Dauerwerbesendung für die Grünen: ARD-tagesthemen mit Annalena Baerbock

Kabarett oder Nachrichten? Die Grüne zu außenpolitischen Themen und zu Regierungsverantwortung auf Bundesebene – Wahlwerbung pur, aber ohne vorgeschaltete Warnhinweise?

Screenprints: ARD/tagesthemen

Gut, Miosga ist nicht Slomka, tagesthemen sind nicht das heute journal. Wer willens ist, der erkennt die Nuance. Aber macht das wirklich noch einen Unterschied?

Wie sehr hier eine undifferenzierte Frontalopposition gegenüber beiden Flagschiffen der zwangsfinanzierten Öffentlich-Rechtlichen angebracht erscheint, führte diesmal Caren Miosga vor, die mitunter ein Mü weniger anstrengend erscheint in ihrem Opportunismus und ihrer Parteilichkeit, als etwa Marietta Slomka, die ihren Haltungsjournalismus weniger gut verbergen kann.

ARD: Journalismus-Simulation
Die Grünen, Freude der ARD. Oder ARD, Pressestelle der Grünen?
Caren Miosga also am Mittwoch, dem 12. Juni, in den tagesthemen im Ersten. Es geht um die kommenden Wahlen in den neuen Bundesländern, die laut Miosga „das Zeug hätten, das ganze Land umzukrempeln.“ Aber, so erzählt die launige Moderatorin ihren davon sicher ganz doll überraschten Zuschauern, nicht nur die AfD werde stärker, auch die Grünen würden aufholen. Damit das auch bildlich abhebt, wird zum Begriff „blühende Landschaften“ ein leuchtendes Sonnenblumenfeld über die gesamte Studiorückfront eingeblendet, das vorher „Brachland“ war, wie Miosga ohne mit der Wimper zu zucken bereit ist anzumoderieren.

Die Saat der AfD, so Miosga, „geht vor allem dort auf, wo Bienen und Blumen nicht die allergrößte Rolle spielen, sondern vor allem die Angst um Job und Perspektive.“ Bevor die in Hannover geborene und aufgewachsene Bundesvorsitzende der Grünen, bevor Annalena Baerbock öffentlich-rechtliche Aufholwerbung machen darf, folgt noch ein Bericht über die Sorgen und Nöte der Brandenburger quasi als Ouvertüre und Einstimmung hin zur grünen Spitzenkandidatin. Geflüsterte Zwischenfrage: War der Terminkalender des grünen Zugpferdes Robert Habeck zu voll?

Ein erdiger Brandenburger erklärt, man wäre nicht rechtspopulistisch, man hätte hier nur keinen Bock mehr auf die leeren Versprechungen der Etablierten. Dann darf der Ministerpräsident schwärmen, wie gut es Brandenburg gehe, das in seiner Geschichte noch nie so gut dagestanden hätte. Der Brandenburger hört es sicher mit Verwunderung.

Unbekannter Kanzlerkandidat
Vermutlich jeder zweite Deutsche liest frisierte Nachrichten über den Erfolg der Grünen
Nun bleibt es allerdings dabei, die AfD ist den Umfragen zufolge führende Kraft im Bundesland, noch vor allen anderen. Aber man ahnt es schon: Da naht ein grünes Piratenschiff auf der Elbe. Ein grünes Wunder made by tagesthemen? In der Landeshauptstadt seien sie doch bei den EU-Wahlen stärkste Kraft geworden, so die Off-Stimme im Einspieler des Nachrichtenmagazins: „Ihre Themen, wie der Klimaschutz kommen an, nicht nur bei den jungen Leuten.“

Eine Brandenburgerin darf schwärmen, was die Grünen doch für „gute Sachen vertreten im Gegensatz dazu, was hier sonst so gewählt wird.“ Die Grünen gleichauf mit SPD und CDU, die AfD knapp vorne, weiß wieder die Offstimme zu ergänzen.

Dann wird die Hannoveranerin von Miosga flugs als Brandenburgerin verkauft, gut, sie ist eingeheiratet, hat hier schon grüne Politik gemacht – jedenfalls den Versuch unternommen, die grüne Bedeutungslosigkeit in den neuen Bundesländern irgendwie weniger bedeutungslos erscheinen zu lassen.

„Was sagen sie dem Kohlekumpel in der Lausitz, dem das Klima schnuppe ist und der nur Angst um seinen Arbeitsplatz hat?“, will Miosga von Baerbock wissen. Baerbock will einen „Energiekonzern der Zukunft“ ohne Kohle, der soll dann die Arbeitsplätze sichern. Und dann sollen die Verkehrsverbindungen besser ausgebaut werden. Damit die dann arbeitslosen Kohle-Ostdeutschen noch schneller ihre verödete Heimat verlassen können?

Grüne Löcher
Die Löcher in den Socken sind Robert Habecks Stigmata
Nein, Baerbock möchte in diesen strukturschwachen Regionen mit den Leuten ins Gespräch kommen; sie verspricht, dafür zu sorgen, dass auch eine „Hebamme da ist und Busse und Bahnen fahren.“

Miosga fragt: „Gehört es nicht auch zur ganzen Wahrheit, dem Griller beispielsweise zu sagen, dass dann das Nackensteak deutlich teuerer wird und dem Urlauber, dass das Billigfliegen nach Mallorca so nicht mehr existieren wird?“ Also besser kann man den öffentlich-rechtlichen Blick auf den Osten des Landes kaum noch persiflieren, wenn hier der Griller und der Ballermann-Säufer als Stereotype herhalten müssen. Weiß Miosga überhaupt noch, was sie da redet? Ist das schon böses Kabarett oder sind das noch Nachrichten?

„Wir müssen schauen, wie bleiben die Menschen besser angebunden“, grübelt die grüne Chefin verkehrstechnisch. Ganz Deutschland müsse auf klimaneutrales Wirtschaften umgebaut werden – stampf, stampf mit dem Fuß? Ob dieser ganze Umbau nicht noch mehr Geld aus dem Portemonnaie der Leute ziehen werde, will Miosga wissen und bekommt von Baerbock diese wunderbar kryptische Antwort direkt an der Kostenfrage vorbei: Nein, die CO2-Steuer sei ja kein Ziel an sich. Was für Weisheiten die grüne Politikerin da ganz in weiß parat hat, muss man im Originalzitat genießen:

„Derzeit haben wir es so: Wenn große Stahlkonzerne sagen, sie wollen eigentlich klimaneutralen Stahl produzieren und das rechnet sich aber nicht, dann läuft da irgendwas falsch im Wirtschaftssystem.“

Die Psychologie des grünen Erfolgs
Ja, liebe Annalena Baerbock, dann läuft da was falsch. Kommt sie selber drauf, was das sein könnte? „Klimaschädliches” Wirtschaften soll zukünftig seinen Preis haben, so Baerbock, als gäbe es gar keine Weltwirtschaft, sondern eine kleine nationale Mauschelei und eine Gesellschaft, die sich nach so etwas zurücksehnt wie dem Trabbi, nur das der jetzt mit Batteriefach oder Aufziehfeder daherkommt und mit dem nur noch ganz matt glänzendem VW-Zeichen vorne draufgepappt? Aber die klimafreundlich wirtschaftenden Familien – also die ohne Grill und Ballermann (am Besten die ganz ohne Mann?) – sollen hinhören: Die bekommen nämlich von Annalena Baerbock pro Kopf 100 Euro im Jahr als Energiegeld zurück, das wäre doch Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit in einem.

Und das tagesthemen-Gespräch geht noch weiter: Die Grüne darf sich zu außenpolitischen Themen äußern und dann sogar noch zu einer Regierungsverantwortung auf Bundesebene – was ist das eigentlich, wenn nicht Wahlwerbung pur, aber ohne vorgeschaltete Warnhinweise?

Noch schlimmer geht immer: tagesthemen blendet eine im Magazin der Süddeutschen Zeitung in Hochglanz munter turnende Annalena Baerbock ein, die dort in Shirt und schwarzer Leggins einen Handstand mit – wie nennt man das? – Beinschere macht. Und dazu die Kanzlerinnen-Frage von Miosga: „Formt ihr Körper dazu ein Ypsilon wie „Yes I can?“

Hilfe, nein wirklich, das will keiner wissen. Nein, das will man – Entschuldigung – nicht einmal sehen.

„Da sieht man, dass ich nicht mehr so fit in Form bin, wie zu meinen Trampolin-Zeiten“, kokettiert Baerbock. Hilfe und herrje, jetzt wissen wir auch das, wissen, die Grüne sprang schon einmal der Fitness geschuldet auf der Stelle. Aber ja, wir sind immer noch bei den tagesthemen, aber es droht in Vergessenheit zu geraten. Und es sei auch kein Handstand gewesen, so Baerbock, „sondern ein Radschlag“.

Also kein grüner Ratschlag. Na immerhin, der käme im Osten auch nicht gut an. Und es steht für die Grünen weiter zu befürchten, dass auch so eine massive und allzu offensichtliche Wahlkampfhilfe der Öffentlichen-Rechtlichen für die Partei dort nicht gut ankommt. Eines nämlich hat der Ostdeutsche – also neben Grillen und feste Saufen am Ballermann – auch noch in den Genen: Einen Sensor für staatlich verordneten Blödsinn. Da reagiert er zu Recht allergisch.

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Kommentare ( 172 )

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172 Comments
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Wahrheit
4 Jahre her

Tagesthemen AFD Bashing ist schon extrem fragwürdig.

Herbert Scheller
4 Jahre her

Gewissenlose Idioten in den Medien sponsern die Idioten in der Politik.

SonerP
4 Jahre her

Die Grünen allen voran Fr. Baerbock und Hr. Habeck werden die ganze in den Medien als Superstars gefeiert ohne erst einmal abzuwarten, obwohl sie noch ganz neu sind und noch nicht Großes geleistet. Immer wieder ist von Ihnen zu hören. Aber wenn die sich einen Skandal leisten, ist bei ARD und ZDF nichts zu hören. Frau Baerbock sagte, der Klimawandel sei Schuld für Merkels Zitteranfälle. Das wurde in den Medien verhältnismäßig wenig thematisiert. Wenn eine andere Partei so etwas gesagt hätte, wäre der Aufschrei riesengroß. Dann hätten die Tagesthemen ganz groß darüber berichtet. Wahrscheinlich ist der Klimawandel auch Schuld, dass… Mehr

JanAllemann
4 Jahre her

Wie Recht Sie haben! Aber leider wird uns der angebliche Klimawandel noch viele Jahre begleiten. Denn das ist ja das geniale am grünen Geschäftsmodell mit der Ersatzreligion:

Klimawandel gab es immer und wird es immer geben! Das ist der Lauf der Welt, aber die GrünInnen haben daraus ein Geschäftsmodell gemacht, das noch viele Jahre funktionieren wird! Jedes Jahr auf’s Neue werden sie verkünden, dass der Klimawandel nächstes Jahr aber ganz bestimmt kommt. Wirklich, ihr müsst nur feste glauben! Und als Ablass bis dahin weiter grün wählen…

Felix-Schmidt
4 Jahre her

Ich möchte bitte meine gesamten GEZ Zwangsgebühren als Parteispende an die Grünen steuerlich geltend machen!

JanAllemann
4 Jahre her
Antworten an  Felix-Schmidt

Vielleicht kann man das mal einklagen, wer weiß? Dann hätte diese Zwangsabgabe wenigstens einen einzigen, kleinen Nutzwert!

John Crichton
4 Jahre her

Es kam mir absolut nicht wie Wahlkampfhilfe vor. Eher waren es die typischen dummen Fragen wie man sie auch nach dem Fußball stellt. Baerbock hat sich aber nicht aufs Glatteis führen lassen und souverän das Interview gemeistert. Wahlkampfhilfe? Wenn dann ausversehen und unbeabsichtigt, nämlich dadurch, dass Baerbock die teilweisen frechen und dummen Fragen entzaubert hat.

USE
4 Jahre her

Wow, was für ein starker Kommentar! Danke dafür und Respekt.

rsonnberg
4 Jahre her

Was von den Protagonisten dieser und auch der meisten anderen Talkshowsniemand weiß und wissen will … Es ist jetzt zwei Wochen her – mehr als zweitausend Kilometer in sechs Tagen mit dem Motorrad durch Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen,Brandenburg und Sachsen; den Harz, das Vogtland, das Erzgebirge und die Sächsische Schweiz; nur über Landstraßen und Feldwege, selten Bundesstraßen, nie die Autobahn. Was bleibt nach dieser Tour durch ein Land, das nach Meinung derer, die es nicht kennen, der dunkelste Teil Deutschlands ist; voll von Rechten, von Nazis und AfD-Wählern? Um es vorwegzunehmen – wir haben sie nicht getroffen, sondern nur Menschen. Auf… Mehr

USE
4 Jahre her
Antworten an  rsonnberg

sollte hierhin…
Wow, was für ein starker Kommentar! Danke dafür und Respekt.

non sequitur
4 Jahre her
Antworten an  rsonnberg

Warum nur drei Daumen nach oben?

Andreas aus E.
4 Jahre her
Antworten an  rsonnberg

Schön so was zu lesen 🙂

JanAllemann
4 Jahre her
Antworten an  rsonnberg

Was für ein toller, wahrer und bewegender Kommentar! Danke! Und wie schade für all die Berliner Deutschlandabschaffer, dass sie das in ihrer ganzen Verblendung niemals werden sehen können!

Beate Schmidt
4 Jahre her
Antworten an  rsonnberg

Vielen lieben Dank für Ihren Kommentar!

Udo Kemmerling
4 Jahre her
Antworten an  rsonnberg

Ergreifend! Danke!

Richard Beuthler
4 Jahre her

Ich konsumiere schon seit längeren so gut wie keine ÖRM und dieser Artikel bestätigt mich einmal mehr in dieser Entscheidung !

RubbeldieKatz
4 Jahre her
Antworten an  Richard Beuthler

Was Nachrichten angeht, geht es mir genau so. Selbst „wissenschaftliche“ Filmchen meide ich aus Gründen der Meinungssteuerung. Sport o.ä. geht noch.

Allet andere kannste knicken.

JanAllemann
4 Jahre her
Antworten an  RubbeldieKatz

„Sport o.ä. geht noch.“

Stimmt auch nicht mehr so ganz! Als deutsche Handballnationalmannschaft zuletzt einen internationalen Titel gewann hieß es aus den Kreisen der üblichen Verdächtigen mit Schaum vorm Mund: „…die sind rassistisch, die sehen alle so deutsch aus!“

Ein Trauerspiel ohne gleichen.

K. Sander
4 Jahre her

Politiker/innen sind ja gut ausgebildet. Die Lagarde vom IWF will eine weltweite CO2-Steuer einführen. Wie soll die denn sonst jährlich 467.940 Dollar plus 83.760 Dollar „Entschädigung“ bekommen und das alles steuerfrei. Da kann nur die Annalena Baerbock helfen. Die sollte die CO2-Steuern abschaffen. Baerbock sagte am 13.12.2018 in der Fernsehsendung bei Maybrit Illner, dass jeder Deutsche jährlich 9 Gigatonnen CO2 ausstößt. Gigatonnen, beachtlich, woher kommt soviel Kohle in Deutschland? ber wenn man jetzt beim Bundesumweltamt guckt, hat sich das auf jährlich 9 Tonnen reduziert. Damit haben wir den Ausstoß um 99,9999999 % reduziert. Wir stoßen gegenüber den Vorjahren also nur… Mehr

Karl Heinz Muttersohn
4 Jahre her
Antworten an  K. Sander

Seien sie doch nicht so pingelig! Annalena, die Hobbyphysikerin meint es doch nur gut; manchmal kommen ihr halt die Naturwissenschaften in den Weg, dann wird sie innovativ und speichert Solar- und Windstrom schon mal im Netz. Da kommt es dann auch nicht mehr auf ein paar Größenordnungen bei der CO2 Emission an. Hauptsache das Radschlagen klappt noch.

K. Sander
4 Jahre her

Hobbyphysikerin ist die garantiert nicht. Die hat nur Politikwissenschaft, öffentliches Recht und Völkerrecht studiert. Von Physik hat die kein Wissen. Die denkt sich nur Begriffe aus, um anderen solche Katastrophen einzureden. Aber weil sie den Strom erwähnten, erinnert mich das an den von Özdemir vor einigen Jahren in einer ARD-Sendung genannten Energieverbrauch. Wir erzeugen und verbrauchen Energie in „Gigabyte“.
Personen sollten niemals Politiker werden, wenn die überhaupt kein Wissen und keine Erfahrung haben. Deshalb würde ich besser finden, wenn wir uns bei der Wahl für einzelne Personen und nicht für Parteien entscheiden.

Udo Kemmerling
4 Jahre her
Antworten an  K. Sander

Die ist definitiv „Hobbyphysikerin“, die hat ein neues Element entdeckt. Wenn Sie jetzt denken es war Gründoofium, liegen Sie falsch, es war Kobold! Wenn ich es richtig verstanden habe, entdeckt sie als nächstes Quarksilber.