: schlecht.

© Getty Images

Offensichtlich ist, was klar und deutlich erkennbar erscheint. Leider offensichtlich völlig unklar ist die Darstellung eines Vorfalls rund um eine Schlägerei unter Beteiligung von Migranten, den die Berliner Zeitung am 30. Juli veröffentlichte und offensichtlich ungeprüft von der deutschen Presseagentur als so genanntes Stockmaterial übernommen hatte, wo man doch mindestens von einer Berliner Zeitung erwarten dürfte, das die Redaktion Berliner Ereignisse eigenständig recherchiert, ggf. mit Zeugen spricht oder wenigstens den dazu gehörigen örtlichen Polizeibericht liest und entsprechend einordnet. Medien messen willkürlich.

Was war laut Zeugenaussagen passiert? Ein 16- und 21-Jähriger Somalier stiegen am frühen Morgen gegen 2 Uhr in Treptow-Köpenick an der Haltestelle S-Bahnhof Schöneweide in einen BVG-Bus der Linie N65. Ein 34-Jähriger, der sich bereits im Bus in der Nähe des Türbereichs befand, wurde von den Somaliern beschimpft, weil er aus deren Sicht nicht rasch genug Platz machte, damit die beiden einsteigen konnten. Die Beschimpfungen hielten während der Fahrt an. „Am Köllnischen Platz stieg das Duo gegen 2.20 Uhr aus und soll dann den 34-Jährigen mit aus dem Bus gezogen haben.“, so die Meldung der diensthabenden Polizisten, entnommen der Pressemeldung der Polizei mit der Nr. 1715.

"Einzeltäter" oder "Einzelgänger"
Terror: Das Hamburger Messer-Attentat im Zusammenhang
Nun wollte der 34-Jährige dort wohl gar nicht aussteigen. Es kam zu einer Rangelei zwischen den Somaliern und dem 34-Jährigen, die sich bis auf den Gehweg fortsetzte, aber zu dem Zeitpunkt zu keinen Verletzungen geführt hatte. Plötzlich sei ein Unbekannter aus dem immer noch stehenden Bus gestiegen, offensichtlich dem 34-Jährigen zur Hilfe eilend. Der Unbekannte soll die beiden jungen Männer „geschlagen und dabei rassistische Äußerungen von sich gegeben haben (soll). Danach flüchtete er unerkannt. Der Jugendliche und der 21-Jährige mussten anschließend wegen Verletzungen an Kopf und Oberkörper ambulant in einem Krankenhaus behandelt werden.“, so heißt es weiter im Polizeibericht (folglich geht der Vorfall in die Kriminalstatistik als rechtsextrem ein – oder?).

Wie soll, kann oder muss Journalismus nun über so einen Fall berichten? Was lässt sich als Information für den Leser zusammenfassen? Die Polizei informiert Journalisten auf Nachfrage über die Nationalitäten. Der Pressekodex verbietet zunächst die generelle Nennung. In der späteren Berichterstattung passierte es trotzdem, offensichtlich nur deshalb, weil es zu rassistischen Äußerungen gekommen war. Entsprechend die Headline der Berliner Zeitung: „Köpenick: Unbekannter beleidigt zwei Somalier rassistisch und schlägt zu.“

Und so liest sich dann auch, was die Zeitung daraus macht: Wie eine weitere ausländerfeindliche Tat, völlig unabhängig von ihrer Entstehung und dem im Polizeibericht sachlich einwandfrei dokumentierten und in ersten Vernehmungen bezeugtem Hintergrund.

Schwenken wir kurz einmal zu einem viel prominenteren Fall herüber – nach Hamburg. Hier titelte beispielswiese die Morgenpost: „Helden von Barmbek“. „Helden“, weil mehrere unbeteiligte Passanten in eine höchste Gefahrensituation eingriffen und so mutmaßlich weitere Menschenleben retten konnten und anschließend dafür mit einem Zivilcouragepreis ausgezeichnet wurden. Die Nationalitäten der Ausgezeichneten werden genannt, es handelt sich wohl um fünf Migranten und einen  Deutschen. Sogar Angela Merkel schaltet sich ein und dankt den „Helden“.

Aber zurück zum Köpenicker Fall: Gerade angesichts der Ereignisse in Hamburg muss doch zwingend eine ganz andere Lesart möglich sein, als lediglich die Feststellung ausländerfeindlicher Äußerungen und Handgreiflichkeiten. Stellen Sie sich vor, Sie säßen im Bus, es kam schon Stationen zuvor zu Pöbeleien von zwei Somaliern gegen einen Deutschen. Der Deutsche wird dann gegen seinen Willen und mitten in der Nacht aus dem Bus gezerrt, es kommt an der Haltestelle zu Handgreiflichkeiten. Ein bis heute Unbekannter reagiert nun in ähnlicher Weise, wie die Helden von Hamburg, er mischt sich ein. Er entscheidet offensichtlich im Bruchteil von Sekunden, nicht einfach weiter zu fahren und den 34-Jährigem seinem Schicksal zu überlassen. Haben die Somalier Waffen? Messer? Niemand weiß es zu dem Zeitpunkt. Trotz dieses Risikos mischt sich der Unbekannte ein. Auch körperlich gegen die Afrikaner. Fakt ist: Die Somalier erleiden Verletzungen durch diese unmittelbaren Gewalteinwirkungen. Und sie werden beleidigt. Fakt ist aber auch: Der 34-Jährige wurde durch das Eingreifen des Unbekannten nicht von den Somaliern verletzt.

Das ist, was wir wissen. Was wir nur ahnen können: Der unbekannte Deutsche wird unbekannt bleiben. Und er wird vor allem eines nicht: von Angela Merkel zu hören bekommen: “Mein Dank all jenen, die sich mit Zivilcourage und Mut dem Täter entgegengestellt haben.“

Unterstützung
oder

Kommentare ( 81 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

81 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Sören Hader
6 Jahre her

„Gegen, oft mit Messern bewaffnete Afrikaner kann es nur lebensgefährlich sein um über nötigen Gewalt viel zu überlegen.“
Sorry, aber dann ist es doch einfach nur dumm, jemanden mit bloßen Händen körperlich angreifen zu wollen, wenn ich davon ausgehen muss, dass die Person(en) ein Messer bei sich hat. Das sagt einem doch der normale Menschenverstand.

Sören Hader
6 Jahre her

„Wenn Sie sich in der Nähe solcher potenziell Gewaltaffinen mit Drittwelt-Background zu lange aufhalten, wächst die Gefahr exponentiell, in einem unaufmerksamen Moment doch noch ein Messer zwischen die Rippen zu bekommen. Denn Messer haben die schon als Jugendliche nahezu alle bei sich, ohne Bewaffnung gilt man in deren Kulturen gar nicht als richtiger Mann. Und die Hemmschwelle, diese einzusetzen, ist äußerst gering.“
Umso unverständlicher, wenn man als Unbeteiligter in so einem Fall die Personen körperlich angreift und sich so selbst in Gefahr bringt, statt das Opfer aus dem Gefahrenbereich herauszuziehen.

Nonstop Nonsens
6 Jahre her

Ich glaube, dass es zu kompliziert ist dieses zu erklären, wenn die
den angeborenen oder anerzogenen allgemeingültigen Gerechtigkeitssinn nicht kennen. Ein abwertender Blick reicht bereits. Dieser trägt unwillkürlich zur Gruppendynamik bei. Daher muss es aktive oder passive Unterstützer bei den Businsassen gegeben haben, trotz dem eindeutigen „Stalking“.

Anders werden Sie auch als Opfer von der Gesellschaft lieber auf die Straße gesetzt, nur damit die Leute ihre Ruhe haben 😉 Das von mir geschriebene „PS“ sollte sie nachdenklich stimmen. Besonders als Frau.

Alditol
6 Jahre her

Hallo,

obwohl ich für ein Wortspiel (auch und gerade wenn es nicht PC daherkommt) als aktiver und passiver Hobbyliterat immer zu haben bin, like ich normalerweise keine Beiträge, die aus dem Nickname eines Users einen „polemischen Nutzen“ ziehen, ziehen möchten oder möglicherweise auch nur potentiell könnten – zusehr sehe ich die Gefahr des (fortschreitenden) Verfalls der Diskussionskultur bei Benutzung von derlei „argumenta“ ad hominem. Hier mache ich nun wirklich gerne eine Ausnahme:

Kurz, knackig und prägnant (ohne den Nick polemisierend zu verballhornen).

Patriot Gamez
6 Jahre her

Obwohl es dazu fast noch krassere Beispiele gibt:

Syrer zu vier Jahren Haft verurteilt

Es sah aus wie eine
fremdenfeindliche Tat: In Bingen brannte im April ein Flüchtlingsheim,
an der Wand prangten Hakenkreuze. Doch dann gestand ein Bewohner, den
Brand gelegt zu haben.

Nun muss er ins Gefängnis

Brandenburger Polizeichef… in dessen damaligen Interview hatte der sogar noch frechdreist zwei Beispiele benannt, wo Gewalttaten der Antifa in die Statistik „Rechter Gewalt“ eingeflossen sind.
Grund zum Kopfschütteln wird jedenfalls reichlich geliefert.

Nonstop Nonsens
6 Jahre her

Genau, ein Mensch wurde im Stich gelassen 😉

andreasdonath
6 Jahre her

Sie sprechen den Falschen an, Herr Wallasch hat das geschrieben. Ansonsten stimme ich Ihnen zu und finde den Artikel dennoch absolut lesenswert.

Nonstop Nonsens
6 Jahre her

Über das Geschriebene sollten Sie lieber nachdenken 😉 Da läuft was schief in der Gesellschaft, noch mehr, wenn einer Gewalt anwenden muss und sich auch noch verdrückt.

Fritz Goergen
6 Jahre her

Es wäre schön, mehr Zeitgenossen würden beim inflationären Gebrauch von rassistisch einfach nicht mitmachen.

PB
6 Jahre her

Den Beitrag „Misstrauen“ von Fritz Goergen hatte ich am 31.07.17 noch dahingehend kommentiert, dass auch Zugewanderte im Sinne unserer Rechtsordnung zwischen Gut und Böse unterscheiden können und einschreiten, wenn etwas falsch läuft, wie der Fall Barmbek offenbar gezeigt hat. Ein paar Tage später, nach den überbordenden Lobpreisungen und offiziellen Ehrungen, stimmt mich ein von den Medien nicht mal ansatzweise hinterfragtes Detail des dramatischen Ablaufs bedenklich. Seltsam zurückhaltend wirkte auch die Hamburger Polizeikommissarin, die von Dunja Hayali nach dem bestmöglichen Vorgehen befragt wurde, für den Fall, dass man Zeuge eines Verbrechens werden sollte. Insgeheim wird sie wohl die ganze Zeit über… Mehr