Die Grünen, Freude der ARD. Oder ARD, Pressestelle der Grünen?

Welch Jubel, welch Freude! Die Grünen wählen Vorsitzende, Reporter/innen der ARD überschlagen sich vor Begeisterung. Tina Hassel ist so überwältigt, dass sie nicht mal merkt, wie Kollegen sie verspotten und verhöhnen. Ein Klassiker von Null Distanz.

Screenprints: Twitter

Er ist der neue Star der ARD, mit einem „starken“ 81-Prozent-Ergebnis, jubelt Hauptstadtleiterin Tina Hassel.  Immerhin 83% Zustimmung hat auch Horst Seehofer von der CSU erhalten; damals nannte die Frankfurter Rundschau das niedrige Ergebnis eine „Ohrfeige“. Für die Grünen ist es stark? Zum Vergleich: Lindner wurde mit 92,4 Prozent bestätigt, Merkel als Parteivorsitzende in der Flüchtlingskrise mit 89,5%. Wo ist das Ergebnis stark, außer man ist bei der ARD auf diesem Auge blind? (Gut, Cem Özdemir erhielt zuletzt 76,9 Prozent. Auf den Maßstab kommt es eben an, und der ist bei den Grünen eben ARD-Like.)

Die Grünen sind im Deutschen Bundestag eine Oppositionspartei, und zwar die Kleinste. Aber sie regieren Deutschland, ach was, das Universum, mindestens – ARD-gefühlt jedenfalls, Tina Hassel: „Aufbruchstimmung wie in Frankreich“. Na denn, dann regiert mal schön; die ARD macht ja die Nachrichten.

Ulf Poschardt, Chefredakteur der WELT lacht sich scheckig über die analytische Tiefenschärfe aus dem ARD-Hauptstadtstudio. Immerhin, ein Problem: Nicht überbietbar, nicht mal von der Pressestelle der Grünen, was die ARD da vorlegt.

Und so geht es weiter. Glückliche Runde mit den grünen Stars, Tina Hassel stellt strahlend gefällige Fragen und Gaudi-Bursch Habeck steht für Faxen statt Politik.

Der außenpolitische Korrespondent kann da nicht nachstehen: Gute Laune ist der Maßstab der Bewertung, wenn Grüne auf die ARD treffen. Jubel, Trubel, ARD. Das erste gemeinsame Interview! Mann, da ist ja toll. Gemeinsam! Erstes!

Hassel-Mitarbeiterin Kristin Joachim jubelt über das neue „Dream Team“ der Grünen, überschlägt sich vor lauter Begeisterung. Kritische Distanz? Null. Anbiedernde Nähe zu Claudia Roth tritt an die Stelle kritischen Journalismus. Es hätte darüber berichtet werden können: Stimmzettelpanne. Gemauschel, Getuschel. Hier nur: Regenbogen, „ganz normal“. Demokratiepannen eben, ganz normal.

Es wird spannend? Wirklich, Matthias Heinz, spannend ist nur, wie der Redaktionsleiter „Kontraste“ den Vor-Jublern seiner Anstalt folgt. Hier wird jede Sprechblase aufgeblasen zur Breaking-News.

Da muss hr-INFO twittern: „Kaum eine Partei hat so viele profilierte und beliebte Politiker in ihren Reihen…“ – beliebt bei wem jetzt? Bei Journalisten von der ARD, ok. Das ist die Nachricht. Was zählen schon Wahlergebnisse? Mal schauen, ob die gebührenfinanzierte Wahlhilfe sich auszahlt, irgendwann.

Der Personalfriedhof der Grünen – diesmal kein Jubel. Aber keine Sorge. Gleich geht es weiter. Nina Barth bejubelt für den SWF aus Berlin ihr Dreamteam der Sieger.

(Kleine Nachhilfe für Nina Barth: Jubel gehört zum Parteitagsritual. Überall, bei allen, bloß fallen nicht alle Journalisten darauf herein.)

Und wieder Kristin Joachim. Wer Parteitage kennt – das Interesse ist mäßig an den Grünen, geradezu traurig. Nur eine Handvoll Journalisten; beim SPD-Parteitag eine Woche früher waren es geschätzte 20 mal so viele. Aber was brauchen die Grünen Journalisten, wenn sie schon die ARD haben?

Arnd Henze meldet sich per Kommentar über die Bildschirme – mit (s)einer Wahlempfehlung?

Robin Alexander von der WELT kontert das peinliche Getwittere mit Ironie.

Ironie im Journalismus ist gefährlich. Er wird zu regelmäßig missverstanden. Und in ihrer grenzenlosen Begeisterung platscht Tina Hassel in den Mustopf.

Ja, lieber Robin, komm zu uns und juble mit im grünen Club. Erhält die WELT dann einen Gebührenanteil? Schaun mer mal. Tina jedenfalls war da. Und wie.

Peter Rossberg recherchiert für BILD im Bereich der Kriminalität. Hoffentlich noch länger. Der Job ist gefährlich. Jubel ist gebührenfinanziert. Tina ist immer noch blind vor Begeisterung.

Langsam wächst die Kritik am ARD-Jubel im Netz.

Der Nachrichten-Chef der Nordwest-Zeitung wundert sich über die Journalismus-Simulation der ARD. Und Nachhilfe kommt von der Mittelstandsvereinigung.

Ironie darf im Journalismus nur begrenzt eingesetzt werden. Er wird zu leicht missverstanden. Dafür gibt es Ironie-Emoticons, rät aus Washington Clemens Wergin von der WELT. Tina Hassel aber kommt nicht aus dem Mustopf. Sie simuliert ihren Journalismus einfach weiter, bis ihr Glückstag sich zu Ende neigt. Sie ist frei von jeder Ironie.

Henrik Hübschen vom WDR befindet:

Jedenfalls neigt sich der Tag zu Ende. Der neue Grünen-Chef spricht seltsame Sachen, unverständlich. Tina Hassel und ihr Dream-Team schweigen. Endlich.

Jetzt sprechen die Grünen für sich. Die hier Geborenen sollen sich in die Gesellschaft integrieren. Alle? Und wenn nicht?

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